Bridge-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Canon PowerShot G11
2009-11-14 Die Reduktion auf das Wesentliche ist derzeit angesagt: Autohersteller verringern den Hubraum ihrer Motoren und reduzieren so Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß. Canon macht's ähnlich und setzt bei der neuen Profi-Kompaktkamera PowerShot G11 die Megapixel-Zahl gegenüber dem Vorgänger G10 um rund ein Drittel herab. So soll das lästige Bildrauschen abnehmen und die Bildqualität – insbesondere bei hoher ISO-Empfindlichkeit – deutlich besser werden. Unser Kompakttest klärt, ob dieser Strategiewechsel von Erfolg gekrönt ist und was die neue PowerShot G11 noch zu bieten hat. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Um die Canon G11 als Kompaktkamera zu bezeichnen, kommt sie doch arg groß und mit gut 400 g wuchtig daher. Einzig das bei ausgeschalteter Kamera tief im Inneren versenkte Objektiv macht die G11 gerade noch manteltaschentauglich. Nichtsdestotrotz nimmt man die Canon G11 gerne in die Hand: Das aus Metall und Kunststoff bestehende Gehäuse wirkt sehr robust und setzt die gute Tradition von Canons professioneller G-Serie fort. Sie bietet sogar erstmals seit der G6 wieder einen schwenk- und klappbaren Monitor. Allerdings ist er mit einer Diagonalen von 2,8" geringfügig kleiner als der 3"-Monitor der G10. Außerdem macht er die neue G11 etwas pummeliger und – was noch schwerer wiegt: Der Klapp- und Schwenkmechanismus beansprucht so viel Platz, dass der Canon-typische Auswahlring auf der Rückseite kleiner geworden ist. Wer nicht gerade Pianistenhände hat, wird sich mit dem geschrumpften Drehring etwas schwer tun, zumal im Inneren des Rings fünf Wahlschalter liegen, die bei beherztem Zugriff ungewollt vom Daumenballen betätigt werden. Unterm Strich überwiegen aber bei der Handhabung die Vorteile des beweglichen Monitors – das Livebild ist aus nahezu jeder Aufnahmesituation bestens einsehbar. Dazu trägt auch das sehr brillante Monitorbild bei, wenngleich dessen Auflösung von rund 460.000 Bildpunkten mittlerweile von einigen Kompaktkameras übertroffen wird. Da wird man nur noch selten durch den ebenfalls vorhandenen optischen Sucher blicken, zumal dieser nur gut drei Viertel des Bildausschnitts zeigt.
Die dedizierten Drehräder für die ISO-Einstellung (ISO 80 bis 3.200 und Auto) sowie Belichtungskorrektur (maximal +/- 2EV) hat die G11 dankenswerter Weise behalten. Sehr schön sind die beleuchteten Einstellmarkierungen und der versenkte Einschalter. Die Zoomwippe ist ergonomisch als Drehregler rund um den Auslöser gelegt. Leider reagiert sie etwas schwammig; der gewünschte Bildausschnitt lässt sich damit nicht immer auf Anhieb einstellen. Die wichtigsten Aufnahme-Modi kann man über ein Drehrad auf der Oberseite der G11 wählen, weitere Motivprogramme beherbergt das Menü. Praktisch, dass auf dem Wählrad auch noch zwei Symbole für benutzerdefinierte Einstellungssets Platz gefunden haben. So greift der eilige Fotograf besonders flott auf seine bevorzugten Einstellungen zurück. Die Menülisten sind zwar recht lang geraten, aber besonders häufig verwendete Befehle können im personalisierten "My Menu" zusammengefasst werden. Man merkt der PowerShot G11 an, dass Canon trotz ihres großen Funktionsumfangs clevere Lösungen zur leichten Bedienbarkeit gesucht und gefunden hat. Dazu gehört auch die Fn-Taste im Zentrum des Drehrings: Mit ihr ruft man ein Schnellwahlmenü auf, in dem die wichtigsten Einstellmöglichkeiten (etwa für Weißabgleich, Bildgröße und -qualität oder Blitzbelichtungskorrektur) zusammengefasst sind. Schnell zur Sache geht es auch nach dem Einschalten, die G11 ist einen Wimpernschlag später betriebsbereit.
