Superzoom-Kamera, Bridge-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Fujifilm FinePix X-S1
2012-04-18 Eigentlich scheint die Zeit der sogenannten Bridge-Kameras als Bindeglied zwischen kompakten Einsteigermodellen und ausgewachsenen DSLRs vorbei zu sein. Denn die kleinen spiegellosen Systemkameras schicken sich gerade an, diese Position zu besetzen. Dennoch bringt Fujifilm mit der X-S1 eine Bridge-Kamera auf den Markt, die den Eckdaten nach zu urteilen das Zeug zum Allrounder hat, der viele Fotografen mehr als zufrieden stellen wird. Ob die X-S1 diesem Anspruch gerecht wird, haben wir in einem intensiven Praxiseinsatz im Alpen-Schnee und im nordischen Frühling sowie im Testlabor überprüft. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Vom Aussehen her wirkt die Fujifilm FinePix X-S1 wie eine kleine aber nicht eben zierliche Spiegelreflexkamera. Das bullige Gehäuse ist vollständig mit einer sehr griffigen Gummierung bekleidet, die die Kamera geradezu an der Hand kleben lässt. Der Griffwulst ist auch für große Hände gut gelungen, zumal der Daumen auf der Rückseite ein prima geformtes Widerlager findet. Der Zeigefinger liegt recht entspannt auf dem Auslöser, dessen zwei Druckpunkte präzise zu ertasten sind. Auch der Videoauslöser auf der Rückseite der Kamera ist mit dem Daumen gut zu erreichen. Alle aufnahmerelevanten Einstellungen lassen sich mit Schaltern auf der rechten Ober- beziehungsweise Rückseite vornehmen, so dass man die Kamera bequem mit der linken Hand am Objektiv hält, während die rechte alle Tasten bedient. Im Prinzip also genau wie bei einer echten Spiegelreflexkamera. Im Gegensatz dazu steht das absolut leise Auslösegeräusch, das so gar nicht zur Spiegelreflexoptik passt. Den Fotograf wird es freuen, denn Erschütterungen durch Spiegelschlag gibt es nicht, und Fotografieren mit der X-S1 ist trotz ihrer Größe äußerst unauffällig.
Das große Betriebsarten-Wählrad auf der Oberseite bietet elf Positionen, von denen drei frei belegt werden können. Es wird ergänzt durch einen etwas kleineren Drehknopf, mit dem man Blende, Zeit und weitere Parameter wie zum Beispiel Displayeinstellungen und Szeneprogramme einstellen kann. Die Belichtungskorrektur und die Umschaltung zwischen Einzelbild und Serienaufnahmen inklusive verschiedener Belichtungsreihen haben einen eigenen Taster bekommen. Außerdem kann auf einen dritten Schalter eine von neun Funktionen gelegt werden. Um diesen zu konfigurieren, muss man ihn nur etwas länger gedrückt halten, der Umweg über das Menü bleibt einem also erspart.
Mit der Menütaste auf der Rückseite kann der Fotograf schnell die zum jeweils eingestellten Programm passenden Parameter wählen oder auch grundsätzliche Einstellungen vornehmen. Dabei ist das Menü in zwei Reiter unterteilt: Im Kameramenü werden alle zur Aufnahme notwendigen Funktionen bearbeitet und im Werkzeugmenü findet man hauptsächlich allgemeine Kameraeinstellungen wie Sprache, Datum und Tastenbelegung. Das ist sehr sinnvoll und übersichtlich, die Einträge sind gut lesbar und auf Wunsch kann man sich zu bestimmten Optionen auch einen kurzen Hilfetext anzeigen lassen.
Um den Menüschalter herum sind vier Tasten angeordnet, unter anderem ein weiterer frei belegbarer Funktionsschalter und die Blitzsteuerung. Der Blitz muss allerdings zunächst von Hand aus dem als Prismengehäuse getarnten Buckel herausgeklappt werden, erst dann gibt er seine Funktionen preis. Die Fokus- / Belichtungsspeichertaste liegt ebenfalls im Daumenradius und kann blind mit dem Auge am Sucher bedient werden.
