Serif
Testbericht: Serif PhotoPlus X2
2008-10-30 PhotoPlus X2 von Serif bietet mit Anpassungs- und Filterebenen, Pfaden, Masken und einer Schnittstelle für Photoshop-Plug-ins viele Funktionen eines professionellen Bildbearbeitungsprogramms. Selbst Bildverwaltungs- und Panorama-Software sind im Lieferumfang enthalten. Ob das Programm wirklich eine Alternative zu teurer Profi-Software ist, zeigt unser Test. (Thomas Hafen)
Was ist nun neu an der neuen Version? X2 von PhotoPlus zeichnet sich vor allem durch die neuen Filterebenen aus. Sie ermöglichen es, Bilder zu filtern, ohne die eigentlichen Pixel zu verändern. Weitere Neuheiten sind eine Filtergalerie, eine Vorher-/Nachher-Bildanzeige, die Möglichkeit, nutzerspezifische Werkzeugeinstellungen zu speichern, diverse Effekte für Texte und Konturen sowie eine eigene Anpassungsebene für Schwarz-Weiß-Umwandlungen.
Auf den ersten Blick fällt auf, dass im Lieferumfang ein zwar kleines, aber dennoch umfangreiches und gut lesbares Handbuch enthalten ist – was leider keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Nur die Indizierung ist darin nicht ganz geglückt: Die Seitenzahlen im Index stimmen nur teilweise. Die Installation des Programms verläuft unter Windows Vista ohne Probleme, auf Lizenznummern oder Aktivierung verzichtet Serif. Nach einem recht flotten Start präsentiert das Programm einen Begrüßungsbildschirm. Über diesen "Assistenten" lassen sich die häufigsten Aufgaben direkt auswählen.
Gut gelungen ist die "QuickStart" genannte Leiste auf der linken Seite. Über sie lassen sich Hilfethemen aufrufen, die vor allem beim schnellen Einstieg in das Programm nützlich sind. Besonders praktisch: Die klickbaren Links mit der Bezeichnung "Diesen Schritt ausführen" wenden das erklärte Werkzeug oder die beschriebene Funktion direkt auf das Bild an.
Start der Bildbearbeitung ist meist der Foto-Import von einer Digitalkamera oder einer Speicherkarte. Leider bietet das Programm hierfür keine wirkliche Unterstützung. Der TWAIN-Import-Befehl im Start-Assistenten sowie der Importdialog aus dem "Datei"-Menü sind nur für den Import aus Quellen geeignet, die – wie zum Beispiel Scanner – den TWAIN-Standard unterstützen. Die meisten Digitalkameras sowie Speicherkarten in einem Kartenleser werden aber als Massenspeicher gemountet. Im Importdialog erscheinen sie unter kryptischen Bezeichnungen wie "WIA-Microsoft WPD-Dateisystem" oder "WIA-USB-Driveunit". Der Nutzer kann nur raten, dass sich dahinter Kamera oder Speicherkarte verbergen. Der Import selbst bietet keinerlei Zusatzoptionen. Dateien lassen sich weder umbenennen noch mit Schlagwörtern oder vordefinierten Einstellungen versehen. Die RAW-Dateien einer Canon-Spiegelreflexkamera wurden im Import-Dialog gar nicht angezeigt, obwohl das Programm laut Handbuch RAW-Formate unterstützt.
Angesichts des wenig komfortablen Import-Dialogs empfiehlt es sich, die Bilder entweder mit Windows-Bordmitteln oder dem im Lieferumfang von PhotoPlus enthaltenen AlbumPlus SE Pro zu importieren und erst dann mit dem Bildbrowser oder dem "Öffnen"-Befehl im Bildbearbeitungsprogramm zu starten. Der Bildbrowser ist recht komfortabel und bietet neben dem Verzeichnisbaum eine Miniaturansicht. Die Größe der Miniaturen lässt sich stufenlos einstellen.
Im Bildbrowser werden auch RAW-Dateien erkannt und geöffnet. Das Gleiche gilt für Photoshop-Dateien. Bei der Bearbeitung dieser Formate sowie von Tiffs ist allerdings Vorsicht geboten: PhotoPlus arbeitet im RGB-Modus nur mit 8 Bit Farbtiefe pro Kanal, also insgesamt mit 24 Bit. Auf unserem Testrechner öffnete das Programm zwar 12-Bit-RAW-Dateien und 16-Bit-Tiff-Dateien, diese konnten aber nicht wieder abgespeichert werden. Das Programm quittierte Speicherversuche mit diversen Fehlermeldungen. Nur ein Export war möglich, wobei die Tiff-Datei danach nur noch 24 Bit Farbtiefe (insgesamt) aufwies. Noch seltsamer verhält sich Photo Plus bei PSD-Dateien. Während das Programm 8-Bit-PSDs problemlos öffnen und wieder speichern kann, werden 16-Bit-PSD-Dateien zwar geöffnet, sind aber unbrauchbar. Speichert man sie wieder ab, sind sie zerstört.
