Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Nikon D3300
2014-03-14 Die Nikon D3200 sorgte als Einsteiger-SLR mit der bisher höchsten Megapixelzahl von 24 für Furore. Trotz der hohen Auflösung offenbarte sie einige Schwächen mit denen ihre Nachfolgerin D3300 jetzt aufräumen soll. Dafür wurde die Auflösung beibehalten, jedoch der Tiefpassfilter weggelassen. Dies verspricht bessere, schärfere Bilder, wozu auch der neue Prozessor Expeed 4 seinen Teil beitragen soll. Am Objektiv hat Nikon ebenfalls gearbeitet und schickt mit dem AF-S Nikkor 18-55 mm 3.5-5.6 DX VR G II ein noch kompakteres Set-Objektiv ins Rennen. Ob das alles hilft, die D3300 zu einer Einsteiger-SLR zu machen, die auch in Sachen Bildqualität überzeugen kann, klärt der Test der Redaktion. (Daniela Schmid)
Ergonomie und Verarbeitung Gleich beim ersten Kontakt mit der D3300 entdeckt man einen ihrer größten Vorzüge. Mit nur 615 Gramm inklusive Akku, Speicherkarte und Set-Objektiv AF-S DX Nikkor 18-55mm f/3.5-5.6G VR II lässt die Schwerkraft ihren üblichen Zug nach unten vermissen. Ein Großteil der Handlichkeit und Gewichtsersparnis geht auf das sehr kompakte Objektiv zurück, das konsequent aus Plastik gefertigt ist. Die Verarbeitung wirkt solide, ist aber mit einem hochwertigen Profiobjektiv nicht vergleichbar. Der Verriegelungsknopf mit Einzugsmechanismus für den Objektivtubus erweist sich als sehr praktisch, weil er so schön groß ist. Viele Objektive verfügen über Verriegelungen, bei denen man sich beim Betätigen die Fingernägel abbricht. Die Schalter für Autofokus/manueller Fokus und den Bildstabilisator fallen eher in diese Kategorie. Das Gehäuse der D3300 ist natürlich ebenfalls ein "Plastikbomber", wirkt aber gut verarbeitet. Die Akkuklappe könnte ein wenig fester schließen und die Plastikfädchen, die die Klappen für Fernauslöser, Mikrophon und Konnektivität beherbergen, wirken etwas windig. Dafür ist der Handgriff sehr solide und griffig. Besonders die Ausbuchtung unter dem Auslöser macht es dem stützenden Ringfinger so richtig bequem und der Daumen kann gut das Einstellrad hinten erreichen. Die Stütze für den Daumen auf der Rückseite hat Nikon größer gestaltet als noch bei der D3200. Sehr vorbildlich hat Nikon das Stativgewinde aus Edelstahl auf der optischen Achse angebracht. Die Akkuklappe lässt sich öffnen, wenn die Kamera auf einem Stativ montiert ist. Nutzt man den LiveView-Modus nicht, hält der Stromspender bis zu 700 Aufnahmen durch (laut CIPA).
Da die D3300 explizit für Einsteiger ausgelegt ist, hat Nikon die Bedienung auch genau auf diese Zielgruppe hin abgestimmt. Das dicht belegte Moduswahlrad bietet Zugang zu allen wichtigen Motivprogrammen, Effektspielereien, der intelligenten Automatik, der Programmautomatik, Zeit- und Blendenvorwahl und der manuellen Steuerung. Ein sogenanntes Guide-Programm liefert Hinweise zu den vier Themen Fotografieren, Anzeigen/löschen, Bildbearbeitung und System. Mit Drücken auf das Fragezeichen bekommt man die nötigen theoretischen Erklärungen und die Kamera wird automatisch auf das gewünschte Thema hin eingestellt. Aber selbst wer diese Unterstützung nicht benötigt, kommt bei der D3300 schnell ans Ziel. Die Knöpfe sind relativ selbsterklärend und über die i-Taste erreicht man alle einstellungsrelevanten Parameter wie ISO, Belichtungskorrektur, Bildgröße etc. ohne das Hauptmenü bemühen zu müssen. Was der Bedienung noch mehr die Sporen geben könnte, wäre ein zweites Einstellrad oder – besonders im Hinblick auf SLR-Einsteiger – ein Touchscreen. Man ist jetzt schon versucht, die vier großen Symbole im Guide-Modus auf dem Bildschirm anzutippen. Das Display ist mit 921.000 Bildpunkten wie schon bei der D3200 recht gut aufgelöst und bietet eine hohe Detailgenauigkeit. Die Größe von drei Zoll in der Diagonalen ist ausreichend, könnte aber besonders im LiveView gerne noch etwas mehr bieten.
