Vollformat-DSLR der Mittelklasse mit Spiegellos-Genen

Testbericht: Nikon D780

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 5, vom 2020-03-16 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Auch wenn Nikon bei der D780 die Motivprogramme wegrationalisiert hat, ist ein Vollautomatikmodus vorhanden und dient damit als Notnagel im Eifer des Gefechts oder wenn man mal einem nicht so fachkundigen Fotografen die Kamera in die Hand drücken möchte. Die Effektprogramme wegzulassen, hat Nikon sich hingegen nicht getraut und so kann, wer möchte, seine Fotos "aufhübschen". Auch die Picture-Control-Funktion zur individuellen Anpassung der kamerainternen JPEG-Bildaufbereitung fehlt nicht.

In den Kreativprogrammen entfaltet die Nikon D780 hingegen ihr volles Potential. Die ISO-Automatik lässt sich beispielsweise detailliert konfigurieren, damit sie so arbeitet, wie man möchte. Zudem gibt es nicht nur eine umfangreiche Belichtungsreihenfunktion, sondern die Kamera nimmt auch Fokusreihen für ein späteres Stacking auf und Intervallaufnahmen stehen ebenfalls auf dem Programm – inklusive der Möglichkeit, direkt 4K-Zeitrafferfilme in der Kamera erstellen zu können.

Die wohl mächtigste "Waffe" der D780 ist aber – neben ihrer Bildqualität, doch dazu später mehr – das System aus Autofokus und Belichtungsmessung. Der Autofokus arbeitet mit 51 Phasen-Messfeldern, die allerdings allesamt recht mittig sitzen. Unterstützt wird der Autofokus vom Belichtungsmesser, der über 180.000 farbempfindliche RGB-Messpunkte verfügt. Dadurch ist die Kamera in der Lage, Objekte zu erkennen und zu verfolgen, sodass berechnet werden kann, welche Autofokusmessfelder anzusteuern sind. Die Auflösung reicht sogar, um Gesichter zu erkennen, für Augen hingegen nicht. Vor allem bei Sport- und Actionmotiven spielt der Autofokus seine Vorteile aus.

Die Serienbildfunktion klingt mit sieben Bildern pro Sekunde für heutige Verhältnisse nicht sehr spektakulär, ist aber für die meisten Fälle ausreichend. Auch wenn der Puffer theoretisch nur für knapp über 20 Fotos reicht, hält die Kamera mit schneller UHS-II-Speicherkarte diese hohe Serienbildrate je nach Dateiformat deutlich länger durch. In JPEG (höchste Qualität) konnten wir 100 und in Raw (14 Bit mit verlustfreier Kompression) 77 Fotos am Stück mit der hohen Serienbildrate aufnehmen. Dass in JPEG nach 100 Aufnahmen Schluss ist, liegt an einer Beschränkung der Kamera auf maximal 100 Serienbilder am Stück mit mechanischem Verschluss – vermutlich, um diesen zu schonen. Übrigens sind bis zu 1/8.000 Sekunde kurze Verschlusszeiten möglich.

Auch wenn es sich bei der Nikon D780 um eine DSLR handelt, möchte man die Vorteile von spiegellosen Systemkameras nicht mehr missen. Diese beschränken sich längst nicht nur auf eine Live-View und Videofunktion und so baut Nikon bei der D780 erstmals konsequent alles an Technik ein, die sich in der Z 6 bewährt hat. Sprich: Die D780 verfügt über 273 auf dem Bildsensor integrierte Phasen-AF-Sensoren, die einen 90 Prozent großen Bereich des Bildfelds abdecken. Dank der hohen Sensorauflösungen werden zudem Gesichter und auch Augen erkannt, womit die Live-View-Funktion gerade bei der Porträtfotografie – neben dem besseren Augenkontakt des Fotografen zum Model – seine Vorteile ausspielen kann. Der Fotograf kann dank des neigbaren Bildschirms auch viel unverkrampfter mit der Aufnahmehöhe der Kamera und damit der Perspektive und Bildwirkung spielen. Für Makrofotografen ergeben sich ebenfalls viel entspanntere Arbeitsmöglichkeiten, nicht zuletzt auch aufgrund der bereits erwähnten Fokusreihenaufnahmefunktion.

