Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Nikon D600
2012-10-12 Digitale Vollformatkameras galten bislang als teures Arbeitsgerät für Profis und Fotoenthusiasten. Für Amateure und ambitionierte Hobbyfotografen blieb indes das Kleinbildformat meist unerschwinglich. Pünktlich zur Photokina 2012 hat Nikon nun mit der D600 eine ausgewachsene DSLR mit 24-Megapixel-Vollformatsensor auf den Markt gebracht, deren Straßenpreis zum Zeitpunkt unseres Tests bereits knapp unter 2.000 Euro gefallen ist. Lohnt sich der Aufschlag von rund 800 Euro gegenüber Nikons APS-C-Modell D7000? Und kann vielleicht sogar der Profifotograf eben diese Summe ohne Reue sparen, wenn er statt zur D800 zur kleineren D600 greift? Wir haben der Nikon D600 im Testlabor von digitalkamera.de sowie im ausgedehnten Praxiseinsatz auf den Zahn gefüllt. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Obwohl sie die erste Kleinbildkamera in der Consumer-Line von Nikon ist, vermittelt die D600 schon beim ersten Blickkontakt einen ausgesprochen erwachsenen Eindruck. Dabei ist ihr Gehäuse sichtbar kleiner geraten als das der großen Vollformat-Schwester D800; im Vergleich zum APS-C-Modell D7000 sind die Abmessungen D600 in allen drei Dimensionen nur um ein paar Millimeter gewachsen. Diese Schlankheitskur wirkt sich positiv auf die Masse der D600 aus – sie bleibt mit einem Leergewicht von 760 Gramm noch einigermaßen handlich. Zum relativ tragbaren Gewicht trägt aber auch der großzügige Einsatz einer leichtgewichtigen Magnesium-Aluminium-Legierung für das Gehäuse bei, lediglich die Kamerafront besteht aus einem kostengünstigen, dennoch hochwertigen Polycarbonat. Nikon hat diesen Materialmix hervorragend zusammengefügt, selbst beherztes Zupacken lässt die D600 mit stoischer Ruhe über sich ergehen, da knarzt und knistert nichts.
Auch die Ergonomie der D600 bleibt ganz der Linie von Nikon treu: Die Bedienelemente auf der Rückseite sind derart angeordnet, dass sich die Kamera sehr flott mit den Daumen beider Hände bedienen lässt. So sind zum Beispiel die Vorgaben für die ISO-Empfindlichkeit oder den Weißabgleich blitzschnell geändert. Links oben auf der Topplatte thront ein griffiges Moduswählrad, das mit einer Sperre gegen versehentliches Verstellen gesichert ist. Darunter hat Nikon einen Drehkranz angeordnet, mit dem sich zum Beispiel von der Einzelaufnahme in den Serienbildmodus umschalten lässt. Die rechte Hälfte der Oberseite dominiert ein großflächiges Statusdisplay, das sich mit einem leichten Dreh am Hauptschalter beleuchten lässt. In Reichweite des rechten Zeigefingers befinden sich ferner der Auslöser für Videoaufnahmen sowie Schalter für die Belichtungskorrektur und zur Wahl des Belichtungsmessmodus.
Zwei gut erreichbare Wählräder für Daumen und Mittelfinger der rechten Hand tragen ihr Übriges dazu bei, dass sich die D600 auch beim Blick durch den Sucher blitzschnell und bequem auf die Erfordernisse der Aufnahmesituation einstellen lässt. Auch eine Abblendtaste fehlt nicht, sie kann wie bei Nikon gewohnt, bei Bedarf mit einer anderen Funktion belegt werden. Bei Bedarf bringt ein Druck auf die rückwärtige Info-Taste eine sehr umfangreiche Übersicht der aktuell gewählten Einstellungen auf den Monitor – und mehr noch: Viele Parameter lassen sich in der Info-Ansicht mit der griffigen Vier-Wege-Wippe direkt anwählen und ändern.
