Bildbearbeitungs-Software
Testbericht: DxO PhotoLab 4 Elite Edition
2021-01-04 Im Oktober 2020 kam die vierte Version von DxO PhotoLab auf den Markt. Es ist also höchste Zeit, uns die umfangreich ausgestattete Bildbearbeitungs-, Korrektur- und Verwaltungssoftware aus Frankreich genauer anzuschauen, um zu ermitteln, wie sich die neuen Funktionen in der Praxis machen und ob die als Revolution angekündigte Entrauschungstechnologie DeepPRIME wirklich so gut ist, wie DxO es angekündigt hat. (Harm-Diercks Gronewold)
Die Fotothek ist übersichtlich und räumt der Vorschau viel Platz ein. Zudem steht eine Vollbildvorschau bereit und der Bildbrowser lässt sich abkoppeln. [Foto: MediaNord]
DxO PhotoLab 4 ist der jüngste Nachkomme der vor 16 Jahren vorgestellten reinen Korrektursoftware DxO Optics Pro (siehe weiterführende Links). Seither hat sich einiges getan, wie beispielsweise die Umbenennung in PhotoLab im Jahr 2017. Grund dafür war, dass Optics Pro immer mehr zur Bildbearbeitung wurde und die Korrektur optischer Fehler nur noch ein kleiner Teil des Leistungspotentials der Software war. So implementierte DxO erst eine einfache Metadaten-Suchfunktion und weitete diese später auch auf eigene Verschlagwortungen aus, fügte (aquirierte) Funktionen wie die U-Point-Technologie hinzu und arbeitete ständig daran, die Software zum kreativen "All in One"-Werkzeug zu machen.
DxOs PhtotoLab 4 ist für Apple MacOS (10.14.6, 10.15 sowie 11.0) und Windows 8.1 sowie 10 (64-Bit) erhältlich. Für beide Plattformen wird ein Intel i7 der vierten Generation oder ein AMD Ryzen 7 empfohlen. Die Anforderungen an den Arbeitsspeicher werden mit 8 Gigabyte genannt, aber hier gilt der Leitsatz "Mit dem RAM soll man nicht sparsam sein".
Wir haben DxO PhotoLab 4 auf einem AMD Ryzen 7 1700 mit 12 Gigabyte RAM und einer Radeon RX 480 Grafikkarte getestet und konnten keine Verlangsamungen beim Arbeitsablauf beobachten. Auch beim Entwickeln von Fotos konnte der Rechner normal weiter genutzt werden.
Entrauschungstools PRIME und DeepPRIME
Die erste Version von PhotoLab führte die Entrauschungstechnologie PRIME (Probabilistic Raw Image Enhancement) ein und stellte damit alle anderen Entrauschungstechnologien in den Schatten. Der Grund dafür war die rigorose Herangehensweise an das Entrauschen, die die Dauer des Berechnungsvorgangs außer acht lies. Es dauerte also so lange wie es dauert, wenn zunächst das Bild analysiert wurde, um dann einen Pixel mit bis zu tausend Nachbarpixeln zu vergleichen, damit der Pixel die richtigen Farb- und Helligkeitswerte zugewiesen bekommen konnte.
Das Bild (Ausschnitt) aus der Sony Alpha 7 wurde mit ISO 25.600 aufgenommen und herkömmlich in PhotoLab 4 Entrauscht. [Foto: Medianord]
Mit der PRIME Entrauschung ist das Ergebnis homogener, allerdings zeigen sich Artefakte im Schattenbereich des Gesichts. [Foto: Medianord]
DeepPRIME vermeidet die Bildung von Artefakten und erhält feine Strukturen detailliert. [Foto: Medianord]
Im September 2020 wurde die vierte Version von PhotoLab vorgestellt und erneut wurde eine (Bildbearbeitungs-) Revolution in Frankreich verkündet. Die als DeepPRIME vorgestellte Funktion sollte das Entrauschen von Bildern nochmals verbessern. Dazu hat DxO eine eigene künstliche Intelligenz gebaut und diese mit den Korrekturdaten aus mehr als 15 Jahren des DxO-Labors angelernt. Durch einen aufwendigen Prozess des Lernens wurde der DeepPRIME-Funktion die Fähigkeit gegeben, Details zu erkennen und zu erhalten und dennoch Artefakte zu vermeiden. Genau das zeigte DeepPRIME auch in unserem Test.
Doch wo ist der Haken an der Sache? Der Haken ist, dass es recht viel Zeit kostet, DeepPRIME einzusetzen. Je nach Bildgröße und Beschaffenheit sogar einiges an Zeit. Dieser Zeitaufwand ist nicht für alle Bilder notwendig. Aus diesem Grund bietet PhotoLab 4 zusätzlich die herkömmliche und die "einfache" PRIME-Entrauschung an. Doch auch PRIME benötigt mehr Zeit als eine normale Entrauschungsfunktion und so liefert PhotoLab 4 auch hier das richtige Werkzeug. Der Bildbearbeiter kann also die Entrauschung an die Beschaffenheit des Fotos anpassen.
