Superzoom-Kamera, Bridge-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Samsung Digimax Pro815
2005-11-28 Koreanische Autos sind auf unseren Straßen längst keine Seltenheit mehr. Mit solchen Automarken wie Hyundai, Daewoo oder Kia haben die Koreaner unsere Straßen erobert und machen den Japanern, Amerikanern und Europäern zunehmend Konkurrenz. Ganz anders sieht es auf dem Fotomarkt aus, wo Samsung zwar schon seit 1979 präsent ist, aber sich bisher nie so richtig gegen Canon, Nikon & Co. durchsetzen konnte. Nun schickt sich der koreanische Unterhaltungselektronikkonzern mit der Digimax Pro815 an, die Fototaschen der so genannten "Prosumer" zu erobern, und wie gut Samsungs Chancen dabei sind, wollen wir in diesem Test herausfinden. (Yvan Boeres)
Seitdem
noch vor der offiziellen Vorstellung der Digimax Pro815 im Juni dieses
Jahres erste Bilder der Kamera im Internet aufgetaucht waren, ist die Szene
in heller Aufregung. Kaum eine Digitalkamera wurde in diversen Foren so
stark diskutiert wie das erste Prosumer-Modell von Samsung, und es vergeht
kein Tag, an dem wir nicht gefragt werden, wann wir die Pro815 endlich
testen. Die Euphorie beruht zu einem großen Teil auf deren Zoomobjektiv der
Superlative (28-420 mm entspr. KB), aber auch auf der Tatsache, dass diese
Kamera ausstattungstechnisch eine echte Alternative zum fast schon
marktbeherrschenden DSLR-Konzept darstellt. Nun ist der lang ersehnte
digitalkamera.de-Test endlich da, und ob die Pro815 auch leistungsmäßig den
digitalen Spiegelreflexkameras Paroli bieten kann, können unsere Leser
sowohl im nachfolgenden Text als auch im nebenstehenden Steckbrief, in der
Tabelle "Messwerte" am Ende des Tests und in einer aktualisierten Version
unseres detaillierten Datenblattes zu dieser Kamera nachlesen und mit den
entsprechenden Werten aus unseren DSLR-Tests vergleichen. Als hilfreiche
Ergänzung dazu bieten wir das DCTau-Testprotokoll zum kostenpflichtigen
Abruf (bzw. im Abo) an, das diesem Test bei der Beurteilung der Bildqualität
zugrunde lag. Getestet wurde die Kamera übrigens mit der Firmware 510181B,
mit der neuere Kameras ab Werk versehen sind und die Samsung sonst nur
Journalisten fürs Selbstupdate zur Verfügung stellt.
Ergonomie/Verarbeitung Ganz so
futuristisch wie die Samsung ECX 1 aus dem Jahre 1994 (damals waren am
Design der Kleinbild-Kompaktkamera Samsung Aerospace und F. A. Porsche
beteiligt) sieht die Digimax Pro815 zwar nicht aus, aber ihr eigenwilliges
Äußeres verschafft ihr dennoch einen relativ hohen Wiedererkennungswert. Ins
Auge fallen natürlich sofort das wuchtige Objektiv vorne und der riesengroße
LC-Farbmonitor hinten; dass die Pro815 noch von zwei weiteren LCDs begleitet
wird, gerät da schon fast zur Nebensache. Drei Bildschirme, wovon einer noch
eine spektakuläre Bildschirmdiagonale von 3,5" (= 8,9 cm) besitzt, sind
schon Kuriosität genug, und deshalb wollen wir dann auch diesen Abschnitt
mit ihnen anfangen. Die 3 LCDs könnten in Erscheinungsform und Größe kaum
unterschiedlicher sein. Hinter dem – mit einer Dioptrieneinstellung
versehenen – Okular ganz links an der Seite verbirgt sich die mit 0,44"
kleinste Protagonistin der Bande. Als Status-Anzeige und als Ersatz für
einen Winkelsucher dient das 1,44" breite LC-Farbdisplay auf der Gehäuseoberseite. Den Vogel schießt aber definitiv der hintere 3,5"-Monitor
ab, der schon einen etwas größeren Betrachtungsabstand verlangt, damit man
überhaupt das ganze Anzeigefeld überblickt. Umschalten tut man von einem
Bildschirm zum anderen über die LCD-Taste gleich unterm Sucher. Die
Bildschirmauflösungen reichen von 115.000 Pixeln (für die obere Anzeige) bis
zu 235.000 Pixeln (für die beiden anderen "Screens"), wobei das Verhältnis
zwischen Größe und Auflösung beim Dreieinhalb-Zöller nur eine grobe
Beurteilung der Schärfe zulässt und bei der Vollbildansicht im
Wiedergabemodus für Treppenstufeneffekte sorgt. Die zwei kleineren LCDs
ruckeln ihrerseits leicht; von den restlichen Abbildungseigenschaften
(Farbtreue, Rauschfreiheit, Lesbarkeit bei grellem und/oder schwachem Licht)
her gibt es keinen eindeutigen Favoriten.
