Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Sony Alpha 350
2008-05-01 Noch nie war ein Photokina-Jahr gleich zum Jahresanfang so ereignisreich wie dieses. Alleine neun neue digitale Spiegelreflexkameras wurden in den ersten Monaten des noch ganz jungen Jahres 2008 vorgestellt bzw. angekündigt – nicht weniger als vier davon gingen auf das Konto von Sony. Die "Neuankömmlinge" im Alpha-System sind die Alpha 200, die Alpha 300 und die Alpha 350, wobei die beiden letzten Protagonisten sogar eine ganz besondere Form der Bildvorschau in Echtzeit (auf Neudeutsch: des LiveViews) beherrschen. In diesem einen von zwei aktuellen Alpha-Testberichten nimmt digitalkamera.de die Alpha 350 unter die Lupe. (Yvan Boeres)
Ergonomie und Verarbeitung Bei der Alpha 350 (kurz: A350) verteilt sich die dämonische Zahl von 666 Gramm auf 131 x 98 x 75 Millimeter, wenn man das Kameragehäuse alleine (aber mit Speicherkarte und Akku) in der Hand hält. Mit dem Set-Objektiv DT 18-70 mm F3.5-5.6 steigt das Gewicht auf ein knappes Kilo, d. h. 910 Gramm, an. Dass die A350 nicht mehr wiegt, verdankt sie dem großzügigen Einsatz von Polycarbonat. Wie bei so vielen digitalen Spiegelreflexkameras der Einsteigerklasse fühlt sich der Kunststoff an manchen Stellen etwas "plastikartig" an – was dem subjektiven Qualitätsgefühl etwas abträglich ist.
Die vordere Grifffläche der A350 ist mit Gummi im genarbten Lederlook besetzt. Das soll verhindern, dass die Fotografenhand an der nur leicht angerauten Plastikoberfläche abrutscht. Leider haben aber Menschen mit etwas größeren Händen Probleme, die Kamera bequem in der Hand zu halten. Der kleine Finger rutscht gerne über die Unterkante der Kamera ins Leere ab; ein Schelm, der Böses denkt und Sony unterstellt, damit den Verkauf des optionalen Batterie-/Hochformatgriffs VG-B30AM fördern zu wollen. Überhaupt ist die A350 nicht unbedingt ein Musterbeispiel an Ergonomie. Trotz vorbildlich hellem bzw. klarem Sucherbild, gerade noch korrekter Bildfeldabdeckung von 95 %, nicht zu knappem Augenabstand von 20,8 mm (16,7 mm ohne Gummimuschel) und 0,74-facher Sucherbildvergrößerung wirkt der Sucher klein und eng, und für Brillenträger ist es schwierig, bequem ins Okular zu blicken. Da bleibt einem oft nichts anderes übrig, als die Brille abzunehmen und die Sucherschärfe über das vorhandene Dioptrienkorrekturrädchen (-3 bis +1 dpt) an die individuelle Sehstärke anzupassen. Auch bei der restlichen Ergonomie hapert es ein bisschen. Die 19 Bedienelemente (12 Knöpfe/Tasten, 4 Schiebeschalter, 1 Programmwahlrad, 1 Einstellrad und 1 Steuerfeld) sind zwar übersichtlich und logisch verteilt, aber insbesondere die vertikale Tastenreihe links vom Bildschirm ist wegen des leicht heraus ragenden LCDs nur schwer erreichbar bzw. bedienbar.
