Light Crafts

Testbericht: Light Crafts LightZone Version 2.0.6

2007-01-10 Mitunter kann von einem neuen Programm oder einer neuen Programmversion nicht mehr berichtet werden, als dass man nun auch hier das eine oder andere Feature findet, über das der "Platzhirsch" bereits verfügt. Ganz anders bei LightZone, einem Produkt der kalifornischen Softwarefirma Light Crafts, das jetzt in der zweiten Generation vorliegt, eine gelungene Verbindung von RAW-Konverter und Bildbearbeitung darstellt und innovative Arbeitsinstrumente bereit hält, mit deren Hilfe ambitionierte Anwender die visuelle Kontrolle über den gesamten Tonwertumfang einer Aufnahme erhalten.  (Dr. Bernd Schäbler)

LightZone ist nicht bloß ein weiterer RAW-Konverter, mit dem man die proprietären RAW-Dateien der meisten SLR-Kamerahersteller sowie die Dateiformate JPEG, TIFF oder PNG öffnen kann, seine Besonderheit liegt vielmehr in den Editierfunktionen und Werkzeugen, mit denen eine Nachbearbeitung bis hin zum "fertigen Bild" möglich ist.

Standard-Ansicht [Foto: Dr. Bernd Schäbler]Das Standardfenster vereint folgende Teilansichten: oben die Menüleiste, links den Verzeichnisbaum und die Metadaten (EXIF, TIFF, Kameradaten), an zentraler Stelle das Vorschaufenster und darunter den Bildbrowser mit Thumbnail-Vorschauen, rechts die Werkzeugleiste und darunter die verwendeten Tools. Dem jeweiligen Bearbeitungsstadium entsprechend, kann man zwischen Standard-, Browser- und Editor-Ansicht hin und herschalten. Im Bildbrowser können Dateien gelöscht oder gedreht, für den Druck oder die Abspeicherung ausgewählt werden. Weitere Funktionen wie "Template kopieren" und "Werkzeugeinstellungen kopieren" bzw. "übertragen", die man hier findet, führen bereits in den Kernbereich der Innovationen, die dieses Programm bietet: Alle Korrekturen werden jeweils in einer gesonderten XML-Filialdatei (*.lzn), die bis zu 250 KB groß sein kann, gespeichert und lassen die Originaldatei unberührt ("non-destructive editing"), es sei denn, man wählte den Dateiexport als JPEG- oder TIFF-Datei. Mit Filialdokumenten arbeiten zwar auch Adobes Camera RAW Konverter (ACR), Bibble Pro, Silkypix und RawShooter, und auch hier können Einstellungen in Batch-PrBrowser-Fenster  [Foto: Dr. Bernd Schäbler]ozessen auf andere Rohdateien übertragen werden, die Besonderheit von LightZone soll aber nachfolgend an drei zentralen Editier-Tools demonstriert werden:  am ZoneFinder und ZoneMapper, den Maskierungs-Werkzeugen (die hier als "Regions" bezeichnet werden) und den so genannten "Tool Stacks", der Abfolge von Bearbeitungsschritten, die wie Produktionsebenen übereinander liegen, verschoben und verändert und – wie bereits erwähnt – kopiert und auf weitere Bilddateien angewendet werden können.

Die beeindruckendste innovative Werkzeug-Kombination in LightZone ist sicherlich das Duo ZoneFinder und ZoneMapper, nachempfunden dem Zonenmesssystem der Foto-Pioniere Ansel Adams und Fred Archer, das zur optimalen Verteilung und Wiedergabe von Helligkeits- und Kontrastwerten im analogen SW-Positiv entwickelt wurde. Gingen Adams/Archer davon aus, dass Fotopapier einen Kontrastumfang von etwa zehn Blendenstufen umsetzen kann – ihr Zonensystem besteht aus elf (ganzen Blenden-)Stufen, wobei Zone V Editier-Fenster [Foto: Dr. Bernd Schäbler]einem mittleren Grauwert entspricht –, unterteilen die Macher von LightZone, auf die digitale Welt und CCD- bzw. CMOS-Sensoren übertragen, den gesamten Tonwertbereich in 16 Stufen mit je ½  Blendenstufe Abstand nach oben und unten ein, denn acht volle Blendenstufen decken den möglichen Kontrastumfang ab, den heutige Kamerasensoren erfassen können. Des Weiteren ist in LightZone berücksichtigt, dass Auge und Film anders (nämlich adaptiv bzw. non-linear) auf Licht reagieren als der linear die Photonen verarbeitende Sensor-Chip. Die Arbeitsumgebung von LightZone trägt dem Rechnung und stellt dem Anwender in einem linearen 16-Bit Farbraum mehr Möglichkeiten für die Manipulation gerade der kritischen, dunklen Tonwertbereiche und Bildpartien (Artefakte, Bildrauschen) zur Verfügung als andere Bildbearbeitungssoftware.

