Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Nikon D60
2008-05-23 Mit einem um 40 Prozent gesteigerten Nettogewinn hat Nikon dieser Tage das vergangene Geschäftsjahr abgeschlossen und liegt beim Verkauf digitaler Spiegelreflexkameras nur noch ganz knapp hinter Canon (Marktanteil von 40 vs. 42 Prozent). Die D60 ist noch zu neu, um dazu beigetragen zu haben, aber wie sie in der Summe ihrer positiven und negativen Eigenschaften ist, wollten wir in diesem Test herausfinden. (Yvan Boeres)
Ergonomie und Verarbeitung Von allen zuletzt von uns getesteten Einsteiger-DSLRs macht die Nikon D60 sowohl optisch als auch taktil den hochwertigsten bzw. solidesten Eindruck. Natürlich gibt es auch an ihr ein paar Stellen, wo sich der allgegenwärtige Kunststoff etwas "dünnhäutig" anfühlt, aber sonst stellt sich die D60 nicht wie ein "Plastikbomber" dar. An stark belasteten Stellen wie an der Objektivfassung, dem Blitzschuh und dem Stativgewinde ist alles aus Metall. Bei durchaus kompakten Maßen von 126 x 94 x 64 mm wiegt der DSLR-Mini ohne Objektiv (aber mit Akku und Speicherkarte) zirka 542 Gramm und mit montiertem Setobjektiv AF-S Nikkor 18-55mm 1:3.5-5.6 G DX VR in etwa 806 Gramm.
An der Ergonomie gibt es rein gar nichts zu bemängeln. Der Handgriff macht mit seiner strukturierten/genarbten Oberfläche nicht nur zum Schein auf Leder, sondern verhindert auch ein Abrutschen der Kamera bei feuchten Schwitzhänden. Allgemein liegt die D60 angenehm und fest in der Hand; einen optionalen Batterie-/Hochformatgriff für bequeme Porträt-Aufnahmen gibt es allerdings nicht als Originalzubehör. Einsteigerkamera-typisch fehlt der kleinen Nikon ein zweites Einstellrad für die getrennte, aber gleichzeitige Einstellung von Verschlusszeit und Blende. Zum Glück sind die insgesamt 18 Bedienelemente (11 Funktionstasten, 1 Programmwahlrad, 1 ringförmiger Ein-/Ausschalter, 1 Auslöseknopf, 1 Einstellrad, 1 Objektiventriegelungstaste, 1 Schieberegler für die Dioptrieneinstellung und 1 Navigationsfeld/Steuertastenfeld) so platziert, dass man ohne Fingerverrenkung herankommt und die Kamera nicht versehentlich verstellt werden kann. Das verdankt die D60 aber auch der Tatsache, dass die meisten Einstellungen nicht auf Knopfdruck erfolgen, sondern auf dem Bildschirm vorgenommen werden. Dieses Bedienkonzept kennt man von anderen Kameras her (u. a. Olympus Dual Control Panel oder Sony Quick-Navi) und erlaubt das Ansteuern der auf dem verhältnismäßig kleinen 2,5"-Display angezeigten Werte und Piktogramme mit den entsprechenden Segmenten des Steuertastenfelds. Nach nur kurzer Einarbeitungszeit geht das relativ schnell und intuitiv, wobei Bildbeispiele und einblendbare Hilfetexte/Funktionserklärungen dem blutigen Anfänger so manches Nachschlagen im Kamerahandbuch ersparen.
