High-End Foto-Video-Hybrid

Panasonic Lumix DC-GH6 im Test

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 5, vom 2022-07-20 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Dass es sich bei der GH6 um keine Einsteigerkamera handelt, merkt man bereits daran, dass keine Motivprogramme zur Auswahl stehen. Dennoch verfügt sie über eine intelligente Automatik, die im Eifer des Gefechts schnell alles automatisch einstellt – dann sogar inklusive einem passenden Motivprogramm.

Wer es dennoch mal verspielt mag, kann einen von acht digitalen Filtern aktivieren, die das Bild stark beeinflussen, etwa Retro, Sepia, Crossentwicklung, Spielzeugeffekt usw. oder einen von 14 weniger aggressiven Bildstilen, auch in Kombination mit den Filtern. Bei den Bildstilen wird bereits die Videolastigkeit deutlich, denn darunter befinden sich für Video gedachte Tonwertkurven wie V-Log, Wie709 und Cinema-like. Es können jeweils noch einige Parameter wie Farbe, Kontrast etc. angepasst werden.

Fotografisch kreativ werden kann man aber auch in der Blendenautomatik, der Zeitautomatik und dem manuellen Modus. Letzterer bietet auf Wunsch eine ISO-Automatik, die Belichtungskorrektur bleibt dabei aktiv und bietet einen großen Einstellbereich von +/- 5 EV. Für Videografen gibt es ebenfalls einen manuellen Videomodus, dazu später mehr, es kann jedoch dank des roten Videoauslösers auch in jedem anderen Programm gefilmt werden. Außerdem befinden sich auf dem Programmwahlrad vier statt bisher drei Plätze, die mit individuellen Einstellungen vorbelegt werden können, um die Kamera schnell auf die favorisierten Motivsituationen vorbereiten zu können.

Die GH6 bietet weder eine Panoramafunktion, noch eine automatische HDR-Funktion, letztere ist gegenüber der GH5 weggefallen. Dafür gibt es aber weiterhin die sehr mächtige Belichtungsreihenfunktion. Mit ihr lassen sich bis zu sieben Aufnahmen in JPEG und/oder Raw mit bis zu 1 EV Belichtungsabstand anfertigen, was mehr als ausreichend für eine spätere HDR-Bearbeitung mit Tonemapping am PC ist. Wer möchte, kann auch Intervallaufnahmen anfertigen. Die GH6 lässt sich entsprechend programmieren und macht bis zu 9.999 Aufnahmen, die sie auf Wunsch sogar zu einem Zeitrafferfilm zusammensetzt. Dank des Wetterschutzes und der USB-Stromversorgung ist das kein Problem.

Beim Autofokus kommt wieder Panasonics DFD-Technologie zum Einsatz, die sich bereits bestens bewährt hat. Ohne Phasen-AF-Sensoren ist diese Methode genauso schnell und zuverlässig. Der Trick: Die Kamera vergleicht zwei blitzschnell mit leicht unterschiedlicher Entfernungseinstellung aufgenommene Fotos miteinander und errechnet anhand der Objektivcharakteristik den nahezu exakten Schärfepunkt, der wie bei einem Phasen-AF direkt angesprungen werden kann. Der Kontrastautofokus sorgt blitzschnell für die Feinjustage. Panasonic verspricht, dass die GH6 das sogar noch bei -4 EV geringem Umgebungslicht, also nachts bei Mondschein, schafft.

Laut unserer Labormessung benötigt die GH6 lediglich 0,13 bis 0,16 Sekunden für die Fokussierung inklusive Auslösung, wobei die reine Auslöseverzögerung bereits 0,07 Sekunden davon beansprucht. Letzteres ist für eine spiegellose Systemkamera kein Rekordwert, denn so lange brauchen normalerweise DSLRs, die dafür beispielsweise noch den Spiegel hochklappen müssen. Spiegellose Systemkameras wie die GH6 sollten eigentlich locker doppelt so schnell sein.

