Bridge-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Canon PowerShot G15
2012-12-22 Die Innovationszyklen sind bei Canon bekanntlich sehr kurz. Kaum ist das eine Modell verfügbar, wird auch schon das nächste angekündigt. Nun geht Canon mit der G-Serie einen noch schnelleren Weg: Beim neuen Modell werden gleich zwei Versionen einfach übersprungen und von der G12 geht es direkt zur G15. Das soll wohl heißen, dass hier wirklich reichliche Neuerungen untergebracht wurden, die diesen Versionssprung rechtfertigen. Immerhin hatte die Vorgängerin einen guten Ruf mit nur wenigen Verbesserungswünschen. Die größte Neuerung hat Canon dem Objektiv zuteil werden lassen, dessen Lichtstärke um über eine Blendenstufe im gesamten Bereich zugelegt hat. Ob die G15 mit diesem Feinschliff die optimale „Profi-Kompaktkamera“ geworden ist, klärt unser Test. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Die Canon G15 als Kompaktkamera zu bezeichnen, ist schon etwas gewagt. Denn ihre Ausmaße reichen locker an eine der aktuellen spiegellosen Systemkameras heran, überflügeln sie zum Teil sogar. Im ausgeschalteten Zustand allerdings versteckt sich das mächtige und nunmehr deutlich lichtstärkere Objektiv nahezu komplett im Gehäuse. So passt die G15 sogar in eine zugegeben große Hosen- oder Gesäßtasche, auf jeden Fall aber in die Jackentasche. An der Bauform „Klotz“ hat sich nichts geändert, und das ist durchaus positiv gemeint: super solides Material (Metallchassis mit Kunststoffschalen), tolle Haptik und angenehme 350 Gramm schwer. Nur ein Ziegel strahlt mehr Langlebigkeit aus. Das Klappdisplay hat Canon zugunsten eines knapp einen Zentimeter schlankeren Gehäuses geopfert. Das ist für manche Fotografen sicherlich ein Rückschritt, andere werden sich über die etwas kompaktere und geschlossene Form freuen.
Den dennoch wuchtigen Eindruck unterstützen nicht zuletzt die in zwei gegeneinander versetzten Etagen angeordneten Drehschalter auf der Oberseite. Der oben liegende Moduswähler erlaubt bequeme Programmwahl zwischen Daumen und Zeigefinger, verstellt sich aber leider etwas zu leicht beim Hantieren. Eine Verriegelung wäre hier wünschenswert. Mit dem unteren Schalter kann nunmehr äußerst praktisch mit dem Daumen die Belichtung um plus/minus drei Blenden in Drittelstufen korrigiert werden, das gelingt sogar mit der Kamera am Auge. Bei der G12 war hier noch die ISO-Empfindlichkeit untergebracht, Belichtungskorrekturen mussten etwas gewöhnungsbedürftig mit einem Schalter an der linken Gehäuseseite mit der anderen Hand vorgenommen werden. An diese Stelle ist jetzt bei der aktuellen Version eine Blitzentriegelung getreten, denn den Lichtspender haben die G15-Konstrukteure im Gehäuse versenkt. Das hat immerhin den Vorteil, dass das Licht nicht mehr ganz so nah an der optischen Achse abgestrahlt wird. Für die anvisierte Zielgruppe ambitionierter Fotografen, die stets alle Parameter unter Kontrolle haben wollen, sind diese Aufräumarbeiten durchaus gelungen. Beibehalten wurde der kleine Drehring unterhalb des Auslösers, mit dem sehr schnell Blende oder Zeit eingestellt werden können.
Auf der Rückseite gibt es jetzt einen Videoauslöser, der leicht versenkt außen neben der Daumenmulde liegt und kaum versehentlich gedrückt werden kann. Umständliches Umschalten des Programmwählers ist also nicht mehr nötig. Bei den anderen Tasten ist alles weitgehend beim Alten geblieben: Um die zentral angeordnete Kreuzwippe, die gleichzeitig als Drehring ausgeführt ist, sind vier weitere Taster angebracht. Direkten Zugriff bieten sie auf das recht umfangreiche Menü, die Messfelder für Autofokus und Belichtung und den Belichtungsspeicher. Das Display belegt Dreiviertel der Rückseite und schließt jetzt mit einer Auflösung von 922.000 Bildpunkten zu Kameras der Oberklasse auf. Dass es nicht mehr dreh- und schwenkbar ist, wird durch seine tolle Winkelunabhängigkeit etwas kompensiert. Einblenden kann man alle gängigen Informationen, ein Gitter, ein Histogramm und eine Wasserwaage, die sowohl die horizontale Schieflage als auch die Neigung der Kamera feinfühlig anzeigt.