Die Wahl des LCDs bestimmt auch die Kamerahaltung. Beim Blick durch das
Sucherokular drückt die Nase (jedenfalls bei linksäugig Fotografierenden)
unvermeidbar auf den 3,5"-Bildschirm und hinterlässt ihre Spuren auf der
glatten Mattscheibe. Bezüglich der Handlage gibt es nichts Besonderes
anzumerken. Die Pro815 liegt gut und (rutsch-)fest im Griff und verteilt ein
gutes Kilo (genau 1.009 Gramm mit Akku, Speicherkarte und Sonnenblende)
Eigengewicht ziemlich gleichmäßig auf die Ha(e)nd(e). Die Bedienelemente der
Kamera sind übers ganze Gehäuse verstreut, liegen aber schwerpunktmäßig an
der linken Flanke des Objektivtubus, links und rechts vom Großbildschirm und
auf der Kameraoberseite. Zwei kleine Einstellräder (Neudeutsch: Jog-Dials)
erlauben die schnelle Einstellung diverser Parameter (u. a. Blende und
Verschlusszeit bei der manuellen Belichtungssteuerung) mit dem Daumen und
dem Zeigefinger, den bildwichtigsten Einstellungen (z. B. Weißabgleich,
Lichtempfindlichkeitsstufe, Belichtungsmessart, Bildqualität,
Selbstauslöser, Blitzfunktionen, Serienbild-Modi) sind Direkttasten
zugeordnet, so dass man – im Gegensatz zu den zuletzt von uns getesteten Prosumer-Kameras (Panasonic Lumix DMC-FZ30, Fujifilm FinePix S9500) – keinen
Ausflug ins Menü zu machen braucht.
In den seltenen Fällen, wo man doch noch mit der entsprechenden Taste den
"Menü öffne dich!"-Befehl geben muss, offenbart sich dem Benutzer ein
horizontal aufgegliedertes Menü, das sich von 3 Hauptrubriken
(Betriebsartabhängige Einstellungen, Benutzereinstellungen und
Grundeinstellungen) aus abzweigt. Im Aufnahmemodus gibt es insgesamt 35 Menüpunkte, die auf über 126 Einzeleinstellungen Zugriff gewähren. Die
grafische Aufmachung des Menüsystems kann man als "schnörkellos" bezeichnen,
und strukturell gesehen gibt sich das Menü sehr übersichtlich. Die Pro815
erlaubt ihrem Besitzer sogar, die Kamera teilweise den eigenen Wünschen
anzupassen, da es sowohl eine frei belegbare Taste (C-Stellung im
Navigationsfeld) als auch 3 Benutzerprogramme (MySET-Position oben auf dem
Programmwählrad) gibt. Nicht zu vergessen der hinterste von drei
Objektivringen, der zur schnellen Eingabe einer Belichtungskorrektur dient.
Unterm Strich ist das Bedienkonzept der Pro815 vorbildlich bis ins kleinste
Detail durchdacht. Dass das Stativgewinde optimal platziert und aus Metall
ist, dass alle Zugänge (Steckerleiste, Kartenfach, Akkufach) hinter
scharnierversetzten Klappen sitzen, dass das getrennte Wechseln von Akku
(mit 1.900 mAh und 7,4 V gut für ca. 450 Aufnahmen) und Speicherkarte auch
mit aufgeschraubter Stativ-Schnellwechselplatte möglich ist und dass die
Materialbeschaffenheit wie auch die äußere Verarbeitung erstklassig sind,
ist für die Pro815 eine Selbstverständlichkeit.