Sinnvoll angeordnet links vom Display sind alle etwas seltener benötigten Tasten zur Steuerung der Belichtungs- und Autofokusmessfelder, für die ISO-Einstellung und den Weißabgleich. Im Wiedergabemodus bekommen die Tasten eine Zweitfunktion. Außer der Bildschirmlupe können auch diverse Dateiinformationen eingeblendet werden und schließlich findet sich dort auch die Löschtaste. Wegen der übersichtlich in Funktionsgruppen aufgeteilten Taster kommt man schnell mit der X-S1 zurecht und häufige Tauchgänge ins Menü werden vermieden. Einzig der Schalter, mit dem zwischen Einzel- und Dauer-AF und manuellem Fokus umgestellt werden kann, befindet sich etwas unglücklich an der Vorderseite neben dem Objektiv. Er lässt sich nur schwer blind bedienen und rastet im ungünstigsten Fall unbemerkt auf manuelle Steuerung.
Das Batteriefach am Boden des Handgriffs ist ordentlich verriegelt und der Akku fällt nicht sofort heraus, da er mit einem kleinen Schieber gesichert ist. Allerdings kann er auch beliebig verkehrt eingesetzt werden, was zwar der Kamera nicht schadet aber dennoch ärgerlich ist. Das Stativgewinde sitzt knapp neben dem Akkufach und deutlich neben der optischen Achse, der Akku kann daher mit angesetztem Stativadapter nicht gewechselt werden. Die Gummilasche, die die Anschlüsse für Video, USB und externes Mikrofon verdeckt, ist mittlerweile bei fast allen Kameras bewährter Standard. Einzig die Klappe des Speicherkartenfachs an der rechten Seite des Handgriffs hat spürbar Spiel, was das solide Handgefühl der X-S1 etwas stört.
Im Gegensatz zu vielen Kompakt- und auch spiegellosen Systemkameras verfügt die X-S1 sowohl über ein Display als auch einen Sucher und einen Zubehörschuh, so dass der Besitzer auf nichts verzichten muss. Das mit 460.000 Bildpunkten recht gut auflösende Display ist zudem nach oben und unten klappbar. Der Sucher hat eine Dioptrienkorrektur und wird bei Annäherung des Auges automatisch aktiviert. Allerdings ist die Qualität nicht ganz mit einem optischen Sucher vergleichbar aber besser als bei vielen anderen hier getesteten Kameras. Kein Tunnelblick oder grobe Pixel trüben das Bild und auch zur Beurteilung der Schärfe taugt das Sucherbild. Nur die gelegentlich etwas ruckelige Wiedergabe stört ein wenig.
Die Fujifilm X-S1 ist eine grundsolide, robuste und gut zu bedienende Kamera, deren Bedienelemente genau wie das Gehäuse einen sehr langlebigen und zuverlässigen Eindruck machen. Und das mächtige Objektiv lässt zudem kaum Wünsche offen. Deshalb ist das stattliche Gewicht von knapp einem Kilo durchaus angemessen, zumal ein ganzer Fotokoffer nahezu ersetzt wird. Nur das Material des Trageriemens passt nicht ins Bild, denn der fühlt sich am Hals unangenehm hart und kalt an und schneidet etwas ein.
