Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Leica M Monochrom

2013-03-07 Mit der M Monochrom hat Leica einen Coup gelandet: Der Bildsensor der spiegellosen Kleinbildkamera verzichtet auf die üblichen Farbfilter, er zeichnet lediglich Helligkeitsinformationen auf. Damit avanciert sie zur derzeit einzigen digitalen Schwarzweiß-Kamera. Das Konzept verspricht eine noch nie erreichte Detailauflösung, zumal auch kein Tiefpassfilter den Weg des Lichts stört. Ob Leicas Schwarzweiß-Kamera dieses Versprechen einlösen kann, musste sie im Testlabor von digitalkamera.de sowie im ausgedehnten Praxiseinsatz zeigen. Zudem sind wir der Frage nachgegangen, ob das schon fast anachronistische Messsucherkonzept heute im fotografischen Alltag überhaupt noch seine Berechtigung hat.  (Martin Vieten)

Inhaltsverzeichnis

  1. Technische Daten

Leica M Monochrom mit Summarit-M 1:2.5/50 mm [Foto: MediaNord]Ergonomie und Verarbeitung „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ – so postuliert es der große Dichter Johann Wolfgang von Goethe 1783 in seinem Gedicht „Das Göttliche“. Nun, edel ist die Leica M Monochrom zweifelsohne. Das Gehäuse der digitalen Messsucherkamera wirkt wie aus dem Vollen gefräst, strahlt aber mit seinen weitgeschwungenen Kurven durchaus auch Anmut aus. Dabei ist die Leica M Monochrom mit einem Leergewicht von rund 600 Gramm leichter als man es beim Anblick des soliden Gehäuses erwarten würde. So lässt sich die MM – wie sie häufig kurz genannt wird – gerade noch mit einer Hand halten, obwohl das ebenmäßig geformte Gehäuse keinerlei Griffwulst oder -mulde bietet. Lediglich eine feingenarbte Belederung soll verhindern, dass das teure Stück versehentlich aus der Hand rutscht. Da ist es nur gut, dass Leica der Kamera einen Halsgurt beilegt, der stilecht aus echtem Leder gefertigt ist.

Dass die Leica M Monochrom eine Digitalkamera ist, offenbart sie selbst auf dem zweiten Blick kaum. So sucht man zunächst vergeblich nach einem Fach für die Speicherkarte. Es verbirgt sich unter der Bodenplatte, die zum Wechsel der Speicherkarte aber auch des Akkus komplett abgenommen wird. Das ist zwar dank des cleveren Knebelverschlusses rasch erledigt, aber eben doch nicht so schnell, wie sich die Speicherkarte in einem herkömmlichen Fach austauschen lässt. Ist die Leica indes auf einem Stativ montiert, hat dieses Verfahren durchaus auch seine Vorteile: Ganz gleich, wie groß die angesetzte Schnellwechselplatte ist – sie lässt sich stets mitsamt Bodenplatte abnehmen, Akku und Speicherkarte bleiben also auch beim Stativeinsatz relativ bequem zugänglich. Schade nur, dass das Stativgewinde nicht in der optischen Achse sitzt – für aufwändige Panorama-Aufnahmen ist die MM also nicht ganz so gut geeignet.

Leica M Monochrom mit Summarit-M 1:2.5/50 mm [Foto: MediaNord]Edel ist die Leica M Monochrom zweifelsohne, aber ist sie auch hilfreich bei der Aufnahme? Live-View oder gar einen elektronischen Sucher gibt es bei der MM jedenfalls nicht. Zur Bildkontrolle dient vielmehr ein optischer Messsucher – ganz so wie zum Beispiel bei der analogen M7, die Leica weiterhin im Programm hat. Mithilfe dieses Messsuchers wird nicht nur der Bildausschnitt festgelegt, er dient auch zum Fokussieren. Einen Autofokus sucht man bei der MM vergeblich, diese Kamera lässt sich ausschließlich manuell scharf stellen (mehr dazu im Abschnitt „Objektiv“). Immerhin ist das Sucherbild erfreulich groß und vor allem sehr hell – heller als bei einer DSLR. Die Sucheranzeige geizt mit Informationen. Während heutige Kameras bisweilen das Sucherbild mit dutzenden Symbolen übersäen, blendet die Leica lediglich mit einer etwas anachronistisch anmutenden Leuchtschrift rudimentäre Belichtungsdaten ein, sobald der Auslöser halb niedergedrückt wird. Doch was zunächst rückschrittlich wirkt, entpuppt sich in der Praxis schnell aus Wohltat: Mit der Leica M Monochrom konzentriert man sich automatisch voll und ganz auf sein Motiv, es gibt ja kaum etwas anderes im Sucher zu sehen, was ablenken könnte.

