2020-07-01, aktualisiert 2020-07-10 Auch wenn die olympischen Sommerspiele in Japan auf das nächste Jahr verschoben wurden, brachte Nikon dieses Jahr mit der D6 turnusgemäß seine neue Profi-DSLR auf den Markt. Gegenüber dem Vorgängermodell D5 handelt es sich eher um eine leichte Produktpflege statt um ein völlig neu entwickeltes Modell. Zusammen mit dem neuen Bildprozessor soll der verbesserte 21-Megapixel-Sensor eine höhere Bildqualität liefern, auch das Autofokusmodul, nun mit 105 Kreuzsensoren, ist neu. Der digitalkamera.de-Test zeigt, ob die D6 hält, was Nikon an Verbesserungen verspricht. (Benjamin Kirchheim)
Die Nikon D6 bringt mit ihrem gedichteten Magnesiumgehäuse alleine schon 1,4 Kilogramm auf die Waage, mit dem mit 2.8 24-70 mm 2.8E VR sind es sogar knapp 2,5 Kilogramm. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung
Die Nikon D6 ist riesengroß und sauschwer, dafür aber super robust und sie liegt nahezu perfekt in der Hand; dank des eingebauten Hochformatgriffs sogar im Hochformat. Knapp 1,4 Kilogramm drückt allein das Gehäuse ohne Objektiv auf die Waage. Zusammen mit dem Testobjektiv AF-S 24-70 mm 2.8E ED VR sind es sogar gut 2,5 Kilogramm. Damit könnte das Gespann als teuerste Hantel der Welt durchgehen. Über 7.000 Euro kostet die D6, 2.500 Euro das Objektiv.
Dafür ist die D6 jedoch absolut solide gebaut. Das Gehäuse besteht größtenteils aus einer Magnesiumlegierung, zahlreiche Dichtungen schützen das wertvolle Innere vor Feuchtigkeit und Schmutz. Der Handgriff ist gut ausgeprägt und lässt sich schön greifen. Das gilt für den eingebauten Hochformatgriff nicht ganz so sehr, denn dieser fällt etwas flacher aus. Löblich jedoch, dass außer dem Auslöser noch andere wichtige Bedienelemente doppelt ausgeführt sind, etwa die Bedienräder, der Joystick zur Wahl des Fokuspunkts oder die AF-On-Taste.
Der große 27-Wh-Akku sitzt im Hochformatgriff und gibt laut CIPA-Standardmessverfahren Saft für gut 3.500 Aufnahmen. Tatsächlich ist der Akku kaum leer zu bekommen. Nach einem vierstündigen Sportfest mit gut 1.700 Fotos waren weniger als 40 Prozent der Akkuladung verbraucht. Zum Lieferumfang gehört zwar nur ein Akku, aber die Ladestation nimmt sogar zwei Stück auf, um sie parallel zu laden.
Das Doppelspeicherkartenfach verbirgt sich hinter einer großzügigen Klappe. Hier finden zwei relativ exotische CFexpress-Karten (Typ B, wahlweise auch die etwas langsamer XQD-Karten) Platz, die es dafür erlauben, die volle Performance der Kamera auszuschöpfen. Immerhin verfügt die D6 über eine USB-3-Schnittstelle Typ C, ein entsprechendes Kabel wird mitgeliefert. Das erlaubt das schnelle Auslesen der Karten, falls kein extra Kartenleser zur Hand ist.
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Auch sonst geizt die D6 nicht mit Schnittstellen: Kopfhörer, Mikrofon, HDMI, LAN, Studioblitzanlage, Fernauslöser und anderes, spezielles Nikon-Zubehör lässt sich anstöpseln. Die Schnittstellen werden mit mehreren Gummistopfen verschlossen, so dass die meisten anderen Schnittstellen geschützt bleiben, wenn man eine verwendet.
Der Pentaprismensucher der Nikon D6 deckt 100 Prozent des Bildfelds ab und vergrößert 0,72-fach. Der etwas geringe Augabstand von 17 Millimetern allerdings sorgt bei Brillenträgern für abgeschattete Ecken. Damit der über das Bild auf der Mattscheibe arbeitende Belichtungsmesser bei der Verwendung eines Stativs keine falschen Messwerte durch rückwärtig über den Sucher eintretendes Licht liefert, verfügt der Sucher über einen eingebauten Lamellenvorhang, der sich manuell betätigen lässt. Eine Statusleiste unterhalb des Suchers zeigt wichtige Aufnahmeparameter an, zudem lassen sich Gitterlinien einblenden und die AF-Messfelder werden ebenfalls im Sucher angezeigt. Den virtuellen Horizont hingegen hat Nikon gut versteckt. Um diesen anzeigen zu können, muss zunächst einer Funktionstaste die Funktion "virtueller Horizont" zugewiesen werden. Sobald man diese dann drückt, wird er im Sucher eingeblendet.
