Spiegellose Systemkamera, Outdoor-Kamera, Systemkamera

Testbericht: Nikon 1 AW1

2013-12-09 Laut Nikon ist die 1 AW1 "fit für jedes Abenteuer". Man kann mit ihr bis zu 15 Meter tief tauchen, sie übersteht Stürze aus bis zu zwei Metern Höhe unbeschadet und taugt auch im Winter beim Outdoor-Einsatz bis zehn Grad minus. Ihr robustes Äußeres kombiniert sie mit einem 13,2 mal 8,8 Millimeter großen CMOS-Sensor mit 14,2 Megapixel Auflösung, der der physikalischen Brennweite des Kit-Objektivs den Crop-Faktor 2,7 beschert. Um auch ihren Möglichkeiten entsprechend genutzt werden zu können, kommt die 1 AW1 mit einem ebenfalls wasser- und stoßdichten Objektiv 1-Mount AW 11-27,5 mm 3.5-5.6. Wie sich die spiegellose Systemkamera aus Nikons System One im harten Praxistext und im Labor schlägt, hat die Redaktion ausführlich getestet.  (Daniela Schmid)

Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]Ergonomie und Verarbeitung Spätestens wenn man die 1 AW1 in die Hand nimmt, spürt man die Auswirkungen ihrer Wasserdichtheit und Stoßfestigkeit. Dichtungen, extra Verschlüsse und das passende Kit-Objektiv 1-Mount AW 11-27,5 mm 3.5-5.6 mit Innenzoom und Innenfokussierung sorgen für ein erhöhtes Gewicht im Vergleich zu anderen spiegellosen Systemkameras. Mit satten 533 Gramm Gewicht liegt die AW1 dennoch gut und sicher in der Hand. Auch bei der Bedienung gibt es Auswirkungen der Action-Tauglichkeit. So verfügt die AW1 über keinerlei Einstellräder, alles wird per Knopfdruck erledigt. Auch ein Moduswahlrad auf der Oberseite der Kamera sucht man vergeblich. Nikon hat sich eine andere clevere Alternative überlegt, die besonders im Outdoor-Einsatz Vorteile hat. Hält man im Livebild-Modus die sogenannte Action-Taste neben der Daumenablage gedrückt, erscheinen verschiedene Aufnahmemodi auf dem Display. Neigt man die Kamera nun sachte nach links und rechts, bewegt sich der Zeiger zwischen den Programmen hin und her und man muss nur loslassen, wenn der Zeiger auf dem gewünschten Modus steht. Für die Halbautomatiken und den manuellen Modus bedeutet das aber trotzdem noch einen Schritt Einstellarbeit mehr als mit direkter Anwahl über ein Drehrad, denn sie sind unter Kreativaufnahmen zu finden und müssen per erneutem Knopfdrück aufgerufen werden. Dieses "Einmal-Mehr-Drücken" hat Nikon 1 AW1 [Foto: MediaNord]bei der AW1 System. Sie bietet viele Einstellungen und nützliche Features, es gehört aber viel Tastendrücken dazu, bis alle Einstellungen passen. So lässt die AW1 ein typisches Schnellmenü für Bildgröße, ISO, Weißabgleich, etc. vermissen. Dafür kann die Neigebedienung über die Action-Taste auch im Wiedergabemenü zum Blättern durch die bereits gemachten Aufnahmen verwendet werden oder aus den Menüs heraus für die Einstellung der sogenannten Outdoor-Anzeigen wie Monitorhelligkeit oder hoher Displaykontrast.

Die Verteilung der Tasten hat Nikon mit zwei Ausnahmen gemäß dem üblichen Standard vorgenommen mit Möglichkeiten für die Belichtungskorrektur oder Blitz  und Selbstauslöser per Shortcut über die Vierwege-Wippe oder Direktwahltasten für Bildwiedergabe oder Löschen. Die Action-Taste, die bei der Bedienung enorm hilft, liegt etwas ungünstig neben der sehr nützlichen Daumenauflage auf der Rückseite. Sucht man im Eifer des Fotogefechts Halt, drückt man den Knopf oft aus Versehen. Auch der Videoknopf, den Nikon nicht hinten sondern oben prominent neben dem Auslöser platziert hat, sorgt dafür, dass viele kleine unbeabsichtigte Filme Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]entstehen, weil der Finger in der Eile auf einen großen Knopf drückt. Die AW1 hat mit Auslöser und Videotaste zwei davon und bis man sich daran gewöhnt hat, verpasst man so manchen Schnappschuss.