Nicht dass wir die A350 schlecht reden wollen, aber von Sony haben wir auch schon bessere LC-Bildschirme gesehen. Dem kleinen Monitor mit seinen 6,9 cm Bildschirmdiagonale (entspr. 2,7") und seinen 230.400 Pixeln fehlt es ein bisschen an Brillanz – und vor allem im LiveView-Betrieb auch leicht an Schärfe. Dabei könnte es so schön sein, mit der A350 im LiveView-Modus zu arbeiten. Dank Spezialscharnier lässt sich der Bildschirm um bis zu 130° hochklappen oder um 40° nach unten neigen, und darauf gibt es dann nicht nur die typische Bildvorschau, sondern auch noch eine Belichtungs- und Weißabgleichsvorschau. Würde es mit der Monitorschärfe stimmen, wäre sogar mit der 1,4- und 2-fachen Bildlupe eine ziemlich präzise Schärfekontrolle bzw. manuelle Scharfstellung möglich. Schade, dass dem nicht so ist. Ansonsten macht der LCD eine gute Figur: Die Helligkeits- und Farb-Abweichung zwischen dem Monitorbild und dem aufgenommenen Bild ist gering, die Bildwiedergabe flüssig (d. h. ohne starkes Ruckeln/Nachziehen), und selbst bei schwachem Licht gibt sich der Bildschirm weitgehend rauschfrei.
Das LiveView-Bild kommt übrigens bei der A350 auf etwas anderem Weg zustande als bei den meisten anderen aktuellen digitalen Spiegelreflexkameras mit Bildvorschau. Während diese nämlich das Bildsignal für den Monitor direkt am Bildsensor "abgreifen", steckt bei der A350 – ähnlich wie einst bei der Olympus E-330 – ein alleine der Erzeugung des Livebilds gewidmeter zweiter Bildsensor im Sucherpfad. Sony hat sich da einen ziemlich cleveren Mechanismus ausgedacht. Bei Verwendung des optischen Suchers wird das vom Objektiv eingefangene Bild wie bei vielen Einsteiger-DSLRs durch einen Satz von Spiegeln bzw. verspiegelter Kunststoffflächen im Prismengehäuse ans Okular weitergeleitet. Der vorderste Spiegel im Prismengehäuse ist hier auf einer Art Scharnier montiert und wird beim Umschalten auf den LCD um ein paar Millimeter nach vorne gekippt. Dadurch werden die bildformenden Lichtstrahlen im Sucher leicht umgelenkt und fallen dann nicht mehr ins Okular ein, sondern auf den LiveView-Sensor darüber.
Der Vorteil dieser Bauweise besteht darin, dass der Hauptspiegel im Spiegelkasten der Kamera nicht mehr wie bei anderen livebild-fähigen DSLRs hochgeklappt werden muss. Dieser Spiegel leitet nämlich u. a. das vom Objektiv eingefangene Bild zum Autofokus-Sensor im Kameraboden um. Während die Konkurrenz also im LiveView-Modus entweder den Schwingspiegel kurz wieder runterklappen muss, um ein Autofokus-Signal zu bekommen, oder den Bildsensor als Autofokus-Sensor zweckentfremden muss, macht die A350 auch im LiveView-Modus vom selben Autofokus-Sensor Gebrauch wie bei Benutzung des optischen Suchers. Die richtige Entfernungseinstellung kann weiterhin nach dem Phasenvergleichs-Prinzip ermittelt werden; nutzt man den Bildsensor zur Schärfe-/Distanzberechnung, muss man technisch bedingt auf die deutlich langsamere Methode der Kontrastanalyse zurückgreifen. Tatsächlich funktioniert die automatische Scharfstellung bei der A350 genauso schnell und zuverlässig im LiveView-Modus wie im konventionellen Betrieb über den optischen Sucher. Einziger Wermutstropfen: Das LiveView-Bild und das letztendlich aufgenommene Bild stammen nicht vom gleichen Sensor, so dass es Abweichungen im gezeigten Bildausschnitt geben kann. Der Livebild-Sensor erreicht nur 91 % der Größe des für die Bildaufnahme zuständigen Bildsensors; die Kamera fängt einen größeren Bildausschnitt ein, als auf dem LCD gesehen, und wer den selben Ausschnitt wie auf dem Bildschirm auf seinen Fotos haben möchte, muss die Bilder später beschneiden. Dabei "verschenkt" man zirka 1,3 Megapixel.