Wenig Anlass zur Ablenkung oder gar zur Spielerei bieten auch die Bedienelemente – schon alleine deswegen, weil ihre Anzahl aufgrund des überschaubaren Ausstattungsumfangs der Leica M Monochrom recht gering ist. Fünf kleine Knöpfchen auf der Rückseite zur Konfiguration genügen. Ferner gibt es einen erfreulich großen und griffigen Einstellring, der ein ebenso gut bedienbares Vier-Wege-Tastenfeld umschließt. Dazu noch ein ganz traditionelles Einstellrad für die Belichtungszeit (oder die Zeitautomatik A) und einen Auslöser auf der Kameraoberseite – mehr braucht es eigentlich nicht, um die Leica M jederzeit an die Aufnahmesituation anzupassen. Zugegeben, diese Reduktion auf das Wesentliche ist auch deshalb möglich, weil Leica die Vorwahl der Blende ganz klassisch dem Objektiv anvertraut – dazu mehr im entsprechenden Abschnitt.

Leica M Monochrom [Foto: MediaNord]Nicht nur das Äußere, sondern auch die Handhabung scheinen verschämt zu verhehlen, dass die Leica M Monochrom die Aufnahme einem elektronischen Bildwandler anvertraut und nicht etwa einem Film. Einzig der Monitor auf der Rückseite weist darauf hin, dass es sich bei der MM eben doch um eine Digitalkamera handelt. Er zeigt auf Knopfdruck ein recht überschaubares Kameramenü, das jedoch durchaus einige einzigartige Optionen bereithält. Dass das Display fest verbaut ist, sei Leica verziehen – Live-View kennt die M Monochrom nicht und zur Bildkontrolle nach der Aufnahme bedarf es keines dreh- und schwenkbaren Monitors. Wohl aber einen hochauflösenden – doch gerade in diesem Punkt gibt sich die Kamera geizig: Die magere Display-Auflösung von 230.000 Dots wäre selbst bei einer Kamera aus dem Supermarkt heutzutage kaum noch zu verzeihen – bei einer derart hochpreisigen Kamera wie der MM ist sie schon fast ein Ärgernis. Da hilft es auch wenig, dass das Display mit einer Diagonalen von 2,5 Zoll klein ausfällt – bereits bei moderaten Vergrößerungsstufen im Wiedergabemodus kommt es zu störender Treppchenbildung an Kontrastkanten.

Ausstattung Während es heute oftmals leichter ist, zu schreiben, welches Feature einer Kamera fehlt, kann man die Ausstattungsmerkmale der Leica M Monochrom fast an den Fingern einer Hand abzählen. Diese Beschränkung aufs Wesentliche zeigt sich zum Beispiel bei der Belichtung: Sie wird entweder manuell gesteuert oder man gibt die Blende vor und lässt die Kamera die dazu passende Verschlusszeit wählen. Dabei wird die Arbeitsblende ganz klassisch mit einem Ring am Objektiv eingestellt – hier ist das Fotografieren also noch Handwerk! Motivprogramme oder gar intelligente Vollautomatiken sucht man bei dieser Kamera vergebens. Die Leica M Monochrom wendet sich ganz klar an Fotografen, die ihre Bilder auch in technischer Hinsicht selbst gestalten wollen. Mit dieser Reduktion auf das Wesentliche entzieht sich die Kamera aber eindeutig dem üblichen Bewertungsschema von digitalkamera.de – konsequenterweise haben wir daher auf die sonst übliche absolute Bewertung verzichtet.

