Hochauslösende, spiegellose Vollformat-Systemkamera

Testbericht: Nikon Z 7

2018-09-21 Die Nikon Z 7 ist die erste der beiden Kameras des neuen spiegellosen Vollformat-Kamerasystems von Nikon. Mit ihrem knapp 46 Megapixel auflösenden, rückwärtig belichteten CMOS-Bildsensor ist sie eine der höchstauflösenden Kleinbildkameras am Markt und will, zusammen mit den S-Line-Objektiven, neue Maßstäbe bei der Bildqualität setzen. Wie gut Nikons erster Wurf gelungen ist und wie es um die Bildqualität bestellt ist, verrät unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Nikon Z 7 Testbericht als Premium-VersionDiesen Kameratest gibt es auch als E-Book mit erweitertem Informationsumfang. Das PDF zum Herunterladen enthält gegenüber dieser Online-Version zusätzlich eine übersichtliche Tabelle mit detaillierten Einzelbewertungen sowie zwei Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar visualisiert werden. Zudem stellen wir drei andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Nikon Z 7 haben. mehr …

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)

Ergonomie und Verarbeitung

Nikons Ziel mit dem neuen System war es nicht, die kleinsten Vollformat-Systemkameras zu bauen, sondern besonders ergonomische, ohne den kompakten Aspekt völlig über Bord zu werfen. Mit dem knapp 13,5 mal zehn mal sieben Zentimeter großen Gehäuse ist es Nikon gelungen, in der Größenklasse der aktuellen dritten Generation der Vollformat-Systemkameras der Alpha-7-Familie von Sony mitzuhalten, aber gleichzeitig ein robusteres Gehäuse zu liefern. Mit Ausnahme der Bodenplatte und der linken Gehäuseseite, auf der sich neben den Anschlüssen auch die drahtlosen Schnittstellen befinden, besteht das Gehäuse der Z 7 aus einer robusten Magnesiumlegierung. Zudem sollen zahlreiche Dichtungen vor dem Eindringen von Staub und Spritzwasser in das Gehäuse schützen, und zwar auf dem Niveau der Nikon-DSLRs, etwa einer D850. Apropos D850: Die Z 7 ist etwa einen Zentimeter schmaler, fast drei Zentimeter niedriger und einen Zentimeter weniger tief. Da auch das Gewicht der Z 7 mit unter 700 Gramm betriebsbereit gut ein Drittel unterhalb dem der D850 liegt, kann man definitiv festhalten, dass die spiegellose Z 7 gegenüber einer vergleichbaren DSLR um einiges kleiner und leichter ist, auch wenn sie absolut gesehen keine kleine und leichte Kamera ist, relativ aber eben schon, und das zählt in diesem Fall.

Das tut der Ergonomie jedoch keinerlei Abbruch. Der Griff ist sehr gut ausgeformt und bietet bei einer mittelgroßen Hand sogar dem kleinen Finger noch leidlich guten Halt. Dank der großzügigen, rutschfesten, genarbten Gummierung, der rückseitigen Daumenmulde und dem Einschnitt für den Mittelfinger liegt die Z 7 sicher und fest in der Hand. Die Kamera ist sogar so gut ausbalanciert, dass man sie recht locker in der Hand schlendernd halten kann, ohne dass sie einem entgleitet. Mit dem Setobjektiv Z 24-70 mm F4 S knackt die Z 7 übrigens die Marke von einem Kilogramm. Dennoch ist Nikon hier, nicht zuletzt aufgrund des Einzugsmechanismus, ein kompaktes, gut zur Z 7 passendes Setobjektiv gelungen. Gegen einen leichten Widerstand lässt es sich mechanisch ausfahren und mit einer achtel Umdrehung zoomen. Sogar über einen Spritzwasser- und Staubschutz verfügt es.

Mit Ausnahme des Programmwählrads liegen alle für die Aufnahme wichtigen Bedienelemente in Reichweite der rechten Hand. Dazu gehören die beiden optimal positionierten und angenehm laufenden Multifunktionsräder, der Vierwegewähler sowie der Fokusjoystick und sogar der Einschalthebel, der wie bei Nikon gewohnt rund um den Auslöser angeordnet ist. Der Auslöser bietet einen gut tastbaren, wenn auch recht weichen ersten Druckpunkt und lässt sich damit sanft durchdrücken, ohne die Kamera dabei zu verreißen.