Dank der reichhaltigen Ausstattung mit dedizierten Knöpfen und Schaltern sowie der interaktiven Info-Ansicht erspart man sich in der alltäglichen Praxis so manchen Weg in die sehr umfangreichen Menüs der D600. Um sich hier zurechtzufinden, bedarf es einiger Einarbeitungszeit – derart vielfältig sind die Möglichkeiten, die die D600 bietet. Einen bequemen Weg durch diesen Befehls- und Optionsdschungel bahnt man sich mit seinem ganz persönlichen Individualmenü, in dem der Fotograf besonders häufig benötigte Einstellmöglichkeiten übersichtlich zusammenfassen kann. So lässt sich die D600 wie ein Maßanzug perfekt auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden.
Im Einsatz erweist sich die D600 trotz ihrer Größe als angenehm handlich. Ihr ausgeprägter Handgriff lässt sie selbst mit dem langen und einigermaßen schweren Telezoom AF-S Nikkor 70-200 mm 1:2,8G ED VR sicher in der Hand liegen, das Fotografieren mit dem deutlich leichteren und kompakteren Set-Objektiv AF-S NIKKOR 24-85 mm 1:3.5-4.5 G ED VR wird geradewegs zum Kinderspiel. Wer noch nie durch den Sucher einer Kleinbild-DSLR geschaut hat, wird den Blick durch den großen optischen Sucher der D600 als wahre Pracht empfinden. Er zeigt ein großes sowie angenehm helles Bild und steht damit dem Sucher der größeren D800 in nichts nach. Sogar eine elektronische Wasserwaage lässt sich einblenden, dann zeigt die Belichtungswaage unten im Sucher an, ob die Kamera nach rechts oder links verkippt ist.
Ist der Blick durch den Sucher nur schwer möglich – etwa bei bodennahen Motiven oder Über-Kopf-Aufnahmen, bringt der Live-View der D600 das Sucherbild auf das rückwärtige Display. Es ist mit einer Diagonalen von 3,2 Zoll üppig groß und löst mit 921.000 Bildpunkten angenehm fein auf. Schade ist indes, dass Nikon auch der D600 ein klapp- und schwenkbares Display verwehrt. So fällt die Sucherbildkontrolle bei sehr großen Einblickwinkeln schwer, insbesondere bei hellem Umgebungslicht.
Keinen Anlass zur Kritik geben dagegen die Abdeckungen der Schnittstellen. Sie sind ordentlich mit einem Scharnier angeschlagen und lassen sich leicht wieder schließen. Auch die Unterseite der Kamera präsentiert sich so wie sein soll: Das Stativgewinde ist in Edelstahl ausgeführt und sitzt korrekt in der optischen Achse. Die Klappe des Akkufachs ist weit genug vom Stativanschluss entfernt, sodass der Energiespender auch bei angesetzter Schnellwechselplatte zugänglich bleibt. Und mit einer Laufzeit von rund 900 Aufnahmen (gemessen nach CIPA-Standard) bietet der Akku der D600 einen erfreulich langen Atem.
