APS-C-Flaggschiffkamera

Sony Alpha 6700 im Test

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 5, vom 2023-09-05 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Die Sony Alpha 6700 richtet sich an ambitionierte Fotografen, das merkt man schon am Programmwahlrad, denn anstelle von verschiedenen Icons zu Motivprogrammen herrscht aufgeräumte Nüchternheit, die nur von einem verspielten, grünen "Auto"-Modus aufgelockert wird. Neben drei Speicherplätzen für Kamerakonfigurationen sind auch Zeit- und Blendenautomatik sowie eine einfache Programmautomatik und der manuelle Modus zugegen.

Während die Halbautomatiken genau das liefern, was versprochen wird, ist der Auto-Modus eine Schachtel, in der sich Motivautomatik und Motivprogramme verstecken. Die Motivautomatik erkennt recht zuverlässig das Motiv im Sucher und passt dann Aufnahme- und Bildverarbeitungs-Parameter selbstständig an. Alternativ lässt sich aus einer Vielzahl von Motivprogrammen eines wählen. Somit können auch Einsteiger voll mit der Kamera durchstarten, um sich im Laufe der Zeit an die weiterführenden Funktionen heranzutasten, die Kamera für den eigenen Workflow zu konfigurieren und natürlich auch, um die leistungsstarken Funktionen der 6700 voll auszuschöpfen.

Dazu gehört unter anderem auch das Autofokussystem der Alpha 6700, das mit einem Hybrid-AF-System mit 759 Sensoren im Bildfeld einiges verspricht. Die Sensoren sind dabei auf 93 Prozent der Fläche verteilt. Leider bricht die Kamera in Kombination mit dem E 18-135 mm (SEL18135) keine Geschwindigkeitsrekorde, sie ist objektiv betrachtet sogar ziemlich langsam. Dank einer Vor-AF-Funktion lässt sich das Problem aber etwas mildern.

Mit dem Vor-Autofokus wird der Fokus vor der Auslösung schon grob eingestellt, sodass die tatsächliche Fokussierung eigentlich nur noch die Feineinstellung ist. Als Fokusarten bietet die Kamera ein breites Angebot aus unterschiedlichen Messfeldern, von breit zu schmal und von in der Mitte fixiert bis flexibel wählbar per Steuerkreuz oder Touchscreen.

Wir konnten die die Autofokuszeit der Alpha 6700 mit dem SEL18135 bei einem Motivabstand von zwei Metern mit 0,39 Sekunden bei 18 Millimeter Brennweite messen und bei 135 Millimetern Brennweite schaffte es die Kamera, den Abstand in 0,45 Sekunden einzustellen. Die reine Auslöseverzögerung von 0,03 Sekunden ist dagegen schnell. Bei 135 Millimetern Brennweite muss man also fast eine halbe Sekunde warten, bis die Auslösung durchgeführt wird (AF Geschwindigkeit + Auslöseverzögerung).

Auch wenn die AF-Geschwindigkeit es nicht vermuten lässt, so ist das Autofokussystem auf dem Niveau des Profi-Boliden Sony Alpha 7R V und das bedeutet, dass die Objekterkennung sowie die Verfolgungsfunktionen im Vergleich zum Vorgängermodell um einiges besser geworden sind. Das System erkennt Menschen, Tiere, Vögel, Insekten, Autos, Züge und Flugzeuge. Bei Menschen erkennt die 6700 sogar Gesichter, Augen und Posen. Bei Tieren erkennt die Kamera Körper, Köpfe und Augen.

Bei unserem praktischen Test zeigte sich das System agil und treffsicher. Damit das System noch agiler wird, können die zu erkennenden Elemente angepasst werden. Fotografiert man beispielsweise auf einer Familienfeier, dann kann man ganz einfach die Motiverkennung auf Menschen und Tiere begrenzen. Darüber hinaus lassen sich weitere Parameter der unterschiedlichen erkannten Motive anpassen.

Die Erkennungs- und Verfolgungsfunktion lässt sich nicht nur im Fotomodus einsetzen, sondern ist auch im Videomodus der Alpha 6700 verfügbar. Allerdings besitzt nur eine Motivart die Möglichkeit, Parameter anzupassen. Dennoch sind die Erkennungsfunktionen beim Einsatz der Videofunktion eine Arbeitserleichterung.

Auch bei der Serienbild-Funktion macht das Autofokussystem der Alpha 6700 eine gute Figur, so konnten wir bei einem praktischen Test etwas mehr als elf Bilder pro Sekunde mit Motiverkennung und Verfolgung aufnehmen. Diese elf Bilder pro Sekunde schafft die Kamera im Großen und Ganzen sowohl mit mechanischen als auch mit elektronischem Verschluss. Dabei ist es unerheblich, ob Rohdaten- oder JPEG-Aufnahmen gemacht werden.