Das Programmwählrad links neben dem Sucher muss mit der ganzen linken Hand bedient werden. Während der Zeigefinger den Verriegelungsknopf zum Entriegeln gedrückt halten muss, lässt sich das Rad mit dem Daumen oder Mittelfinger oder beiden gemeinsam drehen. Eine versehentliche Bedienung ist damit ausgeschlossen. Ansonsten sitzen links vom Sucher nur die Wiedergabe- sowie die Löschentaste, die beide während der Aufnahme nicht benötigt werden. Die AF-On-Funktion, die ISO-Empfindlichkeit, die Videoaufnahme, die Belichtungskorrektur, die Serienbildfunktion und die Vergrößerungstasten besitzen feste Belegungen. Hinzu kommen zwei Funktionstasten zwischen Handgriff und Bajonett. Sie liegen nicht direkt unter den Fingerkuppen, so dass man sie nicht versehentlich drückt. Dafür muss man die Griffhand etwas lösen, um sie zu betätigen. Gut, wenn die zweite Hand die Kamera beziehungsweise das Objektiv dabei von unten stützt. Die obere Fn1-Taste ist mit dem Weißabgleich vorbelegt, die untere Fn2-Taste mit dem Fokusmodus, denn einen Umschalter für die Wahl zwischen Single- und Continous-Autofokus sowie manuellem Fokus besitzt die Z 7 leider nicht. Übrigens lässt sich auch der Objektivring alternativ zur manuellen Fokussierung mit einer anderen Funktion belegen, etwa der Blende, der ISO-Empfindlichkeit oder der Belichtungskorrektur. Dann sind diese Funktionen allerdings nicht mehr gegen versehentliches Verstellen gesichert.

Solche vorbelegten, aber änderbaren Tastenfunktionen sind für die Individualisierung von Vorteil, machen die Bedienung aber nicht selbsterklärender. Hinzu kommt die merkwürdige Eigenheit von Nikon, wie bei den Profikameras und auch der Z 7 der manuelle Weißabgleich eingestellt wird. Ohne Blick ins Handbuch (oder Nikon-Kenntnisse) hat man keine Chance, dies herauszufinden. Es gibt weder im Menü, noch im Schnellmenü, noch nach dem Drücken der Weißabgleichstaste eine offensichtliche Möglichkeit, den Weißabgleich zu messen. Tatsächlich muss man zuerst einen der sechs Speicherplätze auswählen und anschließend die Weißabgleichstaste für mehr als zwei Sekunden gedrückt halten, damit die Kamera eine Messung auf eine Referenzfläche anbietet. Zwar ist die Z 7 keine Einsteigerkamera, aber auch eine Profikamera sollte sich, vor allem bei den Grundfunktionen, von einem Fotografen mit guten Kenntnissen ohne Blick ins Handbuch bedienen lassen.

Auch ansonsten ähnelt das Bedienkonzept dem der hochpreisigen Nikon-DSLRs. Das Schnellmenü oder auch das in sieben Bereiche gegliederte Hauptmenü geben Nikon-Kennern keine Rätsel auf. Hier und da gibt es spezifische, teilweise neue Funktionen, aber im Großen und Ganzen findet man sich gut zurecht. Das bedeutet nicht, dass das Menü besonders übersichtlich ist. Acht Menüpunkte passen maximal auf den Bildschirm, bis zu fünf Menüseiten gehören zu einer Kategorie. Da ist es nicht immer einfach, direkt das zu finden, was man sucht. Das Individualmenü umfasst sogar sieben Seiten, wobei eine Zwischenebene etwas Ordnung durch die farbliche Kategorisierung in dieses Untermenü bringt. Zum Glück lassen sich favorisierte Menüpunkte in einem individuell zusammenstellbaren Menü ablegen, um sie schneller auffinden zu können. Oder aber man schaltet es um auf ein Menü mit den zuletzt verwendeten Menüpunkten. So findet man schneller Einstellungen wieder, die man zuletzt geändert hat.