Auf die Praxis angewendet: Die durch Doppelklick im Bildbrowser geöffnete Bilddatei erscheint einmal wie gewohnt im Editierfenster, zum anderen als Graustufen-Bild, das nun, wenn man das Tool ToneMapper aktiviert, je nach Position des Kursors auf der 16-stufigen Tonwertskala gleich helle bzw. dunkle Zonen in gelber Farbe anzeigt. Durch die Fixierung von Markierungspunkten auf der Maskierungen [Foto: Dr. Bernd Schäbler]Tonwertskala können Schwarz- und Weißpunkt festgelegt, ganz gezielt bestimmte Bildpartien durch Verschiebung aufgehellt oder abgedunkelt, kontrastreicher oder -ärmer gestaltet werden, ohne dass sich der Benutzer um Zahlenwerte, Kurvendiagramme u. a. nichtvisuelle Steuerungsinstrumente kümmern muss.

Neben dem wichtigsten Tool, dem ZoneMapper, stehen weitere Werkzeuge zur Verfügung: der ToneMapper für Feinkorrekturen in der Belichtung, die Regulierung von Schärfe und Unschärfe, Farbbalance, Sättigung, Weißabgleich, der Kanalmixer, die Unterdrückung von Bildrauschen, die Beseitigung kleiner Flecken und ein Kloner. In allen Werkzeugfenstern kann eine ganze Skala von Verrechnungsmodi gewählt, über Schieberegler die Intensität reguliert oder per Knopfdruck der Anwendungsbereich umgekehrt werden.

Letzteres setzt eine Maskierung voraus, und in Lightzone stehen dafür gleich drei Auswahlwerkzeuge zur Verfügung: je eines für gebogene bzw. gerade Auswahlkanten und ein Bezierkurven-Tool. Sehr bequem kann eine Auswahl verändert bzw. verlegt oder kopiert werden; das Besondere aber ist die per Kursor verschiebbare Übergangszone, die wiederum eine simultane visuelle Kontrolle gestattet. Schade, dass diese Zone nur global vergrößert oder verkleinert und nicht differenziert angepasst werden kann! Die maskierten Bereiche ("Regions") bilden zusammen mit dem jeweils verwendeten Arbeitswerkzeug eine Einheit und werden in einem Korrektur(werkzeug)Korrektur einer RAW-Datei mit LightZone und Photomatix [Foto: Dr. Bernd Schäbler]stapel "gelagert", können dort jederzeit deaktiviert oder gelöscht bzw. kopiert werden.

Sollen ganze Werkzeugstapel auf ein anderes Bild übertragen werden, ist in der Menüleiste unter "File/Datei" die Zeile "Save as Template" anzuwählen und der ganze Stapel mit einer Benennung zu versehen. Zusätzlich gibt es die Option, ein solches Template  einem Kameramodell zuzuordnen, so dass dieses stets beim Öffnen von RAW-Bildern des besagten Kameratyps aktiviert wird. Werkseitig sind bereits Templates für einige RAW-Dateitypen vorhanden.

Resümee: LightZone – seit 2005 auf dem Markt – ist eine Kombination von RAW-Konverter und Bildbearbeitung mit innovativem Potenzial, die in enger Zusammenarbeit mit Fotografen weiterentwickelt wurde. Es ist ein Programm für "Augenmenschen" und nicht für "Kopfrechner"; für solche, denen die visuelle Kontrolle in allen Phasen des Arbeitsablaufs wichtig ist. Die schnelle Abfolge von nachgeschobenen Verbesserungen irritiert etwas – mittlerweile sind wir nach Erscheinen der Version 2.0 im November 2006 bei der Version 2.0.6 angelangt –, kann aber in Anbetracht des Umstands, dass wir es hier mit einem "jungen", innovativen und ausbaufähigen Programm zu tun haben, toleriert werden.

Kurzbewertung

  • platzsparende Speicherung durch Filialdokumente
  • mehrere Maskierungs-Tools mit veränderbaren Übergangszonen
  • neuartige Werkzeuge zur Veränderung von Helligkeit und Kontrast
  • visuelle Kontrolle aller Arbeits- und Korrekturschritte
  • wie für die Helligkeitswerte sollte es auch für Farbkorrekturen einen "ZoneMapper" geben
  • Korrekturmöglichkeit von Linsenfehlern und Farbsäumen wäre wünschenswert
  • bei einer Maske sollte auch der innere Rand der Übergangszone flexibel angepasst werden können

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