Ausstattung Dass die D600 nicht nur für Foto-Profis gedacht ist, zeigt sich schon, bevor man die Kamera überhaupt eingeschaltet hat. Anders als die DSLRs der Professionell-Serie bietet die D600 ein gewohntes Moduswählrad, das mit einem grünen AUTO-Symbol signalisiert: Die D600 kann auch als intelligenter Vollautomat betrieben werden. Dann braucht sich der Fotograf um nichts zu kümmern. Sobald die Kamera die Motivsituation erkannt hat, richtet sie sich selbsttätig darauf ein. Wer dieser Vollautomatik nicht traut, kann die D600 indes auch per Vorgabe eines Motivprogramms auf jeweilige Situation einstellen. 19 derartiger Scene-Modi von Landschaft über Portrait bis Makro bietet die Kamera – da sollte für jedes Motiv die passende Automatik dabei sein. Nicht einmal über den Blitz muss man sich dabei Gedanken machen – er klappt automatisch aus, falls es die Situation erfordert. Dabei zeigt sich die D600 erfreulich weitsichtig: Nimmt man beispielweise mit dem Portrait-Programm bei Gegenlicht auf, steuert der Bordblitz der Kamera automatisch und feinfühlig genau die Portion Aufhelllicht bei, die das Portrait aus dem Dunkeln hervortreten lässt. Alternativ bändigt die Kamera einen sehr hohen Motivkontrast per HDR-Automatik. Sie nimmt mehrere unterschiedlich belichtete Fotos auf und vereint diese zu einem Bild, das von den dunkelsten Tiefen bis in die hellsten Lichter perfekt durchgezeichnet ist. Umständlich ist dabei allerdings, dass sich die HDR-Funktion nur im Dickicht des Menüs aktivieren lässt und nicht mit den Motiv-Programmen kombiniert werden kann. Gerade für weniger versierte Fotografen hätte Nikon die HDR-Funktion gerne auch als weiteren Szene-Modus bereitstellen dürfen.
Erst bei sehr intensivem Studium der technischen Daten zeigt sich, wo Nikon bei der D600 im Vergleich zur D800 den Rotstift angesetzt hat. Etwa beim Belichtungsmesser, dessen RGB-Sensor bei der D600 mit immer noch üppigen 2.016 Pixeln auskommen muss. Gespart hat Nikon zudem beim Autofokus der D600, die Kamera übernimmt im Wesentlichen das AF-Modul der D7000 mit seinen 39 Sensoren (davon 9 Kreuzsensoren). Die schiere Anzahl der Fokusmesspunkte hat sich dabei in der Praxis stets als ausreichend erwiesen. Nicht immer ganz praxistauglich ist jedoch die Anordnung der Messfelder: Sie drängeln sich bei dem von einer APS-C-Kamera übernommenen AF-Modul doch arg im Zentrum des Vollformatsuchers. Liegt der gewünschte Schärfepunkt in den Randbereichen des Bildausschnitts, muss die Kamera zunächst zentral aufs Motiv gerichtet und dann bei halb gedrücktem Auslöser geschwenkt werden – ein Verfahren, das insbesondere bei weit geöffneten Teleobjektiven das Motiv schneller als gewünscht aus der Schärfeebene gleiten lässt. Auch bei der Motivverfolgung verliert der AF den Kontakt zum Sujet lange bevor dieses am Bildrand angekommen ist.
So richtig zur Sache geht es dann, wenn die D600 in den Serienbildmodus geschaltet wird. Sie spurtet mit rund 5,5 JPEG-Fotos pro Sekunde (fps) los, in RAW schafft sie sogar 5,8 fps. Damit ist die D600 spürbar schneller als die D800, allerdings lässt sich ihre Serienbildrate in Verbindung mit dem optionalen Batteriegriff MB-D14 nicht nochmals steigern. In der Praxis viel bedeutsamer als die reine Serienbildgeschwindigkeit ist indes die Ausdauer beim Sprint. Hier zeigt die D600 mit 28 JPEG-Dateien beziehungsweise gut fünf Sekunden durchaus einen langen Atem. Wird im Raw-Format aufgenommen, geht ihr indes bereits nach 15 Aufnahmen die Puste aus. Dann fällt die D600 in den gemächlichen Dauerlauf, bei dem sie mit 1,5 fps in JPEG beziehungsweise 1,4 fps bei Raw-Aufnahmen weitertrabt. Eingedenk der beträchtlichen Datenmenge, die der 24-Megapixel-Sensor liefert, sind die Sprinteigenschaften der D600 jedoch durchaus beachtlich. Der Verschluss der Kamera ist übrigens auf 150.000 Auslösungen ausgelegt, wird also gelegentliches Dauerfeuer klaglos über sich ergehen lassen. Dass die D600 Daten sehr flott verarbeitet, spürt man auch bei der Bedienung: Die Kamera reagiert augenblicklich auf Eingaben und arbeitet auch rasch eingetippte Befehlsfolgen flüssig ab.