Optik
Was da den Namen Schneider-Kreuznach trägt und stolz aus der Kamera
herausragt, ist natürlich ein starkes Stück Optik. Ein 15-facher-Zoomfaktor
ist selbst für Superzoomkamera-Verhältnisse eine absolute Seltenheit,
zurzeit sogar einzigartig. Umso erstaunlicher ist es, dass bei einem derart
ausgedehnten Brennweitenbereich von umgerechnet 28 bis 420 Millimeter eine
relativ hohe Lichtstärke von F2,2 (in Weitwinkel-Position) bis F4,6 (in
Tele-Position) beibehalten werden konnte. Am – großzügig dimensionierten und
griffig geriffelten – Zoomring findet man Markierungen für die Brennweite
(28, 35, 50, 70, 100, 135, 200, 300 und 420 mm entspr. KB) und den
Supermakro-Bereich vor. Wie man es von einer Kamera dieser Klasse erwarten
darf, erfolgt die Brennweitenverstellung direkt über eine mechanische
Kopplung zwischen Linsensystem und Zoomring; eine intuitivere, diskretere
(die meisten motorisch angesteuerten Zooms gelten nicht gerade als
geräuscharm), präzisere und schnellere Lösung als die manuelle Zoombedienung
ist eben noch nicht erfunden worden. Beim Zoomen fährt der Objektivtubus
teleskopartig aus und erreicht eine beeindruckende Gesamtlänge von 17 cm im
voll ausgefahrenen Zustand. Richtig kompakt ist das definitiv nicht mehr,
und man fällt schon auf, wenn man auf "volles Rohr" geht.
Praktisch ist die Anzeige der eingestellten Brennweite (bzw. deren
KB-Äquivalent) auf den LCDs. So kann man die Zoomposition nicht nur am
angezeigten Bildausschnitt, sondern auch an einem numerischen Wert
überprüfen. Noch viel praktischer ist aber die Auto-Makro-Funktion, die eine
automatische Umschaltung des Schärfebereiches in den Nahbereich bewirkt.
Gerade bei Kamera mit starken Zooms ist eine solche Funktion fast
unerlässlich, da die Nahgrenze umso schneller erreicht ist, wie die
Brennweite sich – vor allem in der Länge – ausdehnt. So muss man im
Normalbetrieb einen Mindestabstand von 50 cm (in WW-Stellung) bis gar 4 m
(in Tele-Stellung) zum Motiv halten, der erst auf 10 cm (WW) bzw. 1,5 m (Tele)
verkürzt werden kann, wenn man die Makro-Funktion einschaltet. Mit der
Auto-Makro-Funktion kann man sich das Umschalten in den Makro-Modus sparen
und kann Motive in einem Entfernungsbereich zwischen 10 cm und Unendlich (WW)
bzw. 1,5 m und Unendlich (Tele) fotografieren, ohne sich Gedanken darüber
machen zu müssen, ob das Motiv sich nun im Normalbereich oder Nahbereich
befindet. Sehr eindrucksvoll für ein Objektiv dieser Zoomstärke ist auch der
Mindestabstand von nur 3 cm im Supermakro-Modus (70 cm in Tele-Position),
der es erlaubt, auch sehr nahe gelegenen Motiven fotografisch auf den Leib
zu rücken. Der Supermakro-Modus ist in einem Brennweitenbereich zwischen 50
und 100 mm (entspr. KB) verfügbar und muss extra abgerufen werden (die
Auto-Makro-Funktion schaltet jedenfalls nicht in den Super-Makro-Modus).
Scharf gestellt wird wahlweise in der Bildmitte, auf einer von 9 Messfeldern
abgedeckten zentralen Fläche oder "flächendeckend" auf einer Matrix von 9 x
9 Messfeldern. Das Messfeld wird in den beiden ersten Fällen von der Kamera
ausgewählt, während man bei der letzten Variante selbst festlegt, an welcher
Stelle im Bild die Scharfstellung vorgenommen werden soll. Am schnellsten
ist der Autofokus, wenn die Kamera das Messfeld vorgegeben bekommt und wenn
man das Objektiv in Weitwinkel-Stellung bringt (siehe Minimum-Angabe in der
Messwerttabelle). Richtig schnell ist das jedoch nicht, und die Werte werden
auch nicht besser, wenn man diese Idealkonfiguration verlässt. Die
AF-Geschwindigkeit hängt – abgesehen von den Lichtverhältnissen und
Motivkontrasten – im Wesentlichen davon ab, welche Brennweite eingestellt
ist, ob die automatische Messfeld-Wahl eingeschaltet ist oder nicht und wie
groß der Fokussierweg ist. Am Ende läuft das aber immer darauf hinaus, dass
man sich zwischen Geschwindigkeit und Komfort (im Auto-Makro-Modus ist der
Fokussierweg und demnach auch die Fokussierzeit am längsten) entscheiden
muss. Ganz pragmatisch ausgedrückt kann man kann halt nicht alles haben!
