Hochauflösende Vollformat-DSLR

Testbericht: Nikon D850

2017-10-05 Fünf Jahre lang hielten die D800 und ihr Nachfolgemodell D810 die Auflösungsfahne bei Nikon mit 36 Megapixeln oben. Mit der D850 gibt es nun eine aktuelle Ablösung mit neuester Technik, etwa einem 46 Megapixel auflösenden Vollformatsensor in rückwärtig belichteter CMOS-Bauweise für eine trotz höherer Auflösung verbesserte Lichtempfindlichkeit. Mit sieben Serienbildern pro Sekunde, 153-Punkt-Autofokus und 4K-Videofunktion will die D850 zudem sportlich punkten. Ob ihr das gelingt und wie es mit der Bildqualität aussieht, klärt unser ausführlicher Test.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Die Nikon D850 will den Spagat zwischen Studio- und Outdoor-Action-Fotografie meistern. Dafür kommt sie in einem spritzwasser- und staubgeschützten Gehäuse daher, dessen Ober-, Rück- und Unterseite aus einer Magnesiumlegierung gefertigt sind, während die Vorderseite und der Handgriff von einer Kunststoffschale gebildet werden. Anders als bei der D5 kommt die D850 in einem kompakten Gehäuse ohne festen Vertikalgriff daher, dennoch drückt sie betriebsbereit ohne Objektiv bereits fast ein Kilogramm auf die Waage. Der Handgriff ist üppig ausgeformt und bietet auch großen Händen ausreichend Platz inklusive genügend tiefem Eingriff zwischen Griffwulst und Objektivbajonett. Eine großzügige Gummibelederung und die konturierte Daumenmulde, ebenfalls mit genarbter Gummieinlage, tragen ihr Übriges zum sicheren Griff der Kamera bei.

Das Bedienkonzept entspricht dem der professionellen Kameraserie von Nikon. So gibt es eine Modustaste antelle eines Programmwählrads, zudem erlauben die vielen Tasten und Bedienelemente die Einstellung fast aller aufnahmerelevanten Funktionen ohne Gang ins Menü. Dabei muss man jedoch die eine oder andere Tastenkombination kennen, beispielsweise, um eine manuelle Weißabgleichsmessung vorzunehmen. Selbsterklärend ist das Bedienkonzept jedenfalls nicht in allen Punkten, sodass man sich entsprechend einarbeiten muss, falls man damit noch nicht vertraut ist. Zusätzlich zu den vielen Direktwahltasten gibt es auch noch zwei programmierbare Fn-Tasten, eine in der Handgriffmulde und eine auf der Gehäuserückseite.

Auf der Oberseite informiert ein Display über die wichtigsten Aufnahmeparameter, so dass man weder in den Sucher schauen noch den rückwärtigen Bildschirm aktivieren muss. Das Display lässt sich auf Wunsch beleuchten, was auch auf die Tasten links des Suchers und Displays zutrifft. Das hilft ein wenig im Dunkeln, aber konsequent umgesetzt wurde die Tastenbeleuchtung nicht, da die anderen Tasten im Dunkeln verbleiben. Ein Highlight der D850 ist sicher ihr großer Pentaprismensucher, der mit einer 0,75-fachen Vergrößerung so groß ausfällt wie bei keiner Nikon-DSLR zuvor; die D5 beispielsweise vergrößert "nur" 0,72-fach. Selbstverständlich werden 100 Prozent des Bildfelds abgedeckt, die Mattscheiben sind wechselbar und es gibt neben Statusanzeigen Einblendungen der Autofokuspunkte und von Gitterlinien. Brillenträger hingegen können den Sucher nicht ganz überblicken, die Ecken schatten ab. Immerhin gibt es eine Dioptrienkorrektur, die Abhilfe bei nicht zu großer Fehlsichtigkeit schafft.