Ausstattung Die G11 bietet als eine der ganz wenigen ihrer Klasse einen vollwertigen Blitzanschluss für Systemblitzgeräte. Keine Selbstverständlichkeit bei Kompaktkameras ist auch der Fernauslöseanschluss. Ebenfalls an Bord sind eine HDMI-Buchse sowie ein Stativgewinde aus massivem Metall. Leider liegt es nicht in der optischen Achse. Geblieben ist das mit einer Anfangsblende von 2,8 bis 4,5 recht lichtstarke Zoom-Objektiv, dessen Brennweite von 28 bis 140 Millimeter (KB) reicht. Damit bleibt auch der jüngste Spross der G-Serie eine perfekte Reise- und Reportagekamera. Im Makro-Modus darf man sich dem Motiv in Weitwinkelstellung auf einen Zentimeter nähern, im Telebereich liegt die Naheinstellgrenze bei 30 cm. Canon-typisch bietet auch die PowerShot G11 einen optischen Verwacklungsschutz Namens IS, bei dem eine Linsengruppe im Objektiv die Zitterbewegungen der Fotografenhand ausgleicht – er lässt sich sogar eigens für Mitzieher konfigurieren.
Um Belichtung und korrektes Scharfstellen kümmert sich die PowerShot G11 mit ihren 18 Motivprogrammen auf Wunsch vollautomatisch. Ambitionierte Fotografen können die G11 auch halbautomatisch (mit Blenden- oder Zeitvorwahl) und sogar komplett manuell (inklusive Fokus) einstellen. Das bietet Raum für kreative Experimente, zumal das manuelle Scharfstellen mit zwei sehr praktischen Hilfsmitteln unterstützt wird: Zum einen gibt es eine elektronische Sucherlupe, die den Inhalt des Fokusfelds vergrößert darstellt. Und zum anderen wird unmittelbar vor dem Auslösen der Autofokus als "Safety MF" aktiv und optimiert die vorgegebene Fokuseinstellung, falls nötig. Das kreative Zusammenspiel von Schärfe und Unschärfe im Bild unterstützt die G11 mit einem zuschaltbaren Graufilter. Der reduziert die Lichtempfindlichkeit um drei Blendenstufen und erlaubt es, fast immer bei Offenblende zu fotografieren und so für einen interessanten Schärfeverlauf im Bild zu sorgen.
Zu den professionellen Details gehört, dass die G11 auf Wunsch im RAW-Format aufzeichnet oder gleich jede Aufnahme als RAW- und JPEG-Datei auf die SD-Speicherkarte schreibt. Nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist hingegen die Videofunktion mit höchstens 640 x 480 Pixeln bei 30 Bildern/s. Immerhin stehen beim Videodreh viele Funktionen zur Verfügung, etwa das Zoom, manueller Fokus oder die Vorgabe einer Farbtemperatur für den Weißabgleich. Beeindruckend ist die Vielzahl der Bildbearbeitungsmöglichkeiten: So lässt sich mit der "i-contrast"-Funktion die Schatten- und Lichterdarstellung optimieren und "My Colors" gibt den Fotos einen ganz individuellen Farb- oder Schwarzweißlook. Schade nur, dass sich die G11 im Gegensatz zu früheren Modellen nicht mehr vom PC aus fernsteuern lässt.
Bildqualität Canon hat die Auflösung des 1/1,7"-Sensors im Vergleich zur Vorgängerin der G11 um rund ein Drittel auf 10 Megapixel reduziert. Damit wächst die lichtempfindliche Fläche pro Pixel deutlich. Davon profitiert das Rauschverhalten sicht- und messbar: Bis ISO 800 ist es auf einem niedrigen Niveau, erst bei höheren ISO-Werten steigt es gemächlich an. Zwar zeigt auch die G10 ein ähnlich gutmütiges Rauschverhalten (kostenpflichtige Testprotokolle siehe weiterführende Links), im direkten Vergleich machen die Aufnahmen der G11 allerdings eine wesentlich bessere Figur: Ihr gesteht Canon ein sehr feinkörniges Helligkeitsrauschen zu, während die G10 bereits ab ISO 400 beginnt, dunkle Bildbereiche grob fleckig wiederzugeben. So darf sich die G11 mit einer der besten Noten fürs Bildrauschen schmücken, die unser Testlabor je für Kompaktkameras vergeben hat! In der Praxis heißt das: Bis ISO 200 ist das Rauschen exzellent niedrig, und bei ISO 400 ist die Bildqualität mehr als brauchbar. Noch höhere ISO-Stufen können ambitionierte Ansprüche dann aber nicht mehr erfüllen, eignen sich jedoch prima fürs heimische Fotoalbum.