Es wäre allerdings auch verwunderlich, wenn die Kamera die eher geringe Serienbildfrequenz bei 26 Megapixel Auflösung nicht schaffen würde. Erfreulich ist, dass die Kamera auch beim Leeren des Pufferspeichers weiter voll einsetzbar bleibt. Sogar die Aufnahme von weiteren Fotos ist möglich.

In der Werkseinstellung beendete die Kamera im Test aufgrund von Temperaturentwicklung bei knapp unter 1.000 Aufnahmen die volle Serienbildfrequenz. Als wir die Temperaturtoleranz auf "hoch" geändert haben, waren etwas mehr als 1.400 Bilder in Folge möglich. In der Premium-Version des Tests gehen wir noch etwas ausführlicher auf die Serienbildfunktion und die Maximalzahl der Aufnahmen bei verschiedenen Dateiformaten ein.

Wie schon die Alpha 6600 zuvor besitzt auch die Alpha 6700 einen Sensor-Shift-Bildstabilisator. Laut Sony soll dieser bis zu sieben Blendenstufen Belichtungssicherheit geben. Wir haben das zusammen mit dem E 18-135 mm Set-Objektiv überprüft. Die vom Hersteller angegebene Stabilisierungsleistung können wir bei 135 Millimeter Brennweite mit 1/8 s, was 5 Blendenstufen entspricht, nicht ganz bestätigen. Bei 18 Millimetern Brennweite erreicht die Kamera mit drei EV und einer 1/10 s dagegen deutlich weniger Stabilisierung. Der Stabilisator liefert damit trotzdem insgesamt eine gute Leistung ab.

Beim Verschluss war Sony leider etwas sparsam und hat der Alpha 6700 scheinbar den Verschluss des Vorgängers verpasst. Zumindest lässt das die minimale Verschlusszeit von 1/4.000 Sekunde ganz stark vermuten. Das war schon im Jahr 2019 nicht gerade Flaggschiffausstattung. Elektronisch geht der Verschluss auch nur bis zu einer 1/8.000 Sekunde zu Werke.

Auch bei der Blitzsynchronzeit bekleckert sich die 6700 nicht gerade mit Rum, denn 1/160 Sekunde ist alles andere als flott. Apropos Blitz: Einen eingebauten Blitz besitzt die Systemkamera nicht, dafür aber einen Sony-Multi-Interface-Blitzschuh. Dieser bietet keine TTL-Kontakte mehr, diese Daten werden über die fast unsichtbare Interface-Leiste im Blitzschuh an einen kompatiblen Systemblitz übertragen. Diese Leiste ermöglicht zudem den Anschluss von externen Mikrofonen. Immerhin hat Sony den Standard-Mittenkontakt noch nicht wegrationalisiert.

In Sachen Reihenaufnahmen ist die Alpha 6700 sehr gut aufgestellt. Angefangen bei der Belichtungsreihen-Funktion, die bis zu neun Bilder einem Belichtungsabstand von einem EV machen kann. Bei 1,3 bis 2 EV sind immerhin sieben Bilder und bei 2,3 bis 3 EV Abstand fünf Bilder möglich. Dabei hat man die Wahl, ob man jedes Bild der Reihe einzeln auslösen möchte oder die Kamera beim Drücken des Auslösers alle Bilder in einem Rutsch aufnimmt. Bei Weißabgleichs- oder DRO-Reihenaufnahmen hingegen gibt es diese Option nicht, hier müssen immer alle Bilder einzeln ausgelöst werden.

Da sich die Belichtungsreihenfunktion im gleichen Menü befindet wie der Selbstauslöser und die Serienbildfunktion, können Belichtungsreihen nur mit einem speziellen, zusätzlichen Menüpunkt mit dem Selbstauslöser kombiniert werden. Dann jedoch muss man wieder jedes Bild einzeln auslösen. Als Alternative für erschütterungsfreie Aufnahmen vom Stativ bleibt noch der Griff zu einem Fernauslöser (oder der Fernauslösung per App). Dann kann man sich den Selbstauslöser bei Reihenaufnahmen sparen.

Eine der interessantesten Funktionen ist die Fokus-Belichtungsreihe. Mit dieser lässt sich eine Reihe von Aufnahmen erstellen, bei denen die Kamera selbstständig den Fokusabstand minimal verändert. Aus diesen einzelnen Aufnahmen lässt sich dann an einer externen Software ein sogenanntes Fokus-Stacking erstellen, das einen deutlich höheren Schärfebereich als eine Einzelaufnahme besitzt.

