Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Canon EOS 700D
2013-07-30 Zeitgleich mit der besonders kompakten EOS 100D hat Canon unlängst die EOS 700D vorgestellt, sie löst die 650D ab. Die neue 700er gleicht ihrer Vorgängerin auf den ersten Blick wie einem Ei dem anderen – erst bei genauerer Betrachtung offenbaren sich ein paar interessante Neuerungen. Insbesondere hat Canon die Live-View-Funktion verbessert, im Verbindung mit dem ebenfalls neuen Set-Objektiv EF-S 18-55/3.5-5.6 IS STM soll die EOS D700 spürbar flotter scharf stellen. Was die EOS 700D drauf hat, musste sie nicht nur im Testlabor von digitalkamera.de unter Beweis stellen, sondern auch in der alltäglichen Aufnahmepraxis. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Anders als ihre kleine Schwester EOS 100D präsentiert sich die neue 700D als DSLR mit recht üppigen Gehäusemaßen. In der Fototasche mag das etwas lästig sein, doch beim Fotografieren und Filmen kann das ausgewachsene Gehäuse durchaus seine Vorteile ausspielen: Die 700D liegt hervorragend in der Hand. Dazu trägt auch bei, dass Canon die Daumenmulde kräftig ausgeformt und den Handgriff an der Kamerafront weit nach vorne gezogen hat. Auf der Kuppe dieses Griffs liegt der Auslöser perfekt unter dem Zeigefinger der rechten Hand. Rückt der Finger nur etwas nach hinten, kommt er auf dem Einstellrad zu liegen, das mit klar definierten Rastpunkten bewegt wird – das lässt sich kaum noch besser machen! Ebenfalls in Reichweite des Zeigefingers befindet sich eine Taste zur Wahl der ISO-Empfindlichkeit. Der Messewertspeicher, die AF-Wahltaste sowie der Umschalter für die Belichtungskorrektur sind bequem für den Daumen erreichbar. Die wichtigsten Optionen lassen sich also an der EOS 700D steuern, während man durch den Sucher blickt. Er zeigt weder ein sonderlich großes noch sehr helles Sucherbild – so wie es eben in dieser Kameraklasse üblich ist.
Nicht ganz so viel Freude wie das gelungene Tastenlayout bereitet die Anfassqualität der 700D. Zwar macht das Kunststoffgehäuse durchaus einen robusten Eindruck, da knistert und knarzt nichts. Derart hochwertig wie ein Body aus Metall wirkt das Gehäuse der 700D indes nicht. Auch bei den Tastern und Knöpfen auf der Rückseite hat Canon spürbar gespart. Sie weisen zwar einen gut definierten Druckpunkt auf, wirken aber etwas klapprig. Ihren Funktionen tut dies jedoch keinen Abbruch, zumal sich die EOS 700D hervorragend über das berührungsempfindliche Display bedienen lässt. Dieses kapazitive Touchdisplay reagiert bereits auf leiseste Berührungen, man bedient damit die Kamera flott wie ein Smartphone. Canon hat das Display mit einem Dreh- und Klappscharnier links am Gehäuse angeschlagen, der Monitor lässt sich also in praktisch jede erdenkliche Stellung bringen. Aber nicht nur das weiß zu begeistern: Das Display bietet bei einer Diagonalen von drei Zoll eine sehr feine Auflösung von über einer Million Bildpunkten. Sogar in der gleißenden Mittagssonne ist es gerade noch ausreichend hell. Schade nur, dass sich seine Helligkeit nicht automatisch an das Umgebungslicht anpasst, sie muss manuell eingestellt werden. Dennoch: Das Display eignet sich gut zur Bildkontrolle, im Live-View-Modus auch bereits vor der Aufnahme.
Das Speicherkartenfach verbirgt sich unter einer solide schließenden Klappe rechts an der Kamera, der Akku wird von unten eingesetzt. Seine Klappe ist indes derart groß dimensioniert, dass sie bestenfalls von einer kleinen Stativplatte nicht blockiert wird. Das Stativgewinde der EOS 700D ist aus massiven Edelstahl gefertigt und sitzt dort, wo es hingehört – in der optischen Achse. USB- und HMDI-Schnittstellen sowie die Anschlüsse für Fernbedienung und Mikrofon werden von etwas fummeligen aber durchaus klassenüblichen Gummiklappen geschützt.
