Superzoom-Kamera, Travelzoom-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Fujifilm FinePix F70EXR
2010-01-13 Dass der EXR-Sensor von Fujifilm nicht die vollmundigen Werbeversprechen einlöst, wurde an dieser Stelle schon öfter geschrieben. Trotzdem sind die Kameras mit den Sechseck-Pixeln durchaus interessant und sicher nicht schlechter als vergleichbare Kameras anderer Hersteller. Fujifilm hat jetzt die nächste Kamera mit EXR-Sensor vorgestellt. Diesmal keine "große" Bridgekamera, sondern einen super kompakten Taschenschmeichler mit 10-fach-Zoom. Außer einem großen Zoombereich bietet die Kamera auch andere Raffinessen der S200EXR wie z. B. den "Pro Low Light Modus", verschiedene EXR-Automatiken und jede Menge Belichtungsvarianten. Ob all das, in ein ultrakompaktes Gehäuse gesteckt, zu einer besonderen Kamera führt, zeigt dieser Test. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Trotz des 10-fachen Zooms ist die Kamera im Ruhezustand nicht viel mehr als 2,5 cm flach, denn das Objektiv wird nahezu vollständig im – durch die Lackierung wie Kunststoff wirkenden – Metallgehäuse untergebracht. Mit ihren gerundeten Formen ohne hervorstehende Teile ähnelt die Kamera einem Stück Seife: Es gibt keine Ecken oder Kanten, an denen die Kamera hängen bleiben könnte, und daher gleitet sie sicher in jede Tasche. Das Design in den Farben Grau und Silber lässt die F70EXR sehr elegant und hochwertig erscheinen.
Ein fast unmerklicher Griffwulst an der rechten Gehäusevorderseite und ein kleiner Buckel an der Rückseite verleihen dem nicht gummierten Gehäuse genügend Griffigkeit, so dass die Kamera sicher gehalten werden kann. Der Zeigefinger der rechten Hand erreicht den Auslöser und die Zoomwippe problemlos, so dass echte Einhand-Bedienung möglich ist. Allerdings ist diese Haltung für Personen mit großen Händen etwas verkrampft, zumal die Finger immer wieder unbeabsichtigt vor dem Blitz landen, denn dieser ist leider direkt unter dem Auslöser angebracht. Man muss schon sehr in Fingerakrobatik geübt sein, um nicht ständig den Blitz abzudecken. Schnelle Partyschnappschüsse werden daher häufig vom Schatten des Mittelfingers überdeckt sein.
Neben dem Auslöser befindet sich der Hauptschalter, der gegen unbeabsichtigtes Einschalten leicht versenkt in die Oberseite integriert ist. Nach kurzem Druck vergehen etwa drei Sekunden, in denen das Objektiv in Aufnahmeposition fährt und die Kamera einsatzbereit gemacht wird. Das mag lang erscheinen, allerdings sollte man bedenken, dass sich hier ein 10-fach-Zoom aus dem flachen Gehäuse schält. Das ist vielleicht der Preis für die sehr kompakte Bauform. Alle weiteren Schalter sind in gewohnter Weise neben dem fest eingebauten 2,7"- (6,9 cm) Display angebracht, das mit 230.000 Bildpunkten mäßig, aber ausreichend auflöst. Mit dem Moduswahlrad stellt man per Drehung alle grundlegenden Automatiken und den manuellen Modus ein, die Vier-Wege-Wippe ermöglicht weitere Optionen und Feineinstellungen. Die Bedienung ist daher im Prinzip immer gleich: Erst entscheidet sich der Fotograf mit dem Wählrad für eines der Programme, dann verfeinert er die jeweilige Einstellung mit Hilfe des Menüs. Allerdings fällt es schwer, bei all den Möglichkeiten den Überblick zu behalten. Es ist auf Anhieb nicht ganz klar, nach welchem Prinzip die Funktionen geordnet sind. Da bleibt dem Fotografen also nichts anderes übrig, als die Lieblingsprogramme und Optionen herauszufinden und sich diese zu merken.
Bei allen Möglichkeiten, die diese Kamera bietet, kommt es doch letztendlich nur auf eines an: Wie fotografiert es sich mit "ihr"? Kurz gesagt: gut! Die Kamera lässt sich prima (bis auf den leicht zu verdeckenden Blitz) halten und bedienen. Egal, welche der vielen Automatiken man wählt, die Belichtung ist meist korrekt, und die mit verschiedenen Modi aufgenommenen Bilder sind nicht allzu unterschiedlich, der gewählte Modus also nahezu egal.
