Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Olympus E-420
2008-12-09 Die Olympus E-420 war und ist die kompakteste DSLR auf dem Markt. So ist der Frauenanteil bei den Käufern hoch, aber auch Männer, die eine kompakte Ausrüstung bevorzugen, greifen gerne zur E-420. Weitere Kaufargumente sind eine hohe technische Ausstattung, gute Verarbeitungsqualität und nicht zuletzt der recht niedrige Preis. Ob die Kamera aber auch in der fotografischen Praxis in Bezug auf Bedienung, Geschwindigkeit und Bildqualität überzeugen kann, zeigt der digitalkamera.de-Kompakttest. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung
Das Kunststück, die kleinste DSLR am Markt zu bauen, ist Olympus nicht zuletzt durch das simple Weglassen des sonst so typischen, ausgeprägten Handgriffs gelungen. Doch das ist ein recht fauler Kompromiss. Man sollte schon sehr kleine Hände haben, um die Kamera noch einigermaßen sicher halten zu können. Unmöglich wird dieses Kunststück mit Händen der Marke "Baggerschaufel" und erst recht, wenn man größere (Tele-) Objektive an die Kamera setzt. Dafür ist sie schlicht nicht gedacht. Die flache Bauform relativiert sich aber sowieso durch das Objektiv, das stets deutlich weiter vorsteht als der Handgriff – selbst wenn man zu dem schnuckeligen, sehr flachen 25mm-Pancake-Objektiv greift. Äußerst störend ist zudem die Gurtöse, denn Auslösefinger und Gurt kommen sich zwangsläufig ins Gehege. Weitere Kompromisse der kleinen Bauform: Der Akku fällt recht klein aus und hält entsprechend nicht lange – offizielle Laufzeiten nach CIPA-Norm gibt Olympus vorsichtshalber gar nicht an; etwa 200 Bilder sollte man dennoch machen können.
Der dritte und für viele sicherlich ärgerlichste Kompromiss ist der fehlende Bildstabilisator! Bei Olympus gibt es keine bildstabilisierten Objektive, stattdessen wird normalerweise ein beweglicher Sensor im Kameragehäuse verbaut – aber nicht in der E-420. Keine Kompromisse ist Olympus hingegen bei der Verarbeitungsqualität eingegangen, die trotz Kunststoffgehäuse äußerst hochwertig ist. Schade, dass es die Kamera nur in Schwarz und nicht in anderen Farben gibt wie in unserem diesjährigen Aprilscherz (siehe weiterführende Links). Ebenfalls gelungen ist die Bedienung. Gut erreichbare Tasten, ein satt schmatzendes hinteres Einstellrad und ein durchdachtes Bedienkonzept lassen alle wichtigen Parameter schnell erreichen. Besonders hilfreich ist dabei der Info-Bildschirm, auf dem man direkt in den Einstellungen navigieren und sie verändern kann. In den Menüs selber geht die Übersichtlichkeit allerdings etwas verloren. Zu verschachtelt sind die wirklich zahlreichen Einstellmöglichkeiten, kryptische Abkürzungen tragen auch nicht immer zum Verständnis dessen bei, was man nun eigentlich gerade einstellt.
An der rechten Kameraseite gibt eine kräftige Kunststoffklappe die beiden Speicherkartenslots frei – man kann sowohl xD- als auch die größeren, schnelleren und günstigeren CompactFlash-Speicherkarten einsetzen – dabei passen sowohl Typ I als auch II (Microdrive). Das Stativgewinde auf der Kameraunterseite ist aus Metall und vorbildlich in der optischen Achse angeordnet, allerdings wird bei Stativverwendung der Zugriff auf das Akkufach versperrt – besonders ärgerlich, da die Kamera keinen Netzteilanschluss besitzt. Der Akku selbst sitzt etwas stramm und ist daher nur fummelig zu entfernen.
Der Sucher ist systembedingt etwas kleiner als bei der Konkurrenz und zählt daher nicht zu den Besten, auch wenn die Helligkeit stimmt. Dem Tunnelblick kann mit einer optionalen, 1,2-fach vergrößernden Sucherlupe begegnet werden, Brillenträger bleiben da allerdings außen vor, denn sie können mit Lupe den Sucher nicht mehr ganz überblicken. Abhilfe schafft die LiveView-Funktion, die mit dem 2,7" großen, blickwinkelstabilen und hellen Monitor wirklich Spaß macht. Nur die 230.000 Bildpunkte feine Auflösung könnte höher sein.