Ausstattung Bei der Ausstattung der D3300 geht Nikon altbewährte Wege und behält das Konzept der D3200 bei. Die D3300 ist für Einsteiger in die Welt der SLRs gedacht und entsprechend ausgelegt. Das beste Beispiel dafür ist der bereits erwähnt Guide-Modus. Selbstverständlich sind die intelligente Automatik und die Motivprogramme ebenfalls mit von der Partie. Letztere passen bei Nikon alle auf das Moduswahlrad – mehr als die nötigsten sechs wie Porträt, Sport, Landschaft oder Makro gibt es nicht. Dafür hat das Wahlrad mit der Option Effekte Zuwachs bekommen. Man kann nun direkt anwählen, auf welche Art und Weise man sein Bild gleich bei der Aufnahme verfremden möchte. Auf HDR-Aufnahmen und Belichtungsreihen muss man nach wie vor verzichten. Positiv zu erwähnen ist das Schwenkpanorama, das in alle Richtungen ausgeführt werden kann und auch als Breitpanorama zur Wahl steht. Vorbildlich sind auch die Bildbearbeitungsmöglichkeiten in der Kamera. Was man beim Aufnehmen manchmal nicht umsetzen kann, lässt sich oft hier erreichen. Erfahrene Fotografen finden neben den üblichen manuellen Einstellungen einiges an Optionen zur Feinjustierung, wenn auch die ganz große Spiegelreflexausstattung wie eine Abblendtaste nach wie vor fehlen.
Bei Serienaufnahmen hat die D3300 dank des neuen Prozessors um ein Bild pro Sekunde zugelegt. Diese Vorgabe kann die Kamera auch fast erfüllen und es ist sehr erfreulich, dass kaum Bedenkpausen eingelegt und die vorgegebenen 100 Bilder in knapp 22 Sekunden geschossen werden. Das ergibt einen Durchschnitt von 4,6 Bildern pro Sekunde – eine ordentliche Leistung. Der Pufferspeicher ist dann allerdings am Anschlag und speichert erst mal eine gute Minute, bis er alle Aufnahmen auf der Speicherkarte hat. Auch im Raw-Format kann man 100 Bilder in Reihe aufnehmen, hier sinkt die Geschwindigkeit aber bereits nach sieben Aufnahmen. Das volle Pensum wird in rund 46 Sekunden erledigt, was einen Durchschnitt von 2,15 Bilder pro Sekunde ergibt.
Auch bei Filmaufnahmen hat die D3300 zugelegt. Sie zeichnet nach wie vor in voller HD-Auflösung auf (1.920 x 1.080), kann aber mittlerweile eine Bildrate von 60 Bilder pro Sekunde anbieten. Das erleichtert beispielsweise die spätere Verwendung für Zeitlupenvideos und die Aufnahmen sind definitiv ruckelfrei. Das kann man vom Autofokus nicht behaupten. Er ist gerade im Video-, sprich LiveView-Modus, total überfordert und kann weder Motive verfolgen noch richtig den Fokus nachregulieren. Hilft man ihm mittels Antippen des Auslösers auf die Sprünge, so vernimmt man das deutlich hörbar in der Aufzeichnung. Der in mono aufgezeichnete Ton kann manuell eingepegelt werden, eine eigene 3,5mm-Stereoklinken-Buchse ermöglicht den Anschluss eines optionalen Stereomikrofons, beispielsweise dem Nikon ME-1.