Kontakt mit der Außenwelt nimmt die F70EXR über eine einzige Minibuchse auf, die hinter einer Kunststoffklappe an der rechten Gehäuseseite versteckt ist. Diese dem Mini-USB ähnliche Buchse dient einerseits zum Datenaustausch mit dem PC und andererseits zum Anschluss an den Fernseher. Für beides sind mitgelieferte Spezialkabel erforderlich, Standardkabel passen leider nicht. Für die Präsentation der Fotos auf einem Fernseher oder Beamer bietet das Kameramenü nicht nur den harten Bildwechsel an. Es gibt zusätzlich eine sehr schöne weiche Überblendung, und die Kamera kann Gesichter, die beim Fotografieren erkannt wurden, in Ausschnittvergrößerung darstellen.
An der Unterseite der schlanken FinePix befindet sich (leicht neben der optischen Achse) das Stativgewinde aus Metall und unter einer Abdeckklappe das Batterie- und SD-Kartenfach. Der Akku ist mit einer Reichweite von rund 230 Bildern (nach CIPA-Standardmessverfahren) etwas unterdimensioniert, und so muss der Fotograf das kleine Ladegerät häufiger nutzen, als ihm lieb sein kann.
Ausstattung Die FinePix F70EXR hat fast alles, was das Fotografenherz begehrt. Nicht nur die üblichen Automatiken für Landschaft, Sport, Nahaufnahme und Portrait, sondern auch einige Besonderheiten wie den "Pro Low Light Modus", der aus vier Einzelaufnahmen ein Sandwich montiert. Das Ergebnis ist ein besonders rauscharmes Nachtbild mit schöner Lichter- und Tiefenzeichnung. Nicht ganz so gut funktioniert der "Pro Focus Modus". Die Kamera versucht dabei, die durch den kleinen Sensor bedingte große Schärfentiefe (ein typisches Problem der Kompakten) künstlich zu verringern. Dazu nimmt die Kamera bis zu drei Bilder nacheinander mit unterschiedlichem Fokus auf und errechnet daraus ein Bild mit scharfem Hauptmotiv, das vom (unscharfen) Hintergrund freigestellt ist. Natürlich muss das Motiv einen gewissen Abstand vom Hintergrund haben, und genau da liegt ein Problem: Ist der Abstand nicht groß genug, meldet die Fujifilm "Effekt nicht erzielbar". Wenn es klappt, ist die "Tiefenunschärfe" oberflächlich betrachtet in Ordnung, allerdings treten im Randbereich des Motivs unschöne Artefakte auf, die das Motiv in Form von unscharfen Flecken überlagern. Es geht eben nichts über ein echtes Bokeh, das von Kameras mit größerem Sensor bei offener Blende erreicht wird. Immerhin ein schöner Versuch, den Gestaltungsspielraum der Kamera zu erweitern.
Eine weitere durchaus interessante Funktion heißt "Umgebungslicht + Blitz". Diese macht zwei Fotos vom selben Motiv, einmal mit und einmal ohne Blitz. Der Fotograf kann später dasjenige auswählen, welches die bessere Bildwirkung hat. Eine weitere Anwendung dieses Modus: Wer Bildbearbeitung mag, kann aus beiden Bildern ein optimiertes Foto mit geblitzten und natürlich beleuchteten Bereichen montieren. Für Fotografen, die gerne selber Blende und Zeit einstellen möchten, bietet die F70EXR zwar einen manuellen Modus. Da dieser aber nur zwei Blenden zur Auswahl hat, ist die gestalterische Freiheit sehr eingeschränkt. Außerdem fehlt zur exakten Belichtungsbeurteilung das Histogramm. Ein manueller Fokus fehlt sogar komplett.
Neben all den technischen Raffinessen ist natürlich der große Zoombereich vom 27er Weitwinkel bis zum 270er Tele (jeweils KB-äquivalent) das Hauptmerkmal der F70EXR. Das Objektiv deckt die meisten Aufnahmesituationen ab, und dank des optischen Bildstabilisators ist auch das lange Ende aus der Hand einsetzbar, es sollte aber dennoch auf eine kurze Verschlusszeit respektive genügend Licht geachtet werden. Ein kleines Ärgernis stellt das Motorzoom dar: Die Zoomwippe gibt die Befehle verzögert an das Objektiv weiter, es zoomt dann aber sehr schnell. Den gesamten Bereich durcheilt das Objektiv in knapp zwei Sekunden! Auf diese Weise lässt sich der richtige Ausschnitt nur schwer einstellen.
