Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Nikon 1 V1
2011-12-27 Mit gleich zwei Kameras reiht sich nun auch Nikon in den Kreis der spiegellosen Systemkameras ein. Die kleinere der beiden, die Nikon 1 J1, haben wir erst kürzlich getestet. Jetzt fand sich mit der Nikon 1 V1 auch das größere Modell zum Test ein. Sie hat ihrer kleinen Schwester einen elektronischen Sucher voraus und bietet eine spezielle Buchse zum Anschluss von Systemzubehör. Die inneren Werte sind jedoch weitgehend identisch, so verfügt auch die V1 über einen recht kleinen Bildsensor. Unser Testbericht klärt, wie sich die Nikon 1 V1 im Labor und Praxiseinsatz schlägt. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Während andere Hersteller ihre Kameras mit Knöpfchen, Rädchen und Schalterchen nur so übersäen, zeigt sich das Gehäuse der Nikon 1 V1 von einer geradezu kargen Schlichtheit. Insbesondere von vorne betrachtet wirkt die Kamera fast wie aus dem Vollen gefräst. Einzig ein schmaler Steg steht leicht hervor und durchbricht die ansonsten völlig glatte Front. Auch die Oberseite der V1 macht einen sehr aufgeräumt Eindruck, hier finden sich lediglich der Hauptschalter sowie je ein Auslöser für Foto- und Videoaufnahmen. Durchgehend eben wie bei der kleineren J1 ist die Oberseite allerdings nicht. Sie weist einen deutlichen Buckel auf, er beherbergt den Videosucher der J1, der mit rund 1,44 Millionen Bildpunkten äußerst fein auflöst.
Nicht mehr ganz so ordentlich geht es auf der Rückseite zu, die von einem üppigen 3-Zoll-Display mit rund 920.000 Bildpunkten Auflösung dominiert wird. Nikon hat auf dem Rücken der V1 zudem noch Platz für ein paar Bedienelemente gefunden. Sie fallen allerdings kaum größer aus als bei einer Kompaktkamera, machen aber wie die gesamte Kamera einen sehr wertigen Eindruck. Dazu trägt auch bei, dass Nikon Vorder- und Oberschale des Kameragehäuses aus einer Magnesium-Aluminium-Legierung fertigt. Für die Rück- und Unterseite setzt Nikon allerdings auf Kunststoff, was aber angesichts dessen guter Qualität keinesfalls Anlass zu Kritik gibt. Der findet sich schon eher, wenn man die Kamera in die Hand nimmt: Die plane Oberfläche bietet praktisch keinen Halt, daran kann auch der schmale Steg nichts ändern. Einhändig sollte man die Kamera besser nicht bedienen. Das Stativgewinde hat Nikon korrekt in der optischen Achse platziert. Direkt daneben befindet sich das kombinierte Akku-/Speicherkartenfach – Akku und Speicherkarte lassen sich daher bei angesetzter Stativplatte nicht wechseln. Ein Manko, das allerdings angesichts des kompakten Gehäuses verschmerzbar ist.
Auf den ersten Blick wirkt der Funktionsumfang der Nikon 1 V1 sehr eingeschränkt. Gerade einmal vier Betriebsarten lassen sich auf dem geschickt angeordneten Wählrad einstellen. Darunter der neuartige Modus "Bewegter Schnappschuss", bei dem die Kamera eine Foto-Aufnahme um eine kurze Filmsequenz ergänzt. Dabei kann die V1 viel mehr, doch wer sich nicht den vollkommen den Automatik-Programmen ausliefern möchte, muss sich ins Menü begeben. Das ist etwas schade, denn auf dem Wählrad wäre genügend Platz für weitere Modi gewesen. Auf der einen Seite bleibt das Bedien-Interface auf diese Weise übersichtlich, auf der anderen Seite verkompliziert dieses Konzept nicht nur dem versierten Fotografen die Bedienung unnötig. Hinzu kommt: Das um eine Vier-Wege-Wippe ergänzte Wählrad ist im Gegensatz zum Moduswähler geradezu klassisch belegt und keineswegs auf rudimentäre Funktionen beschränkt. Es dient etwa zur Belichtungskompensation oder Wahl der AF-Betriebsart – Nikon ist also unterm Strich nicht ganz konsequent. Immerhin: Ausflüge ins Menü der V1 bereiten keine Qual. Es ist vorbildlich gestaltet, mit einer großen, sehr gut lesbaren Schrift. Auch die Symbole auf dem Display erscheinen recht groß und sind stets gut erkennbar.
