2024-12-14 Die Nikon Z50II will mehr sein als ein bloßes Nachfolgemodell der Z 50 – sie will die APS-C-Klasse bei Nikon neu definieren und auf ein höheres Level heben – ohne die Preisschraube in den vierstelligen Bereich zu drehen. Dafür gibt es ein überarbeitetes, größeres Gehäuse mit deutlich mehr Bedienelementen, den Autofokus aus der Profiliga Z 8 und Z 9 und einen verbesserten Touchscreen. Dazu gibt es noch eine verbesserte Videofunktion, die selbst Content Creator zufriedenstellen sollte. Ob das Gesamtkonzept aufgeht und die Z50II ein Preis-Leistungs-Kracher ist, aber auch wie es um die Bildqualität des unveränderten 20-Megapixel-Sensors bestellt ist, klären wir im ausführlichen Test. (Benjamin Kirchheim)
Zusammen mit dem Z 16-50 mm 3,5-6,3 VR DX ergibt die Nikon Z50II ein sehr kompaktes Gesamtpaket. Das Objektiv liefert – wie die Kamera – eine gute Bildqualität. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung
Wer die Nikon Z 50 kennt, dem wird gleich auffallen, dass die Z50II ihr zwar grundsätzlich ähnelt, aber größer (3 mm höher und 7 mm tiefer, nicht aber breiter) und schwerer geworden ist sowie ein völlig neues Bedieninterface aufweist. Vor allem die Rückseite wurde komplett überarbeitet. Nikon-Kenner werden bemerken, dass sich die Tastenanordnung an der Nikon Z6III anlehnt. Hiermit wird klar, dass sich die Z50II auch an ambitioniertere Nutzergruppen richtet als noch die Z 50, was aber nicht heißt, dass die Kamera nun keine Einsteigerfunktionen mehr bietet.
Lag die Z 50 aufgrund ihres ausgeprägten Handgriffs mit griffiger Gummierung schon gut in der Hand, trifft das auf die Z50II erst recht zu, vor allem für Personen mit größeren Händen. Die Z50II bringt mit 550 Gramm nun satte 100 Gramm mehr auf die Waage. Dabei kommt jedoch weiterhin der kleine Akku EN-EL25a zum Einsatz. Das Mehrgewicht liegt also komplett im Gehäuse, nicht im Akku – und das ohne verbauten Sensor-Shift-Bildstabilisator, auf den man leider weiterhin im APS-C-Segment von Nikon verzichten muss. Immerhin wiegt das kleine Setobjektiv 16-50 mm F3.5-6.3 VR DX nur 114 Gramm, sodass es mit der Kamera perfekt ausbalanciert ist.
Mit oder ohne Leerzeichen? Vielleicht wundern Sie sich, dass wir hier die Typenbezeichnung der Z-Kameras mal mit und mal ohne Leerzeichen schreiben. Das ist kein Versehen oder Zufall. Uns ist so etwas durchaus wichtig. Deshalb haben wir uns bei der Einführung des Z-Systems vergewissert, wie das korrekt zu schreiben ist, und Nikon Deutschland legte Wert darauf, dass alle Z-System-Kameras mit einem Leerzeichen geschrieben werden, also beispielsweise Z 50. Die römischen Ziffern der Mark-II-Modelle wiederum setzte Nikon direkt an die Zahl: also z. B. Z 6II. Auch das haben wir übernommen. International und im Handel wurde das aber nicht so konsequent durchgezogen, da fand und findet man jede erdenkliche Kombination, also auch Z6II und Z6 II.
Bei der Z6III und Z50II ist Nikon offiziell von der alten Schreibweise abgerückt und schreibt nun alles zusammen. Das ist unter anderem auch für die zweifelsfreie Auffindbarkeit in Suchmaschinen besser. Auch das übernehmen wir gerne, belassen aber alle bisherigen Z-System-Kameras vorerst bei ihrer alten Schreibweise.
Das Gehäuse besteht teilweise aus einer Magnesiumlegierung und ist sauber verarbeitet. Sogar Dichtungen zum Schutz vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser bietet es. Die Schnittstellenabdeckungen bestehen aus Gummi und dürften gut abdichten. Anders sieht es jedoch bei der Klappe auf der Kameraunterseite aus, hinter der sich neben dem Akkufach auch der SD-Karteneinschub verbirgt. Hier fehlt eine Dichtung. Solange aber kein Wasser von unten kommt (oder im Hochformat von der Seite), dürfte das kein Problem darstellen. Man sollte dann jedoch ein gedichtetes Objektiv verwenden, was beim 16-50mm-Setobjektiv allerdings nicht der Fall ist.
