Rohdatenkonverter
Testbericht: Corel AfterShot Pro 3
2016-05-27, aktualisiert 2016-08-16 Corel hat vor kurzem die dritte Version des Rohdatenkonverters vorgestellt, der unter anderem mit einer hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit wirbt. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und AfterShot Pro 3 gegen DxO Optics Pro 10 antreten lassen. Zudem schauen wir uns die Ebenenfunktion des Rohdatenkonverters an, mit der sich gezielt partielle Änderungen vor der Entwicklung des Bildes bewerkstelligen lassen. Darüber hinaus stellen wir die verbesserte Spitzlichter-Wiederherstellung vor, die in unserem Fall einen Farbstich in die Bilder zauberte. (Harm-Diercks Gronewold)
Die Arbeitsfläche von AfterShot 3 ist aufgeräumt und bietet neben der Katalogsuche auch einen Verzeichnisbaum des Computers. [Foto: Medianord]
Die Corel AfterShot Pro 3 Arbeitsfläche mit negativ eingestellter Belichtungskorrektur. Der deutliche Magentastich resultierte aus einem Fehler der Software und dieser wurde durch ein Programmupdate behoben. [Foto: Medianord]
Die offensichtlich ungewollte Füllfunktion tritt auf, wenn ein Bild zunächst gedreht und danach mit der Objektivkorrekturfunktion bearbeitet wird. Hier sollte der Anwender vorher den Beschnitt durchführen. [Foto: Medianord]
Nach Installation der rund 180 Megabyte großen Installationsdatei belegt Corels AfterShot Pro 3 etwas mehr als 420 Megabyte in der Windows Version. Auf dem Apple Macintosh und Linux hingegen belegt die Installation circa 250 Megabyte auf der Festplatte. Als minimaler Arbeitsspeicher gibt Corel zwei Gigabyte an, empfielt aber vier Gigabyte Arbeitsspeicher für die Nutzung des HDR-Moduls.
Die Arbeitsfläche in AfterShot Pro 3 ist aufgeräumt und jedes Element wirkt sinnvoll platziert. Auf der linken Seite finden sich Bildverwaltungs-, Ausgabe- und Dateibaum-Funktionen sowie die Thumbnail-Bildvorschau. Auf der rechten Seite sind die Funktionen zur Veränderung der Bildparameter untergebracht. Die Mitte gehört dem Vorschaubild, das die aktuellen Änderungen anzeigt. Um alle Funktionen von der Arbeitsfläche erreichen zu können, hat Corel bestimmte Funktionsbereiche in Seitenleisten gepackt und beschriftet. Diese Beschriftung ist um 90 Grad im beziehungsweise entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht, damit diese schnell erreichbar sind. Durch diese Aufteilung in einzelne Segmente wird das Scrollen im Bereich der Anpassungen stark reduziert. Das ist auch gut so, denn spätestens im Bereich „Farbe“ sollte auf die Nutzung des Scrollrades zum vertikalen Verschieben der Einstellungen verzichtet werden. Grund dafür sind die Schieberegler der verschiedenen Einstellmöglichkeiten, die auf das Scrollrad reagieren. Beim vertikalen Scrollen bleibt also der Mauszeiger auf dem ersten Schieberegler stehen und anstelle des vertikalen Bildlaufes wird die Einstellung des Reglers verändert. Somit kann nur auf dem schmalen Scrollbalken und einem kleinen Bereich links daneben das Mausrad gefahrlos benutzt werden.
Im Gegensatz zu anderen Rohdatenkonvertern erlaubt Corel AfterShot Pro 3 die selektive Veränderung von Bildteilen und bietet eine Retuschefunktion. Beide Funktionen werden über Ebenen gesteuert. Als Werkzeug stehen Masken in verschiedenen Formen zur Verfügung. Zusätzlich wird bei der selektiven Veränderung von Bildteilen ein Pinselwerkzeug angeboten. Sowohl die Formen als auch der Pinsel sind in der Größe variabel, und die Randschärfe kann kontrolliert werden. Während die Ebene(n) der Anpassungsfunktion für die Änderung(en) nahezu aller Bildparameter genutzt werden, ist die Reparaturfunktion für Neueinsteiger eher ungewöhnlich. Grund dafür ist, dass die Schönheitskorrektur- und Klonbereiche nicht per Pipette definiert und dann per Pinselwerkzeug aufgetragen werden. Vielmehr muss der Anwender erst die Reparaturebene erzeugen, danach wird die Form des Bereichs aus Kreis, Polygon oder Kurvenobjekt gewählt. Daraufhin wird auf den Zielbereich geklickt und die Form beziehungsweise die Größe sowie das Aussehen der Form erstellt. Ist die Form fertig, so erscheint diese in schwarz. Gleich daneben ist die gleiche Form in rot zu sehen. Während die Form in schwarz das Ziel der Retusche darstellt ist die Form in rot die Quelle. Die rote Form lässt sich nun über die Bildfläche schieben, um eine passende Quelle für die Schönheitsreparatur oder das Klonen zu finden. Zwar lässt sich die Randschärfe der Form anpassen und bei der Kreisform kann sogar die Größe selbst nachträglich festgelegt werden. Beides täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass eine klassische Retuschefunktion mit „Pinsel“ deutlich einfacher zu handhaben wäre.
