Kompaktkamera
Testbericht: Nikon Coolpix 900
1999-05-05 Die Agfa ePhoto 1680 und Nikon Coolpix 900s ähneln sich in vielerlei Hinsicht: 1,3-Megapixel CCD-Sensor, 2"-LCD-Monitor, 3-fach-Zoom und vor allen Dingen eine Gehäusekonstruktion, bei der sich Objektiv-Einheit und LCD-Monitor gegeneinander verdrehen lassen. So machen sich beide Kameras im Aktenkoffer schön dünn und erlauben bequeme Aufnahmen auch schwieriger Perspektiven. Neben den Ähnlichkeiten gibt es aber auch große Unterschiede zwischen beiden Modellen. Lesen Sie wie sich die Nikon Coolpix in der Praxis bewährt. (Jan-Markus Rupprecht)
Die Nikon besitzt zwei gegeneinander verschwenkbare Gehäusehälften, deren
Objektivteil auch einen optischen Sucher enthält, so daß der Betrieb der
Kamera zum Batteriesparen oder bei allzu hellem Sonnenlicht auch ohne
LCD-Monitor möglich ist. Im Freihandbetrieb erweist sich das schwenkbare Gehäuse
der Nikon als sehr angenehm, ermöglicht es doch sehr bequem Aufnahmen auch aus
"unmöglichen" Perspektiven, beispielsweise über die Köpfe eine
Menschenmenge hinweg oder aus der Froschperspektive.
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Beim Betrieb der Kamera auf einem Stativ zeigen sich jedoch zwei echte
Konstruktionsmängel. Erstens befindet sich das Stativgewinde sozusagen am
"falschen" Gehäuseteil, nämlich an der Monitoreinheit und nicht an
der Objektiveinheit. Ein einfaches Ausrichten des Monitors in eine blickgünstige
Position ist dadurch nicht möglich, weil sich die Objektiveinheit immer gleich
mit verstellt. Viel schlimmer beim Stativbetrieb ist aber der zweite Punkt, der
einen bequemen Betrieb der Coolpix 900s im Studio verhindert: Der Steckplatz für
die CompactFlash-Speicherkarte befindet sich an der Unterseite des Gehäuses
direkt neben dem Stativgewinde. Um an die Speicherkarte zu kommen, muß man also
die Kamera vom Stativ zu nehmen und die eventuell vorhandene
Schnellwechselplatte abschrauben. Ein schnelles Auslesen der Speicherkarte in
einem Kartenlesegerät zur Qualitätsbeurteilung nach ein paar Probeaufnahmen
ist also praktisch unmöglich, denn danach müßte die Kamera ggf. mühsam
wieder montiert und neu ausgerichtet werden. Für Profis kommt dies ebensowenig
in Frage, wie das langsame Auslesen der Speicherkarte über die serielle
Schnittstelle der Kamera.
Mit Stativ schlecht, ohne Stativ gut
Bei überwiegenden Betrieb ohne Stativ und wenn sowieso kein PC zum Auslesen
in der Nähe ist, gefällt der Umgang mit der Nikon Coolpix 900s aber recht gut.
Das Bedienungskonzept ist zweistufig angelegt. Im Automatik-Modus übernimmt die
Kamera die Regie, dem Benutzer stehen nur die wichtigsten Funktionen zur Verfügung.
Im manuellen Modus hingegen können zahlreiche zusätzliche Einstellungen
vorgenommen werden, die der Kreativität des Fotografen viel Spielraum lassen.
So kann die Meßcharakteristik der Belichtungsmessung verändert werden (Matrix,
Spot oder mittenbetont), das Bild in Helligkeit und Kontrast beeinflußt und für
Panoramen ganze Bildserien mit einheitlicher Belichtung und Weißabgleich
aufgenommen werden.
Für die von Nikon erhältlichen Vorsatzobjektive (Weitwinkelkonverter und
Fischauge) sind die bevorzugten Kameraeinstellungen abgespeichert und können, müssen
jedoch nicht verwendet werden. Auch hier behält der Fotograf alle Freiheiten.
Bei eingeschaltetem LCD-Monitor arbeitet die Coolpix 900s übrigens mit
kontinuierlichem Autofokus, d. h. die Kamera fokussiert fortlaufend, damit auf
dem Monitor jederzeit ein scharfes Bild erscheint. Hierdurch steigt zwar der
Batterieverbrauch bei eingeschaltetem Monitor zusätzlich, die Lösung ist aber
konsequent und erweist sich im praktischen Gebrauch als sehr angenehm. Auch beim
Blitzen bietet die Coolpix 900s einiges. Zu den auch bei anderen Kameras üblichen
Funktionen (Automatik mit und ohne Rote-Augen-Reduzierung, Blitz immer ein oder
immer aus) gesellt sich als weitere Funktion die Langzeitsynchronisation. In
diesem Modus wird der Blitz bei schlechten Lichtverhältnissen gezündet, die
Verschlußzeit beträgt eine viertel Sekunde. In Kombination mit einer
geeigneten Meßcharakteristik kommt so auch ein schwach ausgeleuchteter
Hintergrund mit aufs Bild, der sonst in der Dunkelheit verschwinden würde.
Externer Blitzbetrieb mit Tücken
Für den Betrieb mit Zusatzblitzgeräten gibt es von Nikon eine passende
Blitzschiene für die Coolpix 900s, die einen Blitzschuh für Nikon
Systemblitzgeräte zusammen mit einem passenden Kabel für die Coolpix 900s enthält.