Während die Fotofunktionen der D600 kaum Wünsche offen lassen, zeigt sie sich in Sachen Video nicht in allen Belangen auf der Höhe der Zeit. Zwar nimmt sie Filme in Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Pixel) auf, die Bildrate beträgt dabei aber maximal 30 Vollbilder je Sekunde (30p). Sollen Motive gefilmt werden, die sich schnell bewegen, kann die D600 wohl auch mit 50 Vollbildern je Sekunde aufzeichnen, die Auflösung ist dann aber auf 1.280 x 720 Bildpunkte limitiert. Die bei Aufnahmestart vorgegebene (oder von der Automatik gewählte) Blende lässt sich nicht mehr ändern, während die Aufnahme läuft – selbst bei manueller Belichtungssteuerung nicht. Auf Wunsch führt die D600 bei der Filmaufnahme den Fokus nach, geht dabei allerdings recht gemächlich zu Werke und zeigt sich zudem wenig zielsicher: Der Kontrastautofokus pumpt sichtbar hin und her, beim Set-Objektiv AF-S Nikkor 24-85 mm 1:3.5-4.5G ED VR zudem hörbar. Selbst wenn die Kamera ruhig auf ein Motiv gehalten wird, regelt der Permanent-AF kontinuierlich an der Schärfe, was einen unruhigen Bildeindruck erzeugt. Videofilmer mit gehobenen Ansprüchen wird dies indes weniger stören – sie statten die D600 mit speziellen Video-Objektiven aus und führen die Schärfe beim Schwenk punktgenau von Hand nach. Den Video-Profi wird zudem freuen, dass die D600 eine Klinkenbuchse zum Anschluss eines externen Mikrofons bietet und sich die Tonaufnahme sogar manuell aussteuern lässt. Zudem kann die D600 über ihre HDMI-Buchse den Datenstrom unkomprimiert weiterleiten, etwa an ein professionelles Aufnahmegerät.
Wie bei Nikon üblich, geizt auch die D600 nicht mit Bearbeitungsfunktionen im Wiedergabemodus. Bilder lassen sich nicht nur drehen oder zuschneiden, sie können auch nachträglich mit Effekten versehen oder optimiert werden. So hellt zum Beispiel die D-Lighting-Funktion auch noch im Nachhinein zulaufende Schatten auf. Oder die Verzeichnungskorrektur behebt Abbildungsfehler des Objektivs. Und mit der Perspektivkorrektur lassen sich stürzende Linien ausgleichen und so etwa kippende Gebäude aufrichten. Wer seine Aufnahmen verfremden möchte, findet dazu zahlreiche Filter- und Spezialeffekte im Wiedergabemenü. Anspruchsvolle Fotografen wird freuen, dass sich mit der D600 zudem Raw-Aufnahmen ins herkömmliche JPEG-Format konvertieren lassen. Und da die Kamera zwei SD-Speicherkarten aufnimmt, können die Raw-Dateien auf der einen Karte gespeichert werden, während die andere deren JPEG-Pendants aufzeichnet.
Objektiv An der Nikon D600 lassen sich alle Nikkor-AF-Objektive verwenden, auch ältere Typen ohne eigenen Fokusmotor. Erkennt die Kamera ein DX-Objektiv (mit einem Bildkreis entsprechend APS-C), wird die Aufnahme entsprechend beschnitten, die Auflösung sinkt dann auf 3.936 x 2.624 Bildpunkte (ca. 10,3 Megapixel). Wir hatten die Kamera im Test mit dem AF-S Nikkor 24-85 mm 1:3.5-4.5G ED VR, mit dem die D600 auch im Set angeboten wird. Der Tubus des Standardzooms ist weitgehend aus Kunststoff gefertigt, vermittelt aber keineswegs einen billigen Eindruck. Dazu trägt auch bei, dass Nikon das Objektivbajonett aus solidem Metall fertigt. Mit seinem Gewicht von einem knappen Pfund empfiehlt es sich vor allem als Immer-dabei-Objektiv. Zwar gibt es von Nikon lichtstärkere Objektive mit einem ähnlichen Zoombereich, dafür ist das 24-85 mm 1:3.5-4.5 mit einem Bildstabilisator ausgestattet.