Nicht ganz so gut schlägt sich die PowerShot G11 in Sachen "Auflösung". Die ist mit 80 Prozent des theoretischen Wirkungsgrad-Optimums zwar respektabel, bleibt aber deutlich hinter den Auflösungswerten der G10 zurück. Sehr gut gelingt es der G11 hingegen, starke Motivkontraste zu bändigen: Bis ISO 200 liefert sie eine für Kompaktkameras hervorragende Eingangsdynamik von nahezu 9 Blendenstufen. Bestens im Griff hat die G11 ferner das Scharfzeichnen: Die Aufnahmen wirken knackig, aber keineswegs überschärft, es kommt nicht zu Weiß- oder Schwarzclipping. Ebenfalls nichts zu mäkeln gibt es bei der Randabdunklung: Lediglich im Weitwinkelbereich sind die äußersten Bildecken bei Offenblende geringfügig dunkler als das restliche Bild – sichtbar ist das im Normfall nicht. Bei Weitwinkelfotos lässt sich eine minimale tonnenförmige Verzeichnung messen, die in der fotografischen Praxis völlig unerheblich ist. In den anderen Brennweitenbereichen zeichnet das Objektiv nahezu verzeichnungsfrei auf.
Die Bildqualität der PowerShot G11 ist insgesamt ohne Fehl und Tadel, bis ISO 200 sogar exzellent. Die Kamera liefert sehr schöne Farben, ohne dass die Bilder übertrieben bunt wirken. Hervorzuheben ist, wie zuverlässig die G11 ausgewogen belichtete Fotos aufnimmt. Der Aufhellblitz hält sich dabei vornehm zurück, den oft von Kompaktkameras überblitzten Vordergrund gibt es mit der G11 nicht. Ebenso zuverlässig wie die Belichtungsautomatik arbeitet der Autofokus – leider ist er nicht sonderlich schnell. Es dauert im Schnitt gut eine halbe Sekunde, bis die G11 scharf gestellt und auf den Auslöser reagiert hat. Verbessern könnte Canon auch noch den Schwarzwert bei der Ausgabedynamik – er liegt, wie bei so vielen Kameras, etwas zu hoch.
Fazit Zurück von 15 auf 10 Megapixel Auflösung – diese Maßnahme hat die Canon PowerShot G11 entscheidend verbessert! Die etwas wuchtige Kompaktkamera liefert eine in dieser Klasse wirklich sehenswerte Bildqualität und kann in Sachen "Rauschen" bei niedrigen ISO-Zahlen durchaus Kameras mit größeren Sensoren das Wasser reichen. Bedienkonzept und Ausstattung der G11 bewegen sich auf hohem Niveau. Somit empfiehlt sie sich als anspruchsvolle Kompaktkamera z. B. zur Reise- und Reportagefotografie. Auch der mit der G11 wieder eingeführte klapp- und schwenkbare Monitor prädestiniert die Kamera für den Einsatz unterwegs. Nicht mehr ganz zeitgemäß sind die Video-Auflösung sowie AF- und Auslösegeschwindigkeit. Als sehr ambitioniert muss zudem der Preis von rund 600 EUR betrachtet werden: Dafür gibt es bereits Spiegelreflexkameras, die zwar nicht so handlich sind, aber eine deutlich bessere Bildqualität liefern und sich dank Wechselobjektiven an jede Aufnahmesituation bestens anpassen.
Kurzbewertung
- Sehr gute Bildqualität mit exzellentem Rauschverhalten
- Hervorragendes Bedienkonzept
- Professionelle Funktionsvielfalt
- Schwenk- und klappbarer Monitor
- Unangemessen hoher Preis
- Video nur mit VGA-Auflösung
- Etwas langsamer Autofokus
- Niedrige Serienbildgeschwindigkeit
Technische Daten
Modell |
Canon PowerShot G11 |
Sensor |
CCD-Sensor 1/1,7" 7,6 x 5,7 mm (Cropfaktor 4,6) 10,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.648 x 2.736 (4:3) |
Video (max.) |
640 x 480 30p |
Objektiv |
28-140 mm / F2,8-4,5 (5-fach Zoom) |
Sucher |
optischer Sucher |
Monitor |
2,8", 0,461 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
optischer Bildstabilisator |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
Canon, Standard-Mittenkontakt Blitzschuh |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 1,1 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 80 bis 3.200 |
Abmessungen |
112 x 76 x 48 mm (B x H x T) |
Gewicht |
400 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/MCOTE (mit Preisvergleich) |