Dient der Kameramonitor nicht als Sucher-Ersatz bzw. -Alternative und als Wiedergabebildschirm, werden die Kameramenüs und/oder aktuellen Einstellungen darauf angezeigt. Dank Augensensor schaltet sich der Bildschirm im normalen Betrieb automatisch aus, wenn man das Auge ans Okular führt. Das spart Strom, aber ein zusätzlicher Griffsensor wäre angebracht, wenn man nicht will, dass sich der Bildschirm beim Baumeln der Kamera am Trageriemen ständig ein- und ausschaltet. Dem kann man begegnen, indem man die Kamera meist nicht im eingeschalteten Zustand mit sich herumträgt, aber unschön ist es trotzdem. Die Menüs der A350 kann man als übersichtlich und gut lesbar bezeichnen. Anders als bei den Kompaktkameras der hauseigenen Cyber-shot-Serie braucht man nicht verschiedene Einstellungen auf 1.000 Umwegen zu suchen; hier ist alles "fein säuberlich" in vier Hauptrubriken (Aufnahmeeinstellungen, erweiterte Einstellungen, Wiedergabeeinstellungen und Grundeinstellungen) mit über 80 verschiedenen Einstellungen in 41 Menüpunkten aufgeteilt. Beim Resümieren der aktuellen Einstellungen (der Kamerabildschirm agiert dann als Status-LCD) wird der Bildschirm automatisch auf Hochformat-Anzeige geschaltet, wenn die A350 hochkant gehalten wird. Doch das Bessere ist der Feind des Guten, und andere Kameras machen es der A350 vor, wie man es noch besser machen könnte. So kann man u. a. bei der Canon EOS 450D und bei fast allen Kameras des E-Systems von Olympus die angezeigten Status-Werte über die Steuertasten direkt auf dem Bildschirm verändern. Dass Sony das auch kann, zeigt das Quick-Navi-System der großen Schwester Alpha 700; man kann sich nur wünschen, dass Sony auch den Einsteigermodellen diese Form des "Schnellzugriffs" spendiert. Kein frommer Wunsch, sondern richtige Kritik ist hingegen unsere Feststellung, dass das Steuertasten-Feld der A350 einen ziemlich schwammigen Druckpunkt aufweist und so das Navigieren durch die Kameramenüs nicht wirklich Freude macht; das sind alles kleine Details, mit denen man durchaus gut leben kann, die aber den guten Gesamteindruck der Kamera leicht trüben.
Bleibt für diesen Abschnitt noch zu erwähnen, dass die (CompactFlash-) Speicherkarte und der Lithiumionenakku der A350 in separaten Fächern mit scharnierbesetzten harten Zugangsdeckeln/-türen untergebracht sind und sich so auch getrennt wechseln lassen; während sich der Videoausgang den Platz mit dem Karteneinschub teilt, sind der Fernauslöser-Anschluss und der Netzeingang auf der anderen Kameraseite hinter einer Gummiabdeckung untergebracht. Das Stativgewinde der A350 ist aus Metall, befindet sich weit genug vom Akkufach entfernt, um den Akkuwechsel auch bei Verwendung einer permanent montierten Stativ-Schnellwechselplatte zu ermöglichen, und liegt – so wie es sich gehört – in der optischen Achse.
Ausstattung Eine ehemalige (Konica-)Minolta- und jetzige Sony-Spezialität ist das so genannte Eye-Start-System. So haben wir am Anfang dieses Tests bereits erwähnt, dass ein eingebauter Augensensor den Kamerabildschirm ein- und ausschaltet (so wie es manche Kameras der Konkurrenz mittlerweile auch können). Aber beim Eye-Start-System fängt die Kamera zusätzlich schon mal mit der automatischen Scharfstellung und der Belichtungsmessung an, sobald man das Auge ans Okular führt. In ihrer ursprünglichen Form arbeitete das Eye-Start-System sogar noch im Zusammenspiel mit einem Kontaktsensor am Kameragriff (so dass diese Operationen auch schon ausgeführt wurden, wenn man die Kamera nur in die Hand nahm); wegen irgendeiner EU-Verordnung (das führt Sony jedenfalls als offiziellen Grund an) ist ein Griffsensor zumindest bei den in Europa verkauften Alpha-DSLRs tabu. Doch auch alleine mit dem Augensensor kann die Vorfokussierung wertvolle Zeit sparen. Wer diese Funktion hingegen nervig findet, weil die Kamera sich dann etwas "hyperaktiv" verhält, der kann das Eye-Start-System im Kameramenü ausschalten.