An der Verarbeitung der AW1 gibt es nichts zu meckern. Die Klappen schließen sicher und sind mit extra Dichtungen und Verschlüssen für den Unterwassereinsatz versehen. Neben dem Stativgewinde aus Metall, das abseits der optischen Achse liegt, findet man eine winzige Öffnung, die dem Druckausgleich dient. Montiert auf einem Stativ lassen sich Akku und Speicherkarte tauschen. Ebenfalls gut geschützt im Kameragehäuse liegt der Blitz. Er muss manuell ausgeklappt werden und kann auch unter Wasser zum Einsatz kommen.

Ausstattung Die Ausstattung der Nikon 1 AW1 ist auf ihre Stärken als Tauch- und Outdoorkamera ausgerichtet. Für die Nutzung unter Wasser stellt die AW1 selbstverständlich ein entsprechendes Motivprogramm bereit, das sich nochmals in Unterwasserstandard, Gerätetauchen für größere Wassertiefen und Unterwassernahaufnahmen unterteilt. Ist man mit der Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]Farbgebung, die automatisch den bläulichen Farbstich des Wasser kompensiert, nicht zufrieden, kann man recht einfach mit Druck auf die Pfeiltasten die Blau-Grün-Balance verschieben. Für die Verzeichnung steht ebenfalls ein Korrekturprogramm zur Verfügung. Die AW1 kann Positionsdaten aufzeichnen und verfügt über einen Höhen- und Tiefenmesser, dessen Daten auch in den Bilddaten abgelegt werden. Für Einsätze ohne Unterwassergehäuse bis 15 Meter reicht er aus, ab 20 Meter versagt er seine Dienste. Der eingebaute Blitz ist so gesichert, dass er unter Wasser verwendet werden kann. Aber nicht nur unter Wasser spielt die AW1 ihre Vorzüge aus. Auch bei Minustemperaturen bleibt sie einsatzbereit und mit dem Höhenmesser lässt sich so manche Bergtour begleiten und die Geodaten den Bildern zuordnen. Das Panoramaprogramm, das sehr einfach zu bedienen ist, fängt Landschaften im großen Stil ein und gehört bei einer Outdoor-Kamera unbedingt zur Grundausstattung.

Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]Aber auch sonst geizt die Nikon 1 AW1 nicht mit Ausstattung. Neben den Motiv- und Automatikprogrammen bietet sie eine Blenden- und Zeitautomatik sowie einen manuellen Modus. Bereits im Automatikmodus muss man sich nicht auf die Einstellungen beschränken, die die AW1 vorgibt. Wählt man die Live-Bildsteuerung aus, lassen sich am Bildschirm vor der Aufnahme die Stärke bestimmter Effekte wie Hintergrundunschärfe, Helligkeit, Bewegungsunschärfe oder der Ausgleich zwischen Lichtern und Schatten (Active D-Lighting) beurteilen. Das klappt mit D-Lighting und der Helligkeit recht gut. Bei der Hintergrundunschärfe oder der Bewegungsunschärfe vertraut man besser auf die selbst vorgenommenen Blenden- und Verschlusszeit-Einstellungen. Auch die meisten Motivprogramme bieten die Möglichkeit, selbst nachzuregulieren. Im Programm Gegenlicht kann man beispielsweise bestimmen, ob HDR aktiv ist oder die Schatten per Blitzlicht aufgehellt werden. Über die Klassiker P, A, S, M und Szeneprogramme hinaus, ermöglicht einem die AW1 bewegte Schnappschüsse und Best Moment Capture. Bei letzterer Option nimmt die Kamera bei halb gedrücktem Auslöser in rund 1,3 Nikon 1 AW1 [Foto: MediaNord]Sekunden 20 Bilder auf und spielt sie dem Fotografen in einer Endlosschleife vor, bis dieser das gewünschte Bild per Durchdrücken des Auslösers auswählt. Möchte man einen wirklich entscheidenden Moment festhalten wie den Torschuss des Juniors, so hat man mit diesem Programm etwas bessere Karten auch den richtigen Moment zu finden. Oder man wählt die schnellen Serien, die bis zu 60 Bilder pro Sekunde ermöglichen. Denn eines muss man der AW1 lassen: sie ist richtig schnell. Beim bewegten Schnappschuss zeichnet die AW1 mit dem Foto 1,6 Sekunden Film auf und unterlegt diese Minisequenzen mit Musik. Wer nicht auf diese Spielereien steht, wählt die klassischen Einstellungen. Im Menü stehen ganz unterschiedliche Optionen zur Verfügung von der Porträtautomatik über die Wahl der Belichtungsmessung und der Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]Fokussiermethode bis hin zur Wahl des AF-Messfeldes.