Ausstattung Wer die Ausstattungsliste der EOS 700D mit der ihrer Vorgängerin vergleicht, wird kaum Unterschiede darin finden. Der vielleicht wichtigste: Ist ein Kreativfilter (Bildeffekt) gewählt, zeigt die EOS 700D dessen Auswirkung bereits im Live-View-Betrieb – und nicht erst nach der Aufnahme. So lässt sich schon vorab beurteilen, ob eine Vorgabe wie Fischaugeneffekt oder Aquarell-Effekt das gewünschte Ergebnis verspricht – oder vielleicht doch nicht. Wer lieber klassisch mit dem Blick durch den Sucher fotografiert, kann aber seine Aufnahmen auch noch nachträglich im Wiedergabemodus mit dem gewünschten Effekt versehen. Ansonsten folgt die 700D der Philosophie ihrer Vorgängerin: Auch die 700D ist vielleicht nicht gerade überbordend mit Funktionen vollgestopft, doch alles Wichtige ist an Bord. Wer sich ganz auf sein Motiv konzentrieren will und nicht um die Aufnahmetechnik kümmern möchte, überlässt alle Kameraeinstellungen der Motivautomatik. Eingriffsmöglichkeiten gibt es hier nicht, lediglich der Blitz lässt sich deaktivieren.
Etwas mehr Steuerungsmöglichkeiten offeriert die Kreativ-Automatik mit Funktionen wie "Hintergrund unscharf/scharf", Serienbildaufnahmen sowie Vorgaben für die Farbwiedergabe wie "kalt" oder "warm". Alternativ kann man das gewünschte Motivprogramm wie "Portrait" oder "Landschaft" über das griffige Moduswählrad direkt vorgeben. Auch Sonderfunktionen per Mehrfachaufnahmen beherrscht die 700D. So kann sie zum Beispiel mit dem Programm „Nachtaufnahme ohne Stativ" vier Fotos zu einem Bild verrechnen, das deutlich weniger rauscht als ein Einzelaufnahme. Bei starkem Motivkontrast hilft die Gegenlichtautomatik weiter: Sie kombiniert drei unterschiedlich belichtete Fotos derart, dass Tiefen und Lichter gut durchgezeichnet sind. Schade nur, dass sich die Stärke des Effekts nicht anpassen lässt. Die Gegenlichtautomatik liefert zwar sehr schöne Ergebnisse, bisweilen würde man sich vielleicht über einen etwas kräftigeren HDR-Look doch auch freuen.
Will man nicht alles den Automatiken überlassen, lässt sich die EOS 700D weitgehend an die eigenen Vorstellungen sowie der jeweiligen Motivsituation anpassen. Auf Wunsch kann man die Belichtung komplett manuell steuern oder aber halbautomatisch mit Vorwahl der Blende beziehungsweise Belichtungszeit. Die ISO-Empfindlichkeit lässt sich bis auf hohe ISO 25.600 hochschrauben – ob das in der Praxis jedoch sinnvoll ist, dazu mehr im Abschnitt Bildqualität. Die ISO-Automatik wählt maximal ISO 6.400, die Obergrenze kann auf niedrigere Werte beschränkt werden, die untere Grenze lässt sich dagegen nicht vorgeben. Schön ist hingegen, dass die ISO-Automatik auch bei manueller Belichtung funktioniert und so bei fest vorgegebener Zeit-/Blendenkombination (innerhalb gewisser Grenzen) für eine korrekte Belichtung sorgen kann. Belichtungsreihen nimmt die EOS 700D auf Wunsch auch auf, jedoch nur mit drei unterschiedlichen Stufen bei maximal 2 EV Spreizung. Kaum eine Lücke lässt sich dagegen bei den Blitzfunktionen finden: Die Kamera steuert externe Blitzgeräte drahtlos, bietet eine Blitzbelichtungskorrektur, Langzeitsynchronisation sowie Synchronisation auf den zweiten Vorhang – um nur einige Möglichkeiten zu nennen.
