Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Nikon D1H und Nikon D1X
2001-04-27 Am 14. Februar hatten wir die neuen Varianten D1X und D1H der digitalen Spiegelreflexkamera Nikon D1 bereits vorgestellt. Jetzt hatte wir die Gelegenheit ein erstes, sehr vielversprechendes Vorserienmodell im praktischen Betrieb auszuprobieren. (Christopher Adolph)
Die H-Version der D1 sucht ihre Zielgruppe im Bereich der Pressefotografie.
Sie hat die Auflösung von 2,74 Millionen Pixel beibehalten, steigerte ihre
Bildaufnahmefrequenz aber von bisher 3,5 auf jetzt 5 Bilder die Sekunde und kann
diese Schussfrequenz sogar 8 Sekunden aufrechterhalten. Erst nach 40 Bildern
muss sie also ihren internen Speicher leeren. Im 1/2-RAW-Modus (verlustfrei
komprimierte Rohdaten) mit 3,8 MByte großen Bilddateien kann sie immerhin noch
26 Bilder in Folge verkraften. Eine solche Bilddatei benötigt rund zwei
Sekunden, um abgespeichert zu werden. Aus ihren physikalischen 2.012 x 1.324
CCD-Senosor-Pixeln resultieren dann 2.000 x 1.312 Pixel Bildauflösung.
Gemeinsamkeiten von D1H und D1X
Sowohl die D1H als auch die D1X bekamen eine digitale 3D-Matrixmessung verpasst,
die ihren Ursprung in der Farbmatrixmessung der analogen F5 hat und nun in der
digitalen Variante in der Lage ist, einen TTL-Weißabgleich und eine
Tonwertkorrektur der Bilddatei vorzunehmen. Das bisher besonders im
Schärfungsmodus unangenehme "streifige Rauschen" der mit der D1 bei
höheren Nennempfindlichkeiten aufgenommenen Bilder wurde nun ebenfalls behoben.
Der oft bemängelten Farbwiedergabe der D1 begegnen die neuen Modelle nun mit
einem einstellbaren sRGB-Farbraum, der gerade dann gewählt werden sollte, wenn
mehr Toleranz bei variierenden Lichtverhältnissen gefordert ist und/oder kein
Farbmanagement vorhanden ist. Weiterhin kann der etwas größere
AdobeRGB-1998-Farbraum benutzt werden, der sich besonders anbietet, wenn zur
Weiterverarbeitung ein Farbmanagement zur Verfügung steht. Erste Probeaufnahmen
mit der D1X zeigten eine deutlich verbesserte Farbwiedergabe.
Digitalkameras sagt man ja gemeinhin eine gewisse Auslöseverzögerung nach,
den D1-Modellen mit der derzeit kürzesten Auslöseverzögerung von 58
Millisekunden kann dieser Makel allerdings kaum mehr nachgesagt werden. Mit
diesem Wert sind sie nur 0,6 Millisekunden langsamer als ihr analoger
Kollege Nikon F5. Der Blitzsteuerung schenkte man aufgrund vieler Praxisprobleme
noch einmal besondere Aufmerksamkeit: Neben fünf verschiedenen
Blitzsynchronisationen kann dieser zusätzlich in sieben Stufen manuell dosiert
werden. Ein Digital-Kleinbildnovum bleiben die 1/500 Sekunde als kürzeste
Blitzsynchronisationszeit. Die kürzeste Verschlusszeit liegt bei 1/16.000
Sekunde und ist ein Novum dieser Kameras. Möglich wird sie durch die
Kombination aus elektronischem Verschluss und mechanischem Verschlussvorhang.
Auch seitens der Bedienung und Hardware wurden sinnvolle und logische
Verbesserungen vorgenommen. Der neue LCD-Monitor besitzt 130.000 Pixel (D1:
114.000 Pixel), zeigt eine 100-Prozent-Bilddeckung und erlaubt das Vergrößern
von beliebigen Bildbereichen, womit endlich ein gewisses Maß an
Bildschärfekontrolle möglich wird. Dem allgemeinen Problem des kontrastarmen
Wiedergabedisplays, das bei starkem Lichteinfall keine Bildbeurteilung mehr
zulässt, wurde mit einer weißen LED- Hintergrundbeleuchtung zu Leibe gerückt.
Auch eine direkte Bildwiedergabe mittels einer neubelegten Taste im unteren
hinteren Bereich der Kamera lässt nun eine Bildindex-Wiedergabe von 4 oder 9
Bildern zu. Dem kleinen unteren LC-Display kann man nun per Individualfunktionen
(Custom-Settings) statt der ISO Anzeige auch die Aufgabe des Bildzählwerks
zukommen lassen. War es bisher bei der D1 möglich, nach einer kurzen Voransicht
bei Einzelaufnahmen das Bild noch vor dem eigentlichen Abspeichern zu löschen,
wurde diese Funktion aufgrund von Aussagen vieler Fotografen weggelassen. Eine
weitere Bedienungserleichterung hat Nikon nach Muster der Fujifilm FinePix S1 Pro eingebaut: Das Antippen des Auslöseknopfs bringt sie in jeder
Bediensituation wieder zurück in den Aufnahmemodus.
