Spiegelreflexkamera, Systemkamera
Testbericht: Olympus E-620
2009-04-21 Olympus verfolgte eine recht simple Maxime: Möglichst viele Funktionen in ein möglichst kleines Gehäuse einbauen. Herausgekommen ist die E-620, eine der kleinsten DSLRs am Markt mit Ausstattungshighlights wie einem Bildstabilisator sowie einem voll schwenk- und drehbarem Monitor. Ob Olympus die Umsetzung dieser Devise aber auch gelungen und eine digitale Spiegelreflexkamera mit brauchbarer Ergonomie und Bildqualität dabei herausgekommen ist, haben wir im Test genauer untersucht. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung Vorbild bei der Entwicklung der E-620 muss die Einsteiger- und Frauenkameraserie E-4xx gewesen sein, Gehäuseform und Anordnung der Bedienelemente erinnern stark daran. Aber viele damit verbundene Nachteile wurden eliminiert und die Kamera weiter für fortgeschrittene Anwender optimiert. Ersteres zeigt sich daran, dass der Handgriff etwas größer und griffiger ausgefallen ist, die Verarbeitung noch einen Tick hochwertiger wirkt (sehr solider Kunststoff mit Metallchassis) und vor allem die unsägliche, weil stark störende Gurtöse der E-4xx bei der E-620 an eine weniger störende Stelle gewandert ist. Die Optimierung für fortgeschrittene Anwender zeigt sich hingegen im etwas größeren Spiegelreflexsucher (Vergrößerungsfaktor von 0,96 statt 0,92), dem klapp- und drehbaren Monitor, dem eingebauten Bildstabilisator und der Möglichkeit, optional einen Multifunktionsgriff (mit größerer Akkukapazität und Hochformatauslöser) anschließen zu können. Trotzdem ist die E-620 mit 130 x 94 x 60 mm und 525 g "Kampfgewicht" (mit Akku und Speicherkarte, aber ohne Objektiv) recht kompakt und leicht.
Der Akku (Typ BLS1 mit 7,2 V und 1.150 mAh) ist derselbe wie in der E-4xx, hält aber mit rund 500 Bildern (ohne LiveView, lt. CIPA-Standardmessverfahren) etwas länger durch als in der E-420. Er ist an der Gehäuseunterseite zu entnehmen. Das Metallstativgewinde befindet sich zwar in der optischen Achse, die Baugröße der Kamera lässt allerdings einen genügenden Abstand zum Batteriefach nicht zu, so dass dieses bei Stativverwendung blockiert wird. Umso ärgerlich ist es da, dass die E-620 über keinen Netzteilanschluss verfügt. Immerhin gibt es vielfältige Fernauslösemöglichkeiten: Neben dem Kabelfernauslöser (wird am USB-Anschluss eingesteckt) ist alternativ auch ein Infrarotauslöser nutzer, für weitreichendere Steuerungsoptionen bietet sich der Griff zum USB-Kabel und der optionalen Olympus Studio-Software an, mit der sich die Kamera vom Rechner aus fernsteuern lässt. Statt dem USB-Kabel kann man rechts unten auf der Kamerarückseite auch ein AV-Kabel anschließen, um Kamerabilder direkt auf einem Fernseher zu betrachten. Das macht aber bei der geringen Qualität wenig Spaß – ein HDMI-Anschluss würde hier Abhilfe schaffen. Das Speicherkartenfach nimmt, wie von Olympus-DSLRs gewohnt, neben CompactFlash-Speicherkarten (inkl. UDMA-Unterstützung) im zweiten Kartenslot auch xD-Speicherkarten auf, die allerdings wesentlich langsamer beschrieben werden und nur bis 2 GBytes Kapazität verfügbar sind.
