Handlicher Vollformat-Foto-Video-Hybrid

Panasonic Lumix DC-S9 im Test

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 5, vom 2024-10-28 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Preislich gesehen siedelt sich die Panasonic Lumix DC-S9 mit knapp 1.700 Euro angesichts des großen Kleinbildsensors in der Einsteigerklasse an. Zwar findet man trotzdem keine Motivprogramme, wohl aber die zuverlässige Vollautomatik "iA" mit Motiverkennung, Bewegungserkennung, Gesichtserkennung etc.

Kreativer kann man allerdings in den klassischen Aufnahmeprogrammen Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder im manuellen Modus werden. Auch die ISO-Empfindlichkeit lässt sich in jedem dieser Programme wahlweise manuell oder automatisch regeln, letzteres im manuellen Belichtungsprogramm auch in Kombination mit der von -5 bis +5 EV reichenden Belichtungskorrektur.

Darüber hinaus bietet die S9 8 Kreativfilter, die die JPEG-Aufnahmen beeinflussen. Dazu gehören etwa Expressiv, Sepia, Cross-Prozess oder Bleach-Bypass. Ganz andere Möglichkeiten eröffnen sich dagegen mit der Verwendung von LUTs, wofür die Kamera nicht nur eine extra Taste an der Rückseite besitzt, sondern auch eine eigene Lumix LAB App programmiert wurde. Damit kann man selbst LUTs erstellen oder herunterladen und auf die Kamera überspielen.

LUT steht für Look Up Table und dient normalerweise zur Gradation von Videoaufnahmen. Jedoch lassen sich diese LUTs auch für Fotos verwenden. LUTs kann man auch mit entsprechenden Computerprogrammen selbst erstellen und dadurch umfangreich die Tonwerte von Bildern manipulieren. Genaueres ist den Fototipps in den weiterführenden Links zu entnehmen.

Der Verschluss der S9 arbeitet sowohl bei Fotos als auch bei Videos rein elektronisch und erreicht bis zu 1/8.000 Sekunde kurze Belichtungszeiten. Das ist zwar lautlos, aber nicht gänzlich ohne Rolling-Shutter-Effekt. Der fällt jedoch bei den meisten Motiven so gering aus, dass man ihn praktisch nicht sieht.

Für die Bildstabilisierung sorgt bei Panasonic das bekannte Dual-IS-System. Einerseits ist der Bildsensor beweglich gelagert und korrigiert Verwackelungen auf fünf Achsen: kippen und schwenken jeweils horizontal und vertikal und Rotationen als fünfte Achse. Damit sind bis zu fünf Blendenstufen längere Belichtungszeiten verwackelungsfrei möglich, behauptet Panasonic.

Der Kamera-Bildstabilisator arbeitet zusätzlich mit dem optischen Bildstabilisator des Objektivs zusammen, sofern dieses einen besitzt, und soll damit bis zu 6,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. In der Praxis konnten wir die fünf Blendenstufen gut aus der Hand halten. Bei 60 mm Brennweite des unstabilisierten Setobjektivs und einer halben Sekunde Belichtungszeit waren vereinzelt scharfe Fotos aus der Hand möglich, wenn auch viele verwackelte dazwischen waren. Mit vier Blendenstufen ist man auf der deutlich sichereren Seite, hier hatten wir fast keinen Ausschuss zu beklagen.

Eine gute Hilfe ist die einblendbare Indikatoranzeige für den Bildstabilisator. Zwei rote Kreise symbolisieren den Bereich der Verwackelungskorrektur, während ein wandernder grüner Punkt darin anzeigt, wie weit der Stabilisator aktuell eine Bewegung ausgeglichen hat. So kann man sehr gut abschätzen, wie gut der Stabilisator in der aktuellen Aufnahmesituation arbeitet. Defaultmäßig nimmt der Bildstabilisator bei halb gedrücktem Auslöser seine Arbeit auf, sodass er durch das deutlich ruhigere Livebild auch dem Autofokus die Arbeit erleichtert.

Bei aktiviertem Bildstabilisator wirkt das Livebild wie festgenagelt. Wer gerne nach dem Fokussieren den Bildausschnitt nochmal minimal korrigieren möchte, hat dabei Schwierigkeiten, da sich der Bildausschnitt erst bei deutlicheren Abweichungen anpasst. Übrigens erkennt der Bildstabilisator auf Wunsch automatisch horizontale und vertikale Mitzieher und korrigiert dann die Schwenkrichtung nicht, damit der Mitzieheffekt wie gewünscht funktioniert.

Wem Fotoaufnahmen mit den 24 Megapixeln Auflösung des S9-Sensors nicht genügen, der kann den High-Resolution-Modus aktivieren. Der nimmt vom Stativ aus mittels Sensorshift acht leicht verschobene Fotos auf und verrechnet sie zu einem mit 96 Megapixel (12.000 x 8.000 Pixel). Gespeichert werden diese Aufnahmen nicht nur in Raw, sondern auch in JPEG.