Ausstattung Von einer Kamera wie der Fujifilm X-S1 kann man einen vollständigen Funktionsumfang erwarten. Und so stellt sie auch alles, was das Fotografenherz begehrt, zur Verfügung. Die Palette reicht von den üblichen Standardprogrammen über Szeneprogramme bis hin zu manueller Bedienung. Eine Fujifilm-spezifische Besonderheit stellt der EXR-Modus dar, bei dem die Kamera anhand des Motivs den Sensor in unterschiedliche Betriebsarten schaltet: Entweder liefert er die maximale Auflösung oder es wird zu Gunsten der Rauscharmut oder einem hohen Dynamikumfang die Auflösung auf etwa die Hälfe reduziert. In der Einstellung EXR-Auto wählt die Kamera selbst, welcher Modus das beste Bildergebnis liefert. Im Fotoalltag war manchmal nicht ganz klar, warum die X-S1 auf eine niedrigere Auflösung umschaltet, allerdings waren die Bildergebnisse in nahezu jedem Fall sehr gut. Die X-S1 scheint auch eine Belichtungskorrektur für helle Motive zu haben, denn im Schnee erzeugte sie sauber durchgezeichnetes Weiß und keinen unterbelichteten grauen Matsch. Manchmal allerdings übertrieb sie diese Korrektur, dann wirkten die Bilder zu hell und an manchen Stellen ausgefressen. Überhaupt tendiert die Fujifilm etwas zu hellen Bildern. Allerdings war im glitzernden Schnee und selbst im Gegenlicht nichts von den berüchtigten "White Orbs" zu sehen. Ob das an der aktuellen Firmware lag oder die entsprechenden Bedingungen nicht vorlagen, war nicht festzustellen.
Bei der Geschwindigkeitsmessung ergab sich bei Vollauflösung eine Bildfrequenz von fast sechs Bildern pro Sekunde im JPEG-Format. Jedoch hält die FinePix das nur für gut eine Sekunde oder sieben Bilder durch. Danach geht es mit immer noch schnellen knapp zwei Bildern pro Sekunde weiter. Schaltet man auch das RAW-Format hinzu, sinkt nicht die Maximalgeschwindigkeit sondern nur die Anzahl der Bilder. Im Dauerlauf wird es aber schon sehr zäh, die Kamera muss dann auch über 20 MByte je Foto wegpacken. Erstaunlich dabei sind die extrem kurzen Speicherzeiten, Fujifilm hat der X-S1 offenbar ein schnelles Karteninterface spendiert. Bei reduzierter Auflösung geht es noch etwas schneller mit gut acht Bildern pro Sekunde zur Sache und die Kamera hält diese Geschwindigkeit auch länger durch.
Die fixe Finepix nutzt ihre Geschwindigkeit für verschiedene Belichtungsreihen und auch das Schwenkpanorama profitiert davon. Die X-S1 beherrscht sogar mehrere Varianten. Sowohl im Hoch- als auch im Querformat gehalten sind Schwenks bis hin zum 360-Grad-Panorama möglich. Leider erscheinen die Hinweise auf die Einstellmöglichkeiten nur sehr kurz auf dem Display, so dass man sie leicht übersieht. Beim Schwenken unterstützt ein künstlicher Horizont den Fotografen dabei, die Kamera gerade zu halten. Sind bewegte Motive im Bild, kann aber auch eine X-S1 nicht zaubern und es entstehen Doppelkonturen. Dennoch können sich die Ergebnisse sehen lassen. Die Bildhöhe beschränkt sich bei quer gehaltener Kamera auf 1.080 Pixel, schwenkt man im Hochformat sind es 1.624 Pixel. Durch die automatische Montage der Einzelbilder ergibt sich eine Datei mit immerhin rund 18 Megapixeln. Allerdings kann die Panoramafunktion nur in Weitwinkelstellung eingesetzt werden, was jedoch zu verschmerzen ist.
Was andere Hersteller bei der Bildaufbereitung "neutral", "bunter" oder "für Hauttöne" nennen, heißt bei Fujifilm "Provia", "Velvia" und "Astia". Diese Bezeichnungen stammen aus analogen Zeiten, als Fujifilm noch Filme herstellte, deren verschiedene Emulsionen genau diese Farbeigenschaften aufwiesen. Zusätzlich bietet die X-S1 noch verschiedene Monochrom-Aufnahmen mit Simulation der bei Schwarzweißfilm gängigen Farbfilter zur Erhöhung des Kontrastes. So kann mit dem Gelb- oder Rotfilter der Kontrast der Wolken bis ins Dramatische erhöht werden.
