Supporting Computers Inc.
Testbericht: Supporting Computers Inc. Artizen HDR 2.54
2007-08-27 Stürzt man sich mit Ehrgeiz und Begeisterung in die Digitalfotografie, hat man einige Kosten am Bein: Kamera, Wechselobjektive, Stativ, ein leistungsstarker Rechner mit großer Festplatte reißen Löcher ins Budget. Die Allroundsoftware Artizen HDR hilft da Ausgaben senken, weil nicht gleich für anspruchsvollere Zielsetzungen jeweils teure, spezielle Software angeschafft werden muss, sondern mit einem preisgünstigen Programm ein breites Spektrum der LDR- wie HDR-Fotografie abgedeckt ist. (Dr. Bernd Schäbler)
"Drum prüfe, wer sich ewig bindet", lautet eine Allerweltsweisheit, und diese gilt insbesondere auch für den Softwarekauf. Wenn man – gerade als entdeckungsfreudiger Neuling –, mal dies und das auf dem weiten Feld der Fotografie ausprobieren und sich nicht gleich auf ein bestimmtes Gebiet festlegen möchte, lohnt ein Test von Artizen HDR, mit dem die meisten Bereiche der Digitalfotografie und der Arbeit in der digitalen Dunkelkammer erschlossen werden können – und es wäre gar nicht so verwunderlich, wenn man dabei bliebe. Denn Artizen HDR hat eine exorbitante Fülle von Funktionen für die Bildoptimierung auf der LDR- wie auch der HDR-Ebene zu bieten.
So steht für die Bildauswahl, -organisation und -verwaltung sowie Schnellkorrekturen ein Dateibrowser bereit, der sämtliche Metadaten (inkl. GPS) anzeigt, in dem Bilder in Alben abgelegt und in Webgalerien verwandelt, für den Mail-Versand oder eine Diashow ausgewählt, für eine Konvertierung im Batchprozess oder einfach nur für die Weiterbearbeitung im Hauptprogramm selektiert werden können. Zudem kann man hier Dateien spiegelverkehrt darstellen oder drehen und für den Druck vorbereiten. Es werden RAW-Formate von mehr als 13 Herstellern und 96 Kameras gelesen, und das Programm kann fast 40 Dateiformate (28 im Import/10 im Export) verarbeiten, inkl. der HDR-Formate. Für Letztere bietet der Browser etwas Besonderes, kann man sich doch bei einer HDR-Datei über die +/-Tasten die unterschiedlichen Belichtungsstufen live anzeigen lassen bzw. einen der 11 Tone Mapping-Operatoren anwählen, dessen Transformationsarbeit in den LDR-Bereich dann Stufe für Stufe zu sehen ist.
Ein kleiner Wermutstropfen: Artizen ist beim Laden der Dateien in den Browser sowie bei der Echtzeitvorschau von Zwischenergebnissen während des Prozesses der Bildoptimierung oder des Tone Mappings leider überhaupt kein Sprinter.
Über "Edit" geht es in das Hauptprogramm. Hier stehen zum einen zahlreiche klassische Werkzeuge für die Bild(nach)bearbeitung parat wie etwa diverse Auswahl-Tools (mit Einstellung der Übergangszone), Bildbeschnitt, Kopierstempel, Malpinsel, Spray- und Verlaufswerkzeug, Bildbereiche defokussieren, Rote-Augen-Korrektur, spezielle Effekte wie Glow oder Sternfilter. Für Farbanpassung, Farbtemperatur und Farbbalance, die Kontrolle von Helligkeit, Kontrast und Bildschärfe sind die üblichen Werkzeuge mit Schiebereglern vorhanden, ebenso ein Tonwertkurven-Instrument und eine ausreichend große Sammlung von Filtern. In einer Palettenleiste findet man das Histogramm und die Farbpalette, die Tone Mapping-Steuerung und Metadaten-Eingabefelder (EXIF, ITPC, GPS) sowie die Bildebenenverwaltung, da in Artizen auch mit Ebenen, Ebenenmasken und diversen Verrechnungsmodi gearbeitet werden kann. Hier lassen sich mit der fx-Funktion auch leicht Schaltflächen für Webseiten erstellen, und Artizen offeriert für Bildpräsentationen im Internet noch weitere Tools wie ein Slicing-Instrument, ein Arbeitsfeld "Speicherung für die Webseite" inkl. JPEG-Komprimierung und die Erstellung einer Webgalerie; und hierfür gibt es auch noch zur Vorbereitung die Möglichkeit, Bilder mit Frames zu versehen.