Leica M Monochrom mit Summarit-M 1:2.5/50 mm [Foto: MediaNord]Doch ganz verschließt sich auch Leica dem Zeitgeist nicht und stattet die MM mit ein paar pfiffigen Funktionen aus. So lässt sich zum Beispiel die ISO-Automatik auf zweierlei Wegen konfigurieren: Zum einen herkömmlich durch Vorgabe der maximalen Empfindlichkeit. Alternativ aber auch, indem man die längste Verschlusszeit vorgibt, die die Zeitautomatik steuern darf. Eine Besonderheit bietet ferner die Histogrammanzeige im Wiedergabemodus: Wird im Raw-Format aufgezeichnet, berechnet die Leica M Monochrom das Histogramm aus der kompletten Rohdatendatei – und nicht wie üblich nur aus einem komprimierten Vorschaubildchen. Das Histogramm ist also sehr genau, zumal die Leica M Monochrom Raw-Dateien nicht komprimiert. Was auf den ersten Blick überkandidelt wirken mag, erhält durch die Eigenschaften des Schwarzweiß-Sensors durchaus einen tieferen Sinn: Da es keinerlei zusätzlichen Belichtungsspielraum durch die Farbdynamik geben kann, besteht bei einem Schwarzweiß-Sensor eine größere Gefahr, dass überbelichtete Bildpartien hart übersteuern und keinerlei Bildinformationen mehr enthalten. Eben davor soll das detaillierte Histogramm schützen, auf Wunsch zusätzlich mit einer Beschneidungswarnung im Bild. Letztere lässt sich sogar sehr fein konfigurieren, so kann man festlegen, ab welcher Sättigung die Beschneidungswarnung anspringt – etwa bereits bei 95 Prozent und nicht erst bei 100 Prozent, wenn keinerlei Zeichnung mehr in den Lichtern aufgenommen wurde. Analog gilt dies übrigens auch für die Tiefen.

Als weiteres Zugeständnis an moderne Zeiten bietet die Leica M Monochrom einen Serienbildmodus. Dessen Leistung reicht jedoch bei Weitem nicht an die aktueller Systemkameras heran: Bei JPEG-Aufnahmen schießt die MM mit einer Bildfolge von rund 1,6 Fotos per Sekunde (fps), im Raw-Format sind es immerhin 1,8 fps. Doch ganz gleich, in welchem Format aufgezeichnet wird: Nach sieben Fotos ist die Serie zu Ende. Danach geht es sehr gemütlich weiter, mit rund 0,27 fps unabhängig vom Aufzeichnungsformat – also etwa alle vier Sekunden ein weiteres Bild. Sicher, die Leica M Monochrom muss eine große Datenmenge verarbeiten – aber das dürfte gerne schneller gehen. So genehmigt sich die Kamera rund vier Sekunden Zeit, um eine JEPG-Aufnahme zu speichern; Raw-Fotos benötigen sogar sechs Sekunden, bis die Zugriffskontrolle erlischt. Zur Ehrenrettung trägt allerdings bei, dass die Kamera während des Speichervorgangs voll bedienbar bleibt, auch weitere Aufnahmen sind möglich.

Objektiv Obwohl die Leica M Monochrom wie auch die anderen aktuellen Digitalkameras der M-Familie mit einem Vollformatsensor ausgestattet ist, fallen die Objektive überraschend klein und leicht aus. So wiegt das Summarit M 1:2.5/50 mm, mit dem unsere Testkamera ausgestattet war, gerade einmal 230 Gramm und ist nur weniger als drei Zentimeter lang. Möglich wird dies vor allem durch das relativ geringe Auflagemaß des M-Systems – aber natürlich auch, weil die M-Objektive weder einen Fokusantrieb noch gar einen optischen Bildstabilisator bieten. Das Summarit M 1:2.5/50 mm ist optisch recht einfach aufgebaut, es besteht aus sechs Linsen in vier Gruppen. Die Naheinstellgrenze liegt bei 80 Zentimeter, daraus resultiert ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:14. Eine Gegenlichtblende wird nicht mitgeliefert, sie ist als Sonderzubehör erhältlich.