Auf Wunsch bietet die FinePix auch eine Wasserwaage, die über den Displayschalter aktiviert wird. Sie erkennt auch Hochformataufnahmen und schaltet dann entsprechend um. Leider reagiert der Horizont eine Spur zu träge auf Lageänderungen. Die üblichen Gitter inklusive einem Rahmen für das Videofenster und ein Echtzeit-Histogramm sind auch vorhanden, so dass die Ausstattung des Displays keine Wünsche offen lässt.
Eine pfiffige Besonderheit stellt der RAW-Taster dar: Bei Bedarf kann ohne Umweg über das Menü zur JPEG-Datei auch eine Rohdatei gespeichert werden. Beim Ausschalten vergisst die Kamera diese Einstellungen. Das ist prima geeignet für Fotografen, die nur gelegentlich Rohdateien benötigen ansonsten aber lieber mehr Speicherplatz wünschen. Über das Menü kann das Rohdatenformat selbstverständlich auch permanent eingestellt werden.
Der eingebaute Blitz erfüllt leider nicht alle Wünsche. Dass man ihn manuell ausklappen muss, ist für die Zielgruppe der X-S1 sicherlich kein Problem, allerdings bevormundet die Fujifilm ihren Besitzer ein wenig: Bei Serienaufnahmen lässt sich der Blitz zwar ausklappen aber nicht aktivieren. Der entsprechende Taster verweigert kommentarlos seinen Dienst. Je nach Belichtungsprogramm stehen sehr unterschiedliche Blitzeinstellungen zur Verfügung. Als Zeitautomat kennt die X-S1 nur den erzwungenen Blitz und die Langzeitsynchronisation, im EXR-Modus gibt es das Ganze nur mit Rote Augen Vorblitz und als Blendenautomat bietet die Kamera gar keine Blitzoptionen mehr an. Was gänzlich fehlt ist eine Synchronisation auf den zweiten Vorhang. Eine Logik ist dabei nur schwer zu erkennen. Offenbar trauen die Fujifilm-Techniker dem Fotografen nicht mehr Wahlfreiheit zu. Bei der Ausleuchtung des 24-Millimeter-Weitwinkels müht sich das kleine Lichtchen redlich, mit aufgesetzter Sonnenblende wirft diese aber einen deutlichen Schatten. Und auch ohne Sonnenblende wird das untere Viertel des Bildes dunkler beleuchtet, ebenso die Bildecken. Für gute Blitzausleuchtung sollte daher ein externer Blitz aufgesteckt werden.
Im Videobetrieb kann die große Bridgekamera wieder punkten. Die Aufzeichnung in FullHD mit 30 Bildern pro Sekunde beginnt nach einer kurzen Verzögerung. Der Autofokus sollte vorher auf AF-C eingestellt werden, denn das erledigt die FinePix im Videobetrieb leider nicht selbständig. Der Fokus hat allerdings zeitweise Mühe, den richtigen Punkt zu treffen, so dass manuelles Scharfstellen durchaus angebracht ist. Der Bildstabilisator leistet auch im Videobetrieb gute Dienste, sowohl in langen Brennweiten als auch bei Kamerafahrten steht das Bild sehr ruhig. Nur an die verzögerte Bewegung bei Schwenks muss man sich gewöhnen. Auch im Videobetrieb gibt es einen High-Speed-Modus, der bei deutlich reduzierter Auflösung mit bis zu 200 Bildern pro Sekunde filmt. Vervollständigt wird die Videoausstattung durch den Anschluss für ein externes Mikrofon, der leider nicht manuell ausgesteuert werden kann.