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Fast alle wichtigen Bedienelemente liegen in Reichweite der rechten Hand, inklusive des um den Auslöser angeordneten Einschalthebels. Der Auslöser besitzt einen gut fühl- und haltbaren ersten Druckpunkt. Tasten für Videoaufnahme, ISO-Empfindlichkeit und Belichtungskorrektur liegen direkt hinter dem Auslöser. Das Programmwählrad räumt den klassischen Kreativprogrammen P, A, S und M sowie nun 3 statt 2 Benutzerspeichern den meisten Raum ein, aber auch die Vollautomatik sowie Motivprogramme lassen sich hier direkt einstellen.
Die Effekte sind nun nicht mehr über das Programmwählrad erreichbar, stattdessen gibt es eine neue Taste für die Bildstile. Damit folgt Nikon dem Trend der LUT-Taste bei Panasonic beziehungsweise dem Filmsimulationsrad bei Fujifilm. Das Programmwählrad besitzt keine Sicherung, rastet aber gut ein und sitzt an keiner besonders exponierten Stelle. Ein praktischer Hebel unter dem Programmwählrad wechselt zwischen Foto- und Videomodus.
Exponierter sitzt da schon das Daumenrad auf der rechten, hinteren Oberseite. Es lässt sich dadurch hervorragend mit dem Daumen drehen und rastet dabei spür- und hörbar in kleinen Schritten ein. Auch das vordere Einstellrad lässt sich mit ähnlicher Haptik drehen, auch wenn es nur vorn aus dem Gehäuse herausragt. In Bajonettnähe sind zwei Funktionstasten zu finden. Die obere davon erreicht man perfekt mit dem Mittelfinger, bei der unteren muss man den Ringfinger schon etwas mehr strecken.
Auf der Rückseite sind das Steuerkreuz samt zentraler Bestätigungstaste, eine AEL/AFL-Taste sowie 7 weitere Tasten in Daumenreichweite zu finden. Das sind 4 Tasten mehr als bei der Z 50, wobei letztere jedoch noch 3 Touch-Tasten bot, die dafür nun weggefallen sind. Neben der bei der Aufnahme weniger wichtigen Löschen-Taste muss die Drive-Taste mit der linken Hand bedient werden. Damit besitzt die Z50II insgesamt 3 Tasten mehr als die Z 50, büßt allerdings die gute Einhandbedienbarkeit ein, sofern man gerne die Drive-Taste für den Selbstauslöser oder die Serienbildfunktion nutzt. Insgesamt ist das dennoch ein gutes Upgrade der Bedienung, zumal sie sich näher an der Z6III orientiert.
Beim Bildschirm handelt es sich um einen 8,2 Zentimeter großen Touchscreen, der mit einer Million Bildpunkten für heutige Verhältnisse etwas gering auflöst. Auch die maximale Leuchtdichte lässt mit 490 cd/m² etwas zu wünschen übrig. Immerhin lässt sich der Bildschirm nun seitlich schwenken und um die eigene Achse drehen, statt um 180 Grad nach unten zu klappen. Das ist für Foto- und Videoaufnahmen aus allen erdenklichen Perspektiven viel praktischer als noch bei der Z 50.
Der rückwärtige Touchscreen der Nikon Z50II lässt sich um 180 Grad seitlich schwenken und um die eigene Achse drehen. Die Bedienelemente orientieren sich an der Z 8 und nicht am Vorgängermodell Z 50. [Foto: MediaNord]
Die Touchbedienung ist gut in die Gesamtbedienung eingebettet, sowohl im Aufnahmemodus als auch im Menü sind entsprechende Funktionen alternativ zu den Tasten per Fingertipper bedienbar. Was am Bildschirm etwas nervt, sind die defaultmäßig kurzen Ausschaltzeiten im Menü sowie in der Wiedergabe. Das bemängelten wir bereits beim Vorgängermodell. Bei der Z50II kann das Zeitintervall nun glücklicherweise eingestellt werden.
Die Menüs sind Nikon-typisch aufgebaut, es gibt 6 Hauptkategorien zuzüglich eines Favoritenmenüs. In den einzelnen Kategorien wird über bis zu 5 Bildschirmseiten gescrollt, eine Seite fasst maximal 7 Menüpunkte. Nicht wählbare Optionen sind ausgegraut, zudem lässt sich zu vielen Menüpunkten eine Hilfe einblenden. Leider zeigt die Hilfe bei ausgegrauten Menüpunkten nicht an, was diese Einstellung gerade blockiert. Im Menü für die Individualfunktionen gibt es sogar 12 Bildschirmseiten, die farbig in 7 Kategorien geordnet sind. Zudem gibt es ein Quick-Menü mit 12 Funktionen, das man zugegebenermaßen nicht ganz intuitiv über die rückwärtige "i"-Taste erreicht.