Praktischerweise wird die Bildschirmanzeige auf Hochformat umgeschaltet, wenn man die Kamera hochkant hält, und sie wird energiesparend ausgeschaltet, wenn man in den Sucher blickt. Der Augensensor zum Ein- und Ausschalten des Bildschirms funktioniert aber nicht "idiotensicher" und schaltet den Bildschirm auch ein und aus, wenn die Kamera im eingeschalteten Zustand am Schultergurt baumelt. Da wird so mancher D60-Besitzer wohl zu radikaleren Mitteln greifen und den Augensensor im Kameramenü ganz deaktivieren. Das Menü selbst ist schön übersichtlich nach dem Vorbild anderer Nikon-DSLRs in mehrere Hauptrubriken eingeteilt (bei der D60: Wiedergabefunktionen, Aufnahmefunktionen, Individualfunktionen, Grundeinstellungen und Bildbearbeitungsfunktionen). Das gesamte Menü umfasst 60 Menüpunkte und erlaubt knapp 200 (!) verschiedene Einstellungen. Damit ist die D60 für ein preiswertes Einsteigermodell außerordentlich reich an Funktionen und Einstellungen. Damit man den Überblick nicht verliert, kann man auch zu den einzelnen Menüpunkten kleine Erklärungen auf Knopfdruck aufrufen. Nicht benötigte Funktionen und Einstellungen können bei Bedarf ausgeblendet werden, bzw. es lassen sich individuelle Menüs zusammenstellen; wer die Kamera verstellt hat und nicht mehr weiter weiß, kann durch eine einfache Tastenkombination die D60 ruckzuck in den Auslieferungszustand zurück versetzen.
Mangels LiveView dient der Kamerabildschirm nur als Status-Display, Wiedergabebildschirm und Menü-Anzeige. Für seine geringe Größe (2,5" bzw. 6,3 cm) ist der TFT-Monitor von ordentlicher Qualität mit guter Brillanz, hoher Detailschärfe (bei einer Auflösung von 230.000 Pixeln) und ausgezeichneter Blickwinkel-Unabhängigkeit. Zum Anvisieren des Motivs muss man aber durch den Sucher blicken. Der ist angenehm hell und farbneutral, selbst für Brillenträger einigermaßen komfortabel und auch fein genug für eine präzise manuelle Scharfstellung. Letztere wird durch die elektronische Scharfstellhilfe unterstützt. Sofern die entsprechende Funktion im Kameramenü eingeschaltet ist, wird die Belichtungswaage in der unteren LCD-Leiste des Suchers so zweckentfremdet, dass sie die Richtung anzeigt, in welche der Fokussierring am Objektiv zum Erreichen der optimalen Schärfe gedreht werden muss. Die Einblendung eines Gitternetzes wie bei der D80 oder das Auswechseln der Suchermattscheibe wie bei der D3 ist nicht möglich. Nikon gibt für den Sucher eine Bildfeldabdeckung von 95 Prozent, eine 0,8-fache Sucherbildvergrößerung und einen Augenabstand von 18 Millimeter an; die Dioptrienkorrektur reicht von -1,7 bis +0,5 Dioptrien. Ein eingebauter Okularverschluss ist nicht vorhanden.
Eine Schärfentiefekontrolle ist bei der D60 nicht möglich, da ihr eine Abblendtaste fehlt. Leider gibt es auch keine Möglichkeit, der sonst z. T. neu belegbaren Selbstauslöser- bzw. Funktionstaste an der Kameraseite eine entsprechende Funktion zuzuweisen. In Zeiten der elektronischen Blendensteuerung sollte das eigentlich kein Problem sein. Ebenfalls dem Sparzwang zum Opfer gefallen sind der Netzeingang und der Fernauslöser-Anschluss. Wer die D60 mit Strom aus der Steckdose versorgen will, muss den (Lithiumionen-)Akku gegen einen Akku-Dummy mit Kabelverlängerung eintauschen, der Bestandteil des optional erhältlichen Netzadapters EH-5a ist, und wer sie aus der Ferne auslösen will, kann das ausschließlich kabellos mit dem Infrarot-Fernauslöser ML-L3 tun. Anschlüsse gibt es bei der D60 in Form eines Composite-Videoausgangs (über Standard-Klinkensteckerbuchse) und der PictBridge-kompatiblen USB-2.0-Highspeed-Schnittstelle (über 5-poligen Standard-Mini-B-Stecker). Beide Ausgänge findet man auf der linken Kameraseite hinter einer Plastikabdeckung, während der Steckplatz für SD/SDHC-Speicherkarten auf der gegenüberliegenden Seite hinter einer scharnierbesetzten Klappe untergebracht ist. Durch die Trennung von Akkufach und Karten-Einschub lassen sich der Stromzulieferer und der Wechselspeicher getrennt herausnehmen und wieder einsetzen; das Akkufach ist auch weit genug von der optischen Achse bzw. vom dort gelegenen Stativgewinde entfernt, dass auch größere Schnellwechselplatten ihren Zugang nicht versperren.