Panasonic setzt bei der Lumix S9 auf ein Phasen-Hybrid-Autofokussystem. Es arbeitet mit 779 auf dem Sensor integrierten Sensoren sowie mit einer zusätzlichen Kontrasterkennung auf 315 Messfeldern. Der Autofokus erkennt Körper, Köpfe, Gesichter und Augen von Menschen, aber auch Tiere und Vögel jeweils inklusive Augen. Seit dem Firmwareupdate 1.1 werden zudem Fahrzeuge wie Autos und Motorräder sowie Flugzeuge erkannt.

Man muss sich beim Autofokus aber nicht stumpf auf die Erkennungsfunktionen verlassen, sondern kann auch ganz klassisch wählen, mit welchen Fokusfeldern die Kamera arbeiten soll. Von einer Zonen- und Gruppensteuerung bis hin zu einem Einzelfeld-Autofokus mit großem oder sehr genauem, winzig kleinem Fokusfeld bietet die S9 alles, was man benötigt. Auch eine Tracking-Funktion gibt es. Sie verfolgt ein Motivdetail, auch wenn es nicht von den eigentlichen Erkennungsfunktionen abgedeckt ist, über das gesamte Bildfeld.

In unserem Testlabor hat die S9 je nach Brennweite innerhalb von 0,19 bis 0,26 Sekunden von unendlich auf 2 Meter fokussiert und ausgelöst. Insbesondere angesichts der etwas langen Auslöseverzögerung von 0,09 Sekunden, die auch ohne Fokussierung auftritt, ist der Autofokus damit sehr schnell. Noch flotter kann er Motive verfolgen, auch bei Serienaufnahmen.

Mit elektronischem Verschluss sind laut Panasonic 30 Bilder pro Sekunde möglich, wenn auch nur für 36 Bilder am Stück. Diese Zahlen konnten wir bei Messungen bestätigen. Interessanter wird es aber bei 9 Bildern pro Sekunde, denn hier sind wesentlich längere Aufnahmeserien möglich. In JPEG haben wir die versprochenen 120 Bilder am Stück erreicht und sogar 9,1 Bilder pro Sekunde gemessen, bevor es ab dem 121. Bild mit etwa 6,7 Bildern pro Sekunde weitergeht. Der Puffer ist mit 6 Sekunden sehr schnell geleert.

In Raw konnten wir jedoch nur 45 Bilder am Stück mit 9,1 Bildern pro Sekunde aufnehmen, danach ging es mit 4,1 Bildern pro Sekunde weiter. Anhand der Dateigröße von ca. 29,1 MB pro Bild ergibt sich eine Speichergeschwindigkeit von 118,6 MB/s, was angesichts der 250 MB/s schnellen UHS-II-Speicherkarte etwas langsam ist. Immerhin wird der Puffer in unter 9 Sekunden geleert. Kein Wunder, er ist mit 1 GB recht klein für eine moderne Kamera – ein Tribut an den günstigen Preis. Fairerweise muss man sagen, dass manch andere Vollformat-Einsteigerkamera keine 9 Bilder pro Sekunde erreicht, geschweige denn 30 Bilder/s.

Neben Serienbildaufnahmen bietet die S9 eine umfangreiche Bracketing-Funktion. Klassische Belichtungsreihen sind mit wahlweise drei, fünf oder sieben Belichtungen mit 1/3, 2/3 oder 1 EV Belichtungsabstand möglich. Eine HDR-Funktion oder das HEIF-Format für erhöhten Dynamikumfang bietet die Lumix hingegen nicht. Die Fokus-Bracketing-Funktion arbeitet mit bis zu 999 Bildern in wählbar feinen Fokusschritten. Zusammenrechnen muss man die Bilder am PC aber selbst. Darüber hinaus gibt es noch andere Aufnahmereihenfunktionen, etwa Weißabgleichsreihen oder Blendereihen.

Videoaufnahmen beherrscht die S9 maximal in 6K-Auflösung bei bis zu 30 Bildern pro Sekunde. Dabei kann statt 16:9 auch in 3:2 mit voller Sensorauflösung gefilmt werden, dem sogenannten Open Gate. Das bietet besonders viel Potenzial für Crops in verschiedenen Seitenverhältnissen, auch im Hochformat. Ebenfalls möglich sind Kamerafahren allein mit dem Crop. Das geht sogar kameraintern. Für schnellere Datenübertragungen gibt es zudem ein stärker komprimiertes MP4 "Lite"-Format. Das nimmt in 4K-Auflösung 25 Bilder pro Sekunde mit 50 statt 100 Mbit des normalen MP4- oder MOV-Formats auf.

Bei 4K-Aufnahmen sind auch über 30 Bilder pro Sekunde möglich, jedoch nur mit 1,5-fachem Crop auf das "Super35mm Format". In Full-HD-Auflösung hingegen hat man sogar bei bis zu 120 Bildern pro Sekunde die Wahl, ob man mit oder ohne Crop aufzeichnen möchte. Im Slow&Quick-Modus sind sogar 180 Bilder pro Sekunde in Full-HD-Auflösung möglich.