Zwar ist der Sucher etwas größer ausgefallen als bei der E4xx und E5xx, aber etwas kleiner als bei der E-30 und – systembedingt durch das kleine Sensorformat des 4/3-Systems – nicht besonders groß. Wesentlich mehr Spaß macht da der klapp- und drehbare Monitor, der Aufnahmen auch aus den unmöglichsten Perspektiven erlaubt. Das macht die LiveView-Funktion erst richtig zum Highlight, denn die Kombination kann auf diese Weise ihre Vorteile gegenüber dem klassischen Spiegelreflexsucher voll ausspielen. Belichtungsvorschau, Live-Histogramm, Gesichtserkennung und ein einblendbares Gitternetz sind weitere i-Tüpfelchen. Allerdings zählt der Monitor mit einer Diagonale von 2,7" (6,9 cm) nicht zur allergrößten Sorte, lässt sich jedoch bei hellem Licht noch recht gut ablesen und bietet ein brillantes Bild (Helligkeit und Farbabgleich einstellbar) sowie einen großen Betrachtungswinkel von 170°. Die Auflösung von 230.000 Bildpunkten (320 x 240 Pixel) ist dagegen gerade ausreichend – sie könnte ruhig etwas höher sein, um feinere Details sichtbar zu machen. Wer den Monitor schützen möchte und auf den klassischen Spiegelreflexsucher "abfährt", klappt den Monitor einfach verkehrt herum an die Kamera, dann ist er geschützt und ausgeschaltet. Wichtige Einstellungen können dann direkt in der unten angeordneten Statusleiste im Sucher eingesehen werden.
Etwas unübersichtlich ist nach wie vor das Menü. Vor allem das erweiterte (aber immerhin für Nutzer, die es nicht brauchen, abschaltbare) Menü mit seinen neun Untermenüs kann einen manchmal zur Verzweiflung treiben, wenn man eine bestimmte Einstellung sucht; eine Überarbeitung könnte hier nicht schaden. Stattdessen muss man aber den Einstellungsumfang loben, der einfach umwerfend ist. Hier ist sprichwörtlich jeder "Pups" konfigurierbar. Allein die Möglichkeit, aus 34 Sprachen wählen zu können, spricht schon Bände. An wichtige Einstellungen kommt man hingegen schneller ran. Sei es über die praktischerweise beleuchteten Direktwahltasten (z. B. Empfindlichkeit, Belichtung, Autofokus und Weißabgleich mit dem als Einzeltasten ausgeführten 4-Wege-Kreuz), über die programmierbare Fn-Taste oder über den Monitor, indem man mit einem Cursor direkt in die einblendbare Einstellungsübersicht springt. Ärgerlich bleibt dabei, dass man bei mehrzeiligen Optionsauswahlen nur nach links/rechts springen kann, nicht aber nach oben/unten.
Der Einschaltknopf der Kamera ist praktischerweise unter dem Programmwahlrad angeordnet und mit dem Daumen schnell greifbar. Das Programmwahlrad selbst bietet neben den klassischen PASM-Modi auch fünf wichtige Motivprogramme im Direktzugriff sowie 15 weitere im SCN-Modus, der sich eine Wahlradeinstellung mit den sechs Art-Modi teilt. Diese erleichtern bildbearbeitungscheuen Anwendern die effektvolle Fotografie mit dem poppigfarbigen Pop-Art-Modus, Soft-Fokus, weiches Licht, blasse Farben, Monochrom-Film mitsamt Körnung sowie dem Lochkamera-Effekt. Wer dagegen alles der Kamera überlassen möchte, findet auch einen Vollautomatikmodus.
Ausstattung Bei den Motivprogrammen findet sich eines, das zwingend den LiveView-Modus nutzt: ein Panoramaprogramm. Die Idee ist – auch oder gerade für eine DSLR – sehr gut. Jedoch funktioniert der Panoramamodus nur, wenn eine Olympus xD-Speicherkarte eingelegt ist – eine ärgerliche Einschränkung, die wirklich nicht sein müsste. Zum Glück gibt es andere Funktionen, die mehr Spaß machen. Z. B. die weitreichende Belichtungskorrekturmöglichkeit von bis zu +/- 5 EV, was längst nicht jeder Mitbewerber bietet. Auch die Belichtungsmessmethoden können sich sehen lassen, denn neben einem zuverlässigen Mehrfeldmodus gibt es auch eine mittenbetonte Integralmessung, eine Selektivmessung im Bildzentrum sowie eine Spotmessung. Darüber hinaus kann man die Belichtung aber auch auf High- oder Lowkey einstellen, um mit Hilfe des Lichts bestimmte Motive besonders zur Geltung zu bringen; denn schließlich "malt" der Fotograf mit Hilfe des Lichts. Auch bei der Empfindlichkeit hat der Fotograf genau so viel Kontrolle, wie er für seine persönlichen Bedürfnisse braucht. Die Spannbreite reicht von ISO 100 bis 3.200, wobei die Einstellung minimal in 1/3- und maximal in 1-EV-Schritten erfolgen kann. Es ist aber auch möglich, der Kamera in beliebigen Grenzen die Empfindlichkeitswahl zu überlassen, wobei sowohl die Unter- als auch die Obergrenze in 1-EV-Schritten einstellbar sind.