Das Zoomen funktioniert auch beim Filmen, allerdings hat der Autofokus Probleme, bei der Zoomgeschwindigkeit die Schärfe zu halten und verursacht beim Nachstellen ein störendes "Knarzen", welches vom Mikrofon gierig aufgenommen wird. Videos nimmt die F70EXR mit 30 Bildern pro Sekunde und 640 x 480 Pixeln auf. Gespeichert wird ein Motion-JPEG als AVI-Datei. Diese Eckdaten zeigen, dass der Videomodus nur Normalkost und als nette Dreingabe zu verstehen ist. Die praktische Erfahrung bestätigt eine mäßige Video- und Tonqualität, und der AF-Motor stört die Tonaufnahme.
Bildqualität Ein 10-fach-Zoom in super kompakter Bauform, das nahezu vollständig im Kameragehäuse verschwindet, stellt die Konstrukteure vor eine große Aufgabe. Natürlich sind auch hinsichtlich eines erträglichen Verkaufspreises Abstriche bei der Bildqualität in Kauf zu nehmen. Das ist auch bei der Fujifilm FinePix F70EXR nicht anders. Wer hier Wunder erwartet, wird enttäuscht sein. Bei der Messung im Testlabor zeigte sich das Objektiv aber als durchaus gelungener Kompromiss: Die besten Auflösungswerte liefert die Kamera im mittleren Brennweitenbereich, wobei die Schärfe bis zum Rand relativ konstant bleibt. Sowohl im Weitwinkel- als auch im Telebereich ist ein deutlicher Schärfeabfall zum Rand hin festzustellen, der auch im Bild sichtbar ist. In der Praxis kann man aber damit leben.
Die Verzeichnung, ein großes Problem von Superzooms, hat Fujifilm gut in den Griff bekommen: Vom Tele bis hinab zur normalen Brennweiten ist keine Verzeichnung wahrnehmbar, erst in der kurzen Brennweite ist eine für Weitwinkel normale tonnenförmige Verzeichnung messbar, jedoch nicht störend. Auch die Vignettierung haben die Techniker (vermutlich per Software) ausgezeichnet in den Griff bekommen, lediglich eine Blende Lichtabfall gönnt sich das Glas jeweils an den Enden seines Bereichs. Die Kamera schwächelt hingegen beim Rauschen: Bis ISO 400 geht das Grieseln noch in Ordnung, darüber aber wird es deutlich und überlagert die Bilder auffällig. Auch die Eingangsdynamik lässt zu wünschen übrig: Bis ISO 400 bewältigt die F70EXR immerhin 8 Blendenstufen, darüber aber geht es steil bergab bis auf inakzeptable 5. Die Auslöseverzögerung geht mit 0,4 Sekunden inkl. Scharfstellungen in Ordnung.
Fazit Die Fujifilm FinePix F70EXR ist eine sehr kompakte Superzoomkamera. Dass ein 10-fach-Objektiv in dem schlanken Gehäuse steckt, ist kaum zu vermuten. Zudem ist sie recht vollständig ausgestattet und bietet neben den Standardprogrammen ein paar nette Besonderheiten, die unkompliziert besondere Aufnahmen ermöglichen. Wer so viel Technik auf so kleinem Raum immer dabei haben möchte, wird bereit sein, Kompromisse einzugehen: Die Bildqualität ist zwar für ein ultrakompaktes Superzoom gut, verglichen mit kleineren Zooms oder gar Festbrennweiten bzw. größeren Bildsensoren aber chancenlos. Wer diesen Kompromiss eingehen mag, erhält eine gut ausgestattete "Immer-dabei-Kamera", die eine ganze Palette an Objektiven ersetzt.
Kurzbewertung
- Guter Ausstattungsumfang
- Kompaktes "Handschmeichler"-Gehäuse
- Optischer Bildstabilisator
- Großer 10fach-Zoombereich mit 27 mm Weitwinkel (KB)
- Blitz wird leicht vom Finger abgedeckt
- Sichtbare Randunschärfe im Telebereich
- Geringe Eingangsdynamik
- Hohes Rauschen über ISO 400
Technische Daten
Modell |
Fujifilm FinePix F70EXR |
Sensor |
SuperCCD-Sensor 1/2" 6,4 x 4,8 mm (Cropfaktor 5,4) 10,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.616 x 2.712 (4:3) |
Video (max.) |
640 x 480 25p |
Objektiv |
27-270 mm / F3,3-5,6 (10-fach Zoom) |
Monitor |
2,7", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Matrix/Mehrfeld-Messung über 256 Felder |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 1,8 Bilder/s und max. 3 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/2.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Empfindlichkeit |
Automatisch ISO 100 bis 1.600, manuell ISO 100 bis 1.600 |
Abmessungen |
99 x 59 x 23 mm (B x H x T) |
Gewicht |
220 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/KXUG2 (mit Preisvergleich) |