Der Sucher ist nach wie vor etwas klein und „tunnelig“ und nur als Zugabe für ungünstige Lichtverhältnisse zu verstehen. Weder die Schärfe noch der exakte Bildausschnitt sind damit zu kontrollieren, und Marken für den Parallaxenausgleich bei nahen Aufnahmen gibt es leider auch nicht. Oben auf dem Suchergehäuse sitzt der Blitzschuh. Der kann nicht nur Canon-Systemblitze steuern, sondern löst auch jedes handelsübliche Blitzgerät und Studioblitzanlagen aus. Der Betrieb der G15 im Studio ist allerdings eher nicht ihre Domäne, deshalb macht es auch nicht so viel, dass Akku und Speicherkarte auf dem Stativ nicht zugängig sind. Die Klappe dieses Faches ist zwar angemessen solide, flutscht aber etwas zu leicht aus der Verriegelung, wenn man die Kamera aus einer engen Tasche herausziehen möchte. Hinter einem seitlich angebrachten Kläppchen findet man nicht nur die üblichen Anschlüsse für Video/USB und HDMI sondern auch eine 2,5 Millimeter Klinkenbuchse für die Fernbedienung.
Dank der beiden Drehschalter auf der Oberseite und dem Rädchen unterhalb des Auslösers lässt sich die Canon G15 sehr flott und für Systemkamera-Nutzer gewohnt bedienen. Mit dem Canon-typischen Schnellmenü werden alle weiteren relevanten Parameter komfortabel und direkt eingestellt. Wer dennoch ins Menü geht, findet dort nur drei Karteireiter mit sehr langen Listen. Im ersten können – je nach gewähltem Programm – bis zu 24 Aufnahmeparameter konfiguriert werden, mit dem zweiten passt man 21 Kameraparameter an. Die Menüs sind also recht lang, deshalb hilft der dritte Reiter, in dem man ein individuell angepasstes Menü mit den wichtigsten Menüpunkten zusammenstellen kann.
Ausstattung Wie es sich für ein Top-Modell gehört ist die Canon G15 mit allem ausgestattet, was das Fotografenherz begehrt. Zeit-, Blenden- und Programmautomatik sind genauso schnell mit dem Moduswähler zu erreichen wie Szenenautomatik oder manuelle Szenewahl. Interessant ist im Effekte-Modus neben vielen Spielereien die HDR-Automatik, die aber nach wie vor nicht in der Lage ist, Wackler auszugleichen. Ein Stativ ist daher dringend angeraten. Beim „Filmtagebuch“ speichert die G15 die letzten vier Sekunden vor dem Foto als Film, wobei alle Clips in eine Datei gepackt werden. Das kann am Ende eines Fototages ein recht unterhaltsames Filmchen sein. Häufig genutzte Einstellungen können auf zwei weiteren Positionen gespeichert werden und für Puristen gibt es selbstverständlich den manuellen Betrieb. Unterstützung erfährt der G15-Besitzer dabei durch das Histogramm, die Fokuslupe, die Wasserwaage und das sehr verbindliche Display.
Sogar im Autofokusbetrieb kann man sich auf Wunsch den als scharf erfassten Bereich vergrößert anzeigen lassen, um so die Schärfe exakt halten zu können, prima! Einzig die manuelle Einstellung der Schärfe ist mit dem Drehring der Kreuzwippe oder den Pfeiltasten etwas fummelig. Die Naheinstellgrenze lässt am kurzen Brennweitenende direkten Kontakt mit der Linse zu, die Telestellung benötigt etwa dreißig Zentimeter Abstand. Damit sind Format füllende Aufnahmen einer halben Postkarte möglich. Der AF hat mit dem Nahbereich etwas Mühe und stellt lieber auf entferntere Objekte scharf. Im extremen Nahbereich setzt man aber sowieso besser auf manuellen Fokus. Gut gefällt die Gesichtserkennung der G15, die bis zu zwölf Personen sogar mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken und Perspektiven speichert und erkennt. Das funktioniert überraschend gut, besser als die Objektverfolgung. Diese erfasst ihr Ziel bei moderater Bewegung gut, die Schärfe folgt dem anvisierten Motiv aber etwas zu langsam. Genau das passiert auch im Videobetrieb: Der AF ist zwar ständig bemüht die Schärfe zu halten, folgt bei Schwenks oder Bewegungen aber nur zäh.