Der elektronische Sucher hat ein Format von 4:3, es bleibt also unter dem 3:2-Sucherbild noch genügend Platz zur Anzeige der Aufnahmeparametern und anderer Informationen. Das Sucherbild ist sehr klar und detailreich und vor allem auch recht groß. Ohne Brille lässt sich das Sucherbild mühelos zur Gänze überblicken. Schaut man hingegen mit Brille durch den Sucher, scheint sich die Anzeige an das Ende einer Röhre zu verschieben – ein häufiges Problem von elektronischen Suchern. Gut daher, dass Nikon die V1 mit einer Dioptrienkorrektur ausgestattet hat, zumindest bei nicht zu starker Fehlsichtigkeit lässt sich der EVF also auch ohne Brille nutzen. Auch an einen Augensensor am EVF hat Nikon gedacht: Hebt man die Kamera ans Auge, schaltet sie automatisch vom Display auf den elektronischen Sucher um – so muss es sein.
Alles in Allem besticht die Nikon 1 V1 mit einer hervorragenden Gehäusequalität und edlem Design. Allerdings geht das schmucke Äußere etwas zu Lasten der Bedienbarkeit. Und: Trotz des kleinen Sensors ist die V1 nicht gerade eine kompakte Kamera, sie nimmt kaum weniger Raum ein als eine Sony NEX-5N oder Olympus Pen E-PM1. In einer voluminösen Manteltasche findet sie vielleicht gerade noch Platz, verlangt aber eigentlich schon nach einer kleinen Fototasche.
Ausstattung Das schlichte Äußere der Nikon 1 V1 zeigt nicht einmal auf den zweiten Blick, welchen Funktionsumfang die Kamera tatsächlich bietet. Das erleichtert vor allem dem unbedarften Fotografen den Umgang mit der V1: Er wählt einfach die Betriebsart "Foto", in der die Kamera als lupenreiner Motivautomat agiert. Einzeln anwählen lassen sich die Motivprogramme nicht, man vertraut also darauf, dass die Kamera Portraits, Landschaften, Makros etc. selbstständig erkennt. In der Praxis gab es dabei keine Probleme, die Nikon 1 V1 erfasst die Motivsituationen mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Schön auch, dass der Sucher darüber informiert, mit welchem Programm die Kamera das anvisierte Motiv aufnehmen wird. Weniger schön ist allerdings, dass die Motivautomatik V1 den Fotografen leider fast völlig entmündigt. Gerade einmal rudimentäre Parameter wie der Farbraum oder die Funktionsweise der Rauschunterdrückung lassen sich noch ändern. Die in zahlreichen Aufnahmesituationen sehr wichtige Belichtungskompensation ist indes in der Motivautomatik nicht möglich. Immerhin: Die Serienbildfunktion kann auch mit der Motivautomatik kombiniert werden.
Ihren vollen Funktionsumfang offeriert die Nikon 1 V1 erst, wenn man die Motivautomatik hinter sich lässt und die Kamera klassisch als Zeit-, Blenden- oder Programmautomaten betreibt oder die Belichtung gar manuell steuert. Jetzt erhält man zum Beispiel Zugriff auf die Funktion "Picture Control" und kann verschiedene Bildstile wie "Neutral", "Brillant" oder "Landschaft" wählen. Mehr noch: Die V1 erlaubt es, die vorgegebenen Stile ganz nach Gusto anzupassen; das Nachschärfen, die Farbsättigung, Kontraste und vieles mehr lassen sich individuell konfigurieren. Damit empfiehlt sich die V1 also durchaus auch für den anspruchsvolleren Fotografen. Er kann seine persönlichen Bildstile zudem separat speichern – ganz wie bei den großen DSLRs von Nikon. Anspruchsvolle Fotografen wird zudem freuen, dass die V1 wahlweise auch im RAW-Format aufzeichnet.