Objektiv Beim fest verbauten Objektiv gibt es nichts zu meckern: Der Zoomring lässt sich mit genau der richtigen Kraft geschmeidig und ruckfrei drehen. In etwas mehr als einer viertel Drehung ist der riesige Bereich vom 24er Weitwinkel bis zum 624er Supertele (alle Brennweitenangaben entsprechend Kleinbild) überstrichen. Das gelingt schon nach kurzer Zeit sehr gleichmäßig und ohne Verrenkungen. Dabei wächst der Objektivtubus inklusive Sonnenblende auf gewaltige 170 Millimeter aus der Kamera heraus. Die Sonnenblende wird mit einem etwas zu locker sitzenden Bajonett am Objektiv verriegelt, so dass sie im Eifer des Gefechts schon mal abfallen kann. Schaden nimmt sie dabei nicht, denn sie ist sehr solide aus Metall gefertigt. Es gibt aber dennoch einen kleinen Wermutstropfen: Wegen der kurzen Anfangsbrennweite des Objektivs kann die Sonnenblende nur den für Weitwinkel typisch geringen Schutz vor Streulicht bieten. In allen längeren Brennweiten wünscht man sich eine bessere Beschattung der Frontlinse. Störende Lichtreflexe bei Streiflicht sind die Folge. Im Schnee fiel das durch einen bläulichen Blendenreflex in Bildmitte besonders deutlich auf.
Die FinePix X-S1 gehört zu den Superzoomkameras, obwohl ihr Zoomfaktor von 26 nicht die Spitze ihrer Art darstellt. Immerhin beginnt der Spaß bezogen auf Kleinbild praxisgerecht mit einem starken 24er Weitwinkel und endet beim eher selten benötigten 624er Supertele. Die relativ hohen Anfangsöffnung von F2,8 bis F5,6 geht für ein derart mächtiges Objektiv voll in Ordnung und das lange Ende macht der optische Bildstabilisator hervorragend beherrschbar. Man muss sich schon fast um Verwacklung bemühen, denn das Bild steht wie festgenagelt. Manchmal ärgert allerdings der Autofokus ein wenig, wenn er die Schärfe nicht findet oder trotz genauen Zielens doch auf eine unerwünschte Motivpartie scharf stellt. Besonders in Telestellung friert das Sucherbild für Bruchteile einer Sekunde ein und die Schärfe springt beim Erwachen manchmal daneben. Meist aber sitzt der Fokus schnell exakt da, wo man es wünscht. Die FinePix bietet neben der Mehrfeldmessung, bei der sich die Kamera selbst ein Objekt zum Scharfstellen sucht, die Möglichkeit, die Messung auf eine von 49 über das Bildfeld verteilten Positionen zu legen. Zusätzlich kann die Größe des Messfeldes variiert werden.
Interessant ist eine "AF-Tracking" genannte Funktion: Der Fotograf stellt auf ein Objekt scharf, das die Kamera dann in der Schärfe zu halten versucht. Das funktioniert bei einigermaßen gleichmäßigen Bewegungen sehr gut. Natürlich beherrscht die FinePix auch Gesichtserkennung und Wiedererkennung, es können bis zu acht Personen unterschieden werden. Wem all diese Automatiken suspekt sind schaltet kurzerhand auf manuellen Fokus um. Der zwischen Zoomring und Kameragehäuse gut zu ertastende Schärfering ist leichtgängig und kann mit dem Mittelfinger nachgestellt werden, während Daumen und Zeigefinger die Brennweite regeln. Im Prinzip ist das sehr bequem aber leider folgt der Fokus nicht exakt den Drehbewegungen. Das fällt besonders mit zugeschalteter Sucherlupe auf. Etwas zu leicht wird der exakte Schärfepunkt übersprungen. Aber die X-S1 lässt den Fotografen nicht alleine, mit einem Druck auf die AE/AF-Lock-Taste stellt sie die Schärfe automatisch ein, manuelles Nachkorrigieren ist dann nur selten nötig. In Weitwinkelposition kann der Nahbereich auf Wunsch bis fast zur Frontlinse erweitert werden. Mit an das Motiv stoßendem Objektiv ist das Bildfeld nur vier Zentimeter breit, eine auf der Linse sitzende Fliege wird scharf gestellt!