Als wenig effektiv erwies sich in unserem Test das AF-Hilfslicht der Pro815,
das nur sehr spät (d. h. erst bei fast absoluter Dunkelheit) zugeschaltet
wird, kein Muster auf das Motiv projiziert und auch noch teilweise vom
Objektivtubus abgeschattet wird. Das Hilfslicht lässt sich auch nicht im
Menü abschalten, so dass man zwangsläufig damit leben muss. Für die Fälle,
wo die automatische Scharfstellung (die durch Umschalten in den AF-C-Modus
auch kontinuierlich erfolgt) versagt oder man aus sonst einem Grund lieber
manuell scharf stellt, lässt sich die Schärfe auch ganz bequem durch Drehen
des entsprechenden Einstellringes am Objektiv per Hand einstellen. Wenn die
Direct-MF-Funktion im Aufnahmemenü eingeschaltet ist, kann man das sogar
tun, ohne den AF-Betriebsartschalter auf MF (Manual Focus) zu stellen. Auf
diese Weise ist ein schneller Eingriff in den Scharfstellungsvorgang
möglich, bzw. man kann dem Autofokus die "Grobarbeit" überlassen und dann
manuell den "Feinschliff" geben. Eine Einstellhilfe gibt es in Form einer
Entfernungsskala und einer zuschaltbaren Lupenfunktion, wobei Letztere aber
aufgrund der groben Bildschirmauflösung des hinteren 3,5"-LCDs zur
Scharfstellung besser nicht auf diesem Bildschirm gewählt werden sollte.
Blitz
Am TTL-Systemblitzschuh und – im Betrieb – am eingebauten Miniaturblitz
sieht man, dass Samsung auch bei der "Blitzabteilung" keine halben Sachen
gemacht hat. Der Bordblitz verfügt über ausreichend Leistung (LZ 11), und zu
den Blitzfunktionen gehören nicht nur die Standardeinstellungen
(Blitzautomatik, erzwungener Blitz, zwangsabgeschalteter Blitz,
Rot-Augen-Vorblitz), sondern auch noch solche erweiterten Funktionen wie
eine Blitzlangzeitsynchronisationsfunktion mit Blitzzündung, wahlweise am
Anfang oder Ende der Belichtung, eine Blitzbelichtungskorrekturfunktion und
eine – bei Bedarf ausschaltbare – Auswurfautomatik. Je nachdem, ob die
Auswurfautomatik zugeschaltet ist oder nicht, wird der Blitz entweder
automatisch oder per Knopfdruck ausgeklappt. Einen kleinen Schönheitsfehler
gibt es aber insofern, dass der Blitz im ausgeklappten Zustand nicht
genügend Abstand vom Objektiv (auf dem er "kauert") nimmt. Rote Augen werden
zwar entgegen den Erwartungen nicht dadurch hervorgerufen, aber auf kürzeren
Distanzen schattet der Objektivtubus – auch ohne aufgesetzte Sonnenblende –
einen Teil des Blitzlichtes ab, und man muss bis auf eine Brennweite von
umgerechnet 100 mm zoomen, damit der ungewollte Effekt nicht mehr auf den
Bildern zu sehen ist. Ansonsten ist die Blitzabdeckung und -dosierung gut;
durch das Blitzlicht bedingte Farbstiche konnten wir auf unseren
Testaufnahmen auch nicht erkennen.
Dass Samsung gleich bei seiner ersten Prosumer-Kamera einen
TTL-Systemblitzschuh anbietet, ist umso löblicher, wie andere Hersteller (z.
B. Panasonic, Fujfilm oder Kodak) sich offenbar schwer tun, einen Solchen
bei ihren Prosumermodellen einzuführen. Zurzeit beschränkt sich die Auswahl
an kompatiblen Blitzgeräten alleine auf den hauseigenen Systemblitz SEF-42A
(LZ 42 bei 105 mm Brennweite), aber damit profitiert man zumindest von einem
vollautomatischen externen Blitzbetrieb, einer automatischen Anpassung des
Reflektors an die eingestellte Brennweite, einem schwenkbaren Reflektor fürs
indirekte Blitzen und einem weiter reichenden AF-Hilfslicht. Eventuell
bieten in Zukunft neben Samsung auch andere Hersteller (z. B. Metz, Sunpak
oder Sigma) kompatible Systemblitzgeräte an, so dass die Auswahl etwas
größer wird, doch in der Zwischenzeit kann man entweder auf das SEF-42A
zurückgreifen oder auf die TTL-Automatismen verzichten und – dank
standardisiertem Mittenkontakt auf dem Blitzschuh – ein externes Blitzgerät
mit Eigenautomatik verwenden. Für die Zukunft wünschen wir uns lediglich
noch eine drahtlose TTL-Blitzsteuerung, eine Blitzbelichtungsreihenfunktion
und ein paar andere (blitz-)technische Raffinessen (z. B.