Die Abbildungsleistungen des Set-Objektivs reißen nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hin, gehen in der alltäglichen Praxis aber in Ordnung (mehr dazu im Abschnitt Bildqualität weiter unten). Ähnlich verhält es sich mit der AF-Geschwindigkeit. Braucht die D600 bei 24 Millimeter Brennweite rund 0,25 Sekunden zum Scharfstellen und Auslösen, dauert es am langen Teleende von 85 Millimeter doppelt so lange. Wird dagegen manuell fokussiert, reagiert die D600 innerhalb von rechten flotten 0,05 Sekunden auf den Auslöser. Deutlich gemächlicher geht die Kamera im Live-View-Modus zu Werke. Jetzt wird der Fokus per Kontrastmessung auf dem Bildsensor ermittelt und eingestellt, was mit ca. 1,5 Sekunden schon etwas zäh wirkt. Wird im Live-View-Modus manuell scharf gestellt, lässt sich eine Lupe zuschalten, die einen frei wählbaren Bildausschnitt bis zu 19-fach vergrößert anzeigt. Weitergehende Fokussierhilfen, etwa eine Peaking-Funktion, die Kontrastkanten innerhalb der Schärfeebene markiert, bietet die D600 indes nicht.
Bildqualität Von einer Kleinbild-DSLR wie der D600 erwartet man im Vergleich zu einer Kamera mit Sensor im APS-C-Format bei selber Auflösung vor allem eine sichtbar bessere Bildqualität. Schließlich stehen den rund 24 Millionen lichtempfindlicher Zellen der D600 rund das Zweifache der Fläche beispielsweise einer Nikon D3200 zur Verfügung. Je größer jedoch die einzelnen Sensorelemente ausfallen, desto größer ist ihre Lichtausbeute – für Rauschverhalten aber auch Dynamikumfang ist das nur von Vorteil. Anderseits stellt ein großer Sensor auch hohe Ansprüche an das Objektiv, das ja einen deutlich größeren Bildkreis ausleuchten muss. Wie es um die Bildqualität der D600 mit dem Kit-Zoom AF-S Nikkor 24-85 mm 1:3.5-4.5G ED VR bestellt ist, musste das Kamera-Objektiv-Gespann zunächst im Testlabor von digitalkamera.de und dann im ausgedehnten Praxiseinsatz unter Beweis stellen. Wie immer kann das detaillierte und ausführlich kommentierte Laborprotokoll gegen ein kleines Entgelt eingesehen und als PDF-Datei heruntergeladen werden – siehe weiterführende Links am Ende des Beitrags.