Filmen erlaubt die AW1 in voller HD-Auflösung (1080p). Wählt man die Zeitlupenfunktion, zeichnet die Kamera ohne Ton im Seitenverhältnis von 8:3 rund 400 Bilder in der Sekunde auf und gibt sie mit 30 Bildern pro Sekunde wieder. Was nicht bei allen Kameras dieser Klasse Standard ist und die AW1 daher auszeichnet, ist die Tatsache, dass man die Blenden- und Zeitautomatik nutzen und sogar den manuellen Modus wählen kann. Als weniger ideal für Filmaufnahmen mit Zoom erweist sich das wasserdichte Kitobjektiv. Durch seine Dichtungen ist es schwergängiger als herkömmliche Objektive, was zu Verwacklern oder ruckartigen Zoombewegungen führt.

Bildqualität Eine wasserdichte Action-Kamera, die auch mal herunterfallen darf, nützt wenig, wenn das Bildergebnis zu wünschen übrig lässt. Ob die Nikon 1 AW1 die Ansprüche ambitionierter Fotografen erfüllen kann, haben wir im Testlabor und in der Praxis untersucht. Der Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]ausführliche Labortest ist wie gewohnt über die weiterführenden Links erreichbar und für ein kleines Entgelt einsehbar. Das wasserdichte Zoomobjektiv 1-Mount AW 11-27,5 mm 3.5-5.6 zeigt bei DIN A4 Prints keinen Schärfeabfall und auch die Randabdunklung ist so minimal, dass sie in der Praxis keine Rolle spielt. Weniger schön ist da die enorme tonnenförmige Verzeichnung, die im Weitwinkelbereich bei umgerechnet 30 Millimeter Brennweite auftritt. Nikon bietet dafür eine interne Korrektur für über und unter Wasser an. Die chromatischen Aberrationen halten sich in Grenzen und treten nur bei ganz bestimmten Blenden-Brennweitenkonstellationen so in Erscheinung, dass sie leicht sichtbar sind. In der Praxis stellen Farbsäume also kein Problem dar.

Bringt man den Sensor mit ins Spiel, zeigt ein Blick auf die Auflösung in Linienpaare pro Millimeter, was er leistet. Die AW1 hält sich hier stark zurück und erreicht bei keiner Blende und bei keiner Brennweite den Wert von 40. Nikon 1 AW1 mit 1-Mount AW 11-27,5 mm [Foto: MediaNord]Konkurrenten dringen da bis zur 50 vor. Blendet man auf F16 ab, reicht es nur noch für durchschnittlich 25 Linienpaare pro Millimeter. Das Testchart für Texturschärfe zeigt daher auch einen recht niedrigen Einstieg der AW1, was allerdings bis ISO 800 immer noch völlig ausreichend ist. Aber Nikon pflegt eine zurückhaltende Bildaufbereitung. Das hat wiederum den positiven Effekt weniger Schärfeartefakte. Beim Signal-Rausch-Abstand fällt eine recht niedrige Messkurve auf. Schon zwischen ISO 400 und 800 reißt die AW1 die kritische Grenze von 35 Dezibel. Das bedeutet, dass Bilddetails ab ISO 800 von Störsignalen überlagert werden. Luminanz- und Farbrauschen stellen wiederum keine größere Herausforderung für die AW1 dar. Die Korngröße geht allerdings ab ISO 3.200 zumindest im Blau- und Rotkanal in Dimensionen, die als zu grob empfunden werden können.