Noch mehr Potential entfaltet die E-620 bei den Blitzeinstellungen, wo auch Blitz-Enthusiasten praktisch nichts vermissen dürften. Der eingebaute Pop-up-Blitz hat laut unserer Messung eine Leitzahl von etwa 11,2 und lässt sich wahlweise am Anfang oder Ende der Belichtung zünden. Aber auch ein Vorblitz zur Reduzierung roter Augen lässt sich zünden. Über die Blitzstärke hat man nicht nur Kontrolle per Blitzbelichtungskorrektur, sondern der Blitz kann auch manuell in Leistungsstufen von 1/1, ¼, 1/16 und 1/64 gezündet werden – dann entfällt sogar der kaum wahrnehmbare Mess-Vorblitz. Darüber hinaus kann mit entsprechenden Systemblitzgeräten nicht nur mittels Blitzschuh auf der Kamera geblitzt werden, sondern auch drahtlos (mit FL-36R und FL-50R), wobei der interne Blitz als Steuergerät genutzt werden kann. Die externen Blitze sind nicht nur in drei Gruppen steuerbar, sondern es gibt vier Blitzkanäle, damit man sich mit anderen Fotografen nicht ins Gehege kommt. Doch damit nicht genug: In den Individual-Blitzfunktionen kann der Anwender konfigurieren, ob der Blitz automatisch aufklappt, wenn die Automatik der Meinung ist, es sei zu wenig Licht. Daneben ist sowohl die kürzeste Blitzverschlusszeit von 1/30 bis 1/180 s einstellbar (kürzere Verschlusszeiten sind nur mit externen Systemblitzgeräten möglich) als auch die typische. So kann die Kameraautomatik gezwungen werden, beim Blitzen längere Verschlusszeiten zu bevorzugen, um mehr vom natürlichen Umgebungslicht einzufangen.
Bei der Bildbearbeitung im Wiedergabemodus hat Olympus ebenfalls an alles gedacht, was ein Hobbyfotograf so gebrauchen könnte. Der Lagesensor registriert bereits bei der Aufnahme, ob man im Hoch- oder Querformat fotografiert hat, und so dreht die Kamera die Bilder während der Wiedergabe auf Wunsch entsprechend. RAW-Bilder können in der Kamera bearbeitet und in JPEG konvertiert werden, eine elektronische Retusche roter Blitzaugen gibt es ebenfalls, und an eine Beschnittmöglichkeit in verschiedenste Seitenverhältnisse sowie eine Reduzierung der Auflösung hat Olympus ebenso gedacht. Bereits vor der Aufnahme kann der Fotograf Einfluss auf die Gradationskurve nehmen und diese für eine natürliche Wiedergabe oder aber beispielsweise auf Hauttöne hin optimieren. Selbstverständlich sind auch Kontrast, Farbstärke und Schärfung einstellbar. Wer gerne mit Mehrfachbelichtungen experimentiert, sollte ebenfalls auf seine Kosten kommen, denn die Kamera kann mehrere Aufnahmen elektronisch überlagern.
Zum Einfangen des richtigen Bildmoments oder aber für Sportfotografie kommt der Serienbildmodus zum Einsatz. Der Buffer ist mit 5 Bildern für RAW bzw. 6 für JPEG etwas klein ausgefallen, bei den maximal 4 Bildern/s ist dieser schnell gefüllt. Wählt man dagegen eine Geschwindigkeit von 3 Bildern/s, kann mit einer schnellen CF-UDMA-Speicherkarte im JPEG-Modus fotografiert werden, bis die Speicherkarte qualmt bzw. bis zum Rand gefüllt ist.
Objektiv Die E-620 ist mit einem FourThirds-Bajonett ausgestattet, das Olympus speziell auf das digitale Zeitalter optimiert hat. Der Bajonettdurchmesser ist nicht nur besonders groß, um große Hinterlinsen bei den Objektiven zu ermöglichen, sondern auch die Objektive sind digital optimiert, d. h. vor allem mit einem telezentrischen Strahlengang, was bedeutet, dass die Lichtstrahlen möglichst optimal, nämlich senkrecht, auf den Sensor fallen. Letzterer ist in der Diagonale genau halb so groß wie ein 35-mm-Kleinbildfilm, d. h. die Brennweite der Objektive verdoppelt sich scheinbar, was Olympus selbstverständlich bei der Planung der Objektivbrennweiten berücksichtigt hat. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Objektive angesichts ihrer Lichtstärke – verglichen mit Kleinbildobjektiven – relativ kompakt gebaut werden können, da für den gleichen Bildwinkeleindruck nur die halbe Brennweite benötigt wird. Das FourThirds-System umfasst inzwischen über 20 Objektive, die preislich und qualitativ sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene und Profis (bzw. "Edelamateure") ansprechen.