Im Gegensatz zur kompakteren Nikon 1 J1 verzichtet die V1 auf einen Bordblitz. Stattdessen bietet sie einen proprietären Systemschuh, der unter anderem ein externes Blitzgerät aufnehmen kann; etwa den SB-5N. Dieses Blitzgerät ist zwar mit LZ 8,5 nicht gerade leistungsstark, aber äußerst pfiffig konstruiert. Nikon hat den ersten 1-Systemblitz mit einem Dreh- und Schwenkreflektor ausgestattet, mit Energie versorgt wird er aus dem Akku der Kamera. Ist das handliche Blitzgerät aufgepflanzt, erweitert sich das Optionsmenü der Kamera um einige Einträge, etwa um die Möglichkeit zur Kompensation der Blitzbelichtung. Der kleine Miniblitz beherrscht im Verein mit der Nikon 1 V1 die Langzeitsynchronisation, wahlweise auch auf den zweiten Verschlussvorhang. Anders als bei der J1, hat Nikon der V1 zusätzlich zum elektronischen Verschluss auch einen mechanischen spendiert. Wird er aktiviert, verkürzt sich die Blitzsynchronisationszeit auf kurze 1/250 Sekunde – der elektronische Verschluss kann den Blitz nur bis zu einer Belichtungszeit von 1/60 Sekunde synchronisieren.
So sehr Nikon mit der V1 darauf zielt, das Fotografieren einfach und unbeschwert zu machen – mit derzeit gängigen Sonderfunktionen etwa zur Kontrastverbesserung per Mehrfachaufnahme oder für die Aufnahme von Panoramen kann die Kamera nicht aufwarten. Das ist umso bedauerlicher, als die V1 mit einer sehr hohen Serienbildrate beeindruckt. Die hohe Aufnahmegeschwindigkeit nutzt die Kamera jedoch für andere neuartige Funktionen. Etwa für die Schnappschussautomatik "Smart Photo Selector". Ist sie eingeschaltet, beginnt die V1 bereits mit der Aufnahme einer Bildserie, sobald der Auslöser halb durchgedrückt wird. Drückt man den Auslöser dann ganz durch, beendet die Kamera die Aufnahme. Aus den so gewonnenen 20 Aufnahmen wählt die V1 die (ihrer Meinung nach) fünf besten Fotos aus und speichert sie. Bei der Auswahl berücksichtigt die interne Software Parameter wie Schärfe, Anordnung und Erkennbarkeit von Gesichtern etc. Während der Aufnahmeserie werden Schärfe und Belichtung nachgeführt, sie ist dank des elektronischen Verschlusses völlig lautlos. Nicht immer kann man sich bei einer Schnappschuss-Serie für ein oder ein paar Bilder aus einer Serie entscheiden. Für diesen Fall bietet die Nikon 1 V1 eine weitere Spezialität, den Modus "Bewegter Schnappschuss". Das Prinzip: Sobald man den Auslöser halb durchdrückt, beginnt die Kamera eine Videoaufnahme. Wird der Auslöser komplett durchgedrückt, nimmt die V1 ein Foto auf, die Videoaufnahme läuft noch für etwa eine Sekunde weiter. Bei der Wiedergabe reduziert die Kamera die Geschwindigkeit des Films auf das 0,4-fache, am Ende dieser Zeitlupe präsentiert sie das Standbild. Ein interessanter Effekt, der zeigt, wie es zu einem typischen Schnappschuss gekommen ist.
Wie es sich für eine zeitgemäße Systemkamera gehört, zeichnet die Nikon 1 V1 auch Videos auf. Die maximale Auflösung ist mit FullHD auf der Höhe der Zeit, die Bildwiederholrate beträgt wahlweise 30 Vollbilder pro Sekunde oder 60 Halbbilder. Rasante Szenen hält die Kamera auf Wunsch auch in Zeitlupe fest. Dabei nimmt sie 400 Bilder je Sekunde auf, die Auflösung sinkt dabei allerdings auf 640 x 240 Pixel. Sogar eine Super-Zeitlupe mit 1.200 Bildern pro Sekunde bietet die V1, die Auflösung beträgt dann jedoch nur noch sehr bescheidene 320 x 120 Pixel. Aufgezeichnet wird im MOV-Format mit H.264-Kodierung – das modernere AVCHD-Format beherrscht die Kamera nicht. Für den guten Ton beim Film sorgt ein integriertes Stereomikrofon. Eine standardisierte Anschlussmöglichkeit für ein externes Mikrofon bietet die V1 nicht, der Systemanschluss ist prinzipiell aber auch für die Aufnahme eines externen Mikros geeignet – bislang wird jedoch noch keines angeboten. Nikon hat die V1 mit einer HDMI-Buchse ausgestattet, einem USB-Anschluss, als dritter im Bunde gesellt sich eine Buchse für ein Netzgerät hinzu.