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Wie bei einer DSLR ist der Sucher eines der zentralen Elemente einer spiegellosen Systemkamera, jedenfalls in der Klasse einer fast 4.000 Euro teuren Kamera wie der Z 7. Der 0,8-fach vergrößernde und damit enorm große Sucher löst feine 3,7 Millionen Bildpunkte auf. Damit ist es kaum noch möglich, die einzelnen Pixel auszumachen, obschon einem der Unterschied zu einem klassischen Spiegelreflexsucher sofort ins Auge sticht. Schließlich leuchtet der Sucher von selbst und zeigt alle Aufnahmeparameter, den Weißabgleich und vieles mehr mit seinem Livebild an. Der Sucher bietet eine weitreichende Dioptrienkorrektur, wobei das Verstellrad wie bei einer analogen Armbanduhr erst herausgezogen werden muss, um den Wert verstellen zu können. An sich bietet der Sucher eine große Eintrittspupille, aber durch die starke Vergrößerung, die übrigens rein subjektiv recht verzeichnungsfrei wirkt, hat man mit aufgesetzter Brille trotzdem keinen optimalen Überblick.

Dank des Näherungssensors aktiviert sich der Sucher von selbst, sobald man die Kamera ans Auge nimmt. Die Taste links vom Sucher steuert dabei, ob eine automatische Umschaltung erfolgt, nur der rückwärtige Bildschirm zum Einsatz kommt oder letzterer deaktiviert bleibt. Das spart am meisten Strom, denn das Livebild muss nur angezeigt werden, sobald man die Kamera ans Auge nimmt. Das Livebild beherrscht, egal ob im Sucher oder auf dem Bildschirm, die Einblendung von Gitterlinien, einer 3D-Wasserwaage, eines Livehistogramms und eine Belichtungsvorschau. Das Sucherbild löst sogar fein genug auf, um ohne Vergrößerungslupe oder Fokuspeaking (beides selbstverständlich vorhanden) eine Beurteilung der Schärfe zu erlauben. Außerdem sorgt die Lichtverstärkung dafür, dass man selbst dann noch etwas im Sucher erkennt, wenn es für das Auge schon längst zu dunkel ist. Lichtstarke Objektive sind hier natürlich trotzdem im Vorteil.

Mit einer Diagonale von acht Zentimetern und einer Auflösung von über zwei Millionen Bildpunkten steht der rückwärtige Bildschirm dem Sucher kaum nach. Es handelt sich um einen um 40 Grad nach unten und 90 Grad nach oben neigbaren Touchscreen. Das erlaubt zumindest im Querformat Aufnahmen aus Frosch- und Vogelperspektiven am ausgestreckten Arm und ersetzt quasi einen "Lichtschachtsucher", so dass man auch unauffällig vor der Brust mit Bildschirm hinter der Kamera fotografieren und sogar darüber per Fingertipper auslösen kann. Mit einer Helligkeit von über 700 cd/m² lechtet er zudem mühelos gegen die helle Sonne an. Die Touchfunktion beschränkt sich nicht nur auf die Wahl des Autofokusfelds oder die Auslösung, sondern erstreckt sich auch auf eingeblendete Parameter und sogar das Hauptmenü. Wäre die Z 7 nicht so wunderbar über Tasten bedienbar, würde man davon sicher öfter Gebrauch machen. Wer das Tippen auf dem Bildschirm bevorzugt, wird sich darüber jedenfalls freuen. Das Sucherokular liegt übrigens so weit hinten, dass die Nase nicht auf dem Bildschirm "klebt". Eine Touchpad-Funktion während des Blicks durch den Sucher gibt es dennoch nicht, schließlich bietet die Z 7 einen Fokusjoystick, den viele konservative Fotografen ohnehin bevorzugen.

Zusätzlich zum rückwärtigen Bildschirm besitzt die Z 7 noch ein Informationsdisplay auf der Kameraoberseite. Es zeigt in weißer, leuchtender Schrift die wichtigsten Aufnahmeparameter an. Die Beleuchtung lässt sich nicht abschalten, im ausgeschalteten Zustand allerdings ist auch dieses Display dunkel und nicht mehr ablesbar.