Die GH6 deckt mit ihren 315 Autofokuspunkten fast das gesamte Bildfeld ab und führt den Fokus auf Wunsch automatisch einem sich bewegenden Motiv nach. Selbst kleinste Insekten kann der Autofokus im Bild verfolgen. Der Fokus lässt sich in seiner Größe ändern, es können mehrere Fokusfelder als Gruppe angesteuert werden etc. Neben einer Gesichtserkennung bietet die Lumix auch eine Erkennung von Augen, Köpfen und Körpern samt Tracking bei bis zu acht Serienbildern pro Sekunde.

Das ist heutzutage eigentlich nicht mehr Stand der Technik, andere Hersteller sind hier deutlich schneller, können aber auch auf einen Hybrid-Autofokus mit echten Phasen-AF-Sensoren zurückgreifen. Immerhin wird bei den acht Bildern pro Sekunde das Livebild zwischendurch angezeigt. Mit Single-Autofokus, also ohne Nachführung, sind dagegen schnelle 14 Bilder pro Sekunde mechanisch und sogar 75 Bilder pro Sekunde mit elektronischem Verschluss möglich (mehr dazu weiter unten).

Bei der manuellen Fokussierung wird der Fotograf von einem Balkendiagramm (allerdings ohne konkrete Werte oder gar eine Schärfentiefeskala), einer Fokuslupe sowie einem Fokus-Peaking unterstützt, das kontrastreiche und damit scharfe Bildbereiche farblich markiert. Zudem ist es bei zahlreichen Objektiven möglich, die Steuerung des Fokusrings im Menü der GH6 von nicht-linear auf linear umzustellen, was vor allem Videografen freuen dürfte. Der lineare Fokusweg kann dabei sogar in 30-Grad-Schritten zwischen 90 und 360 Grad eingestellt werden.

Der neue Bildsensor und leistungsfähige Bildprozessor der Panasonic Lumix DC-GH6 wirkt sich auch auf die Serienbildfunktion aus. In Raw konnten wir 54 Fotos am Stück mit 14,7 Bildern pro Sekunde aufnehmen, also sogar einer etwas höheren Rate als versprochen. Bei vollem Puffer sinkt die Serienbildrate auf etwa 6,3 Bilder pro Sekunde ab, die allerdings sehr unregelmäßig aufgenommen werden. In JPEG haben wir ebenfalls 14,7 Bilder pro Sekunde gemessen, was sogar für 82 Bilder am Stück möglich war. Danach sinkt die Rate auf 5,7 Bilder pro Sekunde ab. Hier ist offensichtlich nicht die Schreibrate auf die Speicherkarte der Flaschenhals, sondern die Bildverarbeitungsgeschwindigkeit des Prozessors.

Apropos Schreibrate: 272,1 MB/s haben wir bei den obigen Messungen ermittelt, bei denen eine CFexpress-Speicherkarte zum Einsatz kam, die sogar bis zu 1.480 MB/s schreiben können soll. Die GH6 lässt also sogar noch viel Potential liegen. Auch wenn die Kamera im Hintergrund Daten schreibt und dadurch stets einsatzbereit ist, dauert es ein paar Sekunden, bis der Puffer wieder leer ist. In JPEG waren das neun Sekunden, in Raw zehn Sekunden.

Im zweiten Speicherkartenfach der GH6 lassen sich SD-Karten verwenden. Hier haben wir eine SDHC-Karte von Panasonic mit UHS-II-Interface eingesetzt, die bis zu 250 MB/s schnell schreiben können soll. Bei 14,7 Raw-Serienbildern pro Sekunde konnten wir 53 Aufnahmen am Stück anfertigen, bevor die Serienbildrate auf unregelmäßige, durchschnittlich 4,1 Bilder pro Sekunde sank. Das Leeren des Puffers dauerte hier aber bereits 28 Sekunden. Die Schreibrate haben wir mit beachtlichen 175,1 MB/s ermittelt.

