Kompaktkamera
Testbericht: Nikon Coolpix 950
1999-10-12 Eine der derzeit populärsten Digitalkameras, die Nikon Coolpix 950, haben wir jetzt einmal gründlich unter die Lupe genommen und auf Praxistauglichkeit sowie Kompatibilität mit Zubehör von Nikon und Fremdherstellern untersucht. Die Verwendung von optischem Zubehör von Fremdherstellern ist jetzt möglich, weil der Zubehörhersteller Hama seit kurzem einen Adapterring vom exotischen Filtergewinde-Durchmesser der Nikon Coolpix 950 (28 mm) auf den bei Videokameras weitverbreiteten 37-mm-Durchmesser im Lieferprogramm hat. Wie die Nikon Coolpix 950 mit Weitwinkel- und Telekonvertern von Nikon, Hama und Sony zusammenarbeitet lesen Sie in diesem digitalkamera.de-Praxistest. (Jan-Markus Rupprecht)
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Leider mußten wir feststellen, daß die schon bei der Coolpix 900(s)
kritisierte Plazierung des Stativgewindes auch bei der 950 mit übernommen
wurde. Schlimmer noch; der Deckel zum CF-Karten-Einschub sowie der Gummivorsatz
am Handgriff (notorische Krankheit bei allen neueren Nikon-Kameras) geben im
Intensivgebrauch gerne nach. Bei einer 2-Megapixel-Kamera hätte man sich
angesichts der großen Datenmengen auch eine USB-Schnittstelle gewünscht. An
die Möglichkeit CompactFlash-Karten des Typs II (wie die neuen Microdrives von
IBM) zu benutzen, haben die Nikon-Ingenieure auch nicht gedacht, obwohl die
Spezifikationen darüber schon länger bekannt sind. Positiv fällt allerdings
der drastisch reduzierte Stromverbrauch und die wesentlich kürzeren
Latenzzeiten zum Vorgängermodell auf.
Als interessantestes Feature bei der Coolpix 950 gilt vielleicht der Best
Shot Selector (BSS). Ermöglicht die Kamera im Automatikbetrieb auf Anhieb
korrekt belichtete Aufnahmen und läßt sich neuerdings die CCD-Empfindlichkeit
um bis zu zwei Stufen "pushen", ist man bei schwierigen
Lichtsituationen immer noch nicht gegen Verwacklungen geschützt. Ist die
BSS-Funktion aktiviert, wählt die Coolpix 950 bei ausgeschaltetem Blitz
automatisch aus einer Bilderserie die schärfste und kontrastreichste Aufnahme.
Zusätzlich stehen dem Benutzer sowohl Programm-, Blenden- und Zeitenautomatik
als auch verschiedene Einstellungen zum Weißabgleich und drei Meßarten
(Matrix, mittenbetont und Spot) zur Verfügung. Was den Autofokus betrifft,
hinterläßt die Kamera lauwarme Gefühle: Sie ist zwar um so einiges schneller
geworden, doch bei dunkleren Lichtverhältnissen neigt sie immer noch dazu, den
Schärfepunkt zu verlieren. Ein empfindlicherer Autofokus-Sensor oder ein
AF-Hilfslicht wären nicht von Schaden gewesen. Begrüßenswert ist dagegen die
Möglichkeit der manuellen Scharfeinstellung.
Zubehör in Hülle und Fülle
Die Coolpix 950 ist eine der Digitalkameras mit dem meisten Systemzubehör.