Bildqualität Nominell löst der CMOS-Sensor im DX-Format (APS-C) weiterhin 24 Megapixel auf, er kommt aber ohne Tiefpassfilter aus. Das gibt Hoffnung auf eine höhere nutzbare Auflösung und damit eine bessere Bildqualität. Auch der neue Prozessor Expeed 4 lässt schnellere Serien und ein schnelleres Autofokusverhalten erahnen. Ob diese beiden Neuerungen zusammen mit der Schrumpfkur des neuen Set-Objektivs tatsächlich nennenswerte Verbesserungen gebracht haben, haben wir ausführlich im Labor und in der Praxis untersucht. Der ausführliche Labortest mit allen Diagrammen, auf denen die folgenden Betrachtungen beruhen, ist wie üblich gegen eine kleine Gebühr einsehbar.
Und der Sensor bewirkt tatsächlich etwas. Die gemessene Auflösung, die bei der D3200 teilweise in Regionen herumdümpelte, die einer SLR nicht würdig waren, zeigt eine deutliche Verbesserung. Bereits im Weitwinkelbereich werden jetzt Werte bis 48,1 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm, im Kleinbildäquivalent) bei F3,5 gemessen. Zum Vergleich: bei der D3200 waren es nur 28,5. Diese Verbesserung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Ergebnisse. Bei den offenen Blenden ist der Auflösungsverlust von Bildmitte zum Rand hin noch recht deutlich, ab F8 wird das Ergebnis ausgeglichener. Überhaupt erzielt die D3300 im Bereich von F8 bis F16 die besten Werte mit einem Spitzenergebnis von 57,4 lp/mm in der Bildmitte bei F11 und 48 mm kleinbildäquivalenter Brennweite. Am Bildrand sind es da auch immerhin noch 50,9 lp/mm. Der Kurve des Signal-Rauschabstands hat sich dagegen kaum verändert. Die D3300 steigt sehr niedrig bei 40 Dezibel ein und unterschreitet die kritische Grenze von 35 Dezibel bereits bei ISO 800. Danach überlagert das Störsignal das Bildsignal und Rauschen wird sichtbar. In der Praxis sind Bilder mit ISO 1.600 noch in Ordnung.
Nikon liefert ein kaum nachgeschärftes Ergebnis, deshalb gibt es auch keine wirklich messbaren Schärfeartefakte. Dafür überschreitet die Messkurve der Texturschärfe bei ISO 800 die Grenze zur sichtbaren Unschärfe. Angenehm ist dabei, dass die Korngröße immer recht klein bleibt und damit nie unangenehm auffällt. Helligkeitsrauschen kann ab ISO 3.200 sichtbar werden, das Farbrauschen hält sich dagegen vornehm zurück. Bei der Farbtreue nimmt es die D3300 nicht so genau. Hier kommt es in allen ISO-Bereichen und fast allen 24 im Lab-Farbraum gemessenen Farben zu starken Abweichungen, die im Maximalbereich deutlich sichtbar sind. Wen das stört, dem bleibt eigentlich nur das Raw-Aufnahmeformat und die eigene Bildbearbeitung. Immerhin stellt der Weißabgleich in der Regel kein Problem dar. Die Tonwertkurven für JPEGs verlaufen angesteilt, jedoch etwas zurückhaltender als bei so manch anderem Modell und Hersteller. Wie beim Nachschärfen hält sich Nikon hier zurück. Bei der Eingangsdynamik profitiert die D3300 vom neuen Sensor. Sie verarbeitet bis ISO 1.600 über zehn Blendenstufen (EV) an Kontrastumfang und kann bei ISO 3.200 mit 9,7 EV noch gut punkten. Beim Ausgangs-Tonwertumfang kann sie bis ISO 1.600 immerhin noch die Hälfte der darstellbaren Graustufen wiedergeben.