Der rückwärtige Bildschirm ist ein weiteres Highlight und in zweierlei Hinsicht eine Premiere. Es handelt sich um einen in der Diagonale acht Zentimeter großen LCD mit einer ultrafeinen Auflösung von 2,36 Millionen Bildpunkten. Die Helligkeit kann auf bis zu 930 cd/m² hochgeschraubt werden, was für den Einsatz in hellem Sonnenlicht reicht. Zudem lässt sich der Monitor um 130 Grad nach oben und 80 Grad nach unten klappen, wobei der Mechanismus dank großzügigem Einsatz von Metall sehr robust ausfällt. Bodennahe oder Über-Kopf-Aufnahmen sind damit kein Problem mehr, zumal der Live-View-Autofokus deutlich schneller geworden ist. Zwar neigt er noch vereinzelt zu leichtem Pumpen, findet aber oft schon innerhalb einer halben Sekunde sein Ziel. Im Suchermodus ist die D850 selbstverständlich deutlich schneller und stellt in weit unter 0,2 Sekunden scharf. Doch nicht nur der Klappmechanismus ist modern, sondern auch die berührungsempfindliche Oberfläche. Wer möchte, kann in der Wiedergabe durch die Bilder wischen, Videos per Fingertipper abspielen oder sogar das gesamte Menü per Touchscreen bedienen. Das alles ist aber kein Muss, denn auch eine reine Tastenbedienung ist möglich. Was der Bildschirm nicht beherrscht ist eine Autofokuspunktverschiebung im Sucherbetrieb, dafür ist nämlich einzig und allein der Fokus-Joystick zuständig. Nikon hält also am klassischen Bedienkonzept fest und ergänzt es sinnvoll durch moderne Elemente.

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Die linke Gehäuseseite ist von Schnittstellen übersät, was sich um die Kamera herum bis nach vorne fortsetzt. Neben dem Studioblitzanschluss und der Multifunktionsbuchse für Zubehör wie Bluetooth- und WLAN-Adapter sind hier jeweils ein 3,5 mm Klinkenanschluss für einen Kopfhörer und ein Mikrofon, eine USB 3.0 Buchse und ein HDMI-Mini-Anschluss zu finden. Sogar ein Kabelbruchschutz lässt sich hier anschrauben, er befindet sich im Lieferumfang. An den Symbolen unschwer zu erkennen ist zudem das eingebaute WLAN samt Bluetooth, deren Funktionalität sich jedoch auf das weniger professionelle, sondern eher konsumentenorientierte Snapbridge beschränkt. Ein TTL-Blitzschuh sitzt auf dem Sucherbuckel, der jedoch im Gegensatz zum Vorgängermodell keinen Pop-Up-Blitz mehr beherbergt.

Auf der Handgriffseite befindet sich das Doppel-Speicherkartenfach. Hier findet nicht nur eine exotische XQD-Speicherkarte Platz, sondern zusätzlich eine SD-Karte. Der Slot ist zu SDHC, SDXC, UHS I und UHS II kompatibel. Mit einer Schreibgeschwindigkeit von über 160 Megabyte pro Sekunde kann sogar durchaus auf die nicht so gängigen XQD-Karten verzichtet werden. Als Akku kommt der EN-EL15a zum Einsatz, mit dessen Hilfe es die D850 auf üppige 1.800 Aufnahmen nach CIPA-Standard bringt. So eine DSLR ist eben durchaus stromsparend, solange man das Live-View nicht verwendet. Zudem spart der nicht vorhandene Blitz Strom, der sonst im Testverfahren bei jeder zweiten Aufnahme hätte gezündet werden müssen. Mit Hilfe des ca. 440 Euro teuren optionalen Batterie-Handgriffs MB-D18 lässt sich nicht nur die Ergonomie der Kamera im Hochformat deutlich verbessern, sondern auch die Akkulaufzeit steigern. Der Akku verbleibt in der Kamera, während im Griff ein zweiter Platz findet. Alternativ lassen sich über den mitgelieferten Käfig acht Mignon/AA-Rundzellen zur Stromversorgung nutzen. Wer ganz tief in die Tasche greift (oder eine Nikon D5 besitzt), erwirbt den größeren Akku EN-EL18b für 200 Euro samt Akkufachabdeckung BL-5 für 40 Euro passend zum MB-D18 sowie das dazugehörige Ladegerät MH-26aAK für ca. 450 Euro und steigert damit nicht nur die Akkuausdauer der Kamera deutlich, sondern auch ihre Serienbildleistung auf neun Bilder pro Sekunde.