Besonders interessant bei den Anpassungsoptionen ist die Möglichkeit, überbelichtete Bereiche wieder mit Details zu füllen. Diese Funktion wurde laut Aussage von Corel verbessert. Wir haben diese Funktion mit der Raw-Datei einer Olympus OM-D E-M1 getestet. Während die Spitzlichter-Funktion bei leichten Überbelichtungen tadellos funktioniert, zeigen die Ergebnisse bei stärkerem Einsatz dieser Funktion – bei stärkeren Überbelichtungen – einen deutlichen Magentastich in den Spitzlichtbereichen. Dieser Effekt ließ sich mit Raw-Daten anderer Kameras reproduzieren. Üblicherweise sollten extrem überbelichtete Bereiche, die wirklich keine Details mehr haben, zumindest farbneutral dargestellt werden. Der gleiche Effekt kann in Spitzlichtbereichen beobachtet werden, wenn die Belichtungskorrektur in den negativen Bereich gezogen wird.
Neben den selektiven Ebenen lassen sich natürlich auch globale Änderungen am Bild per Schieberegler oder Automatikfunktion vornehmen. Beim Einsatz der gut funktionierenden Automatikfunktion werden leider die von der Automatik gewählten Parameter nicht angezeigt.
Um Bildteile zu "reparieren" oder zu "klonen", muss zunächst die richtige Ebene angelegt werden. [Foto: Medianord]
Während die schwarze Form das Ziel der Retusche zeigt, dient die frei bewegliche rote Form als Quelle für die Retusche. Im unteren Bereich des Ebenenfensters ist die Anpassung für Formgröße und Randschärfe zu sehen. [Foto: Medianord]
In diesem speziellen Fall ist die Poligonform besser für die Retusche geeignet, auch wenn ein Pinselwerkzeug deutlich einfacher und schneller zu handhaben wäre. [Foto: Medianord]
Neben Einstellungsmöglichkeiten für die Scharfzeichnung und Rauschreduzierung bietet AfterShot Pro 3 eine automatische und manuelle Objektivkorrektur. Bei der automatischen Objektivkorrektur sucht sich AfterShot Pro 3 Korrekturdaten aus einer von Corel bereitgestellten Datenbank heraus und wendet diese auf das Bild an. Ist eine Kamera-Objektivkombination nicht vorhanden, kann der Anwender Korrekturwerte für Vignettierung sowie Farbquerfehler und Verzeichnungsfehler selber einstellen und speichern. Merkwürdigerweise scheint die Korrekturfunktion eine automatische Füllfunktion zu besitzen, die leider starke Artefakte produziert. Aufgetreten ist dieser Fehler, nachdem wir ein Raw-Bild zunächst optisch per Profil korrigiert haben und danach den Horizont begradigten. Durch die Bilddrehung entstehen einige leere Bereiche an den Bildrändern, die sogleich von AfterShot Pro 3 unschön gefüllt wurden. Die einzige Lösung für das Problem wäre eine sofortige Beschneidung des Bildes nach der Ausrichtung.
Da optische Korrekturen vor allen anderen Korrekturen stehen müssen, sollte AfterShot Pro 3 in der internen Verarbeitung also die optische Korrektur von Objektivfehlern vor allen anderen Arbeitsschritten durchführen. Wir haben dies mit einem stark vignettierten Bild überprüft, indem wir Farbwerte eines bestimmten Punktes gemessen haben, während die Vignettierungskorrektur aktiv ist. Danach haben wir das Bild augerichtet und den zuvor gemessenen Punkt erneut gemessen. Wenn AfterShot Pro 3 die interne Verarbeitung richtig priorisiert, dann müssen beide Werte zwangsläufig identisch sein. Leider waren sie das nicht, sondern zeigten eine deutliche Helligkeitsänderung. Die Vermutung liegt nun nahe, dass die vorgefertigten Objektiv-Korrekturprofile ebenfalls in der internen Priorisierung der Software nicht an erster Stelle stehen. Das würde dann bedeuten, dass die Objektivkorrektur nicht zusammen mit dem Ausrichten eines Fotos durchgeführt werden kann. Wie alle Änderungen sind auch Beschnitt und Korrektur nicht destruktive Veränderungen am Bild. Der Anwender muss sich also keine Sorgen um seine Orginale machen. Alle Änderungen werden in kleinen Dateien innerhalb des Bildverzeichnisses gespeichert.
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