Bei den Schnittstellen war Nikon spendabel und hat fast alles verbaut, was das Fotografenherz begehrt. Die Gummiabdeckungen wirken zwar nicht allzu hochwertig, aber sie funktionieren. Der Mikrofon- sowie der Kopfhöreranschluss dürften sogar Videografen begeistern. Die HDMI-Schnittstelle des Typs C (Mini-HDMI) ist klein genug, aber nicht so anfällig wie die Mikro-Variante Typ D, auch beim USB-Anschluss hat Nikon sich für den modernen USB-C-Typ entschieden, den man nicht mehr verkehrt herum einstecken kann. Über die USB-Schnittstelle kann der Akku vom Typ EN-EL15b auf Wunsch direkt in der Kamera geladen werden, und zwar mit bis zu drei Ampere und damit genauso schnell wie im externen Ladegerät. Die Akkus EN-EL15 und 15a passen zwar ebenfalls, lassen sich aber nicht in der Kamera aufladen, sondern nur über die mitgelieferte Ladeschale. Aber auch das USB-Netzteil liefert Nikon mit, bedient also beide Fraktionen. Leider lädt die Nikon den Akku nicht mit jedem beliebigen USB-Ladegerät. Wir konnten kein Muster erkennen (beispielsweise eine Mindestleistung) und so bleibt nur ausprobieren übrig. Des Weiteren besitzt die Z 7 einen Multifunktionsanschluss, beispielsweise für ein Ansteck-GPS oder ein Fernauslösekabel.

Was der Z 7 hingegen fehlt, ist eine Blitzsynchronbuchse. Einen Standard-Blitzschuh mit Mittenkontakt und TTL-Kontakten bietet die Z 7 selbstverständlich, aber dafür keinen internen Blitz. Auch ein Anschluss für einen Funktions-Hochformatgriff fehlt. Ein reiner Akkugriff hingegen soll in Arbeit sein. Das wäre auch nicht verkehrt, denn obwohl der große EN-EL15b im Schacht steckt, sind damit nur 330 Aufnahmen nach CIPA-Standard möglich. Die Zahl der Bilder hängt ohnehin stark von der Verwendung ab, mit Serienbildfunktion sind es mehr, wer viel mit dem Sucher arbeitet, wird ein paar Bilder weniger aufnehmen können als bei Bildschirmverwendung. Auch Bluetooth beziehungsweise Snapbridge braucht Energie, wenn auch nicht viel. Immerhin sitzt der Akkuschacht sehr weit vom Metallstativgewinde entfernt, das sich in der optischen Achse befindet, so dass sich der Akku auch mit recht großer montierter Stativ-Schnellwechselplatte wechseln lässt.

Beim Speicherkartenschacht dürften sich aus mehrerlei Gründen die Geister scheiden. Die Klappe wird mitsamt der Daumenmulde geöffnet und legt damit großzügig den Schacht frei. Einzahl. Ein zweiter Speicherkartenschacht fehlt der Z 7 leider. Doch auch das gewählte Speicherkartenformat XQD hat nicht viele Freunde. Es gilt noch als exotisch, die Speicherkarten und Lesegeräte sind im Vergleich zu SD deutlich teurer. Dafür sind die Karten robuster und theoretisch auch schneller als aktuelle SD-Speicherkarten. Zwar bietet die Z 7 mit über 200 MByte pro Sekunde die bisher schnellste Schreibrate, die wir messen konnten, aber dies wäre auch locker mit schnellen SD-Karten möglich gewesen, schließlich gibt es von diesen auch knapp 300 MB/s schnelle Modelle. Ärgerlich ist zudem, dass ein Kartenlesegerät praktisch Pflicht ist, denn trotz theoretisch schneller USB-3-Schnittstelle kriecht die Datentransferrate übers USB-Kabel in unserer Redaktion an drei verschiedenen Rechnern mit maximal 17,5 MB/s vor sich hin (eine zur Gegenprobe stattdessen angeschlossene externe SSD bringt es auf satte 280 MB/s, eine Sony Alpha 7 III schafft immerhin knapp 80 MB/s). Die Z 7 wird nicht als Massenspeicher, sondern als Kamera vom Computer erkannt, entsprechend wird über ein langsames Protokoll zugegriffen. Etliche 60 Megabyte große Raw-Dateien auf diese Weise zu übertragen, wird zur Qual.

Fortsetzung auf Seite 2

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