Corel

Testbericht: Corel Paint Shop Pro Photo XI

2006-11-15 Verliert Paint Shop Pro an Boden? In den Neunzigern galt das Programm als Synonym für bezahlbare Bildbearbeitung. Doch mittlerweile wird Pixelklassiker Paint Shop Pro von Photoshop Elements bedrängt. Mit neuen Funktionen – vor allem für Kontrastkorrektur, Effekte und Bildverwaltung – sucht Paint Shop Pro in der Version 11 wieder die Vorrangstellung bei den Bildprogrammen um 100 EUR. Digitalkamera.de sagt, ob Paint Shop die Konkurrenz schlagen kann.  (Heico Neumeyer)

Bild 1: Paint Shop Pro gehört zu den besten 100-EUR-Programmen für Montage und Kontrastkorrektur[Foto: Getty Images] Kaum ein Bildprogramm ist so lange auf dem Markt wie Paint Shop Pro. Bis zur Version 4.12 ließ es sich sogar kostenlos nutzen, erst mit der Fassung 4.14 musste man plötzlich für das Programm bezahlen. Seit der 5.0 gibt es bei Paint Shop Pro Montagetechnik mit speicherbaren Ebenen. Später wurde der Hersteller Jasc von Corel gekauft, so dass Paint Shop in der Version 10 erstmals unter Corel-Fahne erschien. Die neueste Elfer-Fassung kommt nun unter dem hochtrabenden Namen Corel Paint Shop Pro Photo XI.

Verbesserungen zeigt die neue Version bei den Korrekturen für Kontrast und Farben. So lassen sich die Automatiken für Tonwert und Farbe jetzt leichter auffinden. Gelungen auch, dass man die Ergebnisse sofort manuell mit Histogramm und Gradationskurve verfeinern kann. Der neue Befehl "Film und Filter" korrigiert die Farbstimmung subtil – Vorgaben wie "Glamour" oder "Lebhafte Hauttöne" ändern die Atmosphäre, ohne das Bild allzu deutlich zu verfremden.

Das neue Umfärber-Werkzeug sorgt blitzschnell für neue Töne bei Hemden oder Autos. Allerdings lässt sich die Auswahl in komplexen Bildern kaum auf das Hauptmotiv begrenzen. Man sollte also den Zielbereich zunächst mit dem Lasso einschränken und dann erst den Umfärber verwenden. Ein neues Make-Up-Werkzeug entdeckt automatisch Hautpartien und glättet sie; den voreingestellten Wert muss man jedoch senken, sonst mutieren die Gesichter zu Wachsfiguren.

Bild 2: Die Kontrastautomatiken sind jetzt leichter zu finden [Foto: Getty Images]Gut ausgebaute Korrekturfunktionen prägen den Paint Shop schon seit Jahren. Ein eigenes Dialogfeld behebt chromatische Aberrationen – also ungewollte Farbspuren an Objektkanten. Außerdem gibt es einen komplexen Befehl gegen Bildrauschen, den man auf bestimmte Korngrößen und Farbtöne beschränken kann. Beide Funktionen wirken gut, erzeugen aber eventuell zu viel ungewollte Weichzeichnung. Paint Shop Pro bietet weiterhin klassische Korrekturbefehle wie "Tonwerterweiterung" oder "Helligkeit/Kontrast" als Anpassungsebene an. Damit erscheint das Foto verändert, doch die Bearbeitung lässt sich jederzeit zurücksetzen, anders abstimmen und auf einzelne Bildbereiche einschränken. Dieses praktische Feature beherrscht Konkurrent PhotoImpact nicht.

Paint Shop Pro Photo XI kommt auch mit einem ausgebauten Effekte-Menü: Die "Zeitmaschine" bietet sieben unterschiedliche Verfremdungen auf einer Zeitleiste von 1839 bis 1960 an. Vom verwischten Bildrand bis zu Tonung und unregelmäßiger Entwicklung wird alles simuliert. Der neue "Schärfentiefe"-Filter überzeugt dagegen nicht: Er soll den Bildhintergrund aufweichen und die Schärfe allein auf dem Hauptmotiv belassen. Allerdings lässt sich das Hauptmotiv innerhalb des Dialogfelds nicht sauber auswählen. Sinnvolle Alternative: Man wählt das Hauptmotiv zunächst mit Zauberstab und Co. aus und hebt es auf eine separate Ebene.