Die wichtigsten Funktionen und Einstellungen sind bei der A350 direkt über die Fn-Taste aufrufbar. Das sind im Einzelnen die Blitzmodi (inkl. Langzeitsynchronisation und Drahtlossteuerung), die Belichtungsmessart (Waben-/Mehrfeldmessung, mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung), die Autofokus-Betriebsmodi (Einzel-AF, Schärfenachführung oder automatische Umschaltung zwischen beiden), die Autofokus-Messfeldsteuerung (automatische Messfeldwahl, Spot-AF, manuelle Messfeldwahl), die Weißabgleich-Einstellungen (Automatik, 6 Voreinstellungen mit Möglichkeit der Feinkorrektur, Farbtemperatur-/Farbfilterwert-Eingabe, manueller Weißabgleich) und zu guter Letzt die Einstellungen für die so genannte "Dynamikbereich-Optimierung". Der Selbstauslöser mit seinen Vorlaufzeiten von wahlweise 2 oder 10 Sekunden, die Serienbildfunktion (siehe Messwerttabelle) sowie die Reihenautomatiken für Weißabgleich und Belichtung ruft man über eine eigene Taste auf. Weitere Funktionen mit eigenen Tasten sind die Belichtungskorrektur, der Belichtungsmesswertspeicher (AEL), die Lichtempfindlichkeitsstufen-Einstellung und die – für eine digitale Spiegelreflexkamera ungewöhnliche – Digitalzoom-Funktion. Unter den Wiedergabefunktionen (u. a. Bildlupe und Bilddrehung) haben wir vor allem eine Bildbeschneidungsfunktion (alias Crop-Funktion) sowie eine Funktion zur automatischen Erkennung und Retusche roter Augen vermisst; in den Kameramenüs findet man Bildparameter-Sets, einen Zeit-/Datum-Stempel, eine Blitzbelichtungskorrekturfunktion, Rauschunterdrückungs-Einstellungen, eine Pixel-Mapping-Funktion uvm.
Objektiv Im kleinsten Kit wird die A350 mit dem DT18-70mm F3.5-5.6 (Produktcode: SAL-1870) verkauft. Das Besondere an diesem Setobjektiv ist dessen etwas großzügiger ausgelegter Brennweitenbereich. Während den digitalen Spiegelreflexkameras vieler anderer Hersteller im kleinsten Kamera-/Objektivpaket ein 18-55mm-Zoom o. ä. beiliegt (was in etwa einem 28-80mm-Objektiv bei Kleinbild entspricht), weist das SAL-1870 ein klein bisschen mehr Tele auf. Der nominelle Brennweitenbereich von 18 bis 70 Millimeter ergibt nach Umrechnung auf Kleinbildverhältnisse ein 28-105mm-Zoom; die Lichtstärke von F3.5 bis F5.6 ist in dieser Preisklasse fast schon Standard.
Dass man bei den knapp kalkulierten Preisen von Setobjektiven nicht zuviel von ihrer Verarbeitungsqualität erwarten darf, zeigt sich beim SAL-1870 vor allem am Kunststoffbajonett. Nun wiegt das Objektiv selbst nicht viel (ca. 235 g), so dass keine wirkliche Gefahr besteht, dass das Bajonett irgendwann mal unter dem Gewicht des Objektivs abbricht, aber bei einem Fall der Kamera ist das Plastik-Bajonett die "Achillesferse" des kleinen (Ø 66 x 77 mm) Zooms. Auch wurde das SAL-1870 nicht wirklich dafür geschaffen, manuell scharf gestellt zu werden. Ein MF-Betrieb ist zwar über das Umlegen des entsprechenden Schalters an der Kamera möglich, aber der Fokussierring ist so schmal und selbst mit kleinen Fingern so schlecht fassbar, dass man beim Fokussieren per Hand lieber an der Sonnenblende dreht.
