Kompaktkamera
Testbericht: Canon PowerShot G2
2001-12-04 Beim zweiten Versuch klappt immer alles besser: War die Canon PowerShot G1 noch in einigen Punkten (wie der Autofokus und die Belichtungsmessung) noch stark verbesserungsbedürftig, lässt das 4 Megapixel-Nachfolgemodell PowerShot G2 einige der "Jugendsünden" der G1 vergessen. Die PowerShot G2 ist eigentlich die Kamera, die die G1 von Anfang an hätte sein sollen und avanciert dank der vorgenommenen Verbesserungen zu einer der interessantesten und besten Digitalkameras auf dem Markt. Deshalb haben wir uns dieses Modell einmal näher angesehen. (Yvan Boeres)
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Damals hatten wir das Fehlen einer Matrixmessung und eines Mehrpunkt-Autofokus
bei der G1 bemängelt. Nicht dass die mittenbetonte Integralmessung und der
zentral arbeitende Autofokus der G1 unbrauchbar wären; doch besonders im
Zusammenhang mit der E-TTL-Blitzsteuerung der Kamera stießen diese etwas
"betagten" Technologien an ihre Grenzen. Dazu muss man wissen, dass im
Gegensatz zur konventionellen TTL-Blitzsteuerung, wo zwei separate Messzellen
(eine für das Blitzlicht und eine für das Dauerlicht) notwendig sind, die
E-TTL-Blitzsteuerung dieselbe Messzelle sowohl zur Messung des Blitzlichtes als
auch zur Messung des Tageslichtes benutzt. Mit anderen Worten: Bei E-TTL ist die
Güte der Blitzbelichtung mehr denn je direkt von der Präzision der
Belichtungsmesszelle abhängig. Kleinbild-Spiegelreflexkameras der EOS-Serie von
Canon nutzen das Zusammenspiel von Mehrpunkt-Autofokus und Matrixmessung bei der
E-TTL-Blitzbelichtungssteuerung schon seit einiger Zeit erfolgreich aus. Durch
die einzelnen Messfelder des Autofokus kann die "künstliche
Intelligenz" der Kamera auch nicht mittig angeordnete Motive erfassen und
leitet diese Informationen an das Belichtungsmesssystem weiter. Dieses kann dann
– dank Unterteilung des Bildes in einzelne Messfelder – den Schwerpunkt der
Belichtungsmessung dorthin legen, wo sich das Hauptmotiv auch befindet. Bei der
Canon PowerShot G1 lag der Schwerpunkt jedoch immer in der Bildmitte, weil
sowohl der Autofokus als auch die Belichtungsmesszelle der G1 mit nur einem
Messfeld immer zentral arbeiteten.
Die PowerShot G2 dagegen wurde mit einem 3 Punkt-Autofokus und einer
Matrixmessung ausgestattet (Canon schweigt sich leider über die genaue Anzahl
der Messfelder aus). Diese Kombination erlaubt es ihr, fast genauso präzise wie
ihre analogen EOS-Schwestern zu arbeiten. Und das ist nicht nur Wunsch, sondern
auch Wirklichkeit. Im E-TTL-Blitzbetrieb (der immer noch ein E-TTL-kompatibles
Blitzgerät voraussetzt) ist der Unterschied in der Bildqualität zwischen der
PowerShot G1 und der PowerShot G2 wie zwischen Tag und Nacht. Kämpfte die G1
besonders im Nahbereich mit Überblitzungseffekten und verlaufenen
Hintergründen, ist die Abstimmung zwischen Dauerlicht und Blitzlicht bei der G2
nahezu perfekt. Ganz deutlich wird dies, wenn man vom
Langzeitsynchronisationsmodus des Blitzes Gebrauch macht (zu diesem Zweck
verfügt die Kamera über ein spezielles Nacht-Programm). Motive im Vordergrund
werden durch das Blitzlicht sauber ausgeleuchtet, während das Dauer- bzw.