In dem Blitzschuh kann eine ganze Reihe von Nikon Blitzgeräten verwendet
werden. Da die erweiterten Funktionen der großen Nikon-Blitzgeräte, z. B. die
motorische Zoomverstellung des Blitzreflektors, von der Coolpix 900s nicht
unterstützt werden, haben wir uns für ein kleineres Nikon-Blitzgerät
entschieden.
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Das Nikon Speedlight SB-22s ist mit seiner Leitzahl von 28 bereits recht
leistungsfähig und besitzt einen schwenkbaren Reflektor, der auch indirektes
Blitzen ermöglicht. Beim Blitzbetrieb mit externen Blitzgeräten zeigt sich
sofort ein Versäumnis der Nikon-Entwickler, denn der fest eingebaute Blitz der
Kamera ist nicht abschaltbar. Will man also ausschließlich indirekt blitzen, um
Reflexe zu vermeiden, bleibt nichts anderes übrig, als den internen Blitz
zuzuhalten oder abzukleben. Obwohl wir penibel darauf geachtet haben, die
Lichtsensoren der Kamera dabei nicht mit abzudecken, kommt die Blitzsteuerung
hierbei völlig aus dem Tritt. Die bei direktem Blitzen auch mit Zusatzblitz
einwandfrei arbeitende Elektronik regelt den Zusatzblitz beim indirekten Blitzen
ohne Hauptblitz viel zu früh ab– unterbelichtete Bilder sind die Folge. Dabei
empfiehlt der Hersteller, die Nikon Blitzgeräte im TTL-Modus zu betreiben, bei
denen das Blitzgerät komplett von der Kamera gesteuert wird.
Nachdem wir uns darüber hinweggesetzt und den Blitz im Automatik-Modus sich
selbst überlassen hatten, gelangen auch die indirekt geblitzten Bilder sofort.
Dafür bedarf es dann allerdings keinen Nikon-Systemblitz, jeder andere
Automatikblitz tut es ebenso gut. Und noch an einer zweiten Stelle haben die
Nikon-Techniker bei der Blitzanpassung ihre Hausaufgaben nicht gemacht: Da der
Autofokus der Coolpix 900s gerade bei geringer Beleuchtung gerne im Dunkeln
tappt und nicht scharfstellt, wäre es bestimmt sinnvoll gewesen, wenn die
Kamera das in jedem Nikon-Blitzgerät eingebaute Autofokus-Hilfslicht nutzen würde
– was aber nicht der Fall ist. So werden die Vorteile eines herstellereigenen
Blitzsystems verspielt und der dreipolige Blitzanschluß der Coolpix 900s ist
letztendlich nicht viel mehr als ein Synchronanschluß wie bei anderen Kameras
mit einfachem Mittenkontakt-Blitzschuh oder Synchronkontakt-Buchse.
Optisches Zubehör erweitert die Einsatzmöglichkeiten
Dennoch leistet sich die Nikon insgesamt – von den Einschränkungen im
Studiobetrieb einmal abgesehen – nur wenig Schwächen und bietet viele Möglichkeiten
in einem erfreulich kompakten Gehäuse. Sie
ist die ideale Kamera für Fotografen, die sich durch ihre Digitalkamera nicht
in ihrer Kreativität einschränken lassen möchten. Ein mit einem
Fisheye-Objektiv gemachtes Bild ist immer eindrucksvoll und ein solches Zubehör
gibt es für keine andere Digitalkamera. Auch der ebenfalls von Nikon erhältliche
Weitwinkelkonverter beeindruckt. Er ist optimal auf die Kamera abgestimmt und
macht perfekte Bilder praktisch ohne jede Verzerrung. Durch die resultierende
Brennweite von 24 mm ist die Nikon mit diesem Zubehörteil genauso ideal für
Innenaufnahmen wie für Panoramen, die aus möglichst wenig Einzelbildern
zusammengesetzt werden sollen. Erfreulich ist auch die Systemtreue von Nikon:
Wenn der eigentlich für das Nachfolgemodell Coolpix 950 entwickelte
Telekonverter auf den Markt kommt, wird dieser auch mit der Coolpix 900 und 900s
zu betreiben sein.
Detaillierte Informationen über die Ausstattung der Nikon Coolpix 900s
finden Sie im "Steckbrief" links und im ausführlichen
digitalkamera.de-Datenblatt. Testbilder der Kamera enthält unsere Rubrik ComputerFoto-Testbilder.
Kurzbewertung
- schwenkbarer Monitor
- aktenkoffergerechte Größe
- unbefriedigende Unterstützung externer System-Blitzgeräte
- Batterien und Speicherkarte im Stativbetrieb unzugänglich
Technische Daten
Modell |
Nikon Coolpix 900 |
Sensor |
CCD-Sensor 1,3 Megapixel (physikalisch), 1,3 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
1.280 x 960 (4:3) |
Objektiv |
38 mm / F2,4 (3-fach Zoom) |
Sucher |
optischer Sucher |
Monitor |
2,0" |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 2 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/750 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
CF (Type I) |
Empfindlichkeit |
Automatik |
Abmessungen |
157 x 75 x 35 mm (B x H x T) |
Gewicht |
360 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/L1UOK (mit Preisvergleich) |