Die V1 kann nicht nur Filme mit einer sehr hohen Bildrate aufzeichnen, auch Fotoserien schießt sie mit atemberaubender Geschwindigkeit. Bis zu 60 Bilder pro Sekunde nimmt die Kamera im High-Speed-Modus auf – und das bei voller Auflösung! Der Pufferspeicher fasst etwa 30 Aufnahmen, ist also alles andere als knapp bemessen. Dennoch hält die V1 bei Hochgeschwindigkeitsserien eine Bildrate von 60 Bildern pro Sekunde nur für eine sehr kurze Zeitspanne von ca. 0,5 Sekunden durch. Verdoppeln lässt sich diese Spanne, indem die Bildrate auf 30 Bilder pro Sekunde halbiert wird – auch diese Möglichkeit bietet die V1. Im 60er- oder 30er-Modus führt die V1 weder Belichtung noch den Fokus nach. Sollen Entfernung und Belichtung für jedes einzelne Foto der Serie individuell eingestellt werden, schafft die V1 immerhin noch eine sehr hohe Rate von knapp zehn Fotos in der Sekunde. Vor allem aber reicht ihr der Atem selbst bei dieser immer noch hohen Serienbildrate für gut drei Sekunden – dem üppig bemessenen Pufferspeicher sei Dank. Ist dieser Puffer einmal voll, geht die V1 in den recht gemächlichen Dauerlauf von nur noch 0,9 JPEG-Aufnahmen je Sekunde über.
Objektiv Obwohl Nikon die Kameras des 1-Systems mit einem vergleichsweise kleinen Sensor im neuen CX-Format ausstattet (mehr dazu im Abschnitt "Bildqualität"), ist das nackte Gehäuse der V1 kaum kompakter als das einer Sony NEX-5N oder der kleinen Pen E-PM1 von Olympus – wobei letztere allerdings keinen integrierten EVF bieten. Selbst wenn man die Kameras mit ihrem jeweiligen Standard-Zoom ausstattet, kann die V1 den Größenvergleich nur knapp für sich entscheiden. Als Zoomobjektiv für alle Lagen gibt es zur V1 das 1 Nikkor 10-30 mm 1:3.5-5.6 VR, es wird mit der Kamera auch im Set angeboten. Bezogen auf das Kleinbildformat deckt dieses Zoom einen Brennweitenbereich von 27 bis 81 Millimetern ab. Für den Transport lässt es sich auf sehr kompakte vier Zentimeter Länge zusammenschieben, der Außendurchmesser ist mit knapp 58 Millimetern ebenfalls recht gering. Allerdings entsprechen Maße und Gewicht des 1 Nikkor 10-30 ziemlich genau denen des M.Zuiko Digital 14-42 von Olympus – und das leuchtet an einer Pen-Kamera einen größeren Bildkreis aus.
In unserem Praxistest musste sich die V1 zusätzlich mit dem 1 Nikkor 30-110 mm 1:3.5-5.6 VR bewähren, das für ein Telezoom mit 300 Millimeter Maximalbrennweite sehr kompakt baut. Auch dieses Objektiv lässt sich für den Transport zusammenschieben und ist dann lediglich noch rund sechs Zentimeter lang. Die Kehrseite dieser kompakten Transportstellung: Um Aufnahmebereitschaft herzustellen, muss das Objektiv erst entriegelt und ausgefahren werden. Die Fassungen beider Objektive sind aus Kunststoff gefertigt, der jedoch einen hochwertigen und halbwegs robusten Eindruck macht. Nicht gespart hat Nikon am Bajonettanschluss der Zoom-Objektive – er ist aus Metall gefertigt.
Beide Zoomobjektive tragen das Kürzel "VR" in der Bezeichnung, sie sind also mit einem optischen Bildstabilisator ausgestattet. Keine Angaben macht Nikon über die Technik des Fokusantriebs, jedenfalls verrichtet er sein Werk nahezu lautlos. Und unter günstigen Bedingungen sogar rasend schnell: Ausgerüstet mit dem Standard-Zoom 10-30 mm stellt die V1 innerhalb von weniger als 0,25 Sekunden scharf und löst aus. Derart fix ist der Autofokus indes nur bei kürzester Brennweite. In Telestellung dauert es dann fast doppelt so lange, bis die Kamera Ihr Ziel gefunden und ausgelöst hat. Eine Auslöseverzögerung inklusive Autofokus von knapp 0,5 Sekunden ist zwar keineswegs ein Grund zur Klage, aber eben auch ein Wert, den vergleichbare Kameras ebenfalls erzielen.