Für die schnelle Korrektur von Fotos bietet PhotoPlus X2 das "QuickFix Studio" an. Es vereint Werkzeuge, mit denen sich typische Probleme wie Abbildungsfehler des Objektivs, ein schiefer Horizont oder rote Augen bei Blitzaufnahmen beheben lassen. Anders als in der Filtergalerie (siehe unten) werden die einzelnen Funktionen nicht durch eine Hinzufügen-Schaltfläche selektiert, sondern durch ein Auswahlfeld, das sich links von jeder Funktion befindet. Alle Effekte bis auf "Graustufen" sind von vorne herein ausgewählt, haben aber keinen Einfluss, da alle Parameter zunächst auf Null gesetzt sind. Wurden die Einstellungen eines Filters verändert, zeigt Photo Plus rechts vom Filternamen einen kleinen Pfeil an. Der Anwender kann die Änderungen rückgängig machen, indem er auf diesen Pfeil klickt. Leider stehen im QuickFix Studio zum Teil nur einfache Werkzeuge zur Verfügung, obwohl PhotoPlus bessere Filter für dieselbe Aufgabe im Angebot hat. So lassen sich im Graustufenwerkzeug nur die drei Primärfarben verändern, während der Befehl "Schwarz-Weiß-Film" aus dem "Anpassen"-Menü mit sieben Farbreglern eine weit feinere Einstellung ermöglicht. Dasselbe gilt für das Scharfzeichnen-Werkzeug, das im Unterschied zum Unscharf-Maskieren-Filter nur einen Regler besitzt und damit nur eine grobe Schärfemanipulation ermöglicht.
Bearbeitungsfunktionen und Filter von PhotoPlus sind übersichtlich angeordnet und leicht zugänglich. Der Nutzer kann wählen, ob er Werkzeuge wie Tonwertkorrektur und Gradationskurve als direkte Befehle oder als Anpassungsebenen auf das Bild anwenden will. Die Ebenen-Variante hat den Vorteil, dass sich die Korrekturen im Nachhinein verändern oder wieder löschen lassen, ohne dass die eigentlichen Bildpixel verändert werden. Dieselbe Wahl bietet das Programm auch für Filter. Anders als bei Anpassungsebenen muss der Nutzer dafür allerdings erst eine bereits bestehende Ebene in eine Filterebene umwandeln. Über die Filtergalerie – aber auch über den Aufruf eines einzelnen Filters – wird ein Übersichtsfenster geöffnet, das neben der Voransicht des Bildes auch die wichtigsten Filterkategorien auflistet. Mehrere Effekte lassen sich kombinieren, indem man über die Schaltfläche "Filter hinzu" weitere Effekte auswählt. Bei Bedarf kann man einen Effekt mit der "Filter löschen"-Schaltfläche wieder entfernen.
Um die Wirkung eines Filters abschätzen zu können, bietet das Übersichtsfenster vier Ansichtsoptionen. Der Anwender kann sich entweder das komplette Bild anzeigen lassen und die Voransicht im Filterdialog ein- und ausschalten, um den Effekt abschätzen zu können. Er kann Vorher- und Nachher-Bild über- oder nebeneinander anzeigen und per Split-Screen das Bild horizontal oder vertikal in eine Vorher- und Nachher-Hälfte teilen, wobei die Grenze beliebig im Bild verschiebbar ist. Der Aufbau der Voransicht und die eigentliche Filteranwendung gehen recht träge vonstatten, so dass der Nutzer Geduld aufbringen muss, vor allem, wenn er mit mehreren Filtern experimentiert.
Fazit Anpassungs- und Filterebenen, Masken und Pfade – Photo Plus hat eigentlich alles, was ein Bildbearbeitungsprogramm braucht. Es ist leicht zu bedienen und führt schnell zu guten Bildergebnissen. Trotzdem ist es nur eingeschränkt zu empfehlen, da es Bilddaten im RGB-Modus nur mit 8 Bit Farbtiefe pro Kanal verwaltet. Das reicht zwar für Nutzer, die mit ihrer digitalen Kompaktkamera ohnehin nur JPEGs produzieren. Wer aber die Farbreserven einer 12- oder 14-Bit-RAW-Datei aus einer digitalen Spiegelreflexkamera ausnutzen oder gar 16-Bit-Dateien aus anderen Applikationen weiter bearbeiten möchte, ist mit Programmen wie Corel PaintShop Pro oder Photoshop Elements besser beraten. Sie liegen in einer ähnlichen Preisklasse, unterstützen aber 16 Bit Farbtiefe pro Kanal.