Ausstattung
Von den Aufnahmeprogrammen und Einstellmöglichkeiten her eignet sich die E-420 sowohl für Einsteiger, die Motivprogramme verwenden wollen, als auch für Fortgeschrittene, die
gerne mal auf kreativere Belichtungsmodi (Halbautomatiken oder Manuell) zurückgreifen wollen. Besonders flexibel ist die Belichtungskorrektur, die bis zu 5 EV nach oben oder unten erlaubt – fein abgestuft in 1/3-EV-Schritten. Der eingebaute Orientierungssensor sorgt für die Unterscheidung und richtige Ausrichtung von Hoch- und Querformataufnahmen, die Infoanzeige auf dem Bildschirm dreht allerdings nicht mit. Drückt man hier die Fn-Taste, kann man direkt zu den angezeigten Einstellungen springen, um sie den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Sehr praktisch ist beispielsweise die Möglichkeit, die automatische Empfindlichkeitskorrektur auf einen Maximalwert zu begrenzen. Die Anti-Schock-Funktion dagegen sorgt für eine einstellbare Wartezeit von 1-30 Sekunden zwischen Spiegelschlag und Auslösung, um Verwackelungen bei längeren Belichtungszeiten zu minimieren.
Beim Blitz bleiben fast keine Wünsche übrig. Sei es ein Rote-Augen-Vorblitz, eine Vollautomatik inkl. automatischem Blitz-Popup (nur im Automodus oder in den Motivprogrammen), eine Langzeitsynchronisation oder die Blitzzündung zum Ende der Belichtung. Mit der Blitzbelichtungskorrektur kann man die Blitzmenge der sehr zuverlässigen automatischen Messung den eigenen Wünschen entsprechend anpassen, aber auch eine voll manuelle Leistungsregelung (1/1, 1/4, 1/16 und 1/64) ist möglich. Nicht zu vergessen der Systemblitzschuh, über den sich stärkere Blitzgeräte anschließen lassen – einzig einen Drahtlosmodus zur Zündung externer Blitzgeräte mit Hilfe des internen Blitzes als Steuergerät sucht man vergeblich.
Die automatische Fokussierung erfolgt lediglich über drei Autofokusfelder, neben dem mittleren Feld liegt je links und rechts eines. Bei Hochformataufnahmen hat man somit keine Möglichkeit, auf ein Hauptmotiv seitlich der Bildmitte zu fokussieren. Dies ist nur im LiveView-Betrieb möglich, der auch eine Gesichtserkennung bietet. Der Live-AF funktioniert aber nur mit wenigen, dafür geeigneten Objektiven wie dem 14-42 mm Kitobjektiv oder dem 25 mm Pancake. Sehr praktisch im Livebetrieb ist die Lupe als Hilfe zum manuellen Fokussieren – besonders bei Stativaufnahmen ist somit eine pixelgenaue Fokussierung möglich. Als Autofokushilfslicht kommt dagegen eine lästige Stroboskopfunktion des internen Blitzes zum Einsatz – leider eine Unart vieler DSLRs. Immerhin kann man das Hilfslicht im Menü abstellen.
Bildqualität
Trotz nur 10 Megapixeln Auflösung ist die Pixeldichte aufgrund der Sensorgröße recht hoch – ein vergleichbarer Kleinbildsensor hätte 40 Megapixel. Dennoch bietet das FourThirds-System einige Vorteile: Die Objektive sind konsequent an digitale Bildsensoren angepasst, und der recht große Bajonettdurchmesser erlaubt eine sehr gute Korrektur der Objektive. Zudem besitzt das 4/3-System die effektivste Sensorreinigung mit Ultraschall – eine manuelle Sensorreinigung ist somit nur selten nötig. Wir haben die E-420 mit sieben verschiedenen Objektiven zum Bildqualitätstest ins Labor geschickt, darunter auch das für diese Kamera ideale 25 mm Pancake. Vor dem Kauf eines speziellen Objektivs lohnt also ein Blick in die Laborergebnisse (siehe weiterführende Links), die mit Hilfe von Diagrammen, Ausschnitten aus Testbildern, einer Schulnotenbewertung und eines Testerkommentars Aufschluss über die Eignung an der E-420 geben.