Ausstattung

Als Profi-DSLR verwundert es nicht, dass man keine Vollautomatik bei der Nikon D850 findet. Die Kamera ist nicht für Anfänger oder Einsteiger konzipiert, sondern für sehr anspruchsvolle Hobbyfotografen und natürlich Profis, die mit den Fotos ihr Geld verdienen. Gewusst wie, arbeitet die D850 aber durchaus auch automatisch. Neben der Programmautomatik gibt es nämlich auch eine ISO-Automatik, die auch in allen anderen Aufnahmeprogrammen aktivierbar ist. Die trifft selbst auf die manuelle Belichtung zu, wobei die Belichtungskorrektur aktiv bleibt. Die ISO-Automatik kann man zudem konfigurieren, etwa welche Empfindlichkeit mit und ohne Blitz maximal eingestellt werden soll und welches die längste Belichtungszeit sein soll. Auch hier gibt es eine Automatik, die man wiederum Richtung kürzere und längere Belichtungszeit beeinflussen kann. Automatiken gibt es selbstverständlich auch für den Weißabgleich und sogar für eine HDR-Funktion. Auch das Active-D-Lighting zur Schattenaufhellung fehlt nicht.

Belichtungsreihen nimmt die D850 mit bis zu neun Aufnahmen bei maximal einem EV Belichtungsabstand, bis zu fünf Aufnahmen bei zwei EV Belichtungsabstand und drei Aufnahmen mit bis zu drei EV Belichtungsabstand auf. Der minimale Belichtungsabstand beträgt 0,3 EV. Damit lassen sich prima Aufnahmen für eine spätere HDR-Bearbeitung am Computer erstellen. Eine umfangreich konfigurierbare Intervallaufnahmefunktion fehlt ebenfalls nicht. Die Auflösung genügt sogar für ein 8K-Video, das man allerdings am Computer erstellen muss. Bei niedrigeren Auflösungen ist im Videoaufnahmemenü eine zweite Intervallfunktion zu finden, die die Bilder direkt zu einem Video maximal in 4K-Auflösung zusammenfügt. Ebenfalls interessant ist die Fokusreihenaufnahmefunktion, die das Fokus-Stacking erleichtert. Die Bearbeitung muss aber auch hier am Computer erfolgen.

Die Serienbildfunktion der Nikon D850 erreicht nicht nur im Datenblatt, sondern auch in der Praxis sieben Bilder pro Sekunde ohne teures Zubehör wie den Batteriegriff samt Profiakku, Adapter und Ladegerät. Bei Einsatz einer schnellen SD-Karte gelangen uns bei dieser Geschwindigkeit jedoch lediglich 34 JPEG- oder 25 Raw-Bilder am Stück, bevor die Geschwindigkeit auf vier Serienbilder pro Sekunde bei JPEG und 2,8 Serienbilder pro Sekunde bei Raw einbrach. Nach spätestens 200 Aufnahmen endet die Serie ohnehin (diese Grenze lässt sich im Menü auf Wunsch weiter herabsetzen). Der Pufferspeicher ist also angesichts der schieren anfallenden Datenmenge etwas knapp bemessen, andererseits ist die Schreibrate selbst auf eine SDHC-Karte sehr hoch. Diese muss jedoch den UHS-II-Standard unterstützen und sollte über 160 Megabyte pro Sekunde schnell sein, sonst wird die Kamera ausgebremst. Eine exotische XQD-Karte lag uns zum Test leider nicht vor. Da aber die SD-Karte, die 299 MB/s schnell schreiben können soll, schon nur etwas mehr als zur Hälfte ausgereizt wurde, scheint der Flaschenhals nicht bei der Speicherkartengeschwindigkeit zu liegen.

Der Autofokus der D850 ist nun ebenfalls Sport- und Action-tauglich. Es handelt sich um dasselbe Autofokusmodul wie in der Sportkamera D5, es stehen also 153 Messpunkte zur Verfügung, sofern man den SLR-Sucher verwendet und nicht das Livebild. 99 der Sensoren sind hochwertige Kreuzsensoren. Die Autofokusfelder decken den mittleren Bereich des Bildes sehr fein gestaffelt ab, außen jedoch kann nicht fokussiert werden. Für die meisten Motive dürfte dies aber völlig ausreichend sein. Von der D5 übernommen wurde die Gruppensteuerung, die für eine bessere Verfolgung von bewegten Motiven sorgt. Der Belichtungsmesser mit seinen 180.000 farbempfindlichen Messpunkten trägt seinen Teil zur Motivverfolgung bei. Zudem stehen bei der Belichtungsmessung verschiedene Modi bereit, wovon insbesondere die lichterbetonte Messung sehr interessant ist, denn sie verhindert das Ausbrennen der Lichter in dunkleren Umgebungen, etwa bei der Bühnenfotografie.