Scharf gestellt wird beim Leica-M-System prinzipiell von Hand, vorzugsweise beim Blick durch den Messsucher. Dieser Sucher ist an die Entfernungseinstellung des Objektivs gekoppelt und zeigt in der Mitte zwei Teilbilder. Um scharf zu stellen, dreht man am Fokusring des Objektivs, bis die beiden Teilbilder deckungsgleich übereinander liegen und zu einem Bild verschmolzen sind. Da das Sucherbild sehr hell ist, gelingt das auch im Schummerlicht mit etwas Übung mühelos. Zudem sind die Objektive von Leica in bester feinmechanischer Tradition gefertigt, der Fokusring läuft butterweich und sehr gleichmäßig. Leica stattet die meisten Objektive mit einem kleinen Knebel am Fokusring aus, mit dessen Hilfe lässt sich auch mit Handschuhen noch sicher von Hand scharf stellen.

Das Auflagemaß (der Abstand zwischen Sensoroberfläche Auflage und des Objektivs am Kameragehäuse) des Leica-M-Systems beträgt 27,8 Millimeter. Es ist damit deutlich kleiner als bei einer Spiegelreflexkamera aber größer als bei spiegellosen Systemkameras. Daher lassen sich Leica-M-Objektive problemlos an die gängigen spiegellosen Systemkameras adaptieren – eine durchaus interessante Möglichkeit, um in den Genuss der hervorragenden Leica-M-Objektive zu kommen.

Leica M Monochrom mit Summarit-M 1:2.5/50 mm [Foto: MediaNord]Ganz so, wie es früher in der Fotografie gang und gäbe war, wird auch die Blende am Objektiv eingestellt. Dabei schließt sich die Irisblende fix auf den vorgegebenen Wert, einen Unterschied zwischen Offenblende und Arbeitsblende gibt es nicht. Wozu auch, schließlich steht mit dem Messsucher eine völlig eigenständige Optik für das Sucherbild parat. So wird zwar die Helligkeit des Sucherbilds nicht von der vorgewählten Blende beeinflusst, anderseits ist aber auch keine Vorabkontrolle der Schärfentiefe möglich.

Das Messsucher-Konzept ist mitverantwortlich dafür, dass es für das M-System von Leica keine längeren Brennweiten als 135 Millimeter gibt. Mit zunehmender Brennweite wird nämlich der eigentliche Bildausschnitt im Sucher immer kleiner, ein eingespiegelter Leuchtraumen kennzeichnet ihn. Dass der Sucher bei langen Brennweiten einen deutlich größeren Ausschnitt zeigt als den Bildausschnitt, der aufgenommen wird, ist aber durchaus auch von Vorteil: Anders als zum Beispiel bei einer Spiegelreflexkamera kann man so auch das Geschehen außerhalb des Bildausschnitts im Blick halten. Der Messsucher ist übrigens mit einem Parallaxen-Ausgleich versehen, so dass er auch bei kurzen Aufnahmeentfernungen den Bildausschnitt annähernd korrekt anzeigt.

Bildqualität Edel ist die Leica M Monochrom ohne Frage, hilfreich nur für den Fotografen, der auch ohne intelligente Vollautomatiken und Motivprogramme zurechtkommt. Ist sie aber auch gut im Sinne der Bildqualität? Vor allem aber interessiert die Frage: Warum treibt Leica den Aufwand mit einem speziellen Schwarzweiß-Sensor, wo doch heute praktisch jede Digitalkamera mit einem üblichen Farb-Sensor quasi auf Knopfdruck auch Schwarzweiß-Fotos liefert? Das Kuriose dabei: Sieht man einmal von Sigmas speziellen Foveon-Sensor ab, können übliche Bildwandler nur Helligkeitsunterschiede aufzeichnen – jedoch keine Farbe. Damit dennoch Farbbilder entstehen, versieht man die einzelnen Sensorelemente mit Farbfiltern. Und zwar derart, dass 50 Prozent der Pixel Grün Leica M Monochrom mit Summarit-M 1:2.5/50 mm [Foto: MediaNord]aufzeichnen sowie jeweils 25 Prozent Rot und Blau. Um nun für jedes Pixel die kompletten RGB-Werte zu erhalten, werden die jeweils fehlenden Farbinformationen aus den Nachbarpixeln interpoliert. Hinzu kommt noch, dass nur der Grünkanal Helligkeitsinformationen enthält – für Rot und Blau müssen also auch die Luminanzwerte interpoliert werden. So gut die mathematischen Verfahren zur Interpolation der fehlenden Werte heute auch sein mögen – perfekt sind sie nicht. Und so entstehen Auflösungsverluste durch Interpolationsfehler. Ein reiner Schwarzweiß-Sensor wie der der Leica M Monochrom umgeht all diese Probleme und sollte eine deutliche höhere Auflösung aber auch einen weiteren Dynamikumfang liefern, als ein vergleichbarer Kleinbild-Sensor herkömmlicher Bauart mit 18 Megapixel.

