Superzoom-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Fujifilm FinePix S200EXR
2009-12-17 Über den neuen EXR-Sensor von Fujifilm wurde schon einiges berichtet (siehe weiterführende Links), jetzt ist eine neue Kamera mit diesem Sensor auf den Markt gekommen. Durch die Neuentwicklung soll die Fujifilm FinePix S200EXR im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, der S100FS, mehr Dynamik bei gleichzeitig höherer Empfindlichkeit und geringerem Rauschen mitbekommen haben. Außerdem soll jede dieser Eigenschaften je nach fotografischer Aufgabe an das Motiv angepasst werden können: Der Fotograf kann beeinflussen, ob der Sensor eine höhere Empfindlichkeit, einen größeren Dynamikumfang oder geringeres Rauschen liefern soll. Ob diese Aussagen zutreffen und die S200EXR eine würdige Nachfolgerin der viel gelobten S100FS darstellt, ist in unserem Kompakttest zu lesen. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Die Fujifilm FinePix S200EXR ist sicher keine Handtaschen- oder gar Jackentaschen-Kamera und muss von der Größe und der Bedienung her mit Spiegelreflexkameras verglichen werden. Besonders wegen des großen 14-fachen Zoomobjektivs wirkt die S200EXR recht wuchtig, liegt aber mit dem satten Gewicht von fast 900 Gramm gut in der Hand. Wird die Kamera wie eine DSLR gehalten, kann die linke Hand den griffigen Zoomring bewegen, während der für Bridge-Kameras typische Griffwulst der rechten Hand guten Halt gibt. Ohne Eingewöhnung finden Daumen und Zeigefinger die richtige Position, der Zeigefinger liegt automatisch auf dem Auslöser und der Daumen erreicht die beiden Haupt-Einstellräder auf der Oberseite mühelos. Die große Fujifilm hält und bedient man also genau so wie eine DSLR, und so fühlen sich Anhänger dieser Kameragattung gleich zuhause.
Leider vermittelt das Kunststoffmaterial der S200EXR nicht gerade Eigenschaften wie Robustheit und Qualität. Der Griffwulst immerhin ist als einziges Gehäuseteil gummiert, der Rest der "Karosserie" fühlt sich leider irgendwie billig an. Die drei Klappen für Batterie, SD-Karte und Schnittstellen sind einfachste Ausführungen ihrer Art und werden nur geringen Ansprüchen an Staub- und Feuchtigkeits-Resistenz an diese Kameraklasse gerecht. Hier hätte man für den Preis etwas mehr erwartet. Immerhin ist der Akku in seinem Schacht verriegelt und fällt nicht beim Öffnen der Klappe einfach so heraus.
Bei der Bedienung spielt die S200 EXR wieder vorne mit: Auf der Oberseite findet man die bequem mit dem Daumen erreichbaren Drehschalter. Mit dem Inneren der beiden Räder werden die Hauptprogramme gewählt, das Äußere dient zum Einstellen verschiedener Kamerafunktionen. Je nachdem, welches Programm gewählt wird, ändert es Blende, Zeit, Empfindlichkeit und weitere Parameter. Das funktioniert prima, allerdings wirkt die Rastung der Schalter etwas hakelig.
Über das Gehäuse verteilt findet man alle Funktionen, auf die schnell und ohne Umweg über das Menü zugegriffen werden muss. Empfindlichkeit, Belichtungskorrektur, Weißabgleich, Messcharakteristik, Serienbild- und Fokusoptionen haben jeweils einen Taster, der zusammen mit dem Wählrad schnell die gewünschte Funktion bereitstellt. Knopf drücken, mit dem Daumen am Rad drehen, fertig. Die FinePix-Konstrukteure haben ein Händchen für pfiffige Lösungen bewiesen. Schmankerl Nummer eins: Bei der Belichtungskorrektur wird im Display ein Histogramm eingeblendet, das sich mit dem Wert der Korrektur in Echtzeit verändert. Der Fotograf kann auf diese Weise die Belichtung auf den Punkt genau einstellen. Zweitens: Der manuelle Fokus unterstützt den Fotografen auf Wunsch mit einem Schärfevorschlag, der dann noch per Hand weiter verfeinert werden muss. Diese kleinen Helfer machen besonders bei Makroaufnahmen vom Stativ richtig Spaß und erleichtern die Arbeit ungemein. Das Stativgewinde ist aus Metall und befindet sich mustergültig in der optischen Achse, das Akkufach ist auch mit untergeschraubter Stativplatte zugänglich.
