Spiegellose Flaggschiff-Systemkamera

Testbericht: Fujifilm X-T2

2017-02-02 Mit der X-Pro2 und X-T2 fährt Fujifilm eine Zwei-Flaggschiff-Strategie, wobei die X-T2 das "sportlichere" und modernere Modell ist. Die X-T2 bietet nicht nur eine höhere Serienbildleistung, erst Recht mit dem optionalen Batteriegriff, sie erlaubt mit 4K auch eine höhere Videoauflösung. Auch das Sucher- und Bildschirmkonzept ist bei der X-T2 ein gänzlich anderes, setzt sie doch auf einen rein elektronischen Sucher und einen klappbaren Bildschirm. Mit ihren vielen Bedienrädern, Hebeln und Tasten zeigt sich die X-T2 hingegen klassisch wie die X-Pro2. Im Test muss die X-T2 nun zeigen, was sie bei der Bildqualität und Performance leistet.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Die Fujifilm X-T2 kommt im klassischen SLR-Design der 80er-Jahre daher. Die ist mit ihrem gegen Spritzwasser und Staub abgedichteten Gehäuse grundsolide gebaut. Nicht knarzt oder knackt beim In-die-Hand-nehmen. Sucherbuckel und Handgriff fallen jedoch relativ klein aus. Dank der Daumenmulde auf der Rückseite sowie der großzügigen Gummiüberzüge des Gehäuses lässt es sich dennoch sicher halten. Für die relativ kompakten Abmessungen fällt das Gehäuse mit einem halben Kilogramm recht schwer aus, was den soliden Eindruck unterstreicht. Wer mehr Griffigkeit möchte, kann den optionalen Batteriegriff VPB-XT2 dazukaufen. Dieser nimmt nicht nur zwei zusätzliche Akkus auf, was die Laufzeit auf über 1.000 Bilder steigert, sondern bietet einen Hochformatgriff samt zusätzlichen Bedienelementen und Auslöser sowie eine Griffverstärkung für den Querformat-Handgriff. Als wäre das nicht schon genug, lässt sich am Griff ein Boost-Modus aktivieren, der die Leistungsfähigkeit der Kamera in vielerlei Belangen steigert. Zusätzlich gibt es einen Netzteilanschluss, über den auch die Akkus geladen werden können, sowie einen Kopfhöreranschluss. Die hohe Investition in den allerdings ohne Akkus ca. 270 bis 330 Euro teuren Griff plus ggf. rund 140 Euro für zwei Akkus lohnt sich also durchaus, immerhin ist auch das Netzteil im Lieferumfang.

Doch zurück zur Kamera: Auf der Handgriffseite sitzt der Speicherkartenslot, wobei beide SD-Fächer mit SDHC, SDXC sowie UHS-II kompatibel sind. Mit entsprechender Karte erreicht die X-T2 eine Datentransferrate von gut 117 MByte pro Sekunde. Damit werden UHS-II-Karten zwar nicht ausgeschöpft, den Spitzenplatz nimmt weiterhin die Olympus OM-D E-M1 Mark II mit 170 MByte/s ein, aber UHS-I-Karten deutlich übertroffen. Auf der linken Gehäuseseite verbergen sich hinter einer Kunststoffklappe die Schnittstellen: Neben dem 2,5mm-Klinken-Kabelfernauslöseanschluss gibt es eine Micro-HDMI-Schnittstelle, einen USB-3-Anschluss (leider kein Typ C) sowie eine 3,5mm-Stereoklinke für ein Mikrofon. Sogar einen klassischen Drahtauslöseanschluss bietet die X-T2, dieser befindet sich als Gewinde im Auslöser. Auf der Gehäuseunterseite sitzt das Metallstativgewinde in der optischen Achse, das weit genug vom Akkufach entfernt ist, um den Akku auch mit angesetzter Schnellwechselplatte herausnehmen zu können.

