Kompaktkamera
Testbericht: Canon Digital Ixus 870 IS
2008-12-06 Der Name "Ixus" steht sinngemäß für Digitalkameras und ist eines der bekanntesten Markenzeichen überhaupt am Markt. Die jüngste Vertreterin dieser Reihe ist die 870 IS. Canon legt bei der Ixus-Reihe viel Wert auf das Design – was bei der 870 IS besonders gelungen erscheint. Doch auch technisch weiß sie mit 3"-Bildschirm, 28-112mm-Objektiv und 10 Megapixeln Auflösung zu überzeugen. Im digitalkamera.de-Test muss die Kamera zeigen, ob sie halten kann, was der Markenname verspricht: hohe Bildqualität, hochwertige Verarbeitung, eine gute Automatik und intuitive Bedienung zum angemessenen Preis. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung
Dass Canon besonders bei der Ixus-Reihe viel Wert auf das Design legt, merkt man der stylisch daherkommenden 870 IS sofort an. Dreiecke (bei den Lautsprecheröffnungen, als Struktur zur Erhöhung der Griffigkeit auf der Kamerarückseite und beim Einschaltknopf) und Trapeze (am Moduswahlschalter und bei den Tasten auf der Kamerarückseite) mit gebogenen Kanten sind prägend für die Digitalkamera. Auf der Vorderseite wird das Objektiv durch einen breiten Chromring betont, der allerdings auch äußerst anfällig für Fingerabdrücke ist. Selbst der Blitz stellt sich als breiter, flacher Schlitz dar und sieht alles andere als langweilig aus. Nicht nur schön, sondern auch praktisch sind die großen Tasten auf der Kamerarückseite, die sich viel angenehmer bedienen lassen als die Tasten in Stecknadelkopfgröße manch anderer Kompaktkamera. Ebenfalls sehr anwenderfreundlich ist der Drehring rund um den 4-Wege-Schalter, den man früher nur bei digitalen Spiegelreflexkameras von Canon fand. Zwar macht dieser Ring noch den "billigsten", weil etwas schwammigen Eindruck aller Bedienelemente, doch ist er durch die Riffelung sehr griffig.
Noch etwas macht Canon bei der Ixus 870 IS anders als viele andere Kamerahersteller: Der Bildschirm ist mitsamt dem Schutzglas nicht aufgesetzt, sondern eingelassen. Die leicht entspiegelte Kunststoffscheibe schließt bündig mit dem Rest der Kamerarückseite ab – einfach nur schick! Gefällig ist auch die Bicolor-Tönung der Kamera, wahlweise in Silber- oder Champagner-Schwarz. Die vordere Gehäusehälfte ist dabei aus Metall, die hintere aus Kunststoff. Ebenfalls
aus Metall ist das Stativgewinde, das leider nur fast in der optischen Achse sitzt. Auf einem Stativ aufgesetzt, wird obendrein die Klappe und damit der Zugang zum Batterie- und Speicherkartenfach blockiert. Ebenfalls nur notbehelfsmäßig ist der Netzteilanschluss realisiert, der per Akku-Dummy funktioniert. Auf der rechten Kameraseite verbergen sich noch der kombinierte USB- und Fernseheranschluss (PAL/NTSC) sowie die edel eingelassene Befestigungsöse für die Handschlaufe. Einen HDMI-Anschluss sucht man hingegen vergebens – einen (Full-)HD-tauglichen Fernseher muss man also anders "speisen".
Der 3" Bildschirm löst mit 230.000 Bildpunkten recht knapp auf, wodurch es an Detaildarstellung mangelt. In dunklen Umgebungen zeigt das Sucherbild ein deutliches Rauschen. In Sachen Brillanz, Farbtreue und Blickwinkelabhängigkeit kann man sich allerdings nicht beklagen. Die auf dem Monitor dargestellten Menüs sind sehr übersichtlich und mit großer Schrift auch sehr gut ablesbar – aber in Sachen Design und Farbgebung sollte Canon die Menüs dringend dem gelungenen Kameradesign anpassen. Ob Rosa und Flieder wirklich die passenden Menüfarben zu so einer Kamera sind, darf doch stark in Zweifel gezogen werden.