Nikon 1 AW1 Speicherkartenfach und Akkufach [Foto: MediaNord]Auch bei der Eingangsdynamik zeigt die AW1 keine Spitzenleistung, liegt aber mit Werten um die neun Blendenstufen bis einschließlich ISO 3.200 auf einem sehr gleichmäßig hohen Niveau. Die Tonwertübertragung hat Nikon so abgestimmt, dass das Bildergebnis mit knackigen Farbtönen daherkommt – ein für diese Klasse durchaus gewünschtes Resultat. Und wer es anders haben möchte, kann Bilder im Raw-Format aufnehmen und selbst nachregulieren. Der Weißabgleich arbeitet sehr genau und auch bei der Geschwindigkeit kann die AW1 punkten. Mit Werten um die 0,2 Sekunden für den Autofokus inklusive Auslöseverzögerung kann sie als extrem schnelle Begleiterin für Schnappschüsse empfohlen werden. Zu verdanken hat sie das zum Teil sicher dem Hybrid-Autofokus aus Phasen- und Kontrasterkennung.

Fazit Die Nikon 1 AW1 lohnt sich für Fotografen, die gerne in freier Natur unter Extrembedingungen unterwegs sind und ihre Kamera auch mit ins Wasser nehmen. Ob es sich dabei um versierte Fotografen handelt, die gern selbst alle Einstellungen vornehmen, oder Einsteiger in den Bereich der Systemkameras, spielt dabei keine Rolle. Die AW1 bietet von der intelligenten Automatik bis zum vollen manuellen Modus alle Varianten an. Die Bedienung ist aufgrund der fehlenden Einstellräder manchmal etwas nervig und mit viel Drücken verbunden. Die Möglichkeiten, die die Menüs bieten, relativieren den Aufwand allerdings wieder. Bei der Bildqualität zeigt die AW1 solide zuverlässige Ergebnisse, erreicht aber für eine spiegellose Systemkamera keine Spitzenwerte außer bei der Geschwindigkeit. Im Vergleich zu Kompaktkameras mit 1/2,3"-Sensor jedoch hat sie eine sehr gute Bildqualität. Die AW1 ist eine echte Schnappschusskamera. Wer die Outdoor-Qualitäten der AW1 nicht benötigt, ist mit einer anderen spiegellosen Systemkamera besser bedient.

Kurzbewertung

  • Mit Tiefen- und Höhenmesser sowie GPS-Log bestens für den Outdoor-Einsatz geeignet
  • Im Videoprogramm stehen Zeitlupe und ein manueller Modus zur Verfügung
  • Sehr schnelle Kamera, bestens geeignet für Schnappschüsse
  • Gehobene Ausstattung inklusive manuellem Modus
  • Wasserdicht bis 15 Meter Tauchtiefe und stoßfest bis zwei Meter
  • Für eine spiegellose Systemkamera recht schwer
  • Oftmals verschachtelte Menüführung wegen fehlender Einstellräder
  • Schwergängiges Zoomen aufgrund der Wasserdichtheit des Objektivs

Technische Daten

Modell Nikon 1 AW1
Sensor CMOS 1" 13,2 x 8,8 mm (Cropfaktor 2,7)
14,2 Megapixel (effektiv)
Auflösung (max.) 4.608 x 3.072 (3:2)
Video (max.) 1.920 x 1.080 30p
Objektivanschluss
Nikon 1
Monitor 3,0" (7,5 cm), 0,921 Mio. Bildpunkte, kein Touchscreen
Belichtungsmessung Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung
Belichtungsreihe automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung
Bildstabilisator nein
eingebauter Blitz ja
Blitzanschuh nicht vorhanden
Konnektivität WLAN
AV-Anschlüsse AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
GPS intern
Serienbildfunktion max. 10,0 Bilder/s und max. 13 Aufnahmen in bester Qualität
kürzeste Verschlusszeit 1/16.000 s
Autofokus ja
Speicher
Speicherkartenfach 1: SD
Empfindlichkeit automatisch ISO 160 bis 6.400, manuell ISO 160 bis 6.400
Gehäuse Spritzwasserschutz Klasse (IPX8), wasserdicht bis 15,0 m und maximal 60 min, sturzfest bis 2 m, frostsicher bis -10 °C
Abmessungen 113 x 72 x 38 mm (B x H x T)
Gewicht 356 g (betriebsbereit, ohne Objektiv)
Online-Datenblatt https://www.digitalkamera.de/1MONU (mit Preisvergleich)
Kommentare

1 Kommentare aus dem alten Forum anzeigen

heypek 2013-12-09

Hallo,

ein Wort zur Makrofähigkeit sowie Verwacklungsschutz und manuellem Fokussieren wäre für eine UW-Kamera nett. Sind externe Blitze (-arme) verwendbar?

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