Sehr clever gelöst hat Fujifilm den Klappmechanismus des 7,5 Zentimeter großen Bildschirms, bei dem es sich allerdings leider nicht um einen Touchscreen handelt. Er lässt sich nicht nur um 90 Grad nach oben und 45 Grad nach unten klappen, sondern auch (nach Entriegelung) um 60 Grad nach rechts, was für Hochformatfotos praktisch sein kann. Dabei bleibt das mit einer Million Bildpunkten ausreichend fein aufgelöste Display stets hinter der Kamera und muss nicht störend seitlich neben die Kamera geschwenkt werden. Nur für Selfies eignet es sich dadurch nicht, was für die Zielgruppe verschmerzbar sein dürfte.

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Der elektronische Sucher ist eine wahre Pracht. Mit seiner kleinbildäquivalenten 0,77-fachen Vergrößerung ist er so groß wie der Sucher einer Vollformatkamera. Die Bildwiederholrate ist mit wahlweise 60 oder 100 fps sehr flüssig und die Auflösung mit 2,36 Millionen Bildpunkten ausreichend hoch (auch wenn es inzwischen deutlich höher auflösende Sucher gibt). Einzig Brillenträger haben etwas Probleme, da man schon ohne Brille kaum bis in alle Ecken gleichzeitig blicken kann. Glück hat, für wen die Dioptrienkorrektur ausreicht. Übrigens schaltet sich der Sucher dank des Näherungssensors automatisch an und ab. Neben den Vorteilen wie digitalen Einblendungen, (abschaltbarer) Belichtungs- und Weißabgleichsvorschau sowie einem hellen Sucherbild auch in dunklen Umgebungen ist so ein elektronischer Sucher auch in hellen Umgebungen von Vorteil, da man in ihm selbstverständlich die aufgenommenen Fotos und Menüs sehen kann. Der Bildschirm ist aber auch ausreichend hell, vor allem für die Menüs selbst in hellstem Sonnenlicht. Für die Motivbeurteilung hat der Sucher gegenüber dem Bildschirm aber klare Auflösungs- und Dynamikvorteile.

Die Bedienung der X-T2 ist im Wesentlichen auf klassische Drehräder, Hebel und Tasten ausgelegt und erfreulich wenig menülastig. Einen Automatikmodus mit Motiverkennung sucht man vergeblich. ISO-Empfindlichkeit und Belichtungszeit werden über Drehräder auf der Kameraoberseite eingestellt, die Blende am Objektiv. Dank zweier universeller, obendrein drückbarer Bedienräder lassen sich die Werte aber auch wie bei modernen Kameras einstellen. Wer gerne Tasten frei belegen möchte, findet einen Fn-Knopf auf der Kameraoberseite, eine Taste an der Vorderseite sowie die Vierwegetasten, die sich nach Wunsch konfigurieren lassen. Zudem sorgt ein Quick-Menü dafür, dass man auch für weitergehende Aufnahmeeinstellungen nicht gleich ins große Menü muss. Letzteres ist aufgeteilt in einige Registerkarten mit jeweils teilweise längeren Untermenüs, was nicht immer ganz übersichtlich ist. Die X-T2 erlaubt vielfältige Anpassungsmöglichkeiten bis hin zum Verhalten des Autofokus, was einiges an Einarbeitungszeit benötigt, wenn man diese Funktionen nutzen möchte. Werksseitig kommt die X-T2 aber mit wohlüberlegten Voreinstellungen für die diversen Tasten, so dass man gleich loslegen kann.

Ausstattung

Wie eingangs erwähnt richtet sich die X-T2 an ambitionierte Fotografen, die den Umgang mit Blende und Belichtungszeit bereits kennen oder aber schnell erlernen wollen. Dennoch fehlen einige nützliche Automatikfunktionen nicht, wie etwa die Schwenk-Panoramafunktion, die wie der Serienbildmodus, die Belichtungsreihenfunktion, die Effektfilter und die Videofunktion über den Wahlhebel unterhalb des ISO-Rads zu erreichen ist. Was jedoch fehlt, ist eine HDR-Funktion, sodass man solche Aufnahmen nur mit Hilfe einer PC-Software erstellen kann. Auch die Belichtungsreihenfunktion ist mit maximal drei Bildern und +/- 2 EV Belichtungsabstand nur für leichte HDR-Aufnahmen brauchbar, aber nicht für stärkere HDR-Effekte. Immerhin erreicht die Belichtungskorrekturfunktion +/-5 EV, womit man der Belichtungsreihenfunktion manuell auf die Sprünge helfen kann (bspw. bei -5 EV, 0 EV und +5 EV jeweils eine Dreier-Belichtungsreihe anfertigen).