Blitzbelichtungsmesswertspeicherung); vielleicht bringt die kürzlich
beschlossene Zusammenarbeit mit Pentax auf dem Gebiet der digitalen
Spiegelreflexkameras ja schon bei der nächsten Gerätegeneration etwas in der
Richtung.
Bildqualität Bei der ganzen Ausstattung
der Superlative stellt sich natürlich die Frage, ob die Bildqualität ein
gleich hohes Niveau erreicht. Allein die Wahl eines extrem
brennweitenstarken Objektivs war schon sehr gewagt, denn je ausgedehnter der
Brennweitenbereich ist, desto höher sind auch die Anforderungen an die
Optik. Dass die Gesetze der Physik Grenzen setzen und man den Zoomfaktor
nicht beliebig vergrößern kann, ohne an verschiedenen Stellen an diese
Grenzen zu stoßen, zeigt das Objektiv der Pro815 trotz einer insgesamt
respektablen optischen Qualität. So muss man in Tele-Position mit
ausgeprägten Randunschärfen rechnen, während sonst die Auflösung im grünen
Bereich liegt. Am anderen Ende des Brennweitenspektrums, nämlich im
Weitwinkel-Bereich, kämpft die Optik mit einer stark tonnenförmigen
Verzeichnung, die erst mit zunehmender Brennweite auf ein kaum noch
sichtbares Maß abfällt. Was die Vignettierung betrifft, wird diese zwar beim
Erreichen der größten Zoomstellung vor allem auf gleichmäßig hellen
Bildflächen sichtbar (bis zu 0,8 Blenden Lichtabfall), doch hier kann man
auch, ohne die Brennweite zu verändern, die Randabdunkelung verschwinden
lassen oder zumindest abschwächen, indem man das Objektiv abblendet.
Eine andere interessante Frage, die man sich stellen kann, ist die, ob
Samsung mehr Rauschfreiheit aus einem 2/3"-CCD mit 8 Megapixeln herausholen
konnte als vormals Canon, Konica-Minolta, Nikon, Sony & Co. mit ihren
respektiven Prosumer-Modellen. Denn schließlich sind diese Kameras schon zum
Teil über ein Jahr alt, und in der Zwischenzeit sind etliche Fortschritte
auf dem Gebiet der Signalverarbeitung gemacht worden. Um es kurz zu fassen:
Die Antwort ist "Nein". Die Pro815 rauscht zwar nicht mehr als diese
Kameras, aber auch nicht weniger. Vom Rauschniveau her liegt sie ungefähr
auf dem dritten Platz, kurz hinter den "Champions" von damals (Olympus
C-8080 WZ und Konica Minolta Dimage A200). Seinen Höhepunkt erreicht das
Rauschen der Pro815 bereits in den dunkelsten Bildstellen und zeigt bis in
die helleren Bildpartien die gleiche Ausprägung. Erst im obersten Teil des
Helligkeitsspektrums sinkt es fast auf Null. Rein messtechnisch gesehen ist
das Farbrauschen etwas stärker ausgeprägt als das Helligkeitsrauschen. Da
aber das bis in die helleren Bildbereiche wirkende Farbrauschen bei der
visuellen Beurteilung der Bilder "weicher" wirkt als das sich in kleinen
Blöcken gleicher Helligkeit manifestierende Helligkeitsrauschen, wird es als
weniger stark wahrgenommen. In der Praxis fällt das Bildrauschen auf
kleineren und mittelgroßen Ausdrucken nicht auf. Sobald man aber die
Empfindlichkeit erhöht und/oder das Ausgabeformat vergrößert, wird es
zunehmend störender; "rauschempfindliche" Naturen sollten lieber ganz davon
absehen, die ISO-400-Stufe zu gebrauchen.