Ausstattung Eine der besonderen Neuheiten bei der D60 ist das so genannte "Air Flow System". Dabei handelt es sich um eine Art Luftkanal, der diejenigen Staubpartikel abtransportieren soll, die vornehmlich beim Objektivwechsel in den Spiegelkasten der Kamera eindringen und dann bei jedem Spiegelschlag immer wieder neu aufgewirbelt werden. Die aufgewirbelten Staubpartikel können dann bei hochgeklapptem Spiegel und geöffnetem Verschluss bis zur Sensoroberfläche vordringen. Die D60 ist nun so konstruiert, dass der vom Spiegelschlag verursachte Luftwirbel nach vorne d. h. vom Bildsensor weg geführt wird. Dort befindet sich zwischen der Objektivfassung und dem Spiegelkasten ein lochsiebartiger Einlass im Kameraboden, der zum eigentlichen Luftkanal-System führt. Da sich der Luftkanal an einer Stelle verengt und dann wieder verbreitert, nimmt der Luftdruck ab und wieder zu, so dass ein gewisser Sog entsteht. Dieser Effekt ist in der Physik als Venturi-Effekt bekannt und soll hier helfen, die aufgewirbelte Luft mit all ihren Staubpartikeln förmlich "anzusaugen" und abzuführen.
Gelangt trotzdem mal Staub bis zum Bildsensor, muss er es zuerst einmal schaffen, an dessen antistatisch beschichteter Oberfläche haften zu bleiben. Ganz hartnäckiger Staub wird anschließend bei jedem Ein- und Ausschalten der Kamera durch Anlegen eines wellenförmigen Impulses am optischen Tiefpassfilter des Sensors (der dessen Oberfläche bildet) zum Herunterfallen gebracht. Diese Methode unterscheidet sich ein wenig vom "Staubrüttler" der Sony-, Pentax- und Samsung-DSLRs, bei denen der beweglich aufgehängte Sensor schnell nach oben und unten bewegt wird. Statt den Sensor zu "rütteln", bringt man bei Nikon den Tiefpassfilter sozusagen zum Schwingen. Dem letzten ColorFoto-Test (Ausgabe 6/2008) zufolge funktioniert das Nikon-System besser als die Staubschutzsysteme der o. g. Konkurrenz – aber nicht ganz so gut wie Canons Integrated Cleaning System, das seinerseits vom Super-Sonic Wave Filter von Olympus übertroffen wird. Bei keinem System kommt man drum herum, irgendwann einmal den Sensor in Handarbeit mit geeignetem "Putzzeug" (Sensor-Swabs o. ä.) zu reinigen, aber das Nikon-System soll zumindest die gröberen Staubpartikel gut loswerden. Mit der Referenzbild-Funktion lassen sich vom Staub verursachte dunkle Stellen im Bild auch nachträglich aus den Bildern herausrechnen.