Die GH6 bietet mit elektronischem Verschluss aber sogar 75 Bilder pro Sekunde. Interessanterweise nimmt sie hier exakt 200 Bilder am Stück auf – unabhängig vom Dateiformat. Wo sie so viele Bilder vor dem Speichern lässt, ist uns ein Rätsel, denn innerhalb der 2,67 Sekunden, die eine solche Aufnahme dauert, produziert sie 8,4 GB an Raw-Daten. Wie auch immer, wir haben 74,5 Bilder pro Sekunde gemessen, in Raw waren die Bilder in 45 Sekunden auf die CFexpress-Speicherkarte geschrieben, in JPEG hat es nur 38 Sekunden lang gedauert. Da hier die vollen 25 Megapixel gespeichert werden, lassen sich somit Highspeed-Aufnahmen in höchster Auflösung anfertigen.

Eine schnelle Speicherkarte ist nicht nur für die Serienbildfunktion erforderlich, sondern auch zur Aufnahme von 5,7K-Videos. Hierbei sind bis zu 60 Bilder pro Sekunde möglich, was sehr flüssige Bewegungsabläufe erlaubt. In 4K-Auflösung sind sogar 120 Bilder pro Sekunde möglich und in Full-HD 240 Bilder pro Sekunde. Zudem gibt es einen Modus mit variabler Bildrate mit bis zu 300 Bildern pro Sekunde.

Bei Videoaufnahmen stehen verschiedene Videoformate, Bitraten und Farbabtastungen zur Verfügung. Maximal sind beispielsweise 1.900 Mbit/s möglich, was 237,5 MB/s sind, womit eine CFexpress-Speicherkarte zwingend erforderlich ist. Das ist beispielsweise bei Apple ProRes 4:2:2 der Fall. Die Kombinationen aus Auflösung, Bildrate etc. sind sehr vielfältig, so dass man damit riesige Charts füllen kann. Wir verweisen an dieser Stelle auf die Panasonic-Website.

Je nach Videomodus wird der Sensor größtmöglich ausgenutzt. Am meisten Sensorfläche lässt sich bei anamorphen 4:3-Videoaufnahmen nutzen, nämlich sogar 5,8K. Allerdings benötigt man dafür spezielle Objektive, die das Bild auf das 4:3-Format stauchen. Die Pixel werden hinterher wieder entstaucht, sind also nicht mehr Quadratisch. Wer möchte, kann die Videos extern via HDMI aufzeichnen, selbstverständlich auch im Rohdatenformat.

Panasonic verspricht zudem einen hohen Dynamikumfang von zwölf Blendenstufen. Darüber hinaus steht ein Dynamic Range Boost-Modus bei bis zu 60 Bildern pro Sekunde zur Verfügung, bei dem der Sensor zweimal parallel ausgelesen wird. Die Low-ISO-Schaltung erzeugt ein Bild mit hoher Sättigung, das mit dem rauschärmeren High-ISO-Bild zu einem Bild mit mehr als 13 Blendenstufen Dynamikumfang zusammengerechnet wird. Das soll ein klares, flüssiges, scharfes HDR-Video ermöglichen.

V-Log und V-Gamut sind für eine spätere Gradation direkt vorinstalliert. V-Gamut erzielt sogar einen höheren Farbumfang als BT.2020. Die Farbmetrik der Panasonic VariCam-Reihe an Kinokameras steht ebenfalls zur Verfügung. V709 LUT mit Rec.709 ist standardmäßig in der GH6 verfügbar. Zudem kann mit V-Log View Assist eine LUT in Echtzeit angewendet werden. Der Import von .CUBE- und .VLT-Dateiformaten wird ebenfalls unterstützt.

Der Autofokus arbeitet im Videobetrieb leise und meist zuverlässig. Manchmal kommt es jedoch vor, dass er etwas unentschlossen zwischen Vorder- und Hintergrund wechselt, dann sollte man den Fokus beispielsweise per Fingertipper auf den Touchscreen auf das entscheidende Motivdetail "aufmerksam" machen.