Im Live-View gibt es noch weitere Vorteile wie eine Belichtungs- und Weißabgleichsvorschau, Live-Histogramm, Fokuslupe und Peaking und so weiter. Sogar die Serienbildfunktion wird bei aktiviertem Livebild leistungsfähiger. Hier nimmt die Nikon D780 mit elektronischem Verschluss sogar zwölf Serienbilder pro Sekunde ohne künstliche Beschränkung der Serienbildanzahl und sogar mit Autofokus- und Belichtungsnachführung auf. Bei der höheren Serienbildrate wirkt dann allerdings das Speicherkarteninterface trotz schnellem UHS II als Nadelöhr. In Raw bricht die Serienbildgeschwindigkeit bereits nach 35 Aufnahmen von zwölf auf etwa vier Serienbilder pro Sekunde ein, in JPEG sind 43 Bilder in schneller Bildfolge (12,3 fps) möglich, bevor die D780 langsamer wird.

Aber auch die Videofunktion profitiert vom leistungsfähigen Live-View samt zuverlässiger, pumpfreier Autofokus-Nachführung. Ohne digitalen Bildstabilisator kann die gesamte Sensorbreite mit 6K-Oversampling für die Videoaufnahme benutzt werden, die in guter Qualität bei 4K-Auflösung bei maximal 30 Bildern pro Sekunde gespeichert wird. Bei Full-HD sind sogar 120 Bilder pro Sekunde für bis zu fünffache Zeitlupen (bei 24p-Ausgabe) möglich. Die Clip-Länge ist in 4K allerdings auf 20 und in Full-HD auf knapp 30 Minuten beschränkt. Via HDMI-Recording lässt sich diese Beschränkung allerdings umgehen. Kopfhörer- und Mikrofonanschluss samt Aussteuerung, Timecode, Fokuspeaking und manueller Belichtungskontrolle bietet die D780 ebenfalls. Auch eine HDR-Videofunktion nach HLG-Standard sowie eine flache Tonwertkurve (N-Log) für die spätere Gradation fehlen nicht.

Den integrierten Blitz hat Nikon bei der D780 leider eingespart. Für viele ist das nicht schlimm, schließlich bietet ein kleiner Pop-Up-Blitz weder eine tolle Ausleuchtung noch eine hohe Reichweite. Aber für manche Anwendungen ist er als Aufheller oder Steuergerät für externe Blitzgeräte doch ein wertvolles Ausstattungsmerkmal. Es wirkt sogar ein wenig so, als hätte Nikon den Blitz im letzten Moment eingespart, denn die Blitztaste liegt weiterhin links vom Sucherbuckel. Damit lässt sich dann der aufgesteckte Blitz kontrollieren, falls man das nicht sowieso viel bequemer am Blitzdisplay erledigt. Das TTL-System von Nikon bietet ansonsten alle denkbaren Möglichkeiten und Nikon bietet auch ein umfangreiches Blitzprogramm an. Die Blitzsynchronzeit beträgt übrigens 1/200 Sekunde, wobei das Blitzsystem auch eine Highspeed-Synchronisation bietet.

Ein praktisches Feature der Wiedergabefunktion ist das Doppeltippen auf ein Bild, wodurch der angetippte Bereich zur Schärfekontrolle direkt auf 100 Prozent vergrößert wird. Ein weiteres Doppeltippen zeigt wieder das gesamte Bild an. Auch Bildbearbeitungsfunktionen innerhalb der Kamera gibt es bei der D780. Für ambitionierte Anwender wichtig ist natürlich der eingebaute Rohdatenkonverter, mit dem sich direkt in der Kamera JPEG-Bilder erstellen lassen. Aber auch JPEG-Bilder lassen sich bearbeiten, sei es zum Beschneiden, Verkleinern oder sogar zum Anwenden von Filtereffekten. Selbst Videos lassen sich in der Wiedergabe schneiden, was sich allerdings auf das Wählen des Anfangs- und Endpunkts beschränkt.

Das eingebaute WLAN arbeitet in der für Konsumenten entwickelten Snapbridge-Funktion mit Bluetooth zusammen. Nützlich ist dabei vor allem die ständige, energiesparende Bluetooth-Verbindung zum Smartphone für das Geotagging, denn so spart man sich ein GPS als Zubehör. Aber auch Fernsteuermöglichkeiten samt Live-View bietet die App, zudem lassen sich Bilder auf das Smartgerät übertragen. Kauft man sich den mit über 1.000 Euro sehr teuren WLAN-Adapter WT-7 passend zur D780 als Originalzubehör, so stehen umfangreichere Steuermöglichkeiten zur Verfügung inklusive Bildupload ins Netzwerk und Fernsteuerung über 200 Meter Entfernung via Webbrowser, also auch vom Smartgerät aus. Fernsteuern (sogenanntes Tethering) lässt sich die Kamera aber auch ohne WLAN via USB-Kabel vom Rechner aus.

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