Zudem verspricht das Schwarzweiß-Konzept Vorteile in Sachen Rauschen: Da die Farbfilter vor den Sensorelementen fehlen, erhält jedes Pixel die volle Lichtleistung. Und so wundert es wenig, dass die MM eine Basisempfindlichkeit von ISO 320 aufweist – das sind zwei Drittel mehr als die heute meist übliche Grundempfindlichkeit von ISO 200. Hinzu kommt, dass Leica den Sensor der Kamera in der heute ein wenig aus der Mode gekommenen CCD-Technologie ausführt. Sie gilt insbesondere bei niedrigen ISO-Zahlen als weniger rauschanfällig. Doch grau ist alle Theorie, erst in der Praxis und vor allem im Labor von digitalkamera.de zeigt sich, ob die Leica M Monochrom die hohen Erwartungen erfüllen kann, die man angesichts ihrer exotischen Technologie und vor allem auch des ambitionierten Preises an die Kamera haben darf.

Um es kurz zu machen: Sie kann es – wenn auch erst auf dem zweiten Blick. Zunächst verspricht die Messkurve des Signal-Rauschabstands nämlich nichts Gutes. Sie erreicht nie den gerade noch akzeptablen Wert von 35 dB, bereits jenseits der ISO 800 geht es zudem kontinuierlich in den Keller. Im Gegenzug nimmt das Luminanzrauschen ab ISO 800 kräftig zu, messtechnisch wird es ab ISO 1.600 kritisch. Dennoch liefert die Monochrom bis etwa ISO 5.000 Aufnahmen, die visuell als nahezu rauschfrei gelten können. Voraussetzung dazu ist allerdings eine perfekte Steuerung der Belichtung. Dazu darf gerne in den Plus-Bereich korrigiert werden, die Belichtungsmessung der Leica M Monochrom ist nämlich recht konservativ ausgelegt Leica M Monochrom mit Summarit-M 1:2.5/50 mm [Foto: MediaNord]und belichtet eher zu knapp als dass sie ausfressende Lichter zulässt. Verantwortlich für das visuell sehr angenehme Rauschverhalten ist eine äußerst feine Streuung der Störpixel, die Korngröße des Rauschens bleibt über den gesamten Empfindlichkeitsbereich überragend gering. Hinzu kommt, dass die M Monochrom prinzipiell keinerlei Probleme mit dem besonders lästigen Farbrauschen hat und ihr damit auch Interpolationsprobleme bei der Unterdrückung von Farbstörungen gänzlich fremd sind. Da verwundert es nicht, dass die Messkurve der Texturschärfe fast wie mit dem Lineal gezogen erscheint.

Bestenfalls gutes Mittelmaß zeigt die Messung der Eingangsdynamik. Bei der Basisempfindlichkeit von ISO 320 verarbeitet die Leica M Monochrom noch Helligkeitsunterschiede von etwas mehr als 10 Blendenstufen (EV). Doch bereits bei ISO 800 sinkt der Dynamikumfang auf gerade noch gute 9 EV und nimmt dann mit jeder Verdopplung der ISO-Empfindlichkeit um 1 EV ab. Da digitalkamera.de grundsätzlich die Bildqualität der JPEG-Dateien misst, um die Ergebnisse vergleichbar zu halten, ist das vermeintlich schlechte Messergebnis indes mit Vorsicht zu interpretieren. Zum einen geht es auf das Konto der sehr zurückhaltenden Rauschunterdrückung – die MM ist eben eher auf Detailauflösung als auf Rauscharmut ausgelegt. Und zum anderen steht bei ihr die Tonwertdifferenzierung vor allem in den Mitteltönen im Vordergrund. Allerdings erfüllt die Monochrom auch in diesem Punkt die hochgesteckten Erwartungen nicht ganz – zumindest nicht im Testlabor. Der Ausgabe-Tonwertumfang ist mit gut 128 von 256 möglichen Stufen überraschend gering, jenseits der ISO 800 geht er weiter zurück. Möglicherweise ist dieses Ergebnis darauf zurückzuführen, dass das Testlabor von digitalkamera.de auf die Messung herkömmlicher Farbkameras ausgelegt ist.