Zwar bietet die Fujifilm X-T2 keinen eingebauten Pop-Up-Blitz, verfügt jedoch über einen TTL-Blitzschuh sowie eine Blitzsynchronbuchse. Außerdem befindet sich ein gar nicht man so kleiner Aufsteckblitz im Lieferumfang, der schön hoch aufbaut. Die Stromversorgung übernimmt dabei die Kamera via Blitzschuh. Zum Blitzen stehen alle Standardoptionen wie eine Langzeitsynchronisation, das Blitzen am Ende der Belichtung sowie eine Blitzbelichtungstungskorrektur bereit. Außerdem beherrscht das Fujifilm-Blitzsystem inzwischen eine Drahtlosfunktion mit entsprechenden Systemblitzen, auch Drittanbieter wie Metz adaptieren es bereits. Die kürzeste Blitzsynchronzeit liegt bei 1/250 Sekunde, wobei die großen Systemblitze auch eine Highspeed-Synchronisation bieten. Der mechanische Schlitzverschluss ist ohne Blitz bis zu 1/8.000 Sekunde schnell, wer lautlos auslösen möchte, kann auf einen bis zu 1/32.000 Sekunde kurzen elektronischen Verschluss zurückgreifen.

Als besonders leistungsfähig preist Fujifilm den Autofokus der X-T2 an. Dieser arbeitet mit 169 auf dem Sensor sitzen Phasenmesssensoren sowie 273 Kontrastsensoren, die ein größeres Bildfeld abdecken. Zudem bietet das Kameramenü weitreichende Konfigurationsmöglichkeiten für den AF-C, um die Motivverfolgung der Aufnahmeszene anzupassen. Mit diesen Einstellungen muss man sich etwas intensiver beschäftigen, um die maximale Leistungsfähigkeit aus dem AF-C herauszuholen. Überhaupt hat der Autofokus gewisse Macken, mit denen man umzugehen verstehen sollte. Bei der Messung der Autofokusgeschwindigkeit im Labor fiel uns auf, dass der AF-S werksseitig nicht auf Schärfepriorität stand, sondern wie beim AF-C üblich auf Auslösepriorität. Zur Messung stellten wir das entsprechend um und kamen auf eine unerwartet lange Auslöseverzögerung von 0,41 Sekunden beim Fokussieren von unendlich auf zwei Meter, und zwar unabhängig von der eingestellten Brennweite. Die reine Auslöseverzögerung hat etwa einen Anteil von 0,07 Sekunden. Für die manuelle Fokussierung stehen mit der Fokuslupe, der Schnittbildindikatorsimulation, dem Fokuspeaking sowie der Schärfeskala samt Schärfentiefeanzeige alle nur erdenklichen Hilfestellungen bereit, ein Druck auf die AF-On-Taste sorgt auch bei manuellem Fokusmodus für eine automatische Fokussierung.