Betrachtet man das Objektiv, dessen Vorgänger im Test nicht überzeugt hat, so zeigen sich am Anfang kaum Veränderungen. Der Schärfeabfall von der Bildmitte zum Bildrand hält sich in nicht sichtbaren Grenzen. Lediglich bei den geschlossenen Blenden von F32 und F36 wird die Abbildung beugungsbedingt etwas unschärfer. Die Randabdunklung fällt bei den Offenblenden etwas stärker aus als beim alten Set-Objektiv, ist aber auch noch vernachlässigbar. Störend wirkt nach wie vor die starke tonnenförmige Verzeichnung im Weitwinkelbereich, die Nikon nicht in den Griff bekommt. Bei der Verbesserung der Farbsäume muss man dagegen den Hut ziehen. Schlugen die Werte früher hoch in den stark sichtbaren Bereich aus, bleiben sie jetzt meist vorbildlich im nur leicht sichtbaren Bereich und sind gemittelt kaum mehr wahrnehmbar. Allein diese Verbesserung ist ein Grund, das alte Objektiv wegzugeben und durch das neue kompakte AF-S Nikkor 18-55 mm 3.5-5.6 DX VR G II zu ersetzen.
Der Expeed 4-Bildprozessor soll der Kamera Beine machen. Bei der Auslöseverzögerung schafft er das, aber nicht so stark, wie man sich das vielleicht gewünscht hätte. Mit 0,47 Sekunden bei 27 mm und 0,55 Sekunden bei 83 mm gehört die D3300 nicht zu den schnellsten Modellen. Im LiveView-Modus haben sich die Werte erschreckenderweise sogar noch verschlechtert, obwohl die D3200 schon langsam war. Bei 83 mm (KB) lässt sich die D3300 geschlagene zwei Sekunden Zeit zum Fokussieren. LiveView scheidet daher eindeutig für bewegte Motive aus.
Fazit Die Nikon D3300 ist eine gelungene Einsteiger-DSLR, die den unerfahrenen Fotografen an die Hand nimmt und ihm mit einfachen Worten die wichtigsten Fotosituationen, Bildbearbeitung, etc. erklärt. Für Fortgeschrittene bietet sie den vollständigen manuellen Modus und somit die volle Selbstkontrolle. Der neue Sensor verbessert die Auflösung und bis ISO 800 können sehr gute Bildergebnisse erzielt werden. Störend sind die starken Farbabweichungen und die tonnenförmige Verzeichnung des Objektivs. Der neue Prozessor macht die D3300 schneller als ihre Vorgängerin, am Autofokus besonders im LiveView und Videomodus muss Nikon aber noch arbeiten. Die Ausstattung der D3300 ist angemessen mit tollem Panoramamodus, lässt aber beispielsweise Belichtungsreihen vermissen.
Kurzbewertung
- Potenter Akku mit Kapazität für rund 700 Aufnahmen (ohne Live-View)
- Einsatz des neuen 24-Megapixel-Sensors ohne Tiefpassfilter verbessert die Abbildungsleistung
- Superkompakte Kamera mit geringen Abmessungen und wenig Gewicht
- Leicht verständliche Bedienung und Guide-Modus, der Einsteigern mit der richtigen Kameraeinstellung hilft
- Die Farbtreue lässt zu wünschen übrig
- Starke tonnenförmige Verzeichnung des Set-Objektivs im Weitwinkelbereich
- Autofokus kommt im LiveView nicht in die Gänge und behindert auch beim Videofilmen
- Keine Aufnahme von Belichtungsreihen möglich
Technische Daten
Modell |
Nikon D3300 |
Sensor |
CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 24,8 Megapixel (physikalisch), 24,2 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
6.000 x 4.000 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 60p |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Spiegelsucher, 95 % Abdeckung, Vergrößerung 0,85-fach, 18 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -1,7 - 0,5 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
3,0", 0,921 Mio. Bildpunkte, nicht beweglich, kein Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (420 Felder) |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Nikon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Micro (Typ D) Mikrofoneingang |
GPS |
extern (kabelgebunden oder Aufsteck-Empfänger) |
Serienbildfunktion |
max. 5,0 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich (1 Kreuzsensor(en), 10 Liniensensor(en)) |
Akkulaufzeit |
keine USB-Ladefunktion |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD (SDHC, SDXC) |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 1.600, manuell ISO 100 bis 12.800 |
Abmessungen |
124 x 98 x 76 mm (B x H x T) |
Gewicht |
460 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/14UOM (mit Preisvergleich) |