Restlicht im Hintergrund, und damit die natürliche Lichtstimmung, erhalten
bleibt. Selbst im Makro-Modus (wo die G2 wie die G1 bis auf 6 cm an das Motiv
heranfokussieren kann) lässt sich die G2 kaum zu Überblitzeffekten fehlleiten.
Und Feinkorrekturen in der Dosierung des Blitzlichtes sind immer noch – dank
Blitzbelichtungskorrektur – möglich. Galt der Blitz lange als
"Stimmungstöter", muss man dieses Vorurteil bei der PowerShot G2 und
den analogen EOS-Kameras stark abschwächen. Passé ist auch der bei der G1
befürchtete Graustich bei Hauttönen auf Blitzbildern. Die G2 stellt Hauttöne
korrekt dar; eine Rosa-Schweinchen-Haut sieht nicht mehr wie ein grau-blasses
Zombie-Teint aus. Das ist nicht zuletzt der neuen Weißabgleich-Voreinstellung
für Blitzlicht (die die G1 nicht hatte) der G2 zu verdanken.
Aber auch beim Fotografieren ohne Blitzlicht machen die Matrixmessung und der
Mehrpunkt-Autofokus der G2 den Bildern alle Ehre. Die Matrixmessung führt
selbst bei kontrastreichen Motiven bzw. Motiven mit ungleichmäßiger
Lichtverteilung zu korrekt belichteten Bildern; da ließ sich die mittenbetonte
Integralmessung der G1 öfter in die Irre führen. Da die Matrixmessung bei der
G2 zusätzlich zur mittenbetonten Integralmessung und der Spotmessung einbebaut
wurde, stehen die beiden anderen Belichtungsmessarten dem Anwender bei Bedarf
weiterhin zur Verfügung. Eine ausgesprochen nützliche Sache ist natürlich
auch der 3-Punkt-Autofokus. Damit wird es möglich, auch Motive scharf zu
stellen, die sich nicht unbedingt in der Bildmitte befinden. Allerdings leider
nur per "Handarbeit": Im Normalzustand ist das mittlere AF-Feld
aktiviert. Will man auf das links oder rechts angrenzende AF-Feld
zurückgreifen, muss man die entsprechende Taste zur Wahl des AF-Feldes drücken
und mit der Cursor-Wippe das gewünschte AF-Feld anwählen. Bei den analogen
EOS-Kameras, bei der Konkurrenz (gemeint ist die Nikon Coolpix 990/995) sowie
auch mit der hauseigenen PowerShot S30/S40 erfolgt die Wahl des AF-Punktes
sowohl automatisch (die Kamera versucht festzustellen, wo sich das Hauptmotiv
befindet) als auch bei Bedarf manuell. Es ist schon traurig festzustellen, dass
eine PowerShot S40 so etwas kann, während die – immerhin 300 DM teurere
– PowerShot G2 (auch wenn sie etwas früher als die PowerShot S40 auf den Markt
gekommen ist) ohne automatische Wahl des AF-Feldes auskommen muss.
Wünschenswert wären auch zusätzliche AF-Bereiche ober- und unterhalb der
Bildmitte. Bei der Nikon Coolpix 990/995 sind es beispielsweise fünf
kreuzförmig angelegte Messfelder zur Erfassung vertikaler und
horizontaler Motive, bei der Casio QV-4000 sogar neun und bei der Minolta Dimage 5/7 lässt sich der Fokussierpunkt gar frei über das ganze Bildfeld hinweg
auswählen. Der Autofokus der G2 holt also auf, aber ist noch keineswegs
"Maß der Dinge". Nützlich ist aber auf jeden Fall die Möglichkeit,
die Spotmessung mit dem aktiven AF-Feld zu kombinieren. Allerdings sollte man
diese Option nur mit entsprechenden Vorkenntnissen benutzen, da der Umgang mit
der Spotmessung gelernt sein will. Einen Kritikpunkt, den wir an der manuellen
Fokussierung bei der G1 angemerkt hatten, hat Canon ebenfalls
"weggebügelt": Der im LCD-Bildschirm eingeblendete Entfernungsbalken
ist nun auch mit entsprechenden Entfernungsmarkierungen versehen. Außerdem wird
nun der mittlere Bildausschnitt beim manuellen Fokussieren vergrößert, so dass
man die Schärfe bequem kontrollieren kann.