Der Auslöser hat zwei deutlich unterscheidbare Druckpunkte, was an sich gut ist. Allerdings arbeitet die zweite Stufe einen Hauch zu hart, und das kann durchaus zum Verreißen des Bildausschnitts führen. Mit etwas Gewöhnung ist das aber kein Problem mehr. Die Auslöseverzögerung ist mit etwa 0,4 Sekunden recht gering und bei fokussiertem Motiv mit 0,03 Sekunden bedeutungslos, die Kamera eignet sich also für Schnappschüsse und Sport.
Auf der Rückseite der Kamera befindet sich das im Gegensatz zur S100FS leider fest eingebaute Display, das zwar mit 6,9 cm Diagonale (2,7") hinreichend groß ist, aber nur 230.000 Bildpunkte auflöst. Die Schärfe einer Aufnahme ist damit nur mäßig zu kontrollieren, und das Display ist für eine aktuelle Kamera dieser Preisklasse nicht mehr angemessen. Der elektronische Sucher ist noch ein wenig schwächer, so dass sich der Blick hindurch nicht wirklich lohnt. Zudem muss die Umschaltung zwischen den beiden manuell erfolgen, denn ein Sensor, der das bei Annäherung des Auges automatisch erledigt, existiert nicht. Andere Kameras können das besser. Neben dem Display befindet sich die Vier-Wege-Wippe für das Menü, mit der auch die Navigation durch die Bildvorschau gesteuert wird. Mit dem Schalter für den Displaymodus können alle nötigen Informationen und ein Gitternetz in die Bildvorschau eingeblendet werden.
Auf der linken Gehäuseseite findet man den Schalter für die Fokusbetriebsarten, Direktwahltasten für Weißabgleich und Serienbild und die Anschlüsse für externe Stromversorgung (als Zubehör erhältlich), AV und USB.
Ausstattung Die Eckdaten des Objektivs gleichen der Vorgängerin S100FS, was die Vermutung nahe legt, dass es sich um die gleiche Optik handelt. Leider ist aber durch den kleineren verbauten Sensor die "wirksame" Brennweite länger geworden (von 28 - 400 mm auf 30,5 - 436 mm), was besonders im Weitwinkelbereich schmerzt. Ansonsten bietet die S200EXR alles an Funktionen, was in dieser Kameraklasse erwartet wird. Zu den normalen Automatiken Zeit, Blende und Programm gibt es als Besonderheit die Funktion EXR, die auf die Eigenschaften des Sensors eingeht. In einem Untermenü kann gewählt werden, ob der EXR-Sensor mit höchster Auflösung, geringstem Rauschen (bei verminderter Auflösung) oder hohem Dynamikumfang betrieben werden soll. Man kann diese Auswahl sogar einer Automatik überlassen, die mittels einer Motivanalyse über den besten Modus entscheidet. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass es keine Wunder gibt, und so leistet der EXR-Sensor nicht mehr und nicht weniger als andere Sensoren auch.
In manchen Situationen hilfreich sind die diversen Bracketing-Funktionen, die über das normale Variieren der Belichtung und des Weißabgleichs hinausgehen. Neben den von Fujifilm bereits bekannten Filmsimulationen (Funktion FSB) gibt es auch eine sehr interessante "HDR-Automatik", die selbsttätig vier Belichtungsvarianten zu einer Aufnahme verbindet. Während dieser "Pro-Low-Light" genannte Modus vier Aufnahmen vom selben Motiv aufnimmt, darf der Bildausschnitt nur wenig verändert werden. Wie bei handgemachten HDRs ist auch hier ein Stativ empfehlenswert. Das Montageergebnis der S200EXR überzeugt aber auch aus der Hand durch klare, rauscharme und gut durchgezeichnete Nachtaufnahmen. Obwohl die Auflösung auf knapp 6 Megapixel begrenzt wird, ist diese Funktion ein echter Vorteil und sollte auch in andere Kameras eingebaut werden.
Die Liste weiterer Funktionen ist identisch mit der der S100FS: Sechzehn Motivprogramme, optischer Bildstabilisator, vollständig manuelle Steuerung, eingebauter Blitz (der allerdings per Hand ausgeklappt werden muss) und, sehr erfreulich, ein Zubehörschuh für externe Blitze. Außerdem können Bilder im Rohformat gespeichert werden. Leider können Videos nur in VGA mit 640 x 480 Pixeln und 30 Bildern pro Sekunde im alten Motion-JPEG-Verfahren als AVI-Dateien aufgenommen werden, so dass sich die S200EXR nicht ernsthaft für Videoaufnahmen eignet. Gut immerhin, dass der riesige Zoombereich dank manueller Betätigung auch bei Filmaufnahmen genutzt werden kann.