Die E-620 gibt es in verschiedenen Bundles mit Objektiven. Dabei ist zum einen das Kit mit dem 25mm-Pancake besonders attraktiv, da die Kamera so besonders flach ausfällt. Als Standardkit dient hingegen das bekannte 14-42 mm ED-Objektiv, das uns auch zum Test zur Verfügung stand. Durch den Brennweitenverlängerungsfaktor verhält es sich vom Bildwinkel her wie ein Kleinbildobjektiv mit 28-84 mm Brennweite, also vom leichten Weitwinkel bis hin zum leichten Tele bzw. zur Porträtbrennweite. Die Lichtstärke ist mit F3,5 im Weitwinkel und F5,6 im Tele nicht besonders üppig, aber auf dem üblichen Niveau vergleichbarer "Billigobjektive" anderer Hersteller. Zwar ist das 14-42 mm komplett aus Kunststoff gefertigt, was auch auf das Bajonett zutrifft, aber die Verarbeitung ist gut, Zoom- und Fokusring sind breit genug und lassen sich gut bedienen.
Der Sucher der E-620 eignet sich leidlich zum manuellen Fokussieren, Quick&Dirty könnte man sagen. Sehr viel genauer arbeitet man hingegen unter Zuhilfenahme der LiveView-Funktion und der Fokuslupe, die man beliebig auf dem Bildfeld wählen kann. Sie vergrößert wahlweise 5-, 7- oder 10-fach und arbeitet sozusagen pixelgenau auf dem Sensor, was mit etwas Geduld eine unwahrscheinlich präzise Fokussierung erlaubt. Auch der Autofokus steht während des LiveView zur Verfügung, arbeitet dann aber nicht mehr ganz so schnell wie bei heruntergeklapptem Spiegel, wo er mit dem Kitobjektiv rund 0,4-0,6 s zur Fokussierung benötigt. Am ärgerlichsten ist aber, dass nur wenige Objektive im FourThirds-System überhaupt die volle automatische Fokussierung im LiveView-Modus ermöglichen. Bei den meisten Objektiven wird tatsächlich zwar erst im LiveView fokussiert, anschließend muss aber der Spiegel beim Auslösen noch einmal herunterklappen, die Kamera nachfokussieren und erst dann wird ausgelöst. Das klingt langwierig und ist es auch, Schnappschüsse sind so nicht möglich. Dadurch wirkt die LiveView-Funktion trotz des toll beweglichen Monitors irgendwie "behindert".
Von einer anderen Funktion profitieren hingegen alle Objektive: vom eingebauten Bildstabilisator. Der Sensor der E-620 ist beweglich gelagert und wird von Mikromotoren entgegen der Verwackelrichtung gesteuert, so dass sich auf dem Sensor bei Kameraverwackelungen ein ruhiges Bild ergibt. Das gleicht zwar den "Alterstatterich" nicht aus, wohl aber kann man bei hinreichend scharfem Bildergebnis rund 3 Blendenstufen länger belichten als ohne Bildstabilisator, was vor allem bei Teleobjektiven einen enormen Gewinn bringt – bei 200 mm Brennweite reicht etwa 1/25 s Belichtungszeit statt 1/200 s. Selbst wenn man manuelle Objektive, bspw. aus dem OM-System von Olympus, per Adapter anschließt, profitiert man von diesem Bildstabilisator, denn die passende Brennweite (damit er effektiv arbeiten kann) gibt man einfach in einer Auswahl im Kameramenü an.
Auch vor Objektivwechseln brauchen Olympusanwender sich nicht zu fürchten. Normalerweise muss man dabei penibel aufpassen, dass kein Staub in die Kamera gelangt und sich auf dem Sensor absetzt. In den Fotos hat das störende Folgen, sieht man dann doch entsprechende Flecken. Aber Olympus hat das effizienteste Staubreinigungssystem am Markt, wie viele Anwender und auch Tests inzwischen bestätigen. Mittels Ultraschallvibrationen wird auf dem Tiefpassfilter sitzender Staub einfach abgeschüttelt und von einem Klebstreifen in der Kamera festgehalten.