Schnelle Bewegungen sind sicherlich keine Domäne der G15. Berücksichtigt man aber den Highspeed-Modus, sieht die Sache wieder anders aus: mit bis zu 240 Bildern in der Sekunde nimmt die G15 bei auf 320 x 240 Pixel reduzierter Auflösung Filme auf. Mit dieser 8-fachen Zeitlupe kann die Canon nicht wirklich langsam genannt werden. Auch bei der Bildfolge schafft die PowerShot schnelle 10 Bilder in der Sekunde bei voller Auflösung, allerdings nur für eine Sekunde. Danach ist sie für ein paar Sekunden mit Speichern beschäftigt und nicht ansprechbar.
Der Blitz muss manuell ausgeklappt werden, stellt dann aber alle üblichen Funktionen zur Verfügung. Mit einem Druck auf das Blitzsymbol kann zwischen Langzeitsynchronisation und normalem Blitz umgeschaltet werden. Wer mehr einstellen möchte, drückt die Menütaste und hat direkten Zugriff auf alle weiteren Parameter. Dem eingebauten Lichtspender traut man eigentlich nicht allzu viel zu, wird aber angenehm überrascht. Die Ausleuchtung ist bis in die Ecken in Ordnung, farbneutral und für viele Situationen hinreichend hell. Außerdem ist der Blitz recht schnell einsatzbereit, leider kann er keine Systemgeräte fernsteuern.
Dass die G15 auch im Rohformat aufnimmt versteht sich von selbst. Die Bearbeitungsmöglichkeiten in der Kamera sind ausreichend für grundlegende Korrekturen: Drehen, Ausschnitt ändern, automatische Kontrastverbesserung (i-Contrast) und rote Augenkorrektur können nachträglich in einer neuen Datei gespeichert werden. Die Bilddatenbank kann auch nach ähnlichen Bildern suchen und zu Gruppen zusammenfassen. Videos können am Anfang und Ende sehr komfortabel um Überflüssiges gesäubert werden.
Alles in Allem ist die neue PowerShot der G-Serie wie ihre Vorgänger äußerst vollständig ausgestattet, deshalb ist die wichtigste Neuerung das Objektiv. Mit einer Lichtstärke von 1:1,8 bei 28 Millimeter (KB) ist sie schon etwas Besonderes. Auch am langen Ende kann sie mit F2,8 überzeugen. Im Zusammenspiel mit dem hervorragenden Bildstabilisator des Objektivs ermöglicht die G15 auch ohne Blitz fast überall Aufnahmen. Trotz der hohen Lichtstärke ist es nicht wesentlich größer geworden und fährt auch bei vollem 5fach Zoom nur etwa vier Zentimeter aus der Kamera heraus. Bei Videoaufnahmen ist leider das Zoomgeräusch zumindest in leisen Passagen deutlich zu hören, obwohl die Canon die Zoomgeschwindigkeit dann erheblich verringert.
Das reichlich angebotene Zubehör erweitert die Möglichkeiten der G15 enorm. Das Unterwassergehäuse für rund 280 Euro wird so manchen Taucher verleiten, zur G15 zu greifen. Es gibt aber auch einen 1,4fachen Telekonverter, Vorsatzlinsen und einen Ringblitz für die Makrofotografie. Die G15 ist fast so erweiterbar wie eine Systemkamera.
Bildqualität Zunächst sei erwähnt, dass Canon in dieses Modell den für Kompaktkameras großen 1/1,7 Zoll Sensor einbaut. Gute Voraussetzung also für gute Bildqualität deutlich über der normaler Kompaktkameras. Unser ausführlicher Labortest mit allen Messdiagrammen sowie erläuternden Texten und einem PDF zum Archivieren und Drucken ist wie gewohnt gegen ein kleines Entgelt erhältlich (siehe weiterführende Links). In unserem hauseigenen Prüflabor zeigte die PowerShot G15, dass sie zwar keine besonderen Spitzenergebnisse leistet, dafür aber bei allen Blenden von der Mitte bis zum Bildrand gleichmäßig gute Bilder macht. Bezogen auf einen Kleinbildsensor erreicht die Auflösung schon bei Offenblende knapp 40 Linienpaare pro Millimeter und das mit nur geringen Verlusten am Rand. Abblenden bringt nur wenig Verbesserung, die Kamera kann daher getrost schon bei offener Blende eingesetzt werden. Zum guten Schärfeeindruck trägt sicherlich nicht zuletzt die geringe chromatische Aberration bei, die niemals in den auffälligen Bereich vordringt. Verzeichnung und Vignettierung hat Canon vermutlich mit Hilfe einer Softwarekorrektur ebenfalls gut im Griff, was aber keine sichtbaren Nachteile mit sich bringt. Wenig greift die G15 zur künstlichen Software-Schärfe, was die geringe Neigung zu Schärfungsartefakten zeigt. Die Bilder der Canon G15 vertragen daher durchaus etwas Nachschärfung, wenn der Fotograf es für angemessen hält. Das ist für nachträgliche Bildverarbeitung ein enormer Vorteil. Ebenfalls günstig fällt in diesem Zusammenhang die Tonwertübertragung aus: Eher weich und vorsichtig, so dass individuelle Nacharbeit möglich ist.