Über die 19 Individualfunktionen der D60 gelangt man noch an die eine oder andere nützliche Funktion bzw. Einstellung wie u. a. den Zeit-/Datumstempel und die Auslösesperre (Kamera löst nur bei vorhandener Speicherkarte aus). Eine Spiegelvorauslösungsfunktion ist nicht vorhanden. Der eingebaute Miniaturblitz (LZ 12) der D60 bietet seinerseits eine Auto-Popup-Funktion und springt in der Vollautomatik sowie in den meisten Motivprogrammen automatisch heraus (in allen anderen Programmen nur auf Knopfdruck); der Bordblitz kann nicht als Steuergerät bei der drahtlosen (i)TTL-Blitzsteuerung verwendet werden, kann aber zur Auslösung eines simplen Slave-Blitzes mit voller oder gedrosselter Leistung (1/1 bis 1/32 in sechs Stufen) ausgelöst werden. Die Blitzabdeckung ist übrigens gut, der Blitz springt gerade hoch genug heraus, um kaum Schlagschatten und rote Augen zu verursachen, die Blitzsynchronzeit liegt bei 1/200 s, eine Blitzbelichtungskorrekturfunktion ist vorhanden, der Blitz-Zündpunkt kann gewählt werden (Synchronisation auf den 1. oder 2. Verschlussvorhang). Es kommt auch bei Nahaufnahmen nicht zu Überblitz-Effekten, die Farbtemperatur des Blitzlichts ist weitgehend neutral, und für Aufnahmen in Museen, Kirchen etc. wartet die D60 mit einem speziellen Programm für blitzfreie Fotos auf. Überall dort, wo Blitzen hingegen erlaubt ist, gibt es sowohl mit aufsteckbaren Nikon-Systemblitzgeräten (oder kompatiblen Fremdprodukten) als auch mit dem eingebauten Blitz sehr natürlich wirkende Blitzaufnahmen mit harmonischer Abstimmung zwischen Blitz- und Umgebungslicht. Dafür sorgt die sehr fortschrittliche iTTL-Blitzbelichtungsmessung und -steuerung, die mit der 3D-Colormatrixmessung II ein perfektes Duo abgibt. Egal ob bei Fotos mit oder ohne Blitz: Die 3D-Colormatrixmessung zweiter Generation wird in Sachen Belichtungsgenauigkeit nur von den ranghöheren Kameras aus dem eigenen Haus geschlagen. Die D60 kann nämlich auch die grobe Farbverteilung des Motivs bei der Belichtungsmessung mit berücksichtigen und dadurch noch zuverlässiger verschiedene Aufnahmesituationen erkennen (z. B. deutet ein hoher Blauanteil im oberen Teil des Bildes auf eine typische Landschaftsaufnahme mit blauem Himmel hin), bedient sich aber dabei eines 420-Pixel-Sensors, während ab der D300 noch präziser mit einem 1.005-Pixel-Sensor gearbeitet wird. Nichtsdestotrotz sind Fehlbelichtungen bei der D60 eher eine Seltenheit, und alternativ zur 3D-Colormatrixmessung II stehen dann immer noch die mittenbetonte Integralmessung und die Spotmessung (ca. 2,5 % des Bildfeldes) zur Auswahl.
Objektiv Ähnlich wie Canon setzt Nikon auf die objektivseitige Bildstabilisierung, will aber auch den Neueinsteiger (der noch keine VR-Objektive besitzt) vor Verwacklungen schützen und liefert die D60 so im Set mit dem optisch stabilisierten AF-S Nikkor 18-55mm 1:3.5-5.6 G DX VR. Während aber das Setobjektiv der Canon EOS 450D wohl aus Sparzwängen auf einen Ultraschallantrieb verzichtet, deutet das AF-S in der Produktbezeichnung des kleinen (Ø 73 x 79,5 mm) und leichten (265 g) Nikkors auf einen so genannten Silent-Wave-Motor hin.
Mit den Vorgängermodellen AF-S Nikkor 18-55mm 1:3.5-5.6 G ED DX I und II hat die stabilisierte Version die "Leichtbauweise" mit ganz viel Kunststoff sowie das Fehlen eines Blendenrings (typisch für die G-Serie) gemeinsam. Beim Abnehmen des Objektivs fällt einem auf, dass selbst das Bajonett aus Plastik ist, doch zumindest braucht man sich keine Sorgen darum zu machen, dass bei einem häufigen Objektivwechsel das Bajonett irgendwann mal durch Abrieb ausleiert. Jedenfalls gibt es bisher keine Kunden- bzw. Leserreklamationen von dieser Seite aus. Aufgrund des geringen Eigengewichtes des Objektivs wird dieses auch nicht das Bajonett so belasten, dass dieses unter der Last abbricht; deutlich begründeter ist die Sorge, dass das Bajonett dann abbricht, wenn die Kamera mal in einem "Moment der Unachtsamkeit" Bekanntschaft mit der Schwerkraft macht und unglücklich auf den harten Boden aufprallt.
