Ausstattung
Man mag es kaum glauben, aber trotz ihres hohen Preises von 7.000 Euro (ohne Objektiv selbstverständlich) und des rasanten Bildsensors besitzt die Sony Alpha 9 III tatsächlich eine Vollautomatik mit Motiverkennung. Wer also viel Geld hat, eine schnelle Kamera braucht, aber sich nicht mit technischen Kameraeinstellungen herumschlagen möchte, kann durchaus zur Sony greifen. Ihr volles Potential entfaltet die Alpha 9 III indes erst bei der gezielten Anpassung der Aufnahmeparameter an die Motivsituation, die man in der Programmautomatik, Blendenautomatik oder Zeitautomatik sowie dem manuellen Modus, auf Wunsch auch mit ISO-Automatik, vornehmen kann.
Die Schnittstellen der Sony Alpha 9 III sind fast alle einzeln mit Gummiklappen abgedeckt. [Foto: MediaNord]
Dazu gehören etwa umfangreiche Belichtungsreihenfunktionen, die sich nicht auf die reine Belichtungszeit beschränken, sondern auch Weißabgleichs- und Fokus- sowie DRO-Aufnahmereihen sind möglich. DRO ist die Dynamikoptimierung von Sony, die Schatten aufhellt und die Zeichnung in den Lichtern schützt. Normale Belichtungsreihen sind mit bis zu neun Aufnahmen mit bis zu einem EV Belichtungsunterschied zwischen den Bildern möglich, bei drei oder fünf Aufnahmen sind bis zu drei EV Belichtungsabstand möglich. Das reicht völlig für HDR-Aufnahmen aus, die allerdings genauso wie die Fokus-Reihen nicht in der Kamera zusammengesetzt werden können.
Die Sony Alpha 9 III ist mit einem Sensor-Shift-Bildstabilisator ausgestattet, der bis zu 8 EV längere Belichtungszeiten aus der freien Hand ermöglichen soll. Wenn man ihn für maximal fünf Blendenstufen ausnutzt, ist man auf der ziemlich sicheren Seite, darüber steigt der Ausschuss an verwackelten Aufnahmen spürbar an. Für eine Vollformatkamera mit einer großen bewegten Sensormasse funktioniert das System aber äußerst gut. Mit einem optischen Bildstabilisator eines Objektivs arbeitet der Sensor-Shift-Bildstabilisator für eine optimale Effektivität ebenfalls zusammen.
Der Autofokus ist bei einer Sportkamera wie der Sony Alpha 9 III neben der hohen Serienbildgeschwindigkeit der wichtigste Baustein. Dieser arbeitete bei unserer Labormessung unabhängig von der Brennweite des verwendeten Objektivs Sony FE 24-70 mm F2.8 GM II stets sehr schnell. Innerhalb von 0,24 Sekunden wurde von unendlich auf zwei Meter fokussiert und ausgelöst. Ein Rekord ist das indes nicht, wobei diese Messung für die Praxis, das Verfolgen von Motiven, auch nicht besonders aussagekräftig ist. Spannender ist da schon die reine Auslöseverzögerung, also die Zeit vom Drücken des Auslösers ohne Fokussieren bis zur Bildaufnahme. Hier vergingen 0,03 bis 0,05 Sekunden, womit die Kamera zu den schnelleren zählt.
Der Autofokus der Sony Alpha 9 III kann aber auch ganz anders, wenn es sein muss. Im Verfolgungsmodus ist er nämlich rasend schnell und erkennt nicht mehr nur Gesichter und Augen von Menschen, Tieren und Vögeln, sondern auch Körper und viele Körperteile. Dazu gehören beispielsweise Nase, Kinn, Arme, Beine usw. Selbst die Pose soll die künstliche Intelligenz erkennen können, für die ein eigener Prozessor zuständig ist. Auf Köpfe wird auch von hinten fokussiert, auf Gesichter und Augen auch seitlich, sind die Augen aufgrund einer Sonnenbrille nicht zu erkennen, wird auf die Brille fokussiert. Tiere wie etwa Hunde werden ebenfalls seitlich oder von hinten erkannt. Insekten, Autos, Flugzeuge und Züge werden ebenfalls von der Motiverkennung erfasst.
Mit einer Blitzsynchronbuchse, Mikrofonein- und Kopfhörerausgang, HDMI, LAN sowie gleich zwei USB-Schnittstellen (Micro und Typ C) bietet die Sony Alpha 9 III zahlreiche Schnittstellen. Bluetooth und Dual-Band-WLAN kommen noch dazu. [Foto: MediaNord]
Sogar bei 120 Serienbildern pro Sekunde wird der Autofokus unterbrechungsfrei nachgeführt. Entsprechend der Leistungsfähigkeit stehen zudem diverse Parameter zur Konfiguration zur Verfügung, um beispielsweise einige AF-Punkte zu einer Gruppe zusammenzufassen. Überhaupt bietet der Autofokus mit 759 auf dem Sensor integrierten Phasen-Messpunkten eine üppige AF-Messdichte auf einer großen Fläche des Bildsensors. Zudem kann je nach Motiv getrennt eingestellt werden, wie sich der Autofokus verhalten soll. Doch auch bei unspezifischen Motiven bleibt die Motivverfolgung auf einem Bilddetail, wenn man es einmal als zu verfolgendes Motiv festgelegt hat, egal ob es eine Blüte, eine Beere oder etwas anderes ist.