Bildqualität In diesem Test dient im Folgenden das 14-42mm-Kitobjektiv als Grundlage zur Beurteilung der Bildqualität. Im Labor haben wir aber auch andere Objektive durchmessen lassen. Die Testergebnisse in Form von Diagrammen, Ausschnitten aus Testbildern, Schulnotentabelle zur besseren Vergleichbarkeit sowie Textkommentar des Testingenieurs sind wie immer gegen kleines Geld einsehbar (siehe weiterführende Links).
Der 12-Megapixel-Bildsensor hat sich inzwischen bereits in Kameras von Olympus (E-30) und Panasonic (Lumix DMC-G1) bewährt. Verglichen mit allen aktuell eingesetzten Sensoren in der Spiegelreflexklasse verfügt dieser FourThirds-Sensor über die höchste Pixelintegration, was in einigen Bereichen wie dem Rauschverhalten oder der Eingangsdynamik nicht gerade vorteilhaft ist. Dieses Handicap macht sich vor allem bei Letzterem bemerkbar, ist die Eingangsdynamik mit einem Maximum von 8,2 Blendenstufen bei ISO 200 doch – verglichen mit anderen DSLRs – nicht allzu groß. Bis ISO 1.600 hält sie sich aber wacker und sinkt nur auf 7,3 Blendenstufen ab, bei ISO 3.200 verliert sie eine weitere Blendenstufe, weshalb diese Empfindlichkeit für kontrastreiche Motive nicht empfehlenswert ist. Auch mit der Ausgangsdynamik hat Olympus so seine Probleme, und das nicht erst seit der E-620. Das liegt nicht etwa am Sensor, sondern einzig und allein an der kamerainternen Bildverarbeitung. Der Schwarzwert ist mit 11 bei ISO 100 und 17-18 bei allen anderen Empfindlichkeiten deutlich erhöht. Glücklicherweise lässt sich dieses Manko durch eine Erhöhung des Kontrasts oder noch besser durch eine Histogrammkorrektur quasi mit einem Klick beheben, auch automatische Kontrast- bzw. Tonwertkorrekturen tun da einen guten Dienst. Die Tonwertkurve der E-620 selbst ist invers-S-förmig, der Kontrast in den Mittentönen ist also zwecks "knackiger" Bildwiedergabe erhöht, wohingegen Lichter und Schatten weich auslaufen, was ein sichtbares Ausfressen bzw. Zulaufen effektiv verhindert und angesichts der Zielgruppe zu begrüßen ist.
Ebenfalls für schnelle Fotografie optimiert ist die Scharfzeichnung, die etwas knackiger ausfällt. Das führt in helleren Bildbereichen allerdings zu einem leichten Weißclipping, was nicht unbedingt zu den wünschenswerten Nebeneffekten gehört. Die Artefakte halten sich dagegen etwas in Grenzen. Die hohe optische Modulation des Objektivs führt zwar zu leichten Signalinversionen, und auch Helligkeitsmoirés sind sichtbar, Farbmoirés dagegen weniger. Als recht angenehm kann man das Rauschen bezeichnen, das über den Helligkeiten sehr gleichmäßig verteilt ist. Bis ISO 800 ist die Kamera gut verwendbar, bis ISO 400 dominiert das Helligkeitsrauschen, danach nimmt das Farbrauschen zu. ISO 3.200 sollte man aber nur notfalls einsetzen, wie auch schon die Einschränkungen bei der Eingangsdynamik zeigen.
Das Objektiv selber zeigt ein recht typisches Verhalten für ein günstiges Kit. Bei Offenblende löst es im Zentrum bei allen Brennweiten gut auf, aber der Randabfall ist sehr deutlich. Schließt man die Blende um zwei Stufen, nimmt die Auflösung in der Bildmitte zwar leicht ab, ist dafür aber bei mittleren und langen Brennweiten ausgezeichnet konstant. Im Weitwinkel bleibt ein leichter Randabfall. Auch bei der Verzeichnung gibt es die meisten Probleme im Weitwinkel – 2,3 % Tonnenform sind zumindest für anspruchsvolle Architektur- und Landschaftsaufnahmen hinderlich. Bei mittlerer Brennweite ist die tonnenförmige Verzeichnung nur noch gering und in Telestellung des Objektivs praktisch nicht vorhanden, so dass sich diese Brennweite am besten für die verzeichnungsfreie Fotografie eignet. Von der Randabdunklung ist ebenfalls die kurze Brennweite am stärksten betroffen, sie nimmt aber abgeblendet ab und ist insgesamt vom Verlauf her sehr gleichmäßig, wodurch sie weniger auffällt. Bei mittlerer Brennweite ist die Randabdunklung recht gering. Das trifft auch für die Telestellung des Objektivs zu, wobei hier der Verlauf allerdings weniger gleichmäßig ist, da sie in den Bildecken sprunghaft ansteigt. Dies wird aber höchstens dem geschulten Auge (oder eben dem Messlabor) auffallen.