Die optische Bildstabilisator-Einheit (die durch gegenläufige Linsenbewegungen Verwacklungen ausgleicht und ganz praktischerweise auch das Sucherbild mit stabilisiert) des AF-S DX Zoom-Nikkor 18-55mm/3.5-5.6G ED VR ist so gut integriert, dass deren Präsenz nur durch das VR-Logo und den VR-Schalter (Ein/Aus) auf dem Objektivtubus auffällt. Eine Entfernungsskala bringt das Setobjektiv nicht mit, wohl aber einen schön breiten und griffigen Zoomring. Wie Canon bei der EOS 450D hat sich auch Nikon bei der D60 die Sonnenblende für das Setobjektiv gespart. Die HB-45-Blende muss man separat kaufen, und wenn man diese auf das Objektiv montiert, bekommt man nicht bzw. schlecht den vorne am ausfahrenden Innentubus des Objektivs angebrachten schmalen Fokussierring zu fassen – nach der gleichen Beobachtung bei den Sony- und Canon-Setobjektiven in unseren letzten Tests offenbar wohl eine herstellerübergreifende Unart. Das AF-S DX Zoom-Nikkor 18-55mm/3.5-5.6G ED VR deckt einen Brennweitenbereich von nominal 18 bis 55 mm ab. Auf Kleinbildverhältnisse umgerechnet entspricht die 18mm-Position (WW) auf dem Objektiv einer Brennweite von 27 mm und die 55mm-Position (Tele) einer Brennweite von 82,5 mm. Der so genannte Brennweitenverlängerungsfaktor liegt also bei 1,5; als DX-Objektiv mit kleinerem Bildkreis bzw. Linsendurchmesser sollte man es übrigens nicht auf eine "vollformatige" FX-Kamera wie die D3 montieren. Einfacher zu merken ist die Tatsache, dass man mit dem Setobjektiv der D60 in etwa den gleichen Bildausschnitt erfasst wie mit den 28-80mm-Zooms, die zu Zeiten des Kleinbildfilms vielen Spiegelreflexkameras im Set beilagen.
Mit den DSLR-Setobjektiven anderer Hersteller hat das AF-S DX Zoom-Nikkor 18-55mm/3.5-5.6G ED VR die korrekte Lichtstärke von F3.5 bis F5.6 gemeinsam. Dank Ultraschallantrieb bzw. AF-S ist das Scharfstellgeräusch kaum hörbar; hier ist das "Silent" aus der Silent-Wave-Bezeichnung Programm, und man erfreut sich neben einer ausgeprägten Diskretion auch einer flotten Fokussiergeschwindigkeit. Allerdings kann die D60 nur zuverlässig auf Motive scharf stellen, die sich in der Bildmitte oder leicht daneben befinden. Das MultiCAM-530-Autofokusmodul stellt nämlich weiterhin nur drei AF-Messfelder (Links, Mitte, Rechts) zur Verfügung, und wenn man im Hochformat fotografiert und/oder das Hauptmotiv sich am Bildrand befindet, wird es u. U. nicht erfasst. Dafür arbeitet die automatische Scharfstellung auch bei extrem wenig Licht bis fast vollständiger Dunkelheit (LW -1 bei ISO 100) – eine traditionelle Stärke der Autofokus-Systeme von Nikon, die besonders dann zum Tragen kommt, wenn man das nicht wirklich diskrete grell-weiße AF-Hilfslicht der D60 im Kameramenü ausschaltet. In den allermeisten Fällen funktioniert die automatische Scharfstellung dann trotzdem schnell und präzise.
Es ist allerdings auch anzumerken, dass die D60 (wie auch schon ihre Vorgängerinnen D40X und D40) nicht mit allen Original-Nikkoren oder Nikon-kompatiblen Objektiven die Autofokus-Funktion anbietet. Diese müssen schon über einen eigenen AF-Motor verfügen, wobei Nikon und die Fremdhersteller (vornehmlich Sigma, Tamron und Tokina) ihre Objektivpalette entsprechend umstellen, aber die Weiterverwendung älterer AF-Objektive nur sehr eingeschränkt, d. h. eben ohne Autofokus, möglich ist. Aufgrund dessen ist also vor allem beim Erwerb von Gebrauchtobjektiven besondere Vorsicht geboten, und wer nicht dazu verdammt sein will, die Schärfe bzw. Entfernung per Hand einzustellen, sollte sich vor dem Kauf informieren, ob das Objektiv voll mit der D60 kompatibel ist oder – noch besser – die Autofokusfunktion mit dem Objektiv an der Kamera prüfen.