Verwendet man das Live-View, so steht sogar eine lautlose elektronische Auslösung zur Verfügung. Bei der Verwendung des Suchers hingegen ist die Kamera lauter, wobei sich hier der bekannte Leise-Modus aktivieren lässt, der den Spiegel etwas sanfter und damit leiser schwingt. Neu ist der optional einschaltbare elektronische erste Verschlussvorhang, um Erschütterungen, die eine leichte Unschärfe verursachen können, zu minimieren. Zum manuellen Fokussieren eignet sich die Livebildansicht dank der Lupenfunktion besonders gut. Endlich, muss man sagen, ist bei Nikon zudem die Nützlichkeit einer Fokuspeakingfunktion angekommen, die die D850 nun beherrscht. Dabei werden kontrastreiche (und damit scharfe) Bildkanten farblich hervorgehoben. Im Livebild gibt es übrigens auch eine Schärfentiefevorschau. Dafür muss man nicht einmal einen Knopf betätigen, denn die Kamera blendet live ab und verstärkt das Bild einfach entsprechend, damit es nicht dunkler erscheint. Das funktioniert angesichts des lichtempfindlichen Vollformatsensors sehr gut. Aber auch eine klassische Abblendtaste für die Schärfentiefevorschau im SLR-Sucher fehlt nicht.

Die Videofunktion der Nikon D850 will ebenfalls professionelle Ansprüche erfüllen. So hat der Videograf die Wahl, ob er intern im MOV- oder MP4-Format mit H.264-Kompression aufzeichnen möchte oder doch lieber per HDMI-Aufnahmegerät. Die Videoauflösung erreicht nun 3.840x2.160 Pixel, also 4K, mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde, in Full-HD sind flüssigere 60 Bilder pro Sekunde möglich. Unabhängig von den Fotoeinstellungen lassen sich im Videomodus Bildmodi, Rauschunterdrückung, Weißabgleich und vieles mehr einstellen. Direkt im Gehäuse integriert ist ein Stereomikrofon, aber auch ein externes lässt sich über die Klinkenbuchse anschließen; ebenso wie ein Kopfhörer zur Tonkontrolle. Auch ein digitaler Bildstabilisator fehlt nicht. Eine automatische Fokussierung während der Filmaufnahme ist hingegen nicht zu empfehlen. Der D850 gelingen als DSLR keine wirklich sanften Fokusfahrten, obwohl per Fingertipper auf dem Bildschirm während der Aufnahme eine Nachfokussierung möglich ist, die jedoch sehr unsanft und pumpend erfolgt.

Obwohl es sich bei der D850 um eine Profikamera handelt, fehlen Bildbearbeitungsfunktionen innerhalb der Kamera nicht. Für Profis wichtig ist natürlich der eingebaute Rohdatenkonverter, mit dem sich direkt in der Kamera JPEG-Bilder erstellen lassen. Aber auch JPEG-Bilder lassen sich bearbeiten, sei es zum Beschneiden, Verkleinern oder sogar zum Anwenden von Filtereffekten. Selbst Videos lassen sich in der Wiedergabe schneiden, was sich allerdings auf das Wählen des Anfangs- und Endpunkts beschränkt.

Das eingebaute WLAN samt Bluetooth beschränkt sich auf die für Konsumenten entwickelte Snapbridge-Funktion. Für Profis ebenfalls nützlich ist dabei die ständige, energiesparende Verbindung zum Smartphone via Bluetooth vor allem für das Geotagging, denn so spart man sich ein GPS als Zubehör. Die Fernsteuermöglichkeiten per App sind hingegen stark beschränkt (nur Live-View, Fokussierung und Auslösung mit und ohne Selbstauslöser sind nutzbar), zudem lassen sich keine Raw-Bilder auf das Smartgerät übertragen, sie müssen also vorher mühsam mit dem eingebauten Rohdatenkonverter der Kamera in ein JPEG gewandelt werden, was nicht automatisch geschieht. Kauft man sich hingegen den mit knapp 1.200 Euro recht teuren WLAN-Adapter WT-7 passend zur D850 als Originalzubehör, so stehen umfangreichere Steuermöglichkeiten zur Verfügung inklusive Bildupload ins Netzwerk und Fernsteuerung über 200 Meter Entfernung via Webbrowser, also auch vom Smartgerät aus. Fernsteuern (sogenanntes Tethering) lässt sich die Kamera aber auch ohne WLAN via USB-Kabel vom Rechner aus.

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