Trotz konventionellem Antrieb (scherzhaft auch "Stangen-AF" genannt) stellt das SAL-1870 bei Verwendung des Autofokus ziemlich "zackig" scharf. Der Scharfstellvorgang ist zwar dann die meiste Zeit nicht zu überhören, und man glaubt, es mit einem Akkuschrauber auf Speed zu tun zu haben, aber diskretionsbedürftige Alpha-Fotografen finden im Objektivkatalog von Sony und Fremdanbieter Sigma einige Linsen mit flüsterleisem und schnellem Ultraschallantrieb. Erfreulich ist die spätestens auf der diesjährigen Ausgabe der US-Fotofachmesse PMA gemachte Feststellung, dass Sony dabei ist, seinen Bestand an SSM-Objektiven (SSM = Super-Sonic Motor) aufzustocken. Zwar bleibt die Ausstattung mit einem Ultraschallmotor auch in nächster Zukunft vornehmlich das Privileg höherwertiger/-preisiger Zeiss- und G-Optiken, aber der Trend geht langsam in Richtung Generalisierung der SSM-Technologie.
Überhaupt ist die Palette an kompatiblen Objektiven für das Alpha-System in letzter Zeit zügig gewachsen, auch wenn sich der Objektivbestand dank der Übernahme von Konica Minolta mitsamt Bajonettanschluss schon immer sehen lassen konnte. Die meisten "Altobjektive" kann man problemlos mit den Kameras der Alpha-Reihe verwenden, aber ob sie auch von ihren Abbildungsleistungen her den besonderen Ansprüchen moderner Bildsensoren gewachsen sind, ist besonders bei höchsten Erwartungen an die Bildqualität und mit wachsender Sensorauflösung nicht immer gewährleistet. So werden sie jetzt nach und nach durch "digital optimierte" Versionen ersetzt oder verdrängt. Weitere Informationen über das Alpha-Objektivsystem finden interessierte Leser in Sonys kostenlosem und sehr ausführlichem Alpha-Objektivbuch im PDF-Format (siehe weiterführende Links).
Zurück zum Autofokus: Wurde bei der Alpha 350 – ähnlich wie bei der Alpha 300 und Alpha 200 – die Fokussiergeschwindigkeit laut Hersteller um den Faktor 1,7 verbessert, ist das mehr dem neuen kamerainternen Stellmotor als dem AF-Modul zu verdanken. Das bleibt nämlich mit seinen neun AF-Messfeldern (davon ein Kreuzsensor) und seiner Empfindlichkeit von IL 0 seit der Alpha 100 weitgehend unverändert. Allerdings wurde die Steuersoftware des Autofokus-Systems zum Teil neu geschrieben, so dass die Schärfenachführung jetzt noch besser funktioniert.
Nicht wesentlich besser dürfte der Sensor-Entstaubungsmechanismus der A350 funktionieren. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Sony ihn verbessert hat, und – in Ermangelung spezifischer Tests und/oder Langzeiterfahrungsberichte der User-Gemeinde – muss man davon ausgehen, dass die Alpha 350 ihren Bildsensor genauso wenig wirkungsvoll vom Staub befreit wie die Alpha 100. Deren Methode, den Staub von der antistatisch beschichteten Sensoroberfläche durch Übersteuern des Bildstabilisators abzuschütteln, hatte sich in Tests des Online-Magazins Pixinfo sowie der französischen Foto-Fachzeitschrift Chasseur d'Images als weitgehend wirkungslos entpuppt, und so wird man wohl auch bei der A350 gelegentlich mit geeignetem "Putzzeug" (Sensor-Swabs o. ä.) direkt an den Staub auf dem Sensor herangehen müssen.