Die D6 verfügt über ganze zwei Info-Displays. Ein Status-Display befindet sich auf der Oberseite, ein zweites auf der Rückseite. Die beiden Displays zeigen aber nicht etwa redundante Daten an, sondern jeweils verschiedene. Die Belichtungsparameter und Autofokuseinstellungen sind etwa oben abzulesen, der Aufnahmemodus (Serienbildgeschwindigkeit) oder der Weißabgleich dagegen nur hinten. Sowohl die beiden Displays als auch viele der unzähligen Tasten sind beleuchtet, allerdings nicht alle Tasten. Manche muss man also im Dunkeln blind finden.
Der rückwärtige Bildschirm zeigt auf seiner Diagonale von acht Zentimetern ein mit 2,4 Millionen Bildpunkten außergewöhnlich fein aufgelöstes Bild. Allerdings ist der Bildschirm fest verbaut. Erstaunlicherweise handelt es sich um einen Touchscreen, hier geht Nikon also durchaus mit der Zeit. Dadurch kann nicht nur der Fokuspunkt im Live-View per Fingertipper eingestellt werden, sondern in der Wiedergabe lassen sich beispielsweise die Bilder per Wischgeste durchblättern oder mit einer Zweifingergeste zoomen. Die maximale Helligkeit ist mit einer Leuchtdichte von 870 cd/m² gut, auch in hellen Umgebungen lässt sich der Bildschirm damit ablesen. Allerdings gibt es nur eine manuelle und keine automatische Helligkeitsregelung.
Nicht immer ist die Bedienung der Nikon D6 so eingängig wie beim Touchscreen. Manche Funktionen sind per Menü gar nicht erreichbar, sondern nur über Tastenkombinationen, die man kennen muss (beziehungsweise im Handbuch nachgelesen haben muss). Das gilt nicht nur für den manuellen Weißabgleich, sondern auch für das innovative von der Kamera gestützte AF-Feintuning. Front- und Backfokus sind bei praktisch jeder DSLR ein Thema, erfolgt die Fokusmessung doch über einen vom Bildwandler unabhängigen Sensor. Manche (günstige) DSLR hat mehr damit zu kämpfen, manche teure etwas weniger.
Die Nikon D6 verfügt nicht nur über einen großen Spiegelreflexsucher, sondern auch über einen üppigen, fein auflösenden Touchscreen sowie über zwei Statusdisplays (eines auf der Oberseite). [Foto: MediaNord]
Die D6 erlaubt es, einen manuell beispielsweise per Live-View-Lupe (Fokus-Peaking beherrscht die D6 im Gegensatz zum Vorgängermodell) eingestellten Fokus als Referenz für den Phasen-Autofokus zu speichern (das Verfahren haben wir in einem Fototipp näher erläutert, siehe weiterführende Links). Damit entfällt das manuelle Feineinstellen über das Menü mit anschließendem Testen. Neu ist übrigens die Möglichkeit, die AF-Feinjustage sogar für den Kontrastautofokus vornehmen zu können.
Dank der vielen, teilweise programmierbaren Tasten erlaubt die D6 eine sehr direkte Bedienung, aber selbst die Tasten geben nicht immer Aufschluss über die Funktion. Möchte man beispielsweise bei der Bildwiedergabe Aufnahmeinformationen zum Bild anzeigen, so gelingt dies weder über die "i"- noch die "info"-Taste, sondern indem man die Steuerkreuz-Taste (nicht etwa einen der Joysticks) nach oben drückt. Allerdings erscheinen selbst dann nicht unbedingt die gewünschten Informationen, denn welche tatsächlich angezeigt werden, muss erst im Menü konfiguriert werden.
Im Menü wird per Vierwegewippe navigiert, der Joystick oder die Drehräder funktionieren hier nicht, sondern führen direkt zu einem Verlassen des Menüs. Immerhin kann alternativ auch per Touchscreen durch die Menüs navigiert werden. Während die Mitteltaste des Steuerkreuzes oft zur Auswahl und Bestätigung reicht, ist an manchen Stellen ein Druck auf eine separate "OK"-Taste erforderlich. Die D6 ist also wahrlich eine Profikamera, wo der Anwender wissen muss, was er tut, um nicht an der Bedienung zu verzweifeln.
Entsprechend der vielen Funktionen sind die Menüs lang und manche selten verwendete Funktion wird auch ein eingefleischter D6-Fotograf daher etwas länger suchen. Um häufiger gebrauchte Funktionen aus den Tiefen des Menüs zu bergen, bietet die D6 immerhin ein Individualmenü. Selbstverständlich lassen sich auch diverse Aufnahme-Voreinstellungen speichern, die gesamte Kamerakonfiguration kann sogar auf einer Speicherkarte abgelegt werden.