Der elektronische Sucher ist unverändert. Er protzt zwar nicht mit der höchsten Auflösung, aber die 2,36 Millionen Bildpunkte des OLEDs sind für die 0,68-fache Vergrößerung (im Kleinbildäquivalent) ausreichend fein. Das Sucherokular ragt angenehm weit über den Bildschirm hinaus, sodass man die Nase beim Durchblick nicht so an die Kamera pressen muss. Mit Brille schattet der Sucher seitlich etwas ab, aber immerhin reicht die Dioptrienkorrektur von -3 bis +3 dpt.
Sowohl der Sucher als auch der Bildschirm reagieren schnell, zeigen gute Farben und Kontraste. Auch ein Live-Histogramm, eine Belichtungsvorschau, eine Vorschau der Schärfentiefe (Abblendfunktion auf eine Fn-Taste programmierbar), eine digitale Ausrichthilfe (3D-Wasserwaage) sowie Gitterlinien lassen sich sowohl im Sucher als auch auf dem Bildschirm einblenden.
Das Stativgewinde sitzt auf der Unterseite vorbildlich in der optischen Achse. Dank des großen Handgriffs konnte Nikon den Akku zudem in ebendiesem unterbringen, sodass das Fach sehr weit vom Stativgewinde entfernt sitzt. Lediglich 250 Aufnahmen sind nach CIPA-Standard möglich. Das ist etwas mager, weshalb wir uns den größeren EN-EL15c der Nikon-Kleinbildkameras gewünscht hätten.
Immerhin lässt sich der Akku nicht nur per USB-C nachladen, sondern auch eine Dauerstromversorgung ist über die USB-C-Schnittstelle möglich – selbst während der Nutzung als Webcam oder zum Streaming an einem Computer (die Z 50 hatte noch Micro-USB ohne Dauerstromversorgung). Auch wenn sich die Z50II mit 5 V Spannung sowie etwa 10 W begnügt, ist ein intelligentes USB-Netzteil erforderlich, das mit der Kamera kommuniziert – etwa mit Power Delivery. Mit einem einfachen 5 V 2 A USB-Netzteil lässt sich die Kamera weder laden noch betreiben, obwohl die Leistung eigentlich ausreichen würde. Ein kurzes USB-C auf USB-C-Kabel liegt der Kamera bei, ein Netzteil EU-konform natürlich nicht.
Mit einem Programmwählrad samt Speicherplätzen für Benutzerprogramme und zwei Multifunktionsrädern richtet sich die Nikon Z50II ganz klar an ambitionierte Hobbyfotografen, bietet aber auch Einsteigern alle nötigen Funktionen. [Foto: MediaNord]
Neben der USB-C-Schnittstelle besitzt die Z50II noch eine Micro-HDMI-Schnittstelle sowie einen 3,5 mm Mikrofoneingang und im Gegensatz zum Vorgängermodell einen 3,5 mm Kopfhörerausgang, der sich auch für den neuen Kabelfernauslöser MC-DC3 verwenden lässt. Sogar der Profi-Fernauslösegriff MC-N10 wird unterstützt. Abgedeckt werden die Schnittstellen von zwei gut sitzenden Gummilaschen. Drahtlos kommuniziert die Z50II via Bluetooth 4.2 LE sowie WLAN auf 2,4 und 5 GHz.
Auch die SD-Speicherkarte wird im Kamerabodenfach untergebracht. Die Z50II ist zu SDHC, SDXC, UHS I sowie nun auch zu UHS II kompatibel. Die Schreibgeschwindigkeit erreicht mit knapp 190 Megabyte pro Sekunde immerhin fast zwei Drittel des theoretischen Maximums von UHS II. Man sollte also keine langsamere Speicherkarte verwenden, wenn man die Kamera nicht ausbremsen möchte. Für 4K-Videoaufnahmen, die mit bis zu 340 Mbit/s möglich sind, sollte ohnehin mindestens eine Karte mit V-Class 60 verwendet werden, die 60 MByte pro Sekunde Mindestschreibgeschwindigkeit garantiert. Vor allem bei lang anhaltenden Serienbildaufnahmen profitiert man auch von deutlich schnelleren Speicherkarten.