Das Objektivgewinde läßt nicht nur den Einsatz von Zusatzlinsen zu, sondern öffnet
die Kamera auch für anderes optisches Zubehör. Nikon bietet dafür einen
0,66-fach-Weitwinkelkonverter und ein 2-fach-Telekonverter sowie ein
Fisheye-Konverter an. Der Zubehörspezialist Hama bietet neuerdings einen
Zwischenring von 28 mm auf 37 mm an, so daß optische Zusätze aus dem
Video-Bereich an der Coolpix Anschluß finden. Getestet haben wir den original
Nikon-Weitwinkelkonverter WC-E24, das Hama-Konverter Set 44398 bestehend aus
einem 0,5-fach-Weitwinkel- und 1,5-fach-Telekonverter sowie die von Sony
angebotenen Konverter VCL-0637H (0,6-fach) und VCL-R2037 (2-fach). Im
Telebereich gibt es sowohl beim Hama- als auch beim stärkeren Sony-Konverter
punkto Abbildungsleistung nichts zu beanstanden. Der
Nikon TC-E2 Telekonverter ist eine Neuentwicklung aus dem Hause Nikon und ist
speziell auf die Coolpix 950 abgestimmt; das bemerkt man spätestens bei der
Bildauswertung. Im Gegensatz zum Weitwinkelkonverter trifft man auf bewährte
Nikon-Qualitätsstandards. Man sollte jedoch darauf achten, daß bei
Teleaufnahmen über große Reichweiten der eingebaute Blitz der Coolpix das
Handtuch wirft und ohne Blitz die Verwacklungsgefahr nicht zu unterschätzen
ist. Im Weitwinkelbereich treten bei allen drei Teilnehmern mehr oder weniger
starke Verzeichnungen auf; das ist bei extremen Brennweiten jedoch schwer
auszuschließen und nicht unbedingt verwerflich. Die Verzerrung verleiht eben
den Bildern eine gewisse Dynamik und läßt sich bei Portraits für
Gag-Aufnahmen einsetzen. Während sich Nikon und Sony mit einem 0,6-fachem
Konverter begnügen (resultierende kürzeste Brennweite 24 mm), entpuppt sich
das Hama-Modell als Extremsportler: Mit einem Verkürzungsfaktor von 0,5
erreicht man so eine Brennweite die bei Kleinbild einem 19 mm-Superweitwinkel
entspricht. Neben der tonnenförmigen Verzeichnung, die noch zu verkraften ist,
treten aber auch erste Randabschattungen (Vignettierung) auf. Zoomt man ein bißchen
näher ran, verschwinden diese wieder. Die Abbildungsschärfe ist bei den drei
Kandidaten als korrekt einzustufen, der Nikon-Weitwinkel-Konverter WC-E24 wurde
allerdings von der Zubehörpalette der Coolpix 900 übernommen und kann bei der
Coolpix 950 nicht seine ganze Leistung entfalten. Über den Hama-Zwischenring können
auch Filter wie Polarisations-, UV- oder Skylightfilter bzw. Effektfilter an der
Nikon verwendet werden.
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Auch das Blitzsystem kann sich sehen lassen: Über den eingebauten
Nikon-Systemblitz-Anschluß kann die Coolpix um einen externen, leistungsstärkeren
Blitz erweitert werden. Mittels SC-18 Kabels lassen sich allerdings nur einige
Systemblitzgeräte von Nikon (SB-24, SB-25, SB-26, SB-28) direkt anschließen.
Allerdings soll man bei diesen Blitzgeräten nicht mehr Komfort erwarten als bei
kleineren Modellen, wie den von Nikon empfohlenen SB-22s: Von der höheren
Leitzahl abgesehen, werden weder Distanzangaben noch Motorzoom oder
AF-Hilfslicht unterstützt. Anschlußfreudiger ist hier die optional erhältliche
SK-E900 Schiene, die über einen Nikon-Blitzschuh verfügt. So kann dann auch
ein Nikon-kompatibles Blitzgerät an der Coolpix betrieben werden, jedoch mit
denselben Einschränkungen hinsichtlich der erweiterten Funktionen. Der
eingebaute Kamerablitz kann bei Bedarf abgeschaltet werden - eine wichtige
Neuerung gegenüber dem Vorgängermodell. Die üblichen Blitzarten (Automatik-
und Aufhellblitz, Rote-Augen-Reduktion sowie Langzeitsynchronisation) stehen
weiterhin zur Auswahl. Sowohl mit dem Nikon-eigenen Blitz SB-22s als auch mit
einem Metz-Mecablitz 40 MZ-1i samt SCA 3401-M4-Adapter lieferte die
TTL-Blitzbelichtungsautomatik sauber abgestimmte Bilder und ließ sich nicht von
Gegenlicht-, Indirekt- oder Nahaufnahmen in die Irre führen.