Ärgerlich ist die Tatsache, dass die einstellbaren Video-Bildfrequenzen vom PAL/NTSC-Modus abhängen. Im PAL-Modus sind nur 25/50/100 Bilder pro Sekunde möglich, in NTSC hingegen nur 24/30/48/60/120 Bilder pro Sekunde. Das mag zwar bei der Einstellung der Auflösung und Bildfrequenz übersichtlicher sein, jedoch muss man in die Tiefen des Einstellungsmenüs abtauchen, um von PAL auf NTSC umzustellen. Nach dem Wechsel muss die Kamera zu allem Überfluss noch aus- und eingeschaltet werden.

Während in 6K maximal mit 4:2:0 10 Bit aufgezeichnet werden kann, ist bis 4K-Auflösung auch ein Farb-Subsampling von 4:2:2 10 Bit möglich. Für eine spätere Gradation steht F-Log zur Verfügung und auch per HDMI kann extern aufgezeichnet werden. Eine Timecode-Synchronisation erfolgt ebenfalls per HDMI.

Was der S9 ebenfalls im Videobereich fehlt, ist ein USB-Livestreaming. Die Kamera unterstützt, obwohl sie einen schnellen USB-3.2-Anschluss besitzt und auch bei der Verbindung vom Computer noch über USB mit Strom versorgt wird, kein USB Video und Audio Class. Andere Kameras der Konkurrenz sind hier weiter, beispielsweise Fujifilm mit 4K60 samt Ton über USB selbst bei der 900 Euro günstigen X-M5. Das Panasonic-Schwestermodell S5IIX beherrscht hingegen eine Streaming-Funktion – es geht also, man gönnt es den Vloggern nur nicht zum Preis der S9.

Sehr weit vorne ist dagegen die Videoausstattung. Von Synchro-Scan über Belichtungshilfen, ein Tally-Light, einstellbare Luminanz-Level, verschiedene Tonwertkurven samt LUT, Timecode, einen Test-Ton, Wave Form Monitor und Vectorscope sowie Fokus-Peaking und Zebra stehen umfangreiche Aufnahmehilfen zur Verfügung. Auch anamorphe Videoaufnahmen werden unterstützt. Zudem bietet die S9 einstellbares Dual-Native-ISO (100 und 640 sind die Grundempfindlichkeiten).

Zwar können dank der Videoaufnahmetaste jederzeit Videoaufnahmen gestartet werden, um aber das volle Potenzial mit allen Einstellmöglichkeiten ausschöpfen zu können, sollte man das Programmwählrad auf den Videomodus stellen. Bei Videoaufnahmen ist, sofern nicht deaktiviert, stets der optische Bildstabilisator aktiv, der sich für eine noch bessere Effektivität um einen digitalen Stabilisator ergänzen lässt. Auch der Autofokus arbeitet dank der Phasen-Messsensoren und Erkennungsfunktionen sehr gut.

Dank des Mikrofon-Eingangs ist es auch kein Problem, ordentlichen Stereoton aufzuzeichnen, falls einem die internen Mikrofone nicht reichen. Eine Pegelanzeige sowie eine Aussteuerfunktion sind vorhanden. Mangels Kopfhörerausgangs kann man diesen Ton allerdings nicht vernünftig kontrollieren, denn dazu taugt der interne Lautsprecher definitiv nicht. Der Mikrofon-Eingang bietet wahlweise eine Phantomspeisung für aktive Mikrofone, lässt sich aber auch auf einen Line-In-Betrieb umschalten. Als Zubehör bietet Panasonic zudem einen XLR-Adapter (DMW-XLR1) für den Blitzschuh an. Selbst 4-Kanal-Ton wird unterstützt.

Im Wiedergabemodus gibt es zwar keine großen Bildbearbeitungsmöglichkeiten, wie etwa eine Rote-Augen-Retusche oder Filtereffekte. Raw-Aufnahmen lassen sich aber sehr wohl zu JPEG-Aufnahmen konvertieren, wobei einige Einstellungen angepasst werden können. Neben einer Schutzfunktion bietet die Panasonic zudem eine Bildbewertungsfunktion.

Sehr leistungsfähig zeigen sich die Drahtlosfunktionen. Das eingebaute WLAN funkt nicht nur auf 2,4, sondern auch auf 5 GHz. Das reduziert zwar die Reichweite, erhöht dafür aber den Datendurchsatz. Dabei verbindet sich die S9 nicht nur mit Smartphones und Tablets, sondern auch mit WLAN-Hot-Spots und daran angeschlossenen Rechnern, sodass man seine Bilder und Videos drahtlos sichern kann.

Dank Bluetooth lässt sich zudem energiesparend eine dauerhafte Verbindung zum Smartphone herstellen, wobei die S9 die Standortdaten des Smartphones anzapft und direkt in die aufgenommenen Fotos speichert. Aber auch umfangreiche Fernsteuermöglichkeiten inklusive Livebildübertragung bietet die Smartphone-App.

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