In der Vergangenheit haben sich preisoptimierte Set-Objektive oftmals als Achillesferse bei Systemkameras erwiesen. Gilt das auch für das 24-84/3.5-4.5 von Nikon? Praktisch keine Probleme hat das Standard-Zoom mit einem Abfall der Schärfe zu den Bildrändern hin, sofern man nur auf 20 x 30 Zentimeter druckt. Auch das Auflösungsvermögen des Objektivs kann sich sehen lassen. Die Auflösung liegt bis hinauf zu Blende 11 bei gut 50 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm). Wird weiter abgeblendet, begrenzen Beugungseffekte das Auflösungsvermögen. Leider erzielt das Objektiv diese hervorragenden Werte nur im Bildzentrum. Zu den Rändern hin geht die Auflösung tief in den Keller, bei großen Blenden beträgt der Auflösungsverlust zum Bildrand 20 Prozent und mehr. Besonders stört, dass der Auflösungsverlust in Weitwinkelstellung des Zooms am stärksten ausgeprägt ist. Ist eine hohe Detailtreue über das gesamte Bildfeld hinweg gewünscht – etwa bei Architektur- oder Landschaftsaufnahmen – ist das Set-Objektiv nicht gerade erste Wahl. Für Architekturaufnahmen eignet es sich zudem aus einem weiteren Grund kaum: Das Objektiv verzeichnet sehr stark. So kräftig, dass die durchgebogenen Linien bereits im Sucher deutlich auszumachen sind. Zu kämpfen hat das Objektiv auch mit der Randabdunklung: Insbesondere bei geöffneter Blende und im Weitwinkelbereich vignettiert es deutlich. Wer das Potential der D600 voll ausschöpfen möchte, gönnt der Kamera also besser ein hochwertiges Objektiv. Preisbewusste Fotografen greifen da gerne auch zu einer Festbrennweite wie dem AF-S 85 mm F1.8 G, das wir ebenfalls an der D600 getestet haben (siehe weiterführende Links). Randabdunklung und Verzeichnung sind ihm fremd, zudem glänzt das 85er mit einem formidablen Auflösungsvermögen von bis zu 56 lp/mm.
Kaum eine Schwäche zeigt die D600 bei den Messwerten, die nicht vom Objektiv abhängen. Zwar sinkt der Signal-/Rauschabstand bei ISO 3.200 unter die kritische Marke von 35 dB und auch das Luminanzrauschen wird ab dieser ISO-Stufe kritisch. Aber das geht vor allem auf die Kappe der sehr zurückhaltenden Rauschunterdrückung. Diese Zurückhaltung beschert durchaus auch Vorteile: Die Texturschärfe bleibt bis hinauf zu hohen ISO 6.400 im grünen Bereich, die D600 wahrt also auch bei hoher ISO-Empfindlichkeit noch Bilddetails, die andere Kameras auf dem Altar der Rauschreduktion opfern. Lediglich bei der Reduktion des besonders lästigen Farbrauschens dürfte die Kamera gerne etwas beherzter zu Werke gehen. So ließen sich bei parallel aufgezeichneten Raw-Dateien mit Adobe Camera Raw 7.2 ab ISO 3.200 noch ein paar Details mehr herauskitzeln als aus den JPEGs. Doch das ist Jammern auf höchstem Niveau – die D600 ist ohne Wenn und Aber auch für hohe Empfindlichkeitseinstellungen geeignet und liefert selbst bei ISO 6.400 noch mehr als nur brauchbare Bilder. Wird die Ausgabeauflösung auf rund sechs Megapixel reduziert, kann die ISO-Empfindlichkeit ohne Reue auch bis ISO 12.800 hochgeschraubt werden.
Auf der Höhe der Zeit zeigt sich auch der Dynamikumfang der D600: Zwischen ISO 100 und ISO 1.600 verarbeitet sie einen Motivkontrast von rund zehn Blendenstufen – eine solide Leistung. Wird die Empfindlichkeit noch höher geschraubt, nimmt die Eingangsdynamik nur moderat ab und bleibt bis ISO 6.400 auf einem akzeptablen Niveau. Die Tonwertkurve der D600 hat Nikon leicht in Richtung "knackig" abgestimmt, so dass die JPEG-Dateien gefällig wirken. Wer eine lineare Tonwertübertragung bevorzugt, kann die D600 aber entsprechend konfigurieren oder zeichnet gleich in Raw auf. Absolut beeindruckend ist der Ausgabe-Tonwertumfang, der bis ISO 200 nahe beim theoretischen Maximum von 256 Stufen liegt. Die Kamera differenziert also auch feinste Farb- und Helligkeitsabstufungen sehr gut. Als sehr genau erweist sich ferner der Weißabgleich, bei der Farbabweichung gibt sich die D600 im Mittel ebenfalls keine Blöße. Unterm Strich zeigt sich die D600 nahezu jeder Aufnahmesituation gewachsen. Im Studio punktet sie mit einer hohen Auflösung, einem exzellenten Tonwertreichtum gepaart mit hoher Detailfülle – so sie mit gutem Glas bestückt wird. Die D600 eignet sich aber ebenso als Kamera für Available-Light und liefert selbst bei ISO 6.400 Aufnahmen, die sich in DIN-A4-Größe und darüber hinaus in ansehnlicher Qualität präsentieren.