Was hat die PowerShot G2 denn sonst noch so neues (hauptsächlich im Vergleich
mit dem Vorgängermodell PowerShot G1) zu bieten und wie wirken sich die
Neuerungen in der Praxis aus? Zuerst mal ist die Kamera durch geschwungenere
Linien und durch ein hervorstehendes Griffteil nicht nur optisch ansprechender
(die G1 bekam von uns den nicht gerade schmeichelnden Namen
"Ziegelstein"), sondern auch griffiger. Die Handlage ist deutlich
besser geworden, was u. a. die ruhige Haltung der Kamera bei
verwacklungskritischen Verschlusszeiten verbessert. Dann ist da auch noch die
Bildqualität. Die PowerShot G2 löst nicht nur höher auf (der 4 Megapixel-CCD
liefert Bilder in einer Höchstauflösung von 2.272 x 1.704 Bildpunkten), sondern
filtert die einzelnen Pixel statt durch ein CYGM-Filter jetzt durch ein
Bayer-RGB-Mosaikfilter. CYGM-Filter haben zwar den Vorteil der besseren
Lichtausbeute, bei der Farbwiedergabe bzw. der Farbtreue hat aber das
Bayer-RGB-Filtersystem die Nase vorn. Konnte die G1 bereits Bilder im RAW-Format,
d. h. reine CCD-Rohdaten speichern, tut dies die G2 auf Wunsch ebenfalls, aber
diesmal mit 10 Bit anstatt 8 Bit wie bei der G1. Das bedeutet, dass jedes
einzelne Pixel nicht mehr 256 (2 hoch
8), sondern gleich 1.024 (2 hoch 10)
Informationswerte liefert. Das spricht wiederum für eine verbesserte
Bildqualität. Das RAW-Bildspeicherungsformat ist überhaupt eine feine Sache: Es benötigt weniger Speicherplatz als TIFF (bei der G2 belegt ein RAW-Bild
typischerweise ca. 3 MByte), arbeitet aber wie TIFF verlustfrei. Darüber hinaus
erfolgt die Aufbereitung der Bilder im Computer. Die erforderliche Software liegt der Kamera bei, ebenso wie ein Softwareprogramm zur
nachträglichen Umwandlung der RAW- in TIFF- oder Bitmap-Bilder. So kann man im
nachhinein mit Bildeinstellungen, wie u. a. Weißabgleich, Scharfzeichnung und
Farbwiedergabe, experimentieren und greift dabei auf den vollen
10-Bit-Bilddatenumfang zu.
Desweiteren kann die G2 nun etwas länger belichten (bis zu 15 Sekunden anstatt
wie bei der G1 bis zu 8 Sekunden), wobei bereits seit der G1 bei längeren
Belichtungszeiten ein Rauschunterdrückungsalgorithmus automatisch in Aktion
tritt, sobald die Verschlusszeit länger als 1,3 Sekunden beträgt. Doch selbst
bei Nachtaufnahmen mit kürzeren Verschlusszeiten ist so gut wie kein
Bildrauschen auf den Bildern zu erkennen. Unser Beispielbild wurde freihand mit
1/10 Sekunden aufgenommen; von der leichten Bewegungsunschärfe mal abgesehen
ist das Bild "sauber". Neu hinzugekommen ist auch die Möglichkeit,
zwischen zwei verschiedenen Serienbildmodi zu wählen: Im
Standard-Serienbildmodus nimmt die Kamera 1,5 Bilder pro Sekunde (in der Praxis
erreichten wir 1,3 Bilder pro Sekunde)auf; im Highspeed-Serienbildmodus steigt die
Bildfolgerate auf 2,5 Bilder pro Sekunde (wir erreichten sogar 2,7 Bilder pro
Sekunde).