Aufgrund der aggressiven Aufbereitung feiner Bilddetails und der stark
richtungsabhängigen Scharfzeichnung eignet sich die Pro815 nicht besonders
gut für die nachträgliche Bildaufbereitung und -bearbeitung. So werden
leicht geneigte Kanten am schwächsten und diagonal steigende Kanten am
stärksten geschärft. Die Scharfzeichnung nimmt auch mit der Helligkeit zu;
an kontrastreichen, hellen Kanten treten deutliche Übersteuerungseffekte (so
genanntes Clipping) auf, und es werden Farbsäume sichtbar. Allgemein stört
die Scharfzeichnung weniger von der Intensität (sie ist nur mittelstark) als
von der Richtungsabhängigkeit her. Weitere Bildstörungen kommen auf den
Bildern in Form von Farbstörungen, Treppenstufeneffekten (so genanntes
Aliasing) und – je nach Komprimierungsstufe – Komprimierungsartefakten zum
Vorschein. Für die Farbartefakte gibt es unterschiedliche Ursachen. An
feinen Strukturen, die vertikal und horizontal verlaufen, treten sie wegen
einer offenbar zu geringen Tiefpassfilterung auf und an fallenden feinen
Strukturen (nahe den -45°) aufgrund der Folgen der Farbinterpolation (Demosaicing).
Aliasing tritt in nahezu jeder Ausrichtung auf, am stärksten ist es in der
Umgebung der fallenden Diagonale sichtbar. Ob Komprimierungsartefakte
hervorgerufen werden, hängt von der gewählten Komprimierungsstufe ab. In der
höchsten Auflösungsstufe stehen 3 Komprimierungsstufen zur Auswahl. Ohne
sichtbare Verluste können Bilder im Superfein-Modus (1:6-Komprimierung)
gespeichert werden. Im Fein-Modus (1:13-Komprimierung) wird die Gefahr von
Komprimierungsartefakten schon motivabhängig und im Normal-Modus
(1:18-Komprimierung) sind die Komprimierungsartefakte nicht mehr die
Ausnahme, sondern eher die Regel.
Die unterschiedlichen Bildstörungen bzw. Artefakte sowie die Eingriffe der
Signalverarbeitung in das Bildresultat wirken sich natürlich auf die
Auflösung aus. Vom Weitwinkelbereich bis in den mittleren Brennweitenbereich
hinein verkraftet die Auflösung die diversen Einflüsse sehr gut, im
Telebereich weniger gut. Überhaupt scheint der Telebereich der kritischste
Bereich des Objektivs zu sein, da dort (und auch leicht stärker im Blaukanal
als in den beiden anderen Farbkanälen) die Auflösung auch am stärksten davon
abhängig ist, in welche Richtung gewisse Bildstrukturen verlaufen.
Bei der Belichtung tendiert die Pro815 zu einer leichten Überbelichtung, die
wir auf zirka eine halbe Blende schätzen. Das führt zu ein klein bisschen
"diesig" aussehenden Bildern, die mit einer entsprechenden
Belichtungskorrektur wieder an Kontrast gewinnen. Es hätte nicht geschadet,
wenn Samsung die Belichtung schon ab Werk knapper eingestellt hätte, da die
Elektronik der Pro815 darüber hinaus eine bescheidene Eingangsdynamik von
7,9 Blendenstufen aufzeigt (die mit höherer Empfindlichkeit noch weiter
abnimmt) und dementsprechend eine knappere Belichtung auch die Gefahr
ausgefressener Lichter verringert hätte. Die aufgenommenen Bilder stuft die
Kamera in 251 von 256 möglichen Helligkeitsstufen ab (was ein durchaus guter
Wert ist), wobei aber die Tonwertkurve so verläuft, dass Lichter und
Schatten etwas kontrastarm wiedergegeben werden. Sehr gut verhält sich die
Pro815 bei der Farbwiedergabe: Unterschiedliche Lichtquellen werden ziemlich
zuverlässig erkannt und ausgefiltert (der sehr leichte Grünstich bei
Aufnahmen unter Glühlampenlicht mit der entsprechenden Voreinstellung ist
vernachlässigbar), Farben weder allgemein realitätsgetreu wiedergegeben.
An Funktionen zur Beeinflussung des Bildresultates mangelt es der Pro815
nicht. So kann man die Belichtungsmessart auswählen (Matrix/Mehrfeld,
mittenbetont Integral, Spot), die Belichtung vorgeben (Blende und/oder
Verschlusszeit), diverse Korrekturen vornehmen, sich mit den
Reihenautomatiken (für Belichtung, Weißabgleich und Fokus) an das richtige
Resultat "herantasten", die wichtigsten Bildparameter (Scharfzeichnung,
Bildkontrast und Farbsättigung) verändern, auf diverse Voreinstellungen für
Belichtung (in Form von Motivprogrammen) und Weißabgleich zugreifen, den
Weißpunkt speichern (2 Speicher stehen zur Verfügung) und auch die
Farbtemperatur auf einer Kelvin-Skala verändern. Eine Einstellung der
Farbbalance ist dagegen nicht möglich. Das mächtigste "Werkzeug" zum
Feinschliff der Bilder bleibt jedoch ein RAW-Konverter, mit dem geübte
Benutzer solcher Programme die Rohbilddaten der Kamera bearbeiten können. Ob
man sich mit der im Lieferumfang enthaltenen Software "Digimax Master"
begnügt oder lieber auf Universalwandler wie zum Beispiel ACR (Adobe Camera
Raw), Capture One, RSE/RSP (RawShooter Essentials bzw. RawShooter Premium),
DxO Optics Pro (in der neuen Version 3.5) oder Silkypix zurückgreift, ist
eine Sache des Geschmacks und der Ansprüche; grundsätzlich kommt jede
Anwendung in Frage, die Dateien im non-proprietären DNG-Format (Digital
NeGative) von Adobe öffnen und verarbeiten kann.