Professionell ist die Tonwertkurve der Leica M Monochrom abgestimmt. Die Kurve verläuft eher flach, geringe Helligkeitswerte werden also gut differenziert. Das geht zwar auf Kosten eines knackigen Bildeindrucks, lässt dem ambitionierten Fotografen anderseits alle Freiheiten, das Bildergebnis nachträglich am Rechner an seine Vorstellungen anzupassen. Eines erlaubt die Leica M Monochrom Speicherkartenfach und Akkufach [Foto: MediaNord]Schwarzweiß-Kamera indes nicht: Die nachträgliche Simulation von Farbfiltern per Bildbearbeitung. Die Leica M Monochrom wendet sich damit ganz bewusst an Fotografen, die Erfahrung mit der Schwarzweiß-Fotografie haben. Ihr Sensor ist panchromatisch ausgelegt, er setzt also die Motivhelligkeit unabhängig von deren Farben in Graustufen um. Daraus ergibt sich oftmals ein etwas flauer Bildeindruck, was sich indes durch den Einsatz von Farbfiltern bei der Aufnahme deutlich verbessern lässt. So erzeugt ein mittlerer Gelbfilter (Nr. 8, zum Beispiel von Heliopan) in vielen Fällen Schwarzweißkontraste, die als besonders natürlich empfunden werden.

Können Sensor und Bildprozessor vielleicht nicht alle hohe Erwartungen erfüllen, so überzeugt das Objektiv Leica Summarit-M 1:2,5/50 mm mit einer überragenden Abbildungsleistung. Bereits bei Offenblende liefert es an der Leica M Monochrom eine Auflösung von weit mehr als 50 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) – ein Wert, den so manches Kleinbildobjektiv nicht einmal bei optimaler Blende erzielt. Wird das Summarit abgeblendet, nimmt die Auflösung weiter zu und erreicht einen Spitzenwert von über 70 lp/mm – die beste Auflösungsleistung, die jemals im Labor von digitalkamera.de gemessen wurde! Sogar die mit 36 Megapixeln nominal doppelt so hoch auflösende Nikon D800E wird knapp übertroffen. Auffällig ist indes, dass die Auflösung zwischen F4 und F8 am Rand höher ist als im Bildzentrum. Das mag daran liegen, dass Leica die Mikrolinsen im Randbereich des Sensors so anordnet, dass sie das hier sehr schräg einfallende Licht stärker bündeln als allgemein üblich. Möglicherweise schärft aber auch die JPEG-Engine die Randbereiche stärker nach – darauf deuten zumindest die am Bildrand leicht erhöhten Schärfeartefakte hin. Insgesamt erzielt die Leica M Monochrom ihr überragendes Auflösungsvermögen jedoch ohne Tricks wie übertriebenes Nachschärfen, Schärfeartefakte bleiben stets auf niedrigstem Niveau. Dieses fulminante Ergebnis dürfte ebenfalls zu einem Leica M Monochrom [Foto: MediaNord]guten Teil aufs Konto des Schwarzweiß-Sensors gehen. Da die Kamera keine Farb- und Helligkeitsinformationen aus einem Bayer-Pattern interpolieren muss, kann sie die volle Sensorauflösung in eine entsprechende Bildqualität ummünzen. Zudem verzichtet Leica auf einen auflösungsbegrenzenden Tiefpassfilter, im Gegenzug kann es indes bei sehr fein strukturierten Motiven zur Bildung von Moiré kommen.