Auch bei den Videofunktionen der 700D bleibt alles beim Alten – sieht man einmal davon ab, dass die Framerate jetzt bei Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Pixel) auf maximal 30 Vollbildern je Sekunde steigt. Die EOS 700D führt beim Videodreh auf Wunsch den Fokus automatisch nach, was mit dem neuen Set-Objektiv EF-S 18-55/3.5-5.6 IS STM zwar nicht gerade flott vonstattengeht, aber immerhin meist ohne lästiges Fokuspumpen. Vor allem aber arbeitet der STM-Antrieb nahezu lautlos, Fokusgeräusche sind auch in sehr ruhiger Umgebung kaum auf der Tonspur auszumachen. So schön diese Verbesserung bei Filmaufnahmen sein mag – bei Fotoaufnahmen im Live-View-Betrieb ist die EOS 700D weiterhin sehr langsam: Sie benötigt knapp zwei Sekunden, um scharf zu stellen und auszulösen. Wird auf Live-View verzichtet, ist die Aufnahme dagegen bereits nach sehr kurzen 0,2 Sekunden fokussiert und im Kasten. Das neue STM-Objektiv ist übrigens ein gutes Stück länger als das alte 18-55er, jedoch kaum schwerer und lässt sich dank seines Fokusrings auch leidlich gut manuell scharf stellen.
Bildqualität Canon belässt es bei der EOS 700D weiterhin bei einer recht hohen Auflösung von rund 18 Megapixeln auf einem APS-C-Sensor. Ob es gut ist, dass Canon der Versuchung widerstanden hat, mehr Pixel noch enger auf den Sensor zu packen, musste die 700D im Praxiseinsatz sowie im harten Labortest von digitalkamera.de zeigen. Das umfangreiche und ausführlich kommentierte Testprotokoll kann gegen ein kleines Entgelt eingesehen und als PDF-Datei heruntergeladen werden – siehe weiterführende Links am Ende dieses Beitrags.
Ungeachtet ihrer recht hohen Pixeldichte ist Bildrauschen bei der EOS 700D bis etwa ISO 3.200 kein Thema. Erst bei noch höherer ISO-Empfindlichkeit drängelt sich verstärkt gutmütiges Helligkeitsrauschen in den Vordergrund, stört aber nur in der 100%-Ansicht, nicht jedoch beim Ausdruck. Das deutlich lästigere Farbrauschen hat die EOS 700D praktisch über den gesamten Empfindlichkeitsbereich gut im Griff. Allerdings erkauft sich Canon dieses gute Rauschverhalten damit, dass die Texturschärfe bereits jenseits der Basisempfindlichkeit abnimmt – ein Indiz dafür, dass die Rauschunterdrückung schon früh eingreift. Doch bis ISO 1.600 bleibt die Texturschärfe im grünen Bereich, bis ISO 6.400 akzeptabel. Ebenfalls ISO 1.600 ist die Obergrenze, bis zu der die Eingangsdynamik stets etwas mehr als zehn Blendenstufen beträgt. Sensor und interne Bildaufbereitung liefern also bis ISO 1.600 gute Ergebnisse, bis ISO 6.400 gerade noch so akzeptable, höher sollte man die ISO-Zahl jedoch nur im äußersten Notfall schrauben.
Das einfache Set-Objektiv EF-S 18-55/3.5-5.6 IS STM beeindruckt mit einem sehr hohen Auflösungsvermögen an der EOS 700D. Bei kurzer und mittlerer Brennweite knackt es sogar die Marke von 50 Linienpaaren/Millimeter (lp/mm) – ein hervorragender Wert! Schön auch, dass die Schärfe zu den Bildrändern hin im Großen und Ganzen nur leicht abnimmt – da haben wir schon deutlich schlechtere Set-Objektive gesehen. Überhaupt nicht überzeugen kann das Set-Objektiv dagegen in Sachen „chromatische Aberration“. Insbesondere im Weitwinkelbereich sind Farbsäume mit einem Umfang von fünf Pixeln an den Bildrändern sehr stark ausgeprägt. Auch bei der Messung der Verzeichnung ist der Weitwinkelbereich das Sorgenkind, sie fällt mit 2,5 Prozent Tonnenform recht kräftig aus. Keine Probleme gibt es indes bei Randabdunklung zu vermelden, Vignettierungen treten nicht auf.