Zu guter Letzt besitzt die G2 noch ein Feature, von dem bei der G1 immer noch
nicht klar ist, ob es per Firmware-Update nachgerüstet werden kann. Die Rede
ist von der DirectPrinting-Funktion von Canon, mit der man – ohne Umweg über
einen Computer – DirectPrinting-kompatible Drucker zur Ausgabe seiner Fotos
bewegen kann. Zur Zeit kommt dafür nur der Miniatur-Thermosublimationsdrucker CP-10
infrage, ab Februar 2002 dann zusätzlich der Foto-Tintenstrahler S820D.
Ansonsten bietet die PowerShot G2 alles, was man auch an der G1 zu schätzen
gelernt hat. So zum Beispiel das dreh- und schwenkbare LCD-Display, den
leistungsstarken BP-511 Lithiumionenakku (eine Akkuladung reicht bei der G2 für
ca. 300-330 Bilder), den Stitch-Assistenten (zur möglichst nahtlosen Zusammenfügen von mehreren Einzelbildern zu einem Panoramabild), die
Speicherung auf CompactFlash-Wechselspeicherkarten des Typs I und II (inkl.
Microdrive) und die Möglichkeit, mit Ton unterlegte Videosequenzen
aufzunehmen.
Gibt es denn bei allen Verbesserungen an der G2 (im Vergleich zur G1) überhaupt
noch etwas an der Kamera zu kritisieren? Kaum etwas. Jedenfalls nichts, was richtig ins Gewicht fällt. Die PowerShot G2 fokussiert und belichtet anständig
und die Bedienung lässt kaum etwas zu wünschen übrig. Das Objektiv der G2 ist
nicht besser und auch nicht schlechter als das der G1, der Sony DSC-S75/85 oder
der Casio QV-3000/3500/4000; kein Wunder, denn schließlich handelt es sich um
das gleiche Objektiv. Lediglich das immer noch etwas zu linksbündig
platzierte Stativgewinde und die immer noch nicht sehr feinfühlige
Brennweitenverstellung (in beiden Fällen hat sich im Vergleich zur G1 nichts
verbessert) könnte sich Canon bei Gelegenheit nochmals vornehmen. Unter dem
Strich ist aber die PowerShot G2 eine der zur Zeit besten Digitalkameras auf dem
Markt und stellt die PowerShot G1 nicht nur von der Auflösung her komplett in
den Schatten. In einigen Punkten, wie z. B. dem Autofokus, besteht im Vergleich
zur Konkurrenz und zu Kameras aus dem eigenen Hause noch ein wenig
Nachholbedarf. In anderen Punkten wie z. B. der Blitzbelichtungsmessung und
-steuerung setzt die G2 neue Maßstäbe. Die Canon PowerShot G2 ist aber auf
jeden Fall hundertprozentig praxistauglich und sollte selbst den Ansprüchen von
Kleinbildkamera-Umsteigern und/oder ambitionierten Fotografen gerecht werden.
Selbst Vollblutprofis könnten in Versuchung geraten, die G2 als kleine und
leichte Zweitkamera im Gepäck mitzunehmen. Canon hat mit der PowerShot G2 seine
"Hausaufgaben" diesmal richtig gemacht und so verdient die G2
uneingeschränkten Beifall.
Kurzbewertung
Technische Daten
Modell |
Canon PowerShot G2 |
Sensor |
CCD-Sensor 1/1,8" 7,2 x 5,3 mm (Cropfaktor 4,8) 4,1 Megapixel (physikalisch), 4,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
2.272 x 1.704 (4:3) |
Video (max.) |
320 x 240 15p |
Objektiv |
34-102 mm / F2,0-2,5 (3-fach Zoom) |
Sucher |
optischer Sucher |
Monitor |
1,8", 0,114 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
Canon, Standard-Mittenkontakt Blitzschuh |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
ja |
kürzeste Verschlusszeit |
1/1.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
CF (Type I, Type II) Microdrive |
Empfindlichkeit |
Automatisch ISO 50 bis 400, manuell ISO 50 bis 400 |
Abmessungen |
121 x 77 x 64 mm (B x H x T) |
Gewicht |
515 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/M32LD (mit Preisvergleich) |