Eierlegende Wollmilchsau
Was
die Nikon im Vergleich zu ihren direkten Konkurrenten so interessant macht, ist
die Tatsache, daß sie fast alles kann und somit vielseitig einsetzbar ist. Doch
auch ein Alleskönner ist nicht unbedingt ein Spezialist: Die Nikon kann vieles
gut, die Belichtungsmessung sogar ausgezeichnet, doch in den Details liegen die
Hauptmängel der Kamera. Anscheinend ist man in Osaka nicht den ganzen Weg
gegangen. Bei den neuesten Versionen der Kamera wurde schon mal die
Plastik-Abdeckung zum CompactFlash-Karten-Einschub überarbeitet, gilt aber noch
immer als Notlösung. Daß das Stativgewinde unmittelbar am
Speicherkarten-Einschub liegt und somit bei jedem Kartenwechsel das Stativ
abgeschraubt werden muß, sowie die Tatsache, daß die Peripherie-Anschlüsse in
unmittelbarer Nähe des Auslösers schnell zum Kabelsalat führen, macht einen
sinnvollen Studiobetrieb nahezu unmöglich. Fingerakrobatik ist dann auch
angesagt, wenn man zum Einstellen wichtiger Kamerafunktionen gleichzeitig eine
Taste und das Einstellrad bedienen muß. Auf diese Tradition, die noch aus der
Epoche von Kleinbildkameras ohne LCD-Display stammt, hätte Nikon gerne
verzichten können. Daß die Nikon-Ingenieure nur halbe Arbeit geleistet haben,
gilt übrigens auch für die Optik: Glänzt die Coolpix mit einer hervorragenden
Abbildungsleistung über den größten Teil des Brennweitenbereiches, enttäuscht
sie etwas in der Weitwinkelstellung.
Die Nikon gehört trotz ihrer Detailmängel zur Elite der Digitalkameras. Wer
mit den kleinen Schönheitsfehlern leben kann, hat mit der Coolpix 950 das
richtige Werkzeug zum Bilderschießen in der Hand und erfreut sich an ihrer
kompakter Bauform und der guten Bildqualität.
Detaillierte Informationen über die Ausstattung der Nikon Coolpix 950 finden
Sie im "Steckbrief" links und im ausführlichen
digitalkamera.de-Datenblatt. Testbilder der Kamera enthält unsere Rubrik ComputerFoto-Testbilder.
Kurzbewertung
- optimale Systemblitz-Ansteuerung
- schwenkbarer Monitor
- professionelles "Look and Feel"
- hoher Preis
- Autofokus mit nur einem Messfeld
- Autofokus nicht kontinuierlich
Technische Daten
Modell |
Nikon Coolpix 950 |
Sensor |
CCD-Sensor 1/2" 6,4 x 4,8 mm (Cropfaktor 5,4) 2,1 Megapixel (physikalisch), 2,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
1.600 x 1.200 (4:3) |
Objektiv |
38-115 mm / F2,6-4,0 (3-fach Zoom) |
Sucher |
optischer Sucher |
Monitor |
2,0", 0,130 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
max. 1,25 Bilder/s und max. 10 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/750 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
CF (Type I) |
Empfindlichkeit |
Automatisch ISO 80 bis 400, manuell ISO 80 bis 400 |
Abmessungen |
143 x 77 x 37 mm (B x H x T) |
Gewicht |
350 g (ohne Akku und Speicherkarte) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/DOS1L (mit Preisvergleich) |