Die versprochenen 120 Serienbilder pro Sekunde erreicht die Sony Alpha 9 III problemlos, hält sie trotz der schnellen CFexpress-Speicherkarte aber nur ganz kurz durch. Nach 196 JPEG-Fotos niedrigster Kompression oder 97 Raw-Fotos mit verlustfreier Kompression ist bereits Schluss. Die Werte sind bei einer schnellen SDHC-Karte übrigens identisch. Was dahinter steckt, wo der Flaschenhals liegt und welche Unterschiede es letztlich doch zwischen den Speicherkarten gibt, verraten wir in der kostenpflichtigen Premium-Version dieses Testberichts.
Die Serienbildfunktion arbeitet wahlweise auch langsamer, etwa mit 60, 30, 20, 15, 10 oder 5 Bildern pro Sekunde. Mit der C5-Funktionstaste an der Kameravorderseite, die man mit dem Ring- oder Mittelfinger erreicht, kann man dann kurzzeitig auf eine höhere Serienbildgeschwindigkeit hochschalten, wenn es das Motiv erfordert. Alternativ lässt sich die Taste aber auch anders belegen. Schaltet man die Serienbildgeschwindigkeit herunter, steigt auch die maximale Zahl der Bilder, die man damit am Stück aufnehmen kann, schließlich speichert die Kamera im Hintergrund permanent die Bilder. Praktisch ist die Pre-Capture-Funktion, die einstellbar 0,005 bis 1 Sekunde vor dem Durchdrücken des Auslösers Fotos aufnimmt. Dadurch verpasst man den richtigen Aufnahmezeitpunkt nicht mehr.
Das Gegenteil von Serienbild-Actionaufnahmen stellt die Intervallfunktion dar. Mit einstellbarer Startzeit und Intervall sind bis zu 9.999 Aufnahmen möglich. Praktischerweise wird die Gesamtaufnahmedauer bereits im Vorwege berechnet, so dass man auch ohne Taschenrechner abschätzen kann, ob die gewünschte Aufnahmezeit erreicht wird. Mit einem Drei-Sekunden-Intervall kann man beispielsweise bis zu acht Stunden und 20 Minuten die Intervallaufnahme laufen lassen, etwa für die Aufnahme des Sternenhimmels. Bei 24 Bildern pro Sekunde ergäbe sich daraus ein sieben Minuten langer Film. Weitere Einstellungen erlauben eine langsame Anpassung der Belichtungszeit und eine wählbare Priorisierung von Belichtungszeit oder Intervallzeit, falls diese sich überschneiden.
Wie bereits erwähnt, besitzt die Sony Alpha 9 III einen Global Shutter. Das bedeutet auch, dass ein mechanischer Verschluss völlig überflüssig ist. Er bietet keinerlei Vorteile mehr, sondern höchstens noch Nachteile, etwa Erschütterungen, "Lärm", Abnutzung oder eine begrenzte Blitzsynchronzeit. Folglich besitzt die Sony Alpha 9 III einen rein elektronischen Verschluss, der bis zu 1/80.000 Sekunde kurz belichten kann. Nur bei Blenden größer (also lichtstärker) als F1,8 ist die kürzeste Belichtungszeit auf 1/16.000 Sekunde begrenzt, bei Serienbildern aktuell ebenfalls, doch da soll ein späteres Firmwareupdate Abhilfe schaffen und ebenfalls 1/80.000 Sekunde ermöglichen.
Das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM II ist den 24 Megapixeln der Alpha 9 III problemlos gewachsen. Nur die Verzeichnung ist etwas stark, wenn man sie nicht elektronisch von der Kamera korrigieren lässt. [Foto: MediaNord]
Das ist auch die kürzeste Blitzsynchronzeit. Bei so kurzen Belichtungszeiten muss man bereits die Abbrenndauer des Blitzlichts berücksichtigen, damit es nicht zu einer Unterbelichtung kommt. Bereits bei Belichtungszeiten kürzer als 1/10.000 Sekunde muss man darauf achten – als grobe Daumenregel. Statt eines mechanischen Verschlusses besitzt die Sony Alpha 9 III aber noch einen mechanischen Schutzvorhang vor dem Sensor, der sich auf Wunsch beim Ausschalten vor den Sensor legt.
Auch Banding-Effekte etwa bei flackernden Lichtquellen sind mit dem Global Shutter Geschichte. Somit muss die Kamera "nur" noch auf die Helligkeit der Lichtquelle achten, um Fotos im hellsten Moment aufzunehmen. Eine entsprechende Funktion ist in der Alpha 9 III selbstverständlich vorhanden. Sogar bei kleinen Bildbereichen mit entsprechenden Lichtquellen arbeitet diese Funktion, damit Displays oder LED-Anzeigetafeln im Hintergrund korrekt aufgenommen werden.