Beim Rauschen macht die Canon bis ISO 1.600 eine gute Figur. Die Korngröße ist sehr gering, Farbrauschen spielt kaum eine Rolle und der Signal-Rauschabstand sinkt erst über ISO 1.600 unter den kritischen Wert von 35 dB. Feine Details werden allerdings ab ISO 800 sichtbar weicher. Die Eingangsdynamik liegt sehr gleichmäßig bei rund 10 Blendenstufen und sinkt erst über ISO 3.200 unter 9 Blenden. Etwas seltsam ist, dass die nominal höchste Empfindlichkeit von ISO 12.800 nicht nur nicht erreicht wird, sondern sogar niedriger ausfällt als die Stufe davor. Im Bild sichtbar durch Unterbelichtung wird das nicht, nur das sichtbare Rauschen steigt deutlich an. Der Fotograf sollte diese hohen ISO-Einstellungen vermeiden. Farbtreue und Weißabgleich sind sehr treffsicher. Der Hang zur wärmeren Farbwiedergabe ist auch bei der G15 vorhanden aber nicht besonders auffällig. Das kleinste Licht stellt bei der G15 die Fokussiergeschwindigkeit dar. Mit fast einer halben Sekunde ist sie zwar nicht besonders langsam, in den letzten Jahren hat aber gerade hier vor allem im oberen Preissegment die Technik erhebliche Fortschritte gemacht. Aktuelle Kontrast-Autofokus-Systeme bewegen sich auf dem Niveau guter Phasenmessung. Schnelle Kameras benötigen mittlerweile nicht mehr als eine fünftel Sekunde, bis das Objekt scharfgestellt ist. Die reine Auslöseverzögerung der G15 liegt aber bei guten 0,1 Sekunden.
Fazit Die Canon PowerShot G15 ist ein Arbeitstier. Grundsolides Gehäuse, vollgepackt mit Funktionen, schnelle Bedienung der wichtigsten Einstellgrößen wie bei einer Systemkamera und ausgezeichnet gleichmäßig hohe Bildqualität über den gesamten Brennweiten- und Blendenbereich. Als „Immer-dabei-Knipse“ vielleicht ein wenig zu groß, dafür aber sicher in der Handhabung auch für große Hände. Das neue lichtstarke Objektiv ist eine Freude, ob es den Versionssprung rechtfertigt, muss jeder selber entscheiden. Auf jeden Fall kann die G15 eine optimierte G12 genannt werden. Wer schon immer mit einer Kamera geliebäugelt hat, die in gewissen Grenzen eine Systemkamera ersetzt, wird hier fündig. Zumal man mit dem Zubehör wie Telekonverter oder Unterwassergehäuse den Anwendungsbereich erheblich erweitern kann.
Kurzbewertung
- Vollständige Ausstattung
- Bedienung teilweise wie von Systemkameras gewöhnt
- Gleichmäßig hohe Bildqualität
- Robustes Gehäuse
- Für eine Kompaktkamera recht groß
- Zoomgeräusch im Video zu hören
- Optischer Sucher klein und ungenau
- Etwas träger Autofokus
Technische Daten
Modell |
Canon PowerShot G15 |
Sensor |
CMOS-Sensor 1/1,7" 7,6 x 5,7 mm (Cropfaktor 4,6) 12,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.000 x 3.000 (4:3) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 24p |
Objektiv |
28-140 mm / F1,8-2,8 (5-fach Zoom) |
Sucher |
optischer Sucher |
Monitor |
3,0", 0,922 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Lens-Shift (optisch) |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
Canon, Standard-Mittenkontakt Blitzschuh |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Mini (Typ C) |
Serienaufnahmen |
max. 5,2 Bilder/s und max. 10 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 80 bis 12.800 |
Abmessungen |
107 x 76 x 40 mm (B x H x T) |
Gewicht |
352 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/X1IBJ (mit Preisvergleich) |