Den Ton nimmt die Panasonic Lumix DC-GH6 mit dem internen Mikrofon in 48 kHz 24 Bit auf, mit extern per 3,5 mm Klinke angeschlossenen Mikrofon sind es sogar 96 kHz 24 Bit High Resolution. Beim Einsatz des externen XLR-Adapters, der auf den Blitzschuh geschoben wird, sind sogar 4-Kanal-Tonaufnahmen möglich (2x XLR, internes Mikro und externes Mikro), was mehr Flexibilität bei Interviews oder der Aufnahme von Sprecher und Umgebungsgeräuschen erlaubt. Welche Kanäle über den per 3,5 mm Klinke angeschlossenen Kopfhörer kontrolliert werden soll, kann eingestellt werden. Auf der Kameraoberseite gibt es eine Tonkontrolltaste, womit sich beispielsweise der Tonpegel leicht kontrollieren und einstellen lässt.

So spezialisiert die GH6 auch bei Videoaufnahmen ist, ausgerechnet eines beherrscht sie nicht: Livestreaming via USB-C. Hierfür muss man die GH5 II nehmen. Lediglich die Webcam-Software von Panasonic wird unterstützt, die per USB aber nur eine mickrige Auflösung von 1.280 mal 960 Pixeln liefert und nicht einmal ein Tonsignal bereitstellt. Was gegenüber anderen Kameras von Panasonic ebenfalls fehlt, ist die 4K-Photo-Funktion, die mit Hilfe der Videofunktion spezielle Aufnahmemodi bereitstellt – sehr schade. So gibt es kein Post-Focus und auch kein Fokus-Stacking. Einzig die Fokusreihenaufnahmefunktion ist im Belichtungsreihenmodus zu finden. Damit lassen die auch professionelle Stackings erstellen, wozu aber eine externe Software benötigt wird.

Die Panasonic Lumix DC-GH6 verfügt über einen zur Bildstabilisation beweglich gelagerten Bildsensor. Damit lassen sich nicht nur optisch bildstabilisierte Objektive mit Bildstabilisator verwenden, sondern alle. Zudem arbeiten die Stabilisatoren in der Kamera und im Objektiv (nur Panasonic) zusammen, was weitere Vorteile bei der Effektivität bringt. Dieser bei Panasonic Dual IS genannte Kombimodus soll bis zu 7,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. Das zu erreichen, hängt aber sehr vom individuellen "Wackeln" des Fotografen ab. In der Praxis sind fünf Blendenstufen aber in den meisten Fällen kein Problem.

Dank des Bildstabilisators bietet die GH6 zudem eine Sonderfunktion: High-Res-Shot-Aufnahmen mit 100 Megapixeln Auflösung, die zudem direkt in der Kamera erzeugt werden. Sie liefern deutlich mehr Details als Einzelaufnahmen.

Über einen eingebauten Blitz verfügt die GH6 übrigens nicht, es liegt auch kein Aufsteckblitz bei. Der Systemblitzschuh mit Mittenkontakt sowie die Blitzsynchronbuchse erlauben jedoch die Verwendung externer Blitzgeräte. Auch eine Drahtlosblitzsteuerung ist bei Verwendung entsprechender Systemblitzgeräte kein Problem.

Nach der Aufnahme bietet die GH6 einige Bildbearbeitungsfunktionen, etwa die Entwicklung von Raw-Fotos, falls man mal schnell ein JPEG benötigt und keinen Computer zur Hand hat. Auch Dia-Shows spielt die Kamera ab, allerdings nun schnörkellos ohne zuschaltbare Musik und Überblendeffekte.

Drahtlos nimmt die Lumix GH6 per Bluetooth 5.0 sowie Wi-Fi 5 (AC-WLAN auf 2,4 und 5 GHz) Kontakt zu Smartphones, PCs und WLAN-Netzwerken auf. Über WLAN können die Fotos auf Computer, Fernseher oder Smartphones übertragen werden. Die entsprechende Smartphone-App erlaubt zudem das Fernsteuern der Kamera und auch das Aufspielen von Firmwareupdates. Über Bluetooth ist Geotagging mit Hilfe des Smartphone-GPS ist möglich. Mehr dazu ist in unserem Fototipp in den weiterführenden Links zu lesen. Ebenfalls interessant ist die Möglichkeit, Kameraeinstellungen auf das Smartphone speichern und zurück auf die Kamera spielen zu können. So kann man sich sogar mehrere Kameras identisch konfigurieren.

Fortsetzung auf Seite 3

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