Die Videofunktion der Sony Alpha 9 III kann sich aufgrund des Global Shutters ebenfalls mehr als sehen lassen, wenn auch nicht ganz so, wie man sich erhoffen könnte. Sensorseitig sind zwar bei voller Auflösung 120 Bilder pro Sekunde möglich – und das Ganze ohne Rolling-Shutter-Effekte, aber praktisch spielt der Bildprozessor hier nicht mit. So werden nur bis 60 Bilder pro Sekunde 4K-Videos mit 6K-Oversampling aufgenommen. Bei 4K120 arbeitet die Kamera hingegen ohne Oversampling, aber immerhin ebenfalls ohne Crop.
Etwas lästig ist die Beschränkung der Bildwiederholfrequenzen, die an die Vorauswahl des PAL- und NTSC-Formats gebunden ist. In PAL sind nur Aufnahmen mit 25, 50 oder 100 Bildern pro Sekunde möglich, in NTSC hingegen 24, 30, 60 und 120 Bilder pro Sekunde. Angesichts der sonst so freien Programmierbarkeit der Funktionen erscheint das geradezu grotesk.
Dank 10 Bit Farbtiefe mit 4:2:2 Farbsubsampling und Speichermöglichkeit im All-Intra-Verfahren ist auch die Video-Bildqualität hoch. S-Cinetone wird genauso unterstützt wie S-Log3. Auch LUTs können direkt in der Kamera verwendet werden. Alternativ lassen sich Videos mit 16 Bit Raw extern aufnehmen. Der Sensor-Shift-Bildstabilisator ist genauso wie ein Objektiv-Bildstabilisator aktiv (sofern vorhanden), zusätzlich lässt sich ein digitaler Bildstabilisator für noch ruhigere Videos aktivieren. Das führt natürlich zu einem Crop, da das Videobild auf dem Sensor Bewegungsspielraum benötigt.
Das Stativgewinde der Sony Alpha 9 III sitzt in der optischen Achse, der Abstand zum Akkufach ist üppig. [Foto: MediaNord]
Selbstverständlich arbeiten die AF-Erkennungsfunktionen auch bei Videoaufnahmen, nur die Feineinstellungen für verschiedene Motivarten stehen im Videomodus nicht zur Verfügung. Eine Fokus-Breathing-Korrektur wird ebenfalls unterstützt, sofern das Objektiv kompatibel ist. Auch eine Focus-Map ist mit an Bord.
Für die Tonaufnahme steht eine Pegelanzeige zur Verfügung, statt des internen Stereomikrofons lassen sich analoge und digitale Mikrofone extern anschließen. Eine Tonkontrolle per Kopfhörer ist ebenfalls vorhanden. Außerdem lässt sich das Signal über die HDMI-Schnittstelle extern aufzeichnen.
Die Drahtloskonnektivität der Sony Alpha 9 III gibt alles her, was heutzutage technisch möglich und sinnvoll ist. Neben Bluetooth-LE gehört dazu auch Dual-Band-WLAN mit 2,4 und 5 GHz sowie WLAN-Übertragungsgeschwindigkeiten wie etwa N oder AC. Damit lässt sich die Alpha 9 III via Bluetooth oder WLAN fernauslösen, auch mit Livebildübertragung zum Smartphone und Konfiguration der Aufnahmeparameter.
Eine Bluetooth-Fernbedienung bietet Sony ebenfalls an. Auch die Geotagging-Funktion wird per Bluetooth realisiert, dabei wird das GPS (beziehungsweise alle gebotenen Ortungssysteme) des verbundenen Smartphones genutzt. Zudem unterstützt die 9 III Hintergrund-FTP-Datenübertragungen per WLAN und natürlich die Fernsteuerung vom Computer aus, ebenfalls drahtlos per WLAN oder auch per USB- oder LAN-Kabel.
Beide Speicherkartenfächer der Sony Alpha 9 III sind nicht nur zu SDHC/SDXC USH II kompatibel, sondern auch zum schnelleren CFexpress Typ A. Der Akku verdient für seine Ausdauer und die flexiblen Lademöglichkeiten Lob. [Foto: MediaNord]
Weniger üppig ist hingegen die Wiedergabefunktion. Eine Bildbearbeitung beschränkt sich auf das Drehen und einen Beschnitt (immerhin samt Wahl eines Seitenverhältnisses). Eine Videobearbeitung ist gar nicht möglich, aber auch ein integrierter Rohdatenkonverter fehlt. Immerhin lässt sich eine Diashow abspielen, via HDMI auch auf einem Fernseher inklusive Steuerung über die Fernseher-Fernbedienung. Direktdruckfunktionen bietet die Sony auch. Nützlich sind zudem die Sprachnotiz- und Bildbewertungsfunktion, so dass man bereits in der Kamera seine Favoriten markieren und Notizen aufzeichnen kann.