Wie schon erwähnt, ist die mechanische Qualität des ausschließlich manuell zu bedienenden Zoomobjektivs tadellos. Geschmeidig und weich, fast ohne Spiel und sehr geräuscharm taugt es auch für Videoaufnahmen. Mit etwas Übung lässt sich eine Zoomfahrt über den gesamten Bereich ausführen. Das leichte Schaben des Zoomens und das dezente Knarzen des AF-Antriebs wird meist von den deutlich störenderen Windgeräuschen überdeckt. Nur am kurzen Ende wird die Mechanik etwas lauter.
Bildqualität Das Kernstück einer jeden Kamera ist das Objektiv. Wohl und Wehe der Bildqualität hängen im besonderen Maße von dessen Leistungsfähigkeit ab. Bei einer derart mächtigen Optik, wie sie die Fujifilm FinePix X-S1 mitbringt, sind Kompromisse unvermeidbar. Das enorme Brennweitenspektrum, der Makromodus mit Aufnahmenabständen bis zur Frontlinse und die relativ hohe Anfangsöffnung sind beeindruckende Eckdaten. Normalerweise füllt eine vergleichbare Vielseitigkeit einen gut ausgestatteten Fotokoffer. Dass hier Defizite in Kauf genommen werden müssen, sollte jedem klar sein. Im praktischen Einsatz schlug sich die FinePix wacker als idealer Reisebegleiter für Erinnerungsfotos. Bei Vergrößerungen im Fotobuchformat gibt es auch nichts zu meckern. Wer von dieser 12 Megapixelkamera aber Poster entsprechender Größe verlangt, wird enttäuscht sein. Trotz des für diese Kameraklasse großen Sensors – immerhin ein Viertel der Kleinbilddiagonale – und der recht moderaten Auflösung offenbarten sich im Messlabor die typischen Mängel eines Superzooms.
Am kurzen Ende ist fast noch alles in Ordnung: Bei offener Blende wird die Bildmitte mit knapp 35 Linienpaaren pro Millimeter aufgelöst, was in etwa dem Durchschnitt vieler Kompaktkameras entspricht. Zum Rand hin wird es leider deutlich schlechter, was sich auch durch Abblenden nicht wesentlich verbessern lässt. Die Auflösung der Mitte nähert sich dann dem Rand an. Beugungsbedingt lohnt Abblenden nur bis F8, was bei der X-S1 eine Stufe unter dem Maximalwert ist. Am langen Ende offenbart sich der bei solchen Objektiven unvermeidbare Kompromiss deutlicher: Die Auflösung ist schon unter optimalen Bedingungen, das heißt bei Blende 8, nur noch bei 24 Linienpaaren pro Millimeter in der Bildmitte mit zum Rand hin fallender Tendenz. Hinzu kommt gerade bei dieser Brennweite ein enormer Chromafehler, der im Maximum auch bei geringen Vergrößerungen deutlich als Unschärfe zu Tage tritt. Das heißt nicht, dass das Objektiv bei langen Brennweiten nicht verwendbar ist. Für mittlere Fotoabzüge und Videoaufnahmen ist die Qualität akzeptabel. Großformate hingegen sind nur aus etwas größerem Abstand betrachtet makellos.