Nur zur Erinnerung: Der Staub soll durch starke Auf- und Ab-Bewegungen des Bildsensors davon gelöst werden. Dieser ist nämlich beweglich in einem speziellen Rahmen aufgehängt und wird von zwei piezokeramischen Elementen nach oben und unten sowie nach links und rechts geschoben. Natürlich mit so hoher Frequenz, dass dadurch eine Art Schüttelbewegung entsteht. Dabei dient dieser Mechanismus in erster Linie dem Ausgleich von Unschärfe verursachenden Zitterbewegungen und wird nur mit stärkeren Schüttelbewegungen als Sensor-Entstaubungsmechanismus zweckentfremdet. Wie der Sensor-Enstaubungsmechanismus in seiner ursprünglichen Funktion als CCD-Shift-Bildstabilisator (bei Sony "Super SteadyShot" genannt) genauer arbeitet, lässt sich in unserem Test zur Alpha 100 sowie im bereits erwähnten Alpha-Objektivbuch von Sony (siehe für beides die weiterführenden Links) nachlesen. Bei der A350 sollen sich damit in Sachen Verwacklungssicherheit so zirka 2,5 bis 3,5 Blendenstufen gewinnen lassen. In der Praxis funktioniert das System recht effektiv, und es sind mit dem SAL-1870 in Tele-Stellung selbst bei 1/20 s noch brauchbare Freihand-Aufnahmen machbar. Der einzige Nachteil der CCD-Shift-Methode ist die Tatsache, dass das Sucherbild nicht mit stabilisiert wird. Stattdessen gibt es in der unteren LCD-Sucherleiste ein Verwacklungswarnsymbol und eine kleine Balkenanzeige zur Visualisierung der Stärke der Verwacklungskorrektur; außerdem genießt man die Vorzüge der kameraseitigen Bildstabilisierung mit jedem angeschlossenen Objektiv.
Bildqualität Seitdem nun auch Samsung in die Produktion von Bildsensoren für digitale Spiegelreflexkameras eingestiegen ist, versuchen sich die "drei Großen" alias Canon, Samsung und Sony gegenseitig zu übertrumpfen bzw. auszustechen. In der ersten Runde dieses Dreierkampfs gehen die Koreaner von Samsung als Sieger hervor, die nicht nur vom Ankündigungsdatum (21.01.2008), sondern auch von der Auflösung her (14,6 Megapixel) der Konkurrenz einen Schritt voran waren/sind. Drei Tage später kündigte Canon die EOS 450D mit ihren vergleichsweise "mageren" 12,2 Megapixeln an; eine gute Woche später (am 31.01.2008) folgte Sony mit der A350 und ihren 14,2 Megapixeln.
Die bringt aber das Set-Objektiv nicht unbedingt zur Geltung. Nicht nur in Sachen Auflösung, sondern auch in Sachen Vignettierung und Verzeichnung gibt das SAL-1870 an der A350 ein eher bescheidenes Leistungsbild ab. Vor allem dann, wenn es bei offener Blende und/oder in 18mm-Stellung (ca. 28 mm entspr. KB) gebraucht wird. Die Elektronik ist da leistungsfähiger als die Optik, und das merkt man auch in anderen Disziplinen. So hat Sony bzw. dessen BIONZ-Prozessor über den ganzen Empfindlichkeitsbereich hinweg das Rauschen gut im Griff, und selbst bei Inkrafttreten der verhältnismäßig starken High-ISO-Rauschunterdrückung ab ISO 1.600 machen sich die Glättungseffekte nicht wirklich störend bemerkbar. Gute Noten gibt es auch beim Dynamikumfang. Die A350 kommt bei ISO 100 auf eine ausgezeichnete Eingangsdynamik von 9,1 Blendenstufen – und das auch ohne aktivierte DRO-Funktion (Dynamic Range Optimizer). Die Kamera bereitet die Bilder mal stärker (bei der Tiefpassfilterung, der Aufbereitung feiner Bilddetails und der Tonwertwiedergabe), mal weniger stark (bei der Scharfzeichnung) auf. Wie andere Einsteiger-DSLRs ist die A350 zu großen Teilen so abgestimmt, dass die Bilder – so wie sie aus der Kamera kommen – dem Auge schmeicheln. Damit ist sie weniger für Reproduktionszwecke oder andere Aufgabenbereiche mit absolut neutraler Bildwiedergabe geeignet; während die von Sony gewählte gefällige Tonwertwiedergabe die Randabdunkelung noch stärker betont, dämpfen die schwachen Auflösungswerte des Setobjektivs die mit der starken Detailaufbereitung verbundene Artefaktbildung ein bisschen.