Bild 3: Die neue "Zeitmaschine" bietet Fotoeffekte von 1839 bis in die 60er Jahre an [Foto: Getty Images]Interessant ist die Verzerrungsfunktion mit individuellen Reliefs: Sie passt zum Beispiel Schriftzüge an ein welliges Hemd an und lässt sich über eine Vorschau gut kontrollieren. Grafiker vermissen allerdings abschaltbare plastische 3D-Kanten und Schatten für Schriften und andere Montage-Elemente. Paint Shop rechnet seine 3D-Kanten dauerhaft in die Bildobjekte, sie lassen sich nicht mehr bearbeiten. Photoshop Elements, PhotoLine oder teils auch PhotoImpact bieten hier mehr Flexibilität. Früher gehörte zum Paint Shop auch mal ein separates Programm zur GIF-Animation; das fehlt jetzt ersatzlos.

Wenig hat sich diesmal bei der Fotomontage getan, aber hier bot der Paint Shop schon immer einen guten Standard. Montageebenen lassen sich mit vielen Überblendeffekten mischen. Zudem kann man einzelne Helligkeitsbereiche einer Ebene verbergen, zum Beispiel nur die allerhellsten Pixel – so blendet man zum Beispiel das weiße Papier unter gescannten Grafiken oder Texten aus. Zudem stellt der Paint Shop seit langem auch Ebenenmasken zur Verfügung. Sie verbergen Teile einer Montage-Ebene, ohne dass der Bildbereich dauerhaft gelöscht werden muss. Schwarze Farbe in der Ebene kennzeichnet die Bildteile, die nicht angezeigt werden sollen. Malen mit Weiß bringt die Bildteile wieder zum Vorschein. Auch weiche Übergänge sind kein Problem.

Bild 4 Die runderneuerte Bildverwaltung bietet eine gute Suchfunktion [Foto: Getty Images]Was bei Paint Shop fehlt, sind Maskierungsgruppen: Mehrere Ebenen erscheinen nur innerhalb der Umrisse einer einzelnen "Basisebene". Damit ließen sich zum Beispiel mehrere Objekte innerhalb eines Schriftzugs oder einer Fernsehmattscheibe anordnen. PhotoLine und Photoshop Elements beherrschen diese Technik.

Die Bildverwaltung hat Hersteller Corel deutlich ausgebaut. Paint Shop speichert Stichwörter und Bildtexte nach IPTC-Standard, die Begriffe lassen sich also bequem innerhalb der Dateien weitergeben, zum Beispiel auch an Agenturen oder Photosharing-Seiten. Wichtig vor allem: Man kann auch mehrere Dateien in einem Durchgang bearbeiten. Die Bilddatenbank lässt Videos direkt in der Miniaturengalerie ablaufen, wahlweise mit Ton. Praktisch dabei: Die Bildverwaltung löst Einzelbilder aus Videos heraus. Mit komplexen Suchabfragen findet der Bildbrowser die gewünschten Bilder dann auch rasend schnell wieder. Die Trefferliste lässt sich speichern. Wer jedoch große Verzeichnisse einliest, muss lange warten, während der Rechner blockiert ist – und das bei jedem Programmstart. Lästig auch: Alle Verzeichnisse müssen zunächst manuell eingelesen werden, ein üblicher Ordnerbaum steht nicht sofort zur Verfügung. Und Paint Shop Pro bietet zwar erstmals eine speicherbare Diaschau zum Weitergeben; sie verlangt jedoch den kostenlosen Snapfire-Player, den sich Empfänger erst herunterladen müssen. Eine Diaschau im EXE- oder PDF-Format wäre weitaus praktischer.

Fazit: Paint Shop Pro bleibt ein interessantes Bildprogramm. Es überzeugt nicht zuletzt mit homogener Oberfläche sowie guten Montage- und Korrekturfunktionen. Bei der aktuellen Version 11 sammelt vor allem die neue Bildverwaltung Pluspunkte. Einige neuen Korrekturen und Effekte wirken dagegen nicht ausgereift.

Kurzbewertung

  • Gute Montage-Funktionen
  • IPTC-Unterstützung
  • Hochwertige Kontrastkorrektur
  • Keine Gif-Animation
  • Neue Effekte und Korrekturen teils nicht ausgereift
  • Diaschau zum Weitergeben erfordert separate Player-Software
  • Umständliche Befehleaufzeichnung

Artikel-Vorschläge der Redaktion