Leider kann die Alpha 6700 weder die Belichtungsreihen noch die Fokus Reihenaufnahmen zu einer HDR- beziehungsweise zu einem Fokus-Stacking kombinieren. So muss man nach der Aufnahme das Zusammenführen mit Hilfe einer externen Software durchführen. Möchte man etwas dynamischere Aufnahmen direkt aus der Kamera haben, dann empfiehlt es sich, das Dateiformat auf HEIF zu wechseln und im Aufnahmemenü HLG (Hybrid Log Gamma) zu aktivieren. Das Bild wird damit in den Kontrasten etwas weicher, bildet aber mehr Helligkeitsunterschiede ab. Allerdings muss das Gerät, auf dem das Bild wiedergegeben werden soll, das Aufnahmeformat anzeigen können.

Intervallaufnahmen stehen ebenfalls auf dem "Menüplan" der Alpha 6700. Die Intervallfunktion ist in der Lage, bis zu 9.999 Aufnahmen im Abstand von 1 bis 60 Sekunden zu machen. So können theoretisch 166 Stunden und 38 Minuten abgedeckt werden. Dabei kommt eine externe Stromversorgung per USB-Anschluss perfekt daher, zumal auch Powerbanks die Stromversorgung übernehmen können. Zusätzlich kann die Startzeit der Intervallaufnahme noch um bis zu 99 Minuten und 59 Sekunden verzögert werden.

Da Sony kein Unbekannter bei professioneller Videoaufzeichnung ist, wundert es nicht, dass die Alpha 6700 in Sachen Video einiges in Petto hat. Laut Sony bewegt sich die Systemkamera auf dem Niveau des Camcorders FX30. Als maximale Video-Auflösung liefert die Alpha 6700 3.840 x 2.160 Pixel mit 60 Bildern pro Sekunde, allerdings nur, wenn die Kamera in den Einstellungen auf das Farbsystem NTSC umgestellt wird.

Im PAL-Farbsystem ist die Bildwechselfrequenz immer etwas niedriger. Hier sind es in 4K-Auflösumng maximal 50 Bilder pro Sekunde. Das Bild wird nicht von der Kamera gecroppt und über eine 6K-Oversampling-Funktion erzeugt. Bei höheren Bildfrequenzen wie 100 oder 120 Bilder pro Sekunde kommt es allerdings zu einem horizontalen Bildbeschnitt. Natürlich sind auch Videos in FullHD problemlos möglich. Die Kamera unterstützt zudem All-Intra-Aufzeichnungen mit hohen Datenraten bis zu 600 Mbit pro Sekunde.

Den berüchtigten Rolling Shutter Effekt hat Sony zum Teil in den Griff bekommen. Wir mussten uns schon gehörig anstrengen, um den Effekt sehen zu können. Dabei sind wir in Einstellungsbereiche gekommen, die sich zwar simulieren lassen, aber in der Praxis nur unwahrscheinlich anzutreffen sind.

Der Einsatz von Lookup Tables, kurz LUT, ist bei Filmproduktionen und im Sendebetrieb seit Jahren Standard. Immerhin sind sie ein einfacher und schneller Weg, um Kontrast-, Helligkeits- und auch Veränderungen bei der Aufnahme anzupassen. Wie genau LUTs funktionieren, haben wir in einem Fototipp genauer erklärt (siehe weiterführende Links).

Auch bei Systemkameras mit gehobenem Anspruch tauchen LUTs immer häufiger auf. Die Alpha 6700 macht da keine Ausnahme. Neben fest installierten LUTs wie S709, S-Log3 und 709 (800 %) können 16 individuelle LUTs importiert und angewendet werden. Zudem kann die Kamera HLG-Videos aufzeichnen, die sich durch eine höhere Dynamik auszeichnen, allerdings benötigt man einen kompatiblen Flachbildschirm, um diese Videos direkt anzuzeigen.

Darüber hinaus unterstützt die 6700 Proxy-Aufnahmen. Das bedeutet, dass die Kamera Videos mit hoher Auflösung und deutlich niedrigerer Auflösung simultan aufzeichnet. Proxy-Aufnahmen sind eine ressourcenschonende Möglichkeit, den Videoschnitt mit hochauflösenden Videoaufnahmen zu realisieren, sofern die Videoschnittsoftware diese Funktion unterstützt. Fast schon selbstverständlich sind die Video-Ausstattungsmerkmale wie Timecode, Zebra-Belichtungskontrolle und Fokus-Map, was die Alpha 6700 ebenfalls beherrscht.