Bildqualität Nichts Neues an der Auflösungsfront: Wie schon die D40x ist die D60 mit einem 10,2-Megapixel-CCD bestückt. Sicher bieten einige digitale Spiegelreflexkameras mittlerweile höhere Auflösungen an, doch das eher in der Preis-/Ausstattungsklasse der Nikon D80. Auch kann man gespannt sein, was sich noch mit einem neuen Bildprozessor (Expeed) und einem neuen Setobjektiv (AF-S DX Zoom-Nikkor 18-55mm/3.5-5.6G ED VR) aus dem guten alten 10,2-Megapixel-Sensor herausholen lässt.
Und tatsächlich macht das Kamera/Objektiv-Gespann eine gute bis sehr gute Figur. Zwar gilt auch hier, dass man mit einer individuelleren Objektivwahl eine noch bessere Bildqualität erzielen kann als mit dem AF-S DX Zoom-Nikkor 18-55mm/3.5-5.6G ED VR und dass man das Setobjektiv wegen der in 18mm-Stellung ausgeprägten Vignettierung sowie tonnenförmigen Verzeichnung bei höheren Ansprüchen an die Bildqualität nicht wirklich am Weitwinkel-Ende gebrauchen kann, doch die Werte sind nicht schlechter als bei der Konkurrenz. Eher sogar im Gegenteil. Abgeblendet vignettiert das Objektiv nur noch in Weitwinkel-Stellung sichtbar (die Vignettierung wird durch den abrupten Lichtabfall weiter betont); die Verzeichnung kriegt man nicht durch Abblenden weg, ist aber nur in der Weitwinkel-Stellung zu stark für so manchen Geschmack. Abblenden hilft auch, der – ansonsten sehr gleichmäßigen und hohen Auflösung – noch einen kleinen "Kick" zu geben, wobei ab F11 erste Beugungseffekte eintreten. In der mittleren Brennweitenposition löst das Setobjektiv sogar schon bei offener Blende recht hoch auf. Dem AF-S DX Zoom-Nikkor 18-55mm/3.5-5.6G ED VR wird vereinzelt eine starke chromatische Aberration am Weitwinkel-Ende attestiert.
Angesichts der Zeit, während der Nikon den altbewährten 10,2-Megapixel-CCD schon verwendet, hat man diesen ziemlich gut im Griff, und der Expeed-Prozessor der D60 besorgt den Rest. Das Rauschverhalten ist bei ISO 100, 200 und 800 sehr gut und bei ISO 400 sogar ausgezeichnet. Bis ISO 800 ist auch nur Helligkeitsrauschen sichtbar; bei ISO 1.600 zeigt sich erstes Farbrauschen, und erst bei ISO 3.200 nimmt die Bildqualität allgemein spürbar ab. Die Rauschunterdrückung wirkt wenig zerstörerisch auf die feinen Bilddetails. Überhaupt ist die D60 in Bezug auf die Bildaufbereitung non-aggressiv abgestimmt. Sie verwendet einen eher dünnen optischen Tiefpassfilter, was stellenweise zu leichten chromatischen Artefakten und leichten Helligkeitsmoirés führt. Sie produziert – bis auf leichte Helligkeitsmoirés an verschiedenen Stellen – verhältnismäßig wenig Artefakte, d. h. Bildstörungen, was eine sehr genaue Detailwiedergabe und eine gute Nachbearbeitung der Bilder ermöglicht. Darüber hinaus schärft sie nur Bildteile mittlerer Helligkeit stärker nach, was den Schärfeeindruck erhöht, ohne aber Übersteuerungseffekte bzw. so genanntes Clipping in den Hell/Dunkel-Regionen zu verursachen. Die Eingangsdynamik ist mit 8,9 Blendenstufen bei entspr. ISO 100 ausgezeichnet und die Tonwertwiedergabe fast perfekt linear. Die Bildkomprimierung ist ihrerseits in der höchsten Qualitätsstufe (Fine) ein wenig zu hoch und in der niedrigsten Qualitätsstufe (Basic) viel zu hoch. Nur in der Standardeinstellung (Normal) ist die Komprimierung gut abgestimmt.