Canon hat die EOS 700D eher knackig abgestimmt: Die Farben sind in der Standardkonfiguration kräftig, jedoch meist korrekt. Zusammen mit der kontrastreichen Tonwertkurve sorgt das für einen eher brillanten Bildeindruck. Beim Schärfen packt die Kamera ebenfalls ordentlich zu, etwas stark ausgeprägte Schärfeartefakte sind die Kehrseite dieser Medaille. Unterm Strich liefert die EOS 700D kräftig abgestimmte Bilder, die sich ohne Nachbearbeitung drucken lassen. Wer seine Aufnahmen lieber auf den Punkt genau abstimmt, sollte die Standardvorgaben eher etwas zurück nehmen – oder gleich im Raw-Format aufzeichnen.
Fazit Im Vergleich zur Vorgängerin hat Canon die EOS 700D nur unwesentlich verändert beziehungsweise weiter entwickelt. Das mag durchaus ein Zeichen dafür sein, wie ausgereift heutige DSLRs sind. Die EOS 700D punktet mit einem sehr guten Bedienkonzept; die Kamera lässt sich auch dank ihres hervorragenden Touchdisplays einfach und sicher bedienen. Der Ausstattungsumfang ist zwar nicht überragend, doch alles Wichtige hat die EOS 700D an Bord. Den größten Fortschritt macht das Set-Objektiv, dessen STM-Technologie bei Videoaufnahmen zielsicher und flüsterleise scharf stellt. Ein Sorgenkind bleibt weiterhin die AF-Leistung im Live-View-Betrieb, hier stellen andere Kameras deutlich schneller scharf. Die Bildqualität der EOS 700D ist ohne Fehl und Tadel, bis ISO 1.600 erfüllt sie auch gehobene Ansprüche, ISO 6.400 und mehr eignen sich aber nur für Schnappschüsse. Zwiespältig ist hingegen der Eindruck, den die Abbildungsleistungen des Set-Objektivs hinterlassen. Sein Auflösungsvermögen liegt weit über Klassendurchschnitt, Farbsäume und Verzeichnung im Weitwinkelbereich sind dagegen zu stark ausgeprägt.
Kurzbewertung
- Mit STM-Objektiv zügiger Nachführ-AF bei Videoaufnahmen
- Gute Bildqualität (Canon-typisch knackig)
- Praxisgerechter Funktionsumfang
- Dank beweglichem Touchdisplay einfache Bedienung
- AF-Assist nur per Blitzsalve
- Belichtungsreihe nur mit drei Stufen
- Set-Objektiv zeigt starke Farbsäume
- Live-View-AF sehr langsam
Technische Daten
Modell |
Canon EOS 700D |
Sensor |
CMOS APS-C 22,5 x 15,0 mm (Cropfaktor 1,6) 18,5 Megapixel (physikalisch), 18,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
5.184 x 3.456 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 30p |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Spiegelsucher, 95 % Abdeckung, 19 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -3,0 - 1,0 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
3,0", 1,04 Mio. Bildpunkte, beweglich, Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (63 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (1/3-2 EV Schrittweite), mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Canon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Micro (Typ D) Mikrofoneingang |
GPS |
extern (kabelgebunden oder Aufsteck-Empfänger) |
Serienbildfunktion |
max. 5,0 Bilder/s und max. 22 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD (SDHC, SDXC) |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 6.400, manuell ISO 100 bis 25.600 |
Abmessungen |
133 x 100 x 79 mm (B x H x T) |
Gewicht |
580 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/JZFFU (mit Preisvergleich) |