Beeindruckend ist indes, wie sicher der Autofokus einem Motiv folgt, das sich durchs Sucherbild bewegt. Allerdings ist die Motivverfolgung etwas umständlich zu handhaben: Sie erwartet, dass der Fotograf zunächst den AF-Rahmen manuell auf das Objekt seiner Begierde platziert. Erst wenn man diese Markierung mit OK bestätigt hat, hält der AF-Rahmen das Motiv fest im Griff. Einen Ring zum manuellen Fokussieren sucht man übrigens vergebens an den Systemobjektiven der Nikon 1 V1. Dennoch lässt sich auch von Hand scharf stellen, dazu wird der Multifunktionsring auf der Rückseite der Kamera gedreht. So richtig Spaß bereitet dieses Verfahren indes nicht, zumal die V1 mit Ausnahme einer vergrößerten Sucherbildanzeige und eines groben Entfernungsbalken nur rudimentäre Einstellhilfen bietet. Da lässt man die Kamera den Fokus doch lieber automatisch einstellen, wahlweise kann man eine von 126 Positionen für das Messfeld im Sucher vorgeben.
Bildqualität Nikon setzt bei seinem neuen spiegellosen System auf einen recht kleinen Bildsensor. Gerade einmal 13,2 x 8,8 mm misst die Sensorfläche, eine Größe, die Nikon als CX-Formfaktor bezeichnet. Zum Vergleich: Ein Four-Thirds-Sensor ist etwa doppelt so groß, ein APS-C-Sensor weist gar rund die dreifache Fläche auf. Für die Bildqualität verheißt das zunächst nichts Gutes: Je weniger Platz einer einzelnen Sensorzelle zur Verfügung steht, desto geringer ist ihre Lichtempfindlichkeit. Bildrauschen und ein geringer Dynamikumfang sind oft die Folgen einer hohen Pixeldichte. Wie sich dieses Handicap auf die Bildqualität der Nikon 1 V1 auswirkt, haben wir im Testlabor von digitalkamera.de ermittelt. Das ausführliche kommentierte Laborprotokoll kann gegen ein kleines Entgelt eingesehen und als PDF-Dokument gespeichert werden – siehe weiterführende Links am Ende unseres Testberichts.
Zunächst einmal mildert Nikon das Problem der geringen Sensorfläche dadurch ab, dass der CX-Wandler mit rund 10 Megapixeln relativ gering auflöst. Dennoch erzielt die V1 mit dem 1 Nikkor 10-30 mm 1:3.5-5.6 VR eine respektable Ausgabeauflösung. Im Bildzentrum vermag diese Kombination rund 35 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) aufzulösen – ein ordentlicher Wert. Dies gilt allerdings nur, solange nicht weiter als bis F5,6 abgeblendet wird. Bereits bei F8 nimmt die Auflösung ab, bei F11 werden gerade noch 30 lp/mm aufgelöst. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich Beugungseffekte einstellen – auch das ist eine Folge des kleinen Sensors. Nicht ganz so gut sieht es mit der Auflösung aus, wenn man die Bildränder und -ecken betrachtet. Insbesondere in Weitwinkelstellung zeigen sich deutliche Schwächen, die Auflösung verringert sich zum Bildrand hin kräftig. Zu Gute halten muss man Nikon indes, dass nicht versucht wird, die Randunschärfen per Software zu kaschieren. So zeigen sich bei der Messung der Schärfeartefakte an den Rändern bessere Werte als im Zentrum. Im Mittel beträgt die Artefaktrate etwas mehr als 10 Prozent, die V1 schärft also nur moderat nach. Für Aufnahmen, die ohne weitere Bildbearbeitung am PC gedruckt werden sollen, geht das in Ordnung. Wer seine Fotos jedoch selbst optimieren möchte, sollte besser im RAW-Format aufzeichnen – das die Nikon 1 V1 glücklicherweise auch beherrscht – und dann nach Gusto am PC schärfen.