Weil zur Zeit in aller Munde ist, dass mit der Technik der HDR- Fotografie bisher nicht darstellbare Kontrastunterschiede im Druck wie auf dem Bildschirm beherrschbar geworden sind, dürfte vor allem der zweite Teil des Programmnamens bei Newbies wie alten Hasen – vor allem wenn sie sich mit dem Problem von Unter- bzw. Überbelichtung in der Panoramafotografie herumschlagen – alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Unter "HDR-Bilder erstellen" stehen zwei Wege offen; zum einen die Verrechnung von Highlights und Schatten, wofür lediglich je zwei Aufnahmen ausreichen, und ein anspruchsvollerer Modus für drei oder mehr Aufnahmen. Artizen liest normalerweise die EXIF-Informationen aus; so dies nicht gelingt, müssen Blendenstufenzahl und Belichtungszeit manuell eingetragen werden. Nach der Feinjustierung der Einzelbilder zur Vermeidung von verwischten Konturen erfolgt die Berechnung und anschließend die Speicherung im HDR-Format oder die Konvertierung durch Tone Mapping von HDR nach LDR und die anschließende Abspeicherung als 8- oder 16-Bit TIFF- bzw. als JPEG-Datei.
Für das Tone Mapping gibt es nach Öffnung der Bilddatei zwei Arbeitsumgebungen: eine über Menüleiste Aufzurufende und eine in der Palettenleiste Untergebrachte. Nach der Wahl eines Operators stehen je unterschiedlich viele aktive Schieberegler zur Justierung der Parameter Luminanz, Kontrast, Sättigung, Lichter, Schatten und Gamma zur Verfügung. Die Operatoren sind als XMP-Dateien archiviert und können durch eigene Defaulteinstellungen angepasst und erweitert werden; ein Patentrezept gibt es hingegen nicht, sondern jedes Bild verlangt bei der Überführung von HDR nach LDR aufgrund des je besonderen Kontrastumfangs eine eigene Behandlung.
Dies gesagt – und auch der Hersteller ist sich dessen bewusst, wie in einem Begleittutorial nachzulesen ist –, verwundert es doch auch bei Artizen, dass es ein gesondertes Batch-Processing-Modul für die Erstellung von HDR-Bildern mit anschließendem Tone Mapping gibt: Aufnahmen aus Belichtungsreihen müssen dafür in separaten Verzeichnissen gespeichert werden, und zudem sind Reihen mit zwei bzw. solche mit drei oder mehr Bildern fein säuberlich von einander zu trennen. Einzustellen sind im Batch-Arbeitsfeld Quellverzeichnis, Dateiformat, Zahl der Aufnahmen je Bearbeitungseinheit, gewünschtes Ausgabe-Format und Zielverzeichnis sowie Operator (auch eigene Subvarianten), dann beginnt die Stapelverarbeitung. Eigene Versuchsreihen des Rezensenten ergaben, dass einige LDR-Resultate kaum, andere nur mit einigem Aufwand durch Nachbearbeitung brauchbar waren. Besser ist da schon, man konvertiert die im Stapelprozess erstellten OpenEXR- oder Radiance RGBE-Formate einzeln von HDR- in LDR-Bilddateien.
Fazit: Verarbeitung von Dateien mit 8-/16-/32-Bit Farbtiefe, LDR- und HDR-Aufnahmen, Bildoptimierung oder Batchverarbeitung – Artizen HDR 2.54 erinnert an einen Sprinter, der zwar die meisten Hürden nimmt, aber an der einen oder anderen Stelle etwas lahmt; dem aber auch noch von den Programmierern auf die Sprünge geholfen werden kann.
Kurzbewertung
- diverse Tone Mapping-Operatoren
- Erstellung von HDR-Bildern
- Bildausgabe an unterschiedliche Medien
- zahlreiche Werkzeuge für die Bildoptimierung
- Festlegung eines Startverzeichnisses nicht möglich
- Vorschau-Thumbnails werden nicht gespeichert
- Bilder im Browser laden und im Echtzeitmodus bearbeiten dauert sehr lange
- Anzeige-Layout im Dateibrowser sollte flexibler sein