Die A350 belichtet in den meisten Fällen sehr genau. Im normalen Kamerabetrieb kommt – sofern nicht anders ausgewählt – die bewährte Wabenmessung mit ihren 40 wabenförmigen Messfeldern zum Einsatz; im LiveView-Modus wechselt die Kamera auf eine klassische Mehrfeldmessung mit nicht weniger als 1.200 (!) Messfeldern. Beim Blitzen hat man wie immer die Wahl zwischen der entfernungsbezogenen ADI-Messung (Advanced Distance Integration) und der TTL-Vorblitzmessung, wobei man sich in Foren immer noch darüber streitet, welche der beiden Messarten die Bessere ist. Doch egal ob mit oder ohne Blitz: Fehlbelichtungen gibt es kaum welche, und nur die Belichtungsmesssysteme von Canon und Nikon (3D-Colormatrixmessung, iTTL- bzw. E-TTL-Blitzmessung etc.) arbeiten da noch präziser (aber das auch nicht immer). Beim Weißabgleich zeigt die A350 die gleiche Schwäche wie die meisten DSLRs: Herstellerübergreifend haben selbst teure Profimodelle so ihre Schwierigkeiten mit einem perfekten Weißabgleich bei Glühlampenlicht, und da macht die A350 keine Ausnahme. Das Umschalten auf die Voreinstellung für Glühlampenlicht beseitigt den Rot-Orange-Stich weitgehend, aber ein manueller Weißabgleich bringt immer noch die besten Resultate.
Fazit Als erstes Alpha-Modell mit LiveView ist die Alpha 350 das, was man als durchaus gelungenen Erstversuch bezeichnen kann. Allerdings überzeugt Sonys apartes LiveView-Konzept nicht auf der ganzen Linie. Der tatsächlich unterbrechungsfreien Bildvorschau mit konkurrenzlos schneller automatischer Scharfstellung (Quick-AF) steht ein dürftiger Sucherkomfort entgegen und die mäßige Bildschärfe des Kamerabildschirms bringt die Vorzüge des LiveViews nicht richtig zur Geltung. Ansonsten verhält sich die Alpha 350 wie eine typische digitale Spiegelreflexkamera der Einsteigerklasse mit Kompaktkamera-Feeling (dank LiveView), klassenüblicher Verarbeitungsqualität, recht guter Bildqualität und einem für Einsteiger geeigneten Bedienkonzept. Wer die Kamera statt mit dem mitgelieferten Set-Objektiv mit einer höherwertigen Optik betreibt, kann noch mehr Bildqualität aus ihr herausholen.
Kurzbewertung
- Hochklappbarer und neigbarer Bildschirm
- LiveView mit Weißabgleichs- und Belichtungsvorschau
- Sehr hohe Auflösung (nur mit leistungsfähigen Objektiven ausreizbar)
- Unterbrechungsfreie Bildvorschau mit konkurrenzlos schnellem AF
- Leistungsmäßig überfordertes Set-Objektiv
- Schwammiges Steuertasten-Feld, allgemein verbesserungsbedürftige Ergonomie
- Nicht besonders brillanter und scharfer Bildschirm
- Mäßiger Sucherkomfort
Technische Daten
Modell |
Sony Alpha 350 |
Sensor |
CCD APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 14,2 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.592 x 3.056 (3:2) |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Prismensucher, 95 % Abdeckung, Dioptrienausgleich -2,5 - 1,0 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
2,7", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (0,3-0,7 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Sensor-Shift (optisch) |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Sony Alpha (auch Minolta) |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 2,0 Bilder/s und max. 6 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: CF (Type II) |
Empfindlichkeit |
manuell ISO 100 bis 3.200 |
Abmessungen |
131 x 98 x 75 mm (B x H x T) |
Gewicht |
642 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/KWWWM (mit Preisvergleich) |