Die D60 produziert in der Grundeinstellung durch die erhöhte Farbsättigung farbenfrohe Bilder mit manchmal etwas zu "knalligen" Farben. Wenn nur der automatische Weißabgleich so präzise arbeiten würde wie die Belichtungsmessung, gäbe es auch keinen Rot-Orange-Stich unter Glühlampenlicht. Doch damit scheinen – klassen- und markenübergreifend – so ziemlich alle digitalen Spiegelreflexkameras ihre Probleme zu haben. Während aber etliche Hersteller den typischen Rot-Orange-Stich selbst in der Weißabgleich-Voreinstellung für solches Licht nicht gut wegbekommen, sehen die Resultate bei der D60 einwandfrei aus. Wählbare Farbräume (Adobe RGB, porträtbetontes sRGB, landschaftsbetontes sRGB), eine Farbtonkorrektur-Einstellung, einstellbare und gebrauchsfertige Bildparameter-Sets, das bereits erwähnte D-Lighting und andere Funktionen bzw. Einstellungen erlauben es, das Bildresultat zu verfeinern. Sofern man die optimalen Einstellungen gefunden hat, liefert die D60 Bilder nach dem individuellen Geschmack ihres Besitzers.
Fazit Aufgrund ihrer eingeschränkten Kompatibilität mit einem immer noch großen Teil von Nikon-Objektiven (Nikkore und Fremdprodukte) ist die D60 eher etwas für Systemeinsteiger als für langjährige Nikon-Fotografen. Um die digitale (Spiegelreflex-) Fotografie zu entdecken, ist sie ein gutes Werkzeug bzw. Lerninstrument ohne nennenswerte Schwächen – aber auch mit Minimalausstattung. Ihre direktesten Konkurrentinnen sind, wenn man von Auslaufmodellen und gebrauchten Kameras absieht, derzeit die Sony Alpha 200, die Olympus E-420 und die Pentax K200D, die ebenfalls mit Setobjektiv unter 600 EUR kosten. Die Stärken der D60 im Vergleich zu ihren drei Rivalinnen sind die leicht bessere Bildqualität (homogenere Bildabstimmung, z. T. bessere Objektivleistungen und vor allem die Belichtungspräzision bei Aufnahmen mit und ohne Blitz) sowie der extrem hohe Funktions- und Einstellungsumfang. Haben die Sony und die Pentax auch kein LiveView (ein solches wird nur von der Olympus E-420 geboten), weisen sie zumindest die größeren Bildschirme und deutlich mehr AF-Messfelder auf.
Kurzbewertung
- Allgemein gute bis sehr gute Bildqualität
- Sehr präzise Belichtungsmessung
- Praktisch keine Bildfolgezahl-Begrenzung im JPEG-Serienbildmodus
- Extrem hoher Einstellungs- u. Funktionsumfang (für eine Einsteiger-DSLR)
- Eingebautes Blitzgerät nicht als Steuerblitz für Drahtlosblitzbetrieb verwendbar
- Verhältnismässig kleiner 2,5"-Bildschirm
- Keine Abblendtaste, Spiegelvorauslösung und Belichtungsreihenfunktion
- Autofokus mit lediglich drei Messpunkten arbeitet nur mit im Objektiv integriertem Motor
Technische Daten
Modell |
Nikon D60 |
Sensor |
CCD APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 10,8 Megapixel (physikalisch), 10,2 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.872 x 2.592 (3:2) |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Prismensucher, 95 % Abdeckung, 18 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -1,7 - 0,5 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
2,5", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (420 Felder) |
Belichtungsreihe |
keine Automatik, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Nikon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,0 Bilder/s und max. 100 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 1.600, manuell ISO 100 bis 3.200 |
Abmessungen |
126 x 94 x 64 mm (B x H x T) |
Gewicht |
475 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/G3VFT (mit Preisvergleich) |