Bei den Nachbearbeitungsfunktionen sieht es bei der Sony Alpha 6700 düster aus. Weder das Ändern der Bildgröße, das Schützen von Bildern auf der Speicherkarte noch die Bearbeitung von Rohdaten sind möglich. Immerhin lassen sich Bilder drehen, beschneiden und sogar von HEIF in JPEG konvertieren. Außerdem lassen sich Bilder mit einem bis fünf Sternen bewerten. Diese "Bearbeitungs"-Funktionen sind aber nicht direkt in der Wiedergabe-Funktion erreichbar, sondern müssen im Hauptmenü der Kamera ausgewählt werden.

Eine großartige Neuerung ist die native Webcam-Funktion der Alpha 6700. Dazu muss man nur die Kamera per USB mit dem Computer verbinden und schon kann es losgehen. Wenn man die Kamera mit einer USB-Schnittstelle verbindet, die mindestens 5 Megabit pro Sekunde übertragen kann, dann kann man sogar maximal ein 4K30 auflösendes Videobild von der Kamera ausgeben lassen. Ansonsten muss man sich mit einem 720p25 Video begnügen. Außerdem überträgt die Kamera den Ton der internen Mikrofone beziehungsweise den eines an die Kameras angeschlossenen Mikrofons. Gleichzeitig wird die Kamera über die USB-Schnittstelle mit Strom versorgt. Zudem können Aufnahmeparameter der Kamera vor oder während der Aufnahme geändert werden.

Eine neue Funktion in der Alpha 6000er Serie ist das Auto Framing oder wie es die Bedienungsanleitung der Kamera so schön nennt "Auto Rahmung". Das war bisher einigen Vollformatmodellen vorbehalten. Mit dieser Funktion kann die Kamera eine Person während einer Aufnahme oder während eines Streams auch bei feststehender Kamera verfolgen. Allerdings verliert man je nach gewählter Rahmengröße einiges an Bildauflösung, da es sich um eine automatische Ausschnittsvergrößerung handelt.

Das eingebaute Mikrofon der 6700 ist das, was man von einem eingebauten Stereomikrofon erwarten kann. Es lässt sich automatisch oder manuell aussteuern und man kann einen elektronischen Windfilter zuschalten. Auch die Aussteuerung lässt sich auf dem Display beziehungsweise im Sucher bequem kontrollieren.

Der S&Q-Modus bietet Video-Zeitraffer- und Video-Zeitlupenaufnahmen. Die Präsentation der Funktion und die Erklärungen in der Kamera sind sehr einleuchtend und einfach zu verstehen. Während die erste Auswahl die Ausgabe-Bildfrequenz ermöglicht, sorgt die zweite Einstellung für die Aufnahmebildfrequenz. Je nachdem, wie sich die beiden Einstellungen zueinander verhalten, macht die Kamera Zeitlupen- oder eben Zeitraffer-Aufnahmen. Auch die Intervall-Einstellung für die Zeitraffer-Aufnahmen ist umfangreich und simpel. Allerdings ist die extra Position auf dem Modusschalter einfach überflüssig, denn es werden lediglich weitere Menüpunkte in das sowieso schon überfrachtete Aufnahmemenü eingeblendet.

Konnektivität ist ein großes Thema bei Sony. So besitzt die Kamera eine stromsparende Bluetooth-Verbindung sowie eine etwas energiehungrige und schnellere WLAN-Funktion. Diese bieten die Möglichkeit, die Kamera mit der kostenlosen Image Edge Mobile App (iOS und Android) zu koppeln. Das funktioniert auch ausgesprochen einfach, so dass man schon nach kurzer Zeit Bilder und Videos von der Kamera zum Smartgerät übertragen kann. Zudem steht die Möglichkeit bereit, bei der Aufnahme Positionsdaten vom Smartphone zur Kamera zu übertragen. Auch die Fernbedienung der Kamera, mit LiveView, ist mit Hilfe der App möglich.

Alternativ dazu kann man sich entscheiden, die Alpha 6700 in ein WLAN-Netzwerk einzubinden. Danach lässt sich die Kamera über einen Apple Mac oder Windows Rechner mit installierter Image Edge Software fernsteuern. Alternativ können auch Daten von der Kamera auf den Rechner übertragen werden. Was die kostenlose Image Edge Software alles kann, verrät die Sony Microsite (siehe weiterführende Links).

Fortsetzung auf Seite 3

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