Ausstattung
Die Vielzahl an Einstellmöglichkeiten ist überzeugend, besonders wichtige Parameter wie die Bildqualität, Weißabgleich oder Belichtungsmessung sind sogar per Schnellwahlmenü besonders einfach anpassbar. Die wichtigsten Aufnahmeeinstellungen wie Empfindlichkeit, Fokusmethode oder der Selbstauslöser sind sogar ohne Umwege über das Menü zugreifbar. Das gilt zum Teil auch für den Blitz, zumindest zwischen Automatik, Ein und Aus kann direkt gewechselt werden. Für die Rote-Augen-Korrektur oder die Einstellung der Langzeitsynchronisation ist dagegen ein Ausflug ins Kameramenü erforderlich. Die I
xus 870 IS verfügt über eine Automatik, zahlreiche Motivprogramme, wobei man ein Sport- sowie ein Landschaftsprogramm vermisst und auch die inzwischen obligatorische Gesichtserkennung, die für eine präzise Schärfe und ausgewogene Belichtung bei Gesichtern sorgt. Doch auch die gefürchteten Kaninchenaugen weiß die Kamera zu retuschieren – wahlweise automatisch bei der Aufnahme oder per Tastendruck bei der Wiedergabe. Die Selbstauslösefunktion, die gleich mehrere Bilder aufnimmt, setzt dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen auf. Für gelungene Porträts hat die Kamera also alles an Bord, was man braucht.
Das kann man von der Videofunktion leider nicht unbedingt behaupten. Die VGA-Auflösung kann man allenfalls noch als guten Standard bezeichnen, von HD-Videos kann man nur träumen. Immerhin wird ein zeitgemäßer MPEG4-Videocodec eingesetzt, genau genommen handelt es sich um Quicktime mit AVC1-Kodierung (ein H.264-Format). Bei höchster Qualitätseinstellung wird trotzdem viel Speicherplatz (ein 8 Sekunden langes Video benötigt bereits rund 10 Megabytes) verbraucht; MPEG4 wird also vor allem für eine höhere Qualität als für Speicherplatzeinsparung gegenüber Motion-JPEG eingesetzt. Auf eine Fokusnachführung bei der Videoaufnahme und den optischen Zoom muss man ebenfalls verzichten – immerhin kann digital gezoomt werden, was allerdings der Qualität abträglich ist.
Gut gelöst ist hingegen die automatische Einstellung der Empfindlichkeit. Sie bleibt in maßvollen Regionen von ISO 80-400, bei Blitzverwendung stellt ISO 250 sogar die Obergrenze dar. Nur auf ausdrücklichen Wunsch des Anwenders verwendet die Kamera in der Automatik eine Empfindlichkeit von ISO 800, ISO 1.600 ist nur manuell einstellbar, und ISO 3.200 ist einem speziellen Motivprogramm vorbehalten, das vorsichtshalber auch gleich die Auflösung reduziert. Ebenfalls sehr praktisch ist der Orientierungssensor, so dass Aufnahmen stets in der richtigen Ausrichtung angezeigt werden.
Das Objektiv ist mit seinem 4-fach-Zoom, beginnend bei umgerechnet 28 mm Brennweite, ein sehr guter Allrounder – auch wenn die progressiv abnehmende Lichtstärke in Telestellung nur noch F5,8 erreicht. Um bei den dann erforderlichen Belichtungszeiten mit dieser kleinen Kamera nicht zu viele verwackelte Aufnahmen zu erhalten, hat Canon dem Objektiv einen optisch
en Bildstabilisator verpasst. Dieser gleicht durch eine bewegliche Linsengruppe Verwackelungen effektiv aus. Das Objektiv verfügt über einen Autofokus von recht guter Geschwindigkeit – 0,4 bis 0,6 Sekunden brauchte er in der Messung zur Scharfstellung. Es gibt zwar schnellere Kameras, aber auch deutlich Langsamere. In dunklen Umgebungen wird der Autofokus durch ein grelles, orange-rotes Hilfslicht unterstützt, das aber auch abschaltbar ist. Neben der schon erwähnten Gesichtserkennung kann auch auf einen Mehrfeldbetrieb mit 9 Messfeldern umgestellt werden, wobei der Autofokus nahe liegende Motivteile bevorzugt. Wer dagegen ganz gezielt fokussieren möchte, wählt das mittlere Autofokusfeld vor.
Bildqualität
Dass Canon einen 1/2,3" kleinen Bildsensor mit 10 Millionen Bildpunkten einsetzt, mag man aufgrund der geringen Pixelgröße als grenzwertig ansehen. Man darf sich aber auch vor der Realität nicht verstecken – das ist einfach inzwischen guter Standard. Canon gehört mit zu den Marktführern, und die Ingenieure und Entwickler wissen, wie sie trotzdem ein Maximum an Bildqualität aus dem Sensor holen können – wie unser Labortest eindrucksvoll bewiesen hat. Dieser ist in aller Ausführlichkeit mit zahlreichen Diagrammen, Notenbewertung, Ausschnitten aus Testbildern und einem Testerkommentar separat abrufbar (siehe weiterführende Links).