Unterm Strich sucht die Bildqualität der Leica M Monochrom gepaart mit dem Summarit-M 1:2,5/50 mm ihresgleichen – wenn man auf Farbfotos verzichten kann und das bei höherer ISO-Empfindlichkeit ausgeprägte aber sehr feine Helligkeitsrauschen in Kauf nimmt. Insbesondere das Auflösungsvermögen ist phantastisch. Für das Gebotene verlangt Leica indes einen hohen Preis. Da ist es gut zu wissen, dass sich die hervorragenden Optiken für das Leica-M-System via Adapter an nahezu jede spiegellose Systemkamera anschließen lassen und auch dann eine überragenden Abbildungsleistung liefern.

Fazit Die Leica M Monochrom mit ihrem Schwarzweiß-Sensor ist eine sehr spezielle Kamera. Und mit ihrem jahrzehntealten Messsucherkonzept ohne Live-View und Autofokus eine sehr traditionelle. So entzieht sie sich eindeutig dem üblichen Bewertungsschema von digitalkamera.de – auf eine absolute Bewertung verzichten wir deshalb. Nichtsdestotrotz vermag die derzeit einzige digitale Schwarzweiß-Kleinbildkamera zu faszinieren. Das Fotografieren bleibt mit ihr ein Handwerk, bei dem die Konzentration aufs Motiv im Vordergrund steht – und nicht eine überbordende Vielfalt an Automatikfunktionen und Einstellmöglichkeiten. Faszinierend ist aber auch die Bildqualität, die die Leica M Monochrom liefert. Auflösung und Detailzeichnung sind geradezu atemberaubend hoch, das Objektiv Leica Summarit-M 1:2,5/50 mm bildet nahezu fehlerfrei ab. Da verzeiht man der Kamera gerne den einen oder anderen Ausrutscher im Testlabor. Für weniger geübte Fotografen eignet sich die Leica M Monochrom schon allein wegen ihres sehr hohen Preises nicht. Wer aber eine Alternative zur analogen Schwarzweiß-Fotografie sucht und sein Handwerk versteht, kommt um die Leica M Monochrom kaum herum – und wird von dieser Kamera sicher nicht mehr lassen wollen.

Kurzbewertung

  • Helles Sucherbild (aber klein)
  • Solide Verarbeitung
  • Für eine Kleinbildkamera sehr handlich und kompakt
  • Überragende Auflösung und Detailwiedergabe
  • Kleines Display mit sehr geringer Auflösung
  • Nur manuelle Fokus- und Blendensteuerung
  • Messsucherkonzept ohne Live-View und Videoaufnahme
  • Durch Beschränkung auf SW-Aufnahmen eingeschränkte Anwendungsmöglichkeiten

Technische Daten

Modell Leica M Monochrom
Sensor CCD Kleinbild 36,0 x 24,0 mm (Cropfaktor 1,0)
18,5 Megapixel (physikalisch), 18,0 Megapixel (effektiv)
Auflösung (max.) 5.212 x 3.472 (3:2)
Objektivanschluss
Leica M
Optischer Sucher Messsucher, optischer Sucher
Monitor 2,5", 0,230 Mio. Bildpunkte
Belichtungsreihe keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung
Bildstabilisator nein
eingebauter Blitz nein
Blitzanschuh Leica (M- und X-Serie), Standard-Mittenkontakt
AV-Anschlüsse AV-Ausgang: nein
Serienbildfunktion max. 2,0 Bilder/s und max. 8 Aufnahmen in bester Qualität
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Autofokus kein Autofokus
Speicher
Speicherkartenfach 1: SD
Empfindlichkeit manuell ISO 320 bis 10.000
Abmessungen 139 x 80 x 37 mm (B x H x T)
Gewicht 600 g (betriebsbereit, ohne Objektiv)
Online-Datenblatt https://www.digitalkamera.de/2XV0S (mit Preisvergleich)
Kommentare

2 Kommentare aus dem alten Forum anzeigen

Fotografikus 2013-03-08

Hätte man dieses Konzept einer Monochromen-Kamera nicht besser in ein DSLR-Gehäuse mit einem "Kleinbildformat"-Sensor gepackt?

Benjamin Kirchheim 2013-03-08

Und damit das Leica-R-System wiederbeleben? Wohl eher nicht.

Für die großen DSLR-Hersteller wäre so eine Nischenkamera kein Thema, sie wäre wahrscheinlich auch viel zu teuer. Bei Leica hingegen werden solche Preise eher bezahlt.


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