In Sachen Schärfe erfüllt die V1 also durchaus die Erwartungen, die man an einen recht kleinen 10-Megapixel-Sensor stellen darf. Wie aber sieht es mit dem Rauschen und der damit einhergehenden Detailwiedergabe aus? Die Messung des Signal-Rauschabstands zeigt die Grenzen des CX-Sensors auf: Bereits jenseits der Basisempfindlichkeit von ISO 100 sinkt der Signal-Rauschabstand auf die kritische Grenze von 35 dB. Dort verharrt er dann aber bis hinauf zu hohen ISO 1.600 – ein klares Indiz dafür, dass mit zunehmender Empfindlichkeit die Rauschunterdrückung immer stärker eingreift. Wie sehr, das zeigt die Messung der Texturschärfe. Sie nimmt zwar ebenfalls mit steigenden ISO-Zahlen ab, bleibt aber bis hinauf zu ISO 800 noch im grünen Bereich. Nikon hat die Rauschunterdrückung also durchaus zurückhaltend abgestimmt, was die Messung der Korngröße eindrucksvoll belegt: Bei ISO-Zahlen über 800 steigt die Größe der Störpixel sprunghaft an, die Aufnahmen werden jetzt von grobkörnigem Rauschen überlagert. Glücklicherweise sind die Helligkeits- und Farbstörungen nicht sonderlich stark ausgeprägt, störend machen sie sich erst ab ISO 1.600 bemerkbar.
Die Aufnahmen aus dem Praxiseinsatz der Nikon 1 V1 untermauern die Ergebnisse aus dem Testlabor von digitalkamera.de: Bis ISO 800 liefert die Kamera eine in allen Belangen ordentliche Bildqualität, die für Ausdrucke bis etwa DIN-A4-Größe ohne Abstriche brauchbar ist. Dabei fällt vor allem die insgesamt zurückhaltende Abstimmung der Bildaufbereitung auf. Die Aufnahmen wirken zwar sehr detailreich und scharf, könnten aber gerade für die Ausgabe auf Papier noch etwas mehr Biss vertragen. Anderseits verträgt sich die sanfte Abstimmung bestens mit elektronischen Ausgabegeräten wie PC-Monitoren oder TV-Geräten.
Fazit Nikon hat mit der spiegellosen Nikon 1 V1 nicht einfach die bisherigen Konzepte kopiert, sondern eine sehr eigenständige Kamera geschaffen. Schon das schicke, hochwertige Gehäuse unterstreicht diesen Anspruch. Auch das Bedienkonzept bricht teilweise radikal mit dem bei Systemkameras Üblichen: Die Kamera setzt vor allem auf intelligente Vollautomatiken, die kaum Eingriffsmöglichkeiten gestatten. Zwar bietet sie auch die klassischen Halbautomatiken, diese lassen sich aber nur umständlich über das Menü aufrufen und einrichten. Solange man sich auf die Automatik-Funktionen verlässt, ist die Ergonomie gut, allerdings dürfte das Gehäuse gerne noch etwas griffsicherer sein. Hervorragend ist die Serienbild- und Verarbeitungsgeschwindigkeit der V1. Dass ein Bordblitz fehlt, ist verschmerzbar, bietet die Nikon 1 V1 doch die Anschlussmöglichkeit für einen Systemblitz. Auch mit dem Sensor im kleinen CX-Format beschreitet Nikon neue Wege. Er liefert zweifelsohne eine bessere Bildqualität als Kompaktkameras vergleichbarer Größe, mit den etablierten spiegellosen Systemen hält die V1 jedoch nicht mit. Somit ist die Nikon 1 V1 keineswegs ein Ersatz für eine DSLR, sie richtet sich klar an Aufsteiger von Kompaktkameras. Sie erhalten mit der V1 einen rundum empfehlenswerten Systemträger für das Nikon-1-System, müssen für das Gebotene aber auch recht tief in die Tasche greifen.
Kurzbewertung
- Sehr hohe Serienbildrate
- Guter elektronischer Sucher
- Hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit
- Sinnvolle Schnappschuss-Funktionen
- Hervorragend verarbeitetes Gehäuse mit schickem Äußerem
- Geradliniges Gehäusedesign gibt wenig Halt
- Kein Bordblitz (aber Anschlussmöglichkeit für Systemblitzgerät)
- Bildqualität nicht ganz auf dem Niveau der Wettbewerber
Technische Daten
Modell |
Nikon 1 V1 |
Sensor |
CMOS 1" 13,2 x 8,8 mm (Cropfaktor 2,7) 10,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.872 x 2.592 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 30p |
Objektivanschluss |
|
Sucher |
vorhanden |
Monitor |
3,0", 0,921 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
nein |
Blitzanschuh |
Nikon 1, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 10,0 Bilder/s und max. 13 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/16.000 s |
Autofokus |
ja |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 3.200, manuell ISO 100 bis 6.400 |
Abmessungen |
113 x 76 x 44 mm (B x H x T) |
Gewicht |
383 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/VO4UJ (mit Preisvergleich) |