Das Objektiv zeigt bei allen Brennweiten eine konstant hohe Auflösung, einzig in Weitwinkelstellung gibt es bereits unweit der Bildmitte einen Auflösungsabfall. Die Auflösung bleibt dann aber bis zum Bildrand konstant. Kritischer sind da schon die auftretenden Artefakte an feinen Strukturen. Dieser Effekt ist darin begründet, dass die Kamera eher auf eine schnelle Bildausgabe ohne EBV-gestützte Weiterverarbeitung hin optimiert ist. Das gelingt der Kamera auch trotz der relativ zurückhaltenden Scharfzeichnung, wodurch aber hier negative Effekte wie Doppellinien oder Schwarz- bzw. Weißclipping weitgehend verhindert werden.
Randabdunklung und Verzeichnung halten sich ebenfalls in Grenzen. Naturgemäß sind diese Objektivfehler in Weitwinkelstellung noch am stärksten sichtbar,
schränken die Bildqualität aber kaum ein. Hervorragend ist die Eingangsdynamik, die bei niedrigen Empfindlichkeiten erstaunliche 9 Blendenstufen erreicht! Zu verdanken ist dies auch der effektiven Rauchunterdrückung besonders in den Schatten. Farbrauschen zeigt die Ixus praktisch nicht. Das Helligkeitsrauschen ist nicht völlig glatt gebügelt – sonst würden die Bilder auch unnatürlich wirken. Bis ISO 400 sind Eingangsdynamik und Rauschverhalten sehr gut, erst ab ISO 800 bricht die Eingangsdynamik auf unter 8 Blendenstufen ein und das Rauschen fängt an, Texturen aufzuweisen. An der Ausgabedynamik gibt es ebenfalls nichts zu meckern, das Spektrum von Weiß bis Schwarz wird gut ausgenutzt, wobei mittlere Helligkeiten für knackigere Bilder kontrastreicher wiedergegeben werden, Lichter und Schatten hingegen etwas weicher.
Sehr sicher zeigt sich die Kamera sowohl bei der Belichtungsmessung als auch beim Weißabgleich. Bei Letzterem zeigen die meisten Kameras vor allem bei Glühlampen-Kunstlicht einen unangenehmen Farbstich – nicht so die Ixus 870 IS. Ein gelblicher Farbstich ist zwar vorhanden, unterstreicht aber eher die Lichtstimmung. Gut abgestimmt sind auch zumindest die ersten beiden Komprimierungsstufen. In der besten Qualität sind die JPEG-Bilder visuell verlustfrei, in der mittleren Einstellung passen fast doppelt so viele Bilder auf die Speicherkarte, es zeigen sich aber auch erste Komprimierungsartefakte. Die höchste Komprimierungsstufe sollte man seinen Fotos hingegen nicht antun.
Fazit
Die Canon Ixus 870 IS überzeugt fast auf ganzer Linie. Wieder einmal zeigt sich, warum sich der Griff zu einer Markenkamera lohnt. Funktionsumfang und Bildqualität sind sehr ausgewogen, auch Design und Verarbeitungsqualität wissen zu überzeugen. Abstriche muss man nur in wenigen Punkten wie z. B. der Videofunktion machen, die bei anderen Kameras dieser Klasse durchaus überzeugender ausfällt. Auch wer als kreativer Fotograf gerne umfassend in die Kameraautomatik eingreifen möchte, liegt bei der Ixus 870 IS sicher verkehrt – dafür stehen eine einfache Bedienung und eine zuverlässige Automatik im Vordergrund. Die Ixus 870 IS ist jeden Cent der rund 250 Euro wert, die die Kamera aktuell ungefähr kostet.
Kurzbewertung
- Große Bedienknöpfe, übersichtliches Menü
- Ausgewogene, gute Bildqualität
- Hervorragende Verarbeitungsqualität und Design
- Zuverlässiger Weißabgleich
- Kein HDMI-Ausgang, Netzteilanschluss nur über Akku-Dummy
- Videoauflösung "nur" VGA
- Blitzeinstellungen in Menü und Direktzugriff geteilt
- Sichtbare Artefakte an feinen Strukturen
Technische Daten
Modell |
Canon Digital Ixus 870 IS |
Sensor |
CCD-Sensor 1/2,3" 6,2 x 4,6 mm (Cropfaktor 5,6) 10,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.648 x 2.736 (4:3) |
Video (max.) |
640 x 480 30p |
Objektiv |
28-112 mm / F2,8-5,8 (4-fach Zoom) |
Monitor |
3,0", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Lens-Shift (optisch) |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 1,3 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/1.600 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 80 bis 1.600 |
Abmessungen |
94 x 57 x 24 mm (B x H x T) |
Gewicht |
205 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/0H5VD (mit Preisvergleich) |