Fazit Nikon liefert mit der D600 eine Kleinbild-DSLR ab, die sich an den ambitionierten Foto-Amateur wendet, aber durchaus auch für professionelle Fotografen schmackhaft ist. Ob Auflösungsvermögen, Balance zwischen Rauschunterdrückung und Bilddetails oder Eingangs- und Ausgangsdynamik: Die Bildqualität der D600 ist bis ISO 400 exzellent und sogar bei ISO 3.200 noch mehr als gut. Das hohe Auflösungsvermögen der Kamera lässt sich indes nur ausschöpfen, wenn die D600 mit adäquatem Glas bestückt wird. Dabei sind ihre Ansprüche nicht ganz so groß wie die der D800, dennoch kann das Kit-Zoom AF-S Nikkor 24-85 mm 1:3.5-4.5G ED VR das Potential der Kamera nicht ganz abrufen. Sehr gut ist zudem der Ausstattungsumfang mit sinnvollen Automatiken für den unbedarften Fotografen aber auch schier unendlich vielen Konfigurationsoptionen für Amateure und Profis. Leichte Abstriche muss man indes gegenüber den Profi-DSLRs von Nikon vor allem beim Autofokussystem hinnehmen: 39 AF-Felder sollten zwar für die meisten Gelegenheiten ausreichen, aber die Sensoren drängeln sich zu sehr im Bildzentrum. Somit eignet sich die D600 nicht ganz so gut für die Action-Fotografie, wenngleich sie mit einer Serienbildrate von rund 5,5 Bildern pro Sekunde recht flott unterwegs ist. Fotografen, die nach einer bezahlbaren Allround-Vollformat-Kamera oder einem semi-professionellen Zweitgehäuse Ausschau halten, dürfen sich von der D600 gerne verzücken lassen. Und sehen ihr dann großzügig die eine oder andere kleine Schwäche nach, etwa das starr verbaute Display, den im Live-View-Modus gemächlichen Autofokus oder die umständlich zu aktivierende HDR-Funktion. Videographen werden mit der D600 indes nur glücklich, wenn sie bei Full-HD auf eine Rate von 50 Vollbildern je Sekunde (50p) verzichten können wie auch auf eine Schärfenachführung.
Kurzbewertung
- Robustes, noch handliches Gehäuse
- Großer Ausstattungsumfang
- Zahlreiche, sinnvolle Automatikfunktionen
- Integriertes Blitzgerät
- Exzellente Bildqualität, selbst bei hoher ISO-Zahl
- HDR-Funktion nur umständlich zu aktivieren
- Display weder klapp- noch schwenkbar
- AF-Sensoren decken nur das Bildzentrum ab, zudem langsamer Live-View-/Video-AF
Technische Daten
Modell |
Nikon D600 |
Sensor |
CMOS Kleinbild 36,0 x 24,0 mm (Cropfaktor 1,0) 24,7 Megapixel (physikalisch), 24,3 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
6.016 x 4.016 (3:2) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 30p |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Prismensucher, 100 % Abdeckung, 21 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -3,0 - 1,0 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
3,2", 0,921 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (2.016 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, mit interner HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Nikon, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Micro (Typ D) |
Serienbildfunktion |
max. 5,5 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD Speicherkartenfach 2: SD |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 6.400, manuell ISO 50 bis 25.600 |
Abmessungen |
141 x 113 x 82 mm (B x H x T) |
Gewicht |
850 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/ALD3F (mit Preisvergleich) |