Im Gegensatz dazu hat Fujifilm bei Randabdunklung und Verzeichnung gute Arbeit geleistet. Eine viertel Blendenstufe Lichtverlust zum Rand sind für ein derart extremes Weitwinkel hervorragend und die Verzeichnung ist mit etwa 1,2 Prozent tonnenförmig durchaus zu verkraften. Schon bei etwas längerer Brennweite verflüchtigen sich beide Fehler in die Unsichtbarkeit. Bei der Messung der Schärfeartefakte zeigt sich, warum die Auflösung der X-S1 eher mittelmäßig ist: Die Techniker von Fujifilm haben nur vorsichtig an der Softwareschraube gedreht um die Auflösung zu erhöhen. Das bietet Raum für individuelle Nachbearbeitung. Leider ist der Signal-Rauschabstand nicht besonders hoch und schon bei moderater Erhöhung der Lichtempfindlichkeit geht dieser stetig bergab. Ab ISO 400 kommt die FinePix schon in den kritischen Bereich, wo Stör- und Nutzsignal nicht mehr genügend zu unterscheiden sind. Bei der ISO-Messung zeigt sich jedoch, dass die X-S1 etwa eine halbe Blende empfindlicher ist als angegeben.
Mit steigender ISO-Einstellung sinken Texturschärfe und Eingangsdynamik genau so gleichmäßig, wie das Luminanzrauschen zunimmt. Als problemlos nutzbar kristallisiert sich der Bereich bis ISO 800 heraus, darüber sind die Verluste zu groß. Beim Weißabgleich und der Farbtreue kann die Kamera wieder punkten. Die Lichtfarbe korrigiert sie nahezu perfekt, bei der Farbwiedergabe werden nur Rot- und Lilatöne etwas zu bunt reproduziert, was aber oft als angenehm empfunden wird.
Die im Praxiseinsatz festgestellten Mängel bei der Blitzausleuchtung bestätigt die Messung vollständig, zum Rand verliert er mehr als 2 Blendenstufen. Bei der Auslösegeschwindigkeit mit Fokus erreicht die FinePix X-S1 durchschnittliche Werte, vorfokussiert ist sie mit nur 0,05 Sekunden absolut Schnappschuss tauglich.
Fazit Nach dem Abwägen aller Für und Wider stellt sich die Frage, für wen diese Kamera geeignet ist. Und obwohl sie einen gemischten Eindruck hinterlässt ist die Antwort ziemlich eindeutig: Die Fujifilm FinePix X-S1 ist eine flexible Alles-in-einem Kamera für die ganze Familie. Sie filmt toll, macht exzellente Fotos fürs Album und mit ein paar Abstrichen in der Bildqualität auch mal ein Landschaftsfoto im Posterformat. Die Ausstattung ist mehr als vollständig und bietet äußerst bequem für nahezu jedes Motiv die passende Funktion. Die Kamera macht wirklich Spaß, und wenn man bereit ist, ein Kilo zu schleppen, liegt man mit der X-S1 genau richtig. Für Schärfeenthusiasten ist sie allerdings nichts.
Kurzbewertung
- Sehr ergonomisch gestaltet
- Gut als Videokamera geeignet
- Vollständige Ausstattung
- Ausgezeichnet verarbeitete, robuste Kamera
- Unbequemer Trageriemen
- Überdurchschnittlich groß und schwer
- Autofokus liegt manchmal deutlich daneben
- Mäßige Bildqualität
Technische Daten
Modell |
Fujifilm FinePix X-S1 |
Sensor |
CMOS-Sensor 2/3" 8,8 x 6,6 mm (Cropfaktor 3,9) 12,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.000 x 3.000 (4:3) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 30p |
Objektiv |
24-624 mm / F2,8-5,6 (26-fach Zoom) |
Sucher |
elektronischer Sucher |
Monitor |
3,0", 0,460 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, max. 3 Aufnahmen (1/3-1 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Lens-Shift (optisch) |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
Fujifilm, Standard-Mittenkontakt Blitzschuh |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 3 Bilder/s und max. 8 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 100 bis 3.200 |
Abmessungen |
135 x 107 x 149 mm (B x H x T) |
Gewicht |
905 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
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