Das 14-42 mm Kitobjektiv zeigt die üblichen Schwächen vor allem im Weitwinkelbereich. Hier ist der Randabfall der sonst sehr guten Auflösung am höchsten, bei anderen Brennweiten ist die Auflösung zum Bildrand hin dagegen vorbildlich konstant und hoch. Die tonnenförmige Verzeichnung ist ebenfalls am Weitwinkelende am stärksten. Bei mittlerer Brennweite ist sie nur gering und in Telestellung praktisch nicht vorhanden. Gleiches gilt für die Randabdunklung, die zumindest bei Offenblende im Weitwinkel recht stark, aber gleichmäßig ansteigend ist, wodurch sie nicht unangenehm auffällt. Abgeblendet oder weiter Richtung Tele gezoomt dagegen kann die Randabdunklung vernachlässigt werden. Die Scharfzeichnung der E-420 ist recht ausgewogen, zeigt aber leichte Farbsäume bzw. Weißclipping – das fällt aber nur bei sehr großen Abzügen über DIN A4 auf. Die Aufbereitung feiner Bilddetails geht ebenfalls in Ordnung, zwar treten an feinen Strukturen Farbmoirés auf, aber nicht zu stark.
Ihre größte Schwäche zeigt die E-420 bei der Eingangsdynamik. Mit 8 Blendenstufen bei ISO 100 ist diese für Digitalkameraverhältnisse recht gering. Manche Kompaktkamera mit einer wesentlich kleineren Pixelgröße kann das besser. Bis ISO 800 verliert die Eingangsdynamik weitere 0,5 Blendenstufen, bei ISO 1.600 bleiben schließlich noch 7,1 Blendenstufen übrig. Das Rauschen hingegen ist bei allen Empfindlichkeitsstufen recht zurückhaltend. Ab ISO 400 zeigt sich ein niedrig kontrastiges Farbrauschen, ansonsten steht eher ein wenig aggressives Helligkeitsrauschen im Vordergrund, das durch eine effektive Filterung von ISO 100 bis hin zu ISO 1.600 in der Stärke kaum zunimmt. Allerdings geht das zulasten der Detaildarstellung bei höheren Empfindlichkeiten. Die eigentlich sehr neutrale Ausgangsdynamik zeigt hingegen in den Schatten eine Schwäche: Ein vernünftiger Schwarzwert wird nicht erreicht, so dass man den Kamerakontrast anheben oder den Schwarzwert in der Bildbearbeitung korrigieren sollte.
Sehr gelungen ist andererseits die Aufteilung in vier JPEG-Komprimierungsstufen. Die beiden höchsten Qualitätseinstellungen zeigen ein visuell verlustfreies Bild, die unteren beiden ein paar Artefakte, die Bilder werden aber nicht völlig kaputt gerechnet. Die Belichtungsmessung der E-420 arbeitet ziemlich zuverlässig, was man vom Weißabgleich – bis auf den üblichen Gelbstich bei warmem Kunstlicht (Glühlampen, Kerzen) – ebenfalls sagen kann.
Fazit
Die Olympus E-420 ist eine Spezialistin. Wer eine möglichst kleine DSLR will, muss einfach ein paar Kompromisse bei der Ergonomie, der Platzierung der rechten Gurtöse und der Akkulaufzeit machen. Die Kamera ist für kleine Objektive gebaut. Technisch gibt es an der E-420 bis auf den fehlenden Bildstabilisator nichts auszusetzen – hier bekommt der Käufer reichliche Einstellmöglichkeiten für kleines Geld. Keine Kompromisse muss man dagegen bei der Bildqualität eingehen, die wirklich gut ist. Einzig die leicht eingeschränkte Eingangsdynamik schmerzt etwas, den zu hohen Schwarzwert der Ausgangsdynamik kann man dagegen recht leicht ausbügeln. Zusammen mit dem 25 mm Pancake und einer schicken Tasche, die Olympus auch im attraktiven Bundle (Komachi-Kit) anbietet, ist die E-420 eine schnuckelige Kamera, die man gerne dabei hat.
Kurzbewertung
- Effektive Sensorreinigung
- Insgesamt gute Bildqualität
- Kompaktes, hochwertiges Gehäuse
- Hoher Funktions- und Einstellungsumfang
- Durch fehlenden Griffwulst vom Handling nur für kleine Objektive geeignet
- Relativ geringe Eingangsdynamik
- Kein Bildstabilisator
- Relativ kleiner Sucher
Technische Daten
Modell |
Olympus E-420 |
Sensor |
CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0) 11,8 Megapixel (physikalisch), 10,0 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.648 x 2.736 (4:3) |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Prismensucher, 95 % Abdeckung, 14 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -3,0 - 1,0 dpt |
Monitor |
2,7", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (49 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (1/3-1 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,5 Bilder/s |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: CF (Type II) Speicherkartenfach 2: xD-Picture Card |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 100 bis 1.600, manuell ISO 100 bis 1.600 |
Abmessungen |
129 x 91 x 53 mm (B x H x T) |
Gewicht |
400 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/KG2ZB (mit Preisvergleich) |