Der AF-C kommt vor allem im Zusammenspiel mit der Serienbildfunktion zum Tragen. Hier erreicht die X-T2 auf dem Papier maximal acht Bilder pro Sekunde. In unserer Messung lag die Serienbildgeschwindigkeit mit 8,1 Bildern pro Sekunde für 47 komprimierte Raw-Bilder in Folge, in JPEG schreibt die Kamera sogar so schnell auf eine UHS-II-Karte, dass man diese mit 8,2 Bildern pro Sekunde komplett füllen kann. In Raw hingegen sinkt die dauerhafte Serienbildrate auf recht regelmäßige fünf Bilder pro Sekunde. Limitierender Faktor ist dabei das 117 MByte/s Dateninterface der X-T2, das gerne noch etwas schneller hätte ausfallen können. Mit der OM-D E-M1 Mark II von Olympus etwa erreichten wir im Test 170 MByte/s. Schnellere Serienbildraten erreicht man mit elektronischem Verschluss (14 Bilder/s mit AF-C) oder dem optionalen Batteriegriff (11 Bilder/s mit mechanischem Verschluss im Boost-Modus). Nutzt man jedoch den AF-C während der Serienbildaufnahmen, so wird die Serienbildrate auch bei 8 Bildern/s etwas unregelmäßig, denn die Auslösepriorität scheint nicht zu 100 Prozent zu greifen. Nichtsdestotrotz gehört die X-T2 definitiv zu den schnellsten Kameras bezüglich Serienbildrate und AF-C. Sie befindet sich zusammen mit der erwähnten Olympus sowie der Sony Alpha 6000, 6300 und 6500 auf einem sehr hohen Niveau, mit dem allenfalls noch die besten DSLRs konkurrieren können.

Die Videoaufnahmefunktion versteckt sich bei der Fujifilm X-T2 etwas, sie ist ebenfalls über den Moduswahlhebel erreichbar. Eine Videoaufnahmetaste, die auch im Fotomodus aktiv ist, gibt es nicht, womit keine "Videoschnappschüsse" möglich sind. Beim Videomodus hat sich Fujifilm immerhin mit Videofilmern zusammengesetzt, um die benötigten Funktionen zu implementieren. So gibt es neben dem integrierten Stereomikrofon einen Anschluss für externe Mikrofone, den Kopfhöreranschluss bringt hingegen nur der Batteriegriff mit. Es gibt eine Pegelanzeige sowie eine Einstellung für die Mikrofonempfindlichkeit. In HD und Full-HD stehen Bildwiederholraten von 23,98, 24, 25, 29,97, 50 und 59,94 Bildern pro Sekunde zur Verfügung, in 4K-Auflösung fehlen die beiden schnellsten Bildwiederholraten. Der HDMI-Anschluss gibt auf Wunsch ein Signal ohne Bildschirmeinblendungen für externe Aufzeichnung aus und der im Video gut funktionierende Autofokus lässt sich ebenfalls steuern. Zudem stehen manuelle Einstellungen, die Filmsimulationen und noch einiges anderes für Videoaufnahmen zur Verfügung.

Im Wiedergabemodus stehen in JPEG einige grundlegende Bildbearbeitungsmöglichkeiten wie eine Rote-Augen-Korrektur, eine Beschnittfunktion sowie eine Auflösungsänderung bereit. Für Raw-Aufnahmen bietet die X-T2 einen integrierten Konverter, der viele Einstellmöglichkeiten inklusive der Filmsimulationsmodi (von denen uns der Classic Chrome immer wieder begeistert) bietet. Dank WLAN können die Aufnahmen zudem an Smartphones und Tablets sowie Instax-Drucker geschickt werden (siehe auch den Instax-Test in den weiterführenden Links). Sogar einen Fotobuch-Assistenten bietet die X-T2. Die WLAN-Funktion überträgt die Bilder erstaunlich schnell. Man kann im Wiedergabemodus mit einem Tastendruck Bild für Bild ans Smartphone schicken und sich dabei durch die Aufnahmen navigieren, was die Bildauswahl einfacher macht, als wenn kleine Thumbnails auf dem Smartphone angezeigt werden. Wer möchte, kann das Smartphone aber auch zur Fernsteuerung der Kamera nutzen. Sogar eine dauerhafte Verbindung zur Übertragung der Aufnahmeposition ist möglich, die mit der Kamera aufgenommenen Fotos werden dabei direkt mit den entsprechenden Metadaten versehen. Die nötige Smartphone-App läuft auch auf Tablets, sie ist jedoch nur für Android und iOS erhältlich. Weitere Details sind unserem Fototipp (siehe weiterführende Links) zu entnehmen.

Fortsetzung auf Seite 2

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