Neben der IEE1394-Übertragungsschnittstelle (Firewire) ist nun auch der
daneben eingebaute serielle RS232c-Anschluss freigeschaltet. Nun kann man
beispielsweise einen GPS Empfänger anschließen und seine Werte in das
Dateiprotokoll mit einbinden. Die RAW-Dateien können nun auch von Photoshop aus
geöffnet werden, die Bearbeitung bleibt aber weiterhin der neuen Nikon Software
Capture 2.0 vorbehalten. Nach einer Verbesserung der Microdrivetechnik bei den
512-MByte- und 1-GByte-Modelle gibt Nikon nun auch diese beiden Typen für die
neuen D1-Varianten frei. Ausgeschlossen sind aufgrund ihres höheren
Stromverbrauchs aber weiterhin die 340-MB-Modelle älterer Bauart mit höherer
Umdrehungszahl und höherer Stromaufnahme.
D1X mit hoher Auflösung
Das "X" stand im Hause Nikon schon immer für eine Verbesserung, ob
nun im analogen Bereich mit der F90 zur F90X oder wie hier mit der D1 zur D1X.
Durch das kleinere Formates (15,6 x 23,7 mm) gegenüber eines 35 mm
Kleinbildformats (24 x 36 mm) ergibt sich nach wie vor eine 1,5-fache
Brennweitenverlängerung. Die vertikalen CCD-Elemente wurden von 2.012 auf 4.024
verdoppelt, die horizontale Zeilenanzahl aber blieb mit 1.324 identisch. Das
Seitenverhältnis der gesamten lichtempfindlichen Fläche der CCD beträgt
weiterhin 3:2, durch die rechteckige Form im Seitenverhältnis 2:1 der einzelnen
Pixel des CCD-Elements entsteht ein Ungleichgewicht zwischen der vertikalen und
horizontalen Auflösung. Um dieses Missverhältnis wieder zu korrigieren, haben
sich die Nikon-Ingenieure entschlossen, den Bildprozessor und seine
Anti-Alaising-Alogrithmen so auszulegen, das er die horizontalen die Auflösung
auf 3.009 Pixel (Faktor 0,75) umzuskalieren und gleichzeitig die vertikale
Auflösung auf 1.960 Pixel (Faktor 1,5) zu erweitern. Resultat dieser Methode
ist wieder eine ausgewogene Ausgabebilddatei mit 3.008 x 1.960 Pixeln
(Seitenverhältnis 3:2). Dadurch erhält man aber eine Bilddatei mit einer
Ausgabeauflösung von 5,9 Megapixeln. Eine Interpolation im klassischen Sinne
stellt dies nicht dar, dies aber gänzlich zu beweisen würde in die höhere
Mathematik führen und mindestens zwei weitere DIN A4-Seiten füllen. Tatsache
ist: Es funktioniert! Die so errechnete Auflösung ist vergleichbar mit einem
konventionellen Bildsensor mit rund 3.000 x 2.000 "normalen"
quadratischen Pixeln.
Da diese Auslesung der CCD-Elemente in vertikaler Richtung erfolgt, konnte
die Auslesegeschwindigkeit der D1-CCD beibehalten werden (Auslesezyklen bleiben
identisch). Einzig die Bildfrequenz leidet etwas unter der größeren
Datenmenge. Die D1X kann immerhin noch 3 Bilder pro Sekunde aufzeichnen und
hält dies im JPG-Format drei Sekunden, im 1/2-RAW-Format zwei Sekunden lang
durch. In letzterem Fall sind es dann aber immerhin 45,6 MByte, die der interne
Speicher zu verschieben hat, denn ein Bild im Rohdatenformat hat eine Größe
von 7,6 MByte. Durch die Teilung der CCD-Elemente und damit verbundene
Halbierung der lichtempfindlichen Fläche halbierte sich auch die maximale
Nennempfindlichkeit von ISO 1600 auf ISO 800. Bei der D1X lassen sich nun die
Empfindlichkeiten von ISO 125 bis ISO 800 mittels Knopfdruck auf der Oberseite
und gleichzeitigem drehen am Einstellrad in 1/3, 1/2 und ganzen LW-Schritten
einstellen.
Da es sich bei dem uns vorliegenden Gerät noch um ein Vorserienmodell
handelt, ist es für letztendliche Farbaussagen und Aufnahmen von Testtafeln
noch zu früh. Am Handling und an den Qualitätsaussagen zur Auflösung wird
sich jedoch bis zum endgültigen Serienprodukt nichts Wesentliches mehr ändern.
Die 5,47 bzw. 5,9 Megapixel der D1X erlauben nun auch DIN A3-Ausdrucke mit 200 dpi. Damit ist eine Qualitätsstufe erreicht, die bei geeigneter
Weiterverarbeitung einen Großteil der bislang analogen Fotoarbeiten ersetzt.
Nikons Techniker haben im zweiten Anlauf eine sinnvolle Evolution hinsichtlich
der Bedienung und fast schon eine Revolution in puncto Qualität erreicht. Wenn
Sie möchten, schauen Sie sich unsere Beispielbilder an. Diese wurden zur
Verringerung der Dateigröße mit Adobe Photoshop 6.0.1 als JPEG in
Qualitätsstufe 8 komprimiert, sind sonst aber unbearbeitet.
Kurzbewertung
Technische Daten
Modell |
Nikon D1X |
Sensor |
CCD APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 5,5 Megapixel (physikalisch), 5,5 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.008 x 1.960 (3:2) |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Prismensucher, Dioptrienausgleich -3,0 - 1,0 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
2,0", 0,130 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
nein |
Blitzanschuh |
Nikon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
GPS |
extern (kabelgebunden oder Aufsteck-Empfänger) |
Serienbildfunktion |
max. 3,0 Bilder/s und max. 9 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/16.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: CF (Type I, Type II), Microdrive |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 125 bis 800, manuell ISO 125 bis 800 |
Abmessungen |
157 x 153 x 85 mm (B x H x T) |
Gewicht |
1.200 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/A3XR2 (mit Preisvergleich) |