Sonstiges/besondere Funktionen Serienbilder kann die
Pro815 in mehreren Geschwindigkeiten (siehe Messwerttabelle) aufnehmen.
Im normalen C-Modus und im H-Modus (High Speed) gibt es – eine
entsprechend schnelle Speicherkarte vorausgesetzt – zumindest
theoretisch keine Begrenzung der Bildfolgezahl. Allerdings sinkt im
H-Modus die Bildfrequenz mit zunehmender Platznot im Pufferspeicher.
Rasant schnell geht es im U-Modus (Ultra-Highspeed) zu, wo aber nach
maximal 30 Bildern Schluss ist und die Auflösung auf 1.024 x 768 Pixel
begrenzt ist. Bei einer Auflösung von maximal 640 x 480 Pixeln und einer
Bildwiederholrate von maximal 25 Bildern pro Sekunde qualitätsmäßig gut,
aber zeitlich leider auf eine maximale Aufnahmezeit von 30 Sekunden
begrenzt ist der Videomodus der Kamera. Die Aufnahme erfolgt natürlich
mit Ton (und sogar in Stereo); das eingebaute Mikrofon der Pro815 kann
man auch zum Aufzeichnen von 10-sekündigen Sprachnotizen verwenden.
Sonst bietet die Pro815 u. a. noch die Möglichkeit, ein Gitternetz
oder ein Histogramm auf dem Bildschirm bzw. im Sucher einzublenden, das
zuletzt gemachte Bild neben dem Live-Bild anzuzeigen (um möglichst den
gleichen Bildausschnitt zu treffen), seine Bilder direkt an einen
PictBridge-kompatiblen Drucker zu schicken, zeitverzögert auszulösen
(der Selbstauslöser kennt Vorlaufzeiten von 2 oder 10 s, die auch
miteinander kombiniert werden können), den Begrüßungsbildschirm und/oder
die akustischen Signale (Auslösegeräusch, Einschaltmelodie, sonstige
Töne) dem eigenen Geschmack anzupassen, auf diverse Bildeffekte (S/W,
Negativbild, Sepia) zurückzugreifen, Bilder nachträglich in der
Auflösung zu verkleinern und die aufgenommenen Bilder in virtuellen
Alben abzulegen. Samsung hat das Funktions-Repertoire der Pro815 sehr
weise bzw. mit Bedacht ausgewählt, und die Kamera lässt – ohne überladen
zu wirken – keine wichtige Funktion vermissen.
Fazit Der französische Schriftsteller
Charles Duclos Pinot hat einmal gesagt, dass Bescheidenheit der einzige
Glanz ist, den man dem Ruhm hinzufügen kann. Wie wahr das sein kann, beweist
die Samsung Digimax Pro815 bestens. Sie kann sich rühmen, eine Ausstattung
der Superlative zu besitzen und macht trotz eines zum Teil spürbaren
"Größenwahns" keine allzu schlechte Figur, doch ein bisschen mehr
Bescheidenheit würde ihr ebenfalls gut stehen. Mit einem etwas kürzeren
Zoombereich würde die Abbildungsleistung des Objektivs nicht so sehr an die
Grenzen der Optik stoßen, und der Autofokus könnte auch noch ein bisschen
schneller arbeiten, da die Fokussierwege kürzer wären. Zur
Bildschirmauflösung von 235.000 Bildpunkten würde ein kleinerer LCD (z. B.
3" oder 2,7") besser passen und ein etwas "bescheideneres" Rauschen wäre
auch nicht schlecht. Die Digimax Pro815 ist aber ein durchaus gelungener
Erstversuch von Samsung, in der Prosumer-Klasse mitzumischen, und wenn die
Koreaner sich in Zukunft ein bisschen mehr an die alte Weisheit "Weniger ist
oft mehr" halten würden, dürften auch anspruchsvollste Fotografennaturen in
Samsung-Kameras ihren persönlichen "Superstar" finden.