DeepPrime spielt seine Stärke bei High ISO und stark unterbelichteten Aufnahmen aus; besonders, wenn letztere nachträglich aufgehellt wurden. So lassen sich Landschaftsaufnahmen retten, bei denen der Fotograf auf den Himmel belichtet hat, weil kein Grauverlaufsfilter zur Hand war und wo der Rest des Fotos unter Umständen "absäuft". Diese Bilder waren vor DeepPRIME und PRIME nicht sinnvoll zu bearbeiten und wenn, dann nur mit großen Abstrichen bei der Detailwiedergabe.
Mit der Stichwortsuche lassen sich schnell Bilder finden, denen dieses Stichwort zugewiesen wurde. [Foto: MediaNord]
Das Beste daran ist allerdings, dass DeepPRIME wie schon PRIME eigentlich komplett ohne Einstellungen des Bildbearbeiters auskommt. Die Funktion wird einfach aktiviert und wird dann beim rendern (Entwickeln) des Fotos angewendet. Lediglich zwei Schieberegler für das Finetuning sind vorhanden. Damit das Ganze keine Blackbox ist, lässt sich ein Bildausschnitt als Vorschau der Entrauschung anzeigen. DeepPRIME und PRIME lassen sich nur auf Rohdaten anwenden.
Benutzeroberfläche und optische Korrektur
Bei der Rohdatenkompatibilität steht DxO PhotoLab 4 sehr gut da und kann mit Rohdaten von über 500 Kameras umgehen. Leider gehören Fujifilm-Kameras mit X-Trans-Sensor nicht dazu. DxO begründete das damit, dass die verwendete Technologie in PhotoLab 4 auf den Bayer-Filter der Sensoren angepasst ist. Ob oder wann es eine Kompatibilität zu X-Trans-Sensoren geben wird, ist nicht bekannt.
Natürlich steht auch bei PhotoLab 4 die Korrektur optischer Fehler ganz groß auf dem Programm. Die Korrekturdaten werden von DxO zur Verfügung gestellt und automatisch in PhotoLab 4 importiert, wenn die Software aus den Metadaten der Aufnahme eine Kamera-Objektiv-Kombination ermittelt, die es noch nicht auf dem System des Bildbearbeiters gibt. Ermittelt werden diese Korrekturdaten durch DxO in hauseigenen komplexen Testverfahren. Insgesamt stehen über 60.000 solcher Korrekturprofile bereit. Sollte allerdings kein Korrekturprofil vorhanden sein, so kann die Entzerrung auch manuell gesteuert werden.
Doch das phänomenale Entrauschen und die optischen Korrekturen sind noch lange nicht alles, was PhotoLab 4 kann. Ein großes Update hat auch die Benutzerfreundlichkeit erfahren. Die Änderungen sind zwar nur minimal zu sehen, doch die Auswirkungen auf den Arbeitsablauf sind ziemlich groß.
Auch im Bearbeitungsmodus wird den Bildern eine Menge Raum gegeben. [Foto: MediaNord]
Zunächst präsentiert sich PhotoLab 4 – wie schon PhotoLab 3 – sehr aufgeräumt. Die Fotothek ist das erste, was der Bildbearbeiter nach dem Start der Software sieht. Auf der linken Seite ist die Ordnerstruktur des Computers zu sehen. Im rechten Bereich ist das Vorschaufenster und darunter ist der Bildbrowser angeordnet. Wird ein mit Bildern gefüllter Ordner im Dateibrowser geöffnet, so dauert es je nach Anzahl der Bilder und Rechenleistung eine Weile, bis die Vorschaubilder erzeugt werden. Der Bildbrowser lässt sich bei Multimonitorsystemen bequem abkoppeln.
Leider muss das Erzeugen der Vorschauen bei jedem Neustart von PhotoLab 4 vorgenommen werden. Grund dafür scheint die Datenbank-Funktion der Fotothek zu sein. Diese speichert zwar die Metadaten der Bilder und etwaig vorhandene IPTC Schlagwörter, aber eine Vorschau wird nicht gespeichert. Das hält auf der einen Seite die Datenbank schön schlank, verlangsamt aber auch das Arbeitstempo gehörig, besonders dann, wenn Ordner eine Vielzahl von Bildern beinhalten. Um die Bilder suchbar zu machen, müssen die Fotos indexiert werden. Bei einer Fotosammlung ist das nur einmalig notwendig. Nur beim Hinzugefügen neuer Fotos müssen diese neu indexiert werden. Die eigentliche Suche nach Schlagworten oder Metadaten ist rasant schnell.
Neben den Schlagworten stehen dem Bildbearbeiter Bewertungsfunktionen (1-5 Sterne) und farbige Markierungen zur Verfügung, um Ordnung in die Bilder zu bekommen. Nach diesen Markierungen und Bewertungen kann natürlich auch gefiltert werden. Zudem lassen sich Bilder in Projekte zusammenfassen. Die Bilder müssen dabei nicht aus einem Ordner kommen, sondern können aus verschiedenen Quellen stammen. Mit diesen Funktionen lässt sich schon einiges Anfangen, aber wer die Lightroom Datenbank gewohnt ist, der wird sicher Funktionen vermissen.
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