Bildqualität Die Fujifilm S200EXR hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits sind Auflösung, Verzeichnung und Randabdunklung in Ordnung, andererseits enttäuscht die Kamera bei Eingangsdynamik und Rauschen in höheren Empfindlichkeitsregionen. Dabei sollte der EXR-Sensor gerade hier seine Stärken ausspielen. Bis ISO 400 geht das Rauschen in Ordnung, bei 800 ist es noch erträglich, darüber hinaus sollte man lieber auf den sehr guten Pro-Low-Light-Modus zurückgreifen und auf die volle Auflösung verzichten. Bei geringer Empfindlichkeit bewältigt die Kamera brauchbare 8,3 Blendenstufen, mit steigender Empfindlichkeit geht es dann steil bergab auf unter inakzeptable 5! Dabei ist die Signalübertragung bis in die dunkelgrauen Bereiche recht linear, flacht dann aber ab den 3/4-Tönen stark ab, so dass die Kontraste hier sehr weich ausfallen. In der Bildbearbeitung kann natürlich jederzeit eingegriffen werden, allerdings nur mit den entsprechenden Tonwertverlusten.
Anders sieht es aus, betrachtet man die Randabdunklung: Wohl wegen des für den größeren Sensor der S100FS berechneten Bildkreises fällt der Randabfall mit einer halben Blende sehr gering aus und ist in Bildern nicht wahrnehmbar. Auch die Verzeichnung ist mit -0,5 tonnenförmig im Weitwinkel bis 0,2 Prozent kissenförmig in Telestellung sehr gering und eignet sich bedingt sogar für Architektur und Reproduktion. Aus einer 12-Megapixel-Datei (mit ca. 36 MBytes unkomprimiert!) macht die FinePix ca. 4 MBytes. Das entspricht einem Kompressionsfaktor von etwa 9, was zu mäßigen, nicht problematischen Artefakten führt.
Bei der Belichtung ist die S200EXR ohne Tadel. Während der Testphase gab es keine Fehlbelichtung, schlimmstenfalls hielt der Belichtungsmesser andere Details als der Fotograf für wichtig, was aber immer zu korrigieren war. Auch der Weißabgleich arbeitet meist einwandfrei, lediglich bei Kunstlicht könnte die Abstimmung als etwas zu warm empfunden werden. Allerdings ist dieser Farbstich manchmal auch erwünscht und ob störend oder nicht entscheidet das persönliche Empfinden. Mit einem Druck auf die WB-Taste kann hier schnell den individuellen Wünschen entsprochen werden. Hervorzuheben ist natürlich in diesem Zusammenhang das Rohformat, das zulässt, solche Abweichungen verlustfrei zu korrigieren.
Fazit Die Fujifilm FinePix S200EXR hinterlässt gemischte Gefühle. Einerseits zeigt sie gute Ergebnisse bei den optischen Leistungen, enttäuscht aber bei ihren besonders beworbenen Paradedisziplinen wie Rauschen und Eingangsdynamik. Der verwendete Gehäusekunststoff vermittelt eine geringere Qualität, als vermutlich vorhanden ist. Andererseits wartet die neue FinePix mit Funktionen auf, die auch im Profilager Freunde finden würden. Besonders der Low-Light-Modus, bei dem eine aus vier Einzelbelichtungen montierte rauscharme Aufnahme mit toller Lichter- und Tiefenzeichnung entsteht, zeigt gewaltiges Potenzial. Auf dem Wunschzettel bleiben ein etwas weitwinkligeres Objektiv, ein schwenkbares 900.000-Pixel-Display und eine insgesamt hochwertigere Verarbeitung. Als Sahnehäubchen fehlte dann nur noch die FullHD-Videoauflösung, und die Kamera wäre perfekt. Die S200EXR wurde offenbar nur halbherzig als Nachfolgerin der S100FS konstruiert. Fujifilm hat auf diese Weise die Chance für einen wirklich großen Wurf vertan.
Kurzbewertung
- Gute Dynamik im Pro-Low-Light-Modus
- Optischer Bildstabilisator
- Gutes Objektiv
- Nur VGA-Video
- Rauschen bei hohen Empfindlichkeiten
- Billige Anmutung
Technische Daten
Modell |
Fujifilm FinePix S200EXR |
Sensor |
SuperCCD-Sensor 1/1,6" 8,1 x 6,0 mm (Cropfaktor 4,3) 12,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.000 x 3.000 (4:3) |
Video (max.) |
640 x 480 30p |
Objektiv |
30-436 mm / F2,8-5,3 (14,5-fach Zoom) |
Sucher |
elektronischer Sucher |
Monitor |
2,7", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Matrix/Mehrfeld-Messung über 256 Felder |
Belichtungsreihe |
automatisch, mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Lens-Shift (optisch) |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: nein |
Serienaufnahmen |
max. 1,3 Bilder/s und max. 6 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 64 bis 3.200 |
Abmessungen |
133 x 94 x 145 mm (B x H x T) |
Gewicht |
880 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/NPT03 (mit Preisvergleich) |