Messwerte |
Einschaltzeit |
ca. 1,4 s |
Brennweitenverstellung
Anzahl Stufen
Zeit Weitwinkel bis Tele |
mechanisch über Drehring
stufenlos
benutzerabhängig |
Autofokus-Geschwindigkeit |
min. 0,7 s / ca. 0,9 s / max. 2,6 s (abhängig von Motiv und
Aufnahmebedingungen) |
Auslöseverzögerung |
<0,1 s |
Blitz
Leitzahl |
11 Messung |
Batterielaufzeit |
ca. 450 Aufnahmen |
Speicherzeiten
RAW
JPEG
TIFF |
ca. 6,9 s (15,6 MByte)
ca. 1,1 s ( 1,8 MByte)
ca. 10,2 s (22,9 MByte) |
Serienbilder
Verwendete Auflösung
Geschwindigkeit
Anzahl
mit Blitz |
3.264 x 2.448 (JPEG/Fine)
ca. 0,9 Bilder/s im C-Modus, 2,8 Bilder/s im H-Modus, 9,4 Bilder/s
im U-Modus
30 (U-Modus), siehe Abschnitt "Sonstiges/besondere Funktionen" für
C-/H-Modus
nur mit externem Blitz |
|
Kurzbewertung
- leistungsfähige Serienbildmodi
- Tonaufnahme in Stereo
- TTL-Systemblitzschuh
- leistungsstarker Akku, hohe Akkulaufzeit
- Speicherung der Rohbilddaten im non-proprietären
Adobe-DNG-Format
- geniale Vorschau der Bildvariationen in den
Reihenautomatiken (AEB, AWB)
- Auto-Makro- und Supermakro-Modus
- Drehringe für Zoom, Fokus und Belichtungskorrektur
- Personalisierungsmöglichkeiten (Custom-Taste,
MySET-Benutzerprogramme)
- wagemutiges und z. T. originelles/innovatives
Gerätekonzept (vor allem bei den LC-Displays)
- äußerst umfangreiche Ausstattung, zahlreiche Einstell- und Eingriffsmöglichkeiten
- beispielhafte Handhabung/Bedienung
- hochwertige, solide Gehäuseverarbeitung
- lichtstarkes 15-fach-Zoom mit 28-mm-Anfangsbrennweite
(entspr. KB)
- feste Begrenzung der Aufnahmezeit bei Videoaufnahmen
(VGA-Modus mit 25 B./s)
- Bildstabilisator bei solch zoomstarken Kameras
Pflicht, HS-Modus kein adäquater Ersatz
- "Rollenverteilung" der Jog-Dials/Einstellräder nicht
umkehrbar
- etwas zu geringer Abstand zwischen Bordblitz und
Objektiv
- wenig effizientes, z. T. abgeschattetes und nicht
ausschaltbares AF-Hilfslicht
- 3,5"-LCD mit ungünstigem Verhältnis zwischen Größe und
Auflösung
- keine Farbbalance-Einstellung
- bescheidene Eingangsdynamik, gepaart mit leichter
Überbelichtung
- aggressive Bildaufbereitung der JPEG-Aufnahmen (nicht
für die nachträgliche Bildverarbeitung geeignet)
- Rauschverhalten hinter den Erwartungen
anspruchsvollerer Fotografen
- starke tonnenförmige Verzeichnung am Weitwinkel-Ende
- Vignettierung von knapp einer Blende am Tele-Ende
- sichtbare Randunschärfen am Tele-Ende
Technische Daten
Modell |
Samsung Digimax Pro815 |
Sensor |
CCD-Sensor 2/3" 8,8 x 6,6 mm (Cropfaktor 3,9) 8,3 Megapixel (physikalisch), 8,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.264 x 2.448 (4:3) |
Video (max.) |
640 x 480 25p |
Objektiv |
28-420 mm / F2,2-4,6 (15-fach Zoom) |
Sucher |
elektronischer Sucher |
Monitor |
3,5", 0,235 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung, AF-AE-Kopplung |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (1/3-1 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
Samsung, Standard-Mittenkontakt Blitzschuh |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 1 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
CF (Type I, Type II) Microdrive |
Empfindlichkeit |
Automatisch ISO 50 bis 100, manuell ISO 50 bis 400 |
Abmessungen |
145 x 87 x 79 mm (B x H x T) |
Gewicht |
1.009 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/0SJCT (mit Preisvergleich) |