Bei der JPEG-Komprimierung kann die Olympus E-620 glänzen. Zwar bietet sie nur zwei Auflösungsstufen von 12 und 5 Megapixeln an, dafür aber bei 12 Megapixeln vier Komprimierungsstufen, die sehr gut aufgeteilt sind. Wer das gerne nutzt, sollte davon Gebrauch machen. Insbesondere die besten beiden Qualitäten arbeiten visuell verlustfrei, die beiden Schlechteren können zwar Artefakte zeigen, komprimieren das Bild aber nicht "kaputt". Auch bei der Belichtung ist die E-620 souverän und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen. Bis auf eine Ausnahme gilt das auch für den Weißabgleich: Nur bei Glühlampenlicht sollte man besser vom Preset oder dem manuellen Abgleich Gebrauch machen.
Die Autofokusgeschwindigkeit des Kitobjektivs kann sich ebenfalls sehen lassen. Insbesondere ist die Geschwindigkeit recht unabhängig von den Lichtverhältnissen, so dass sowohl unter freiem Himmel als auch in Innenräumen keine Performanceschwankungen zu befürchten sind. Nur die eingestellte Brennweite hat spürbaren Einfluss, im Weitwinkel ist das Objektiv etwa 0,37 s schnell, im Tele hingegen 0,16 s langsamer. Die Auslöseverzögerung nach erfolgter Fokussierung geht mit rund 0,11 Sekunden zwar in Ordnung, ist aber nicht überragend schnell.
Fazit Olympus vereint bei der E-620 ein großes Ausstattungsarsenal mitsamt Klappmonitor und Bildstabilisator in einem erstaunlich kompakten DSLR-Gehäuse. Die Ergonomie leidet – anders als bei der unhandlichen E-420 – jedoch kaum darunter. Lediglich die Verwendung großer und schwerer Teleobjektive ist problematisch, was sich mit dem optionalen Batteriegriff aber mildern lässt. Auch bei der Bildqualität leistet sich die Kamera kaum Schwächen. Systembedingt ist lediglich das Rauschen der FourThirds-Kamera bei höheren Empfindlichkeiten ausgeprägter. Der erhöhte Schwarzwert ist ärgerlich und bei Olympus inzwischen leider typisch, lässt sich aber leicht beheben. Insgesamt eine gelungene DSLR, die man gerne immer dabei hat und bei der man trotzdem nichts vermisst.
Kurzbewertung
- Großer Ausstattungsumfang (aber leider etwas unübersichtliches Menü)
- Große Auswahl an digital optimierten Objektiven und Zubehör
- LiveView-Funktion mit klapp- und drehbarem Monitor
- Kompakte Abmessungen mit guter Verarbeitung und Ergonomie (mit normalen Objektiven)
- Einschränkungen bei Ein- und Ausgangsdynamik (erhöhter Schwarzwert)
- Panoramamodus nicht mit CompactFlash-Speicherkarten nutzbar
- Auch mit Multifunktionsgriff eingeschränkte Ergonomie mit großen und schweren Teleobjektiven
- Keine Anschlüsse für Netzgerät und HDMI
Technische Daten
Modell |
Olympus E-620 |
Sensor |
CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0) 13,1 Megapixel (physikalisch), 12,3 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.032 x 3.024 (4:3) |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
Prismensucher, 95 % Abdeckung, 18 mm Augenabstand, Dioptrienausgleich -3,0 - 1,0 dpt, wechselbare Mattscheibe |
Monitor |
2,7", 0,230 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Sensor-Shift (optisch) |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 4,0 Bilder/s und max. 5 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: CF (Type I, Type II) Speicherkartenfach 2: xD-Picture Card |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 200 bis 3.200, manuell ISO 100 bis 3.200 |
Abmessungen |
130 x 94 x 60 mm (B x H x T) |
Gewicht |
520 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/WGUYT (mit Preisvergleich) |