Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Olympus OM-D E-M1
2013-11-21 Mit der OM-D E-M1 führt Olympus nicht etwa den Nachfolger der spiegellosen Kamera E-M5 ein, sondern der Spiegelreflexkamera E-5. Für die Anhänger des Four-Thirds (FT) Spiegelreflexsystems ein Schock, denn diese erwarteten sehnlichst ein Gehäuse, das den Anschluss an die technische Entwicklung für ihre hervorragenden FT-Objektive bringen sollte. Konsequent wurde jedoch von Olympus das spiegellose Micro-Four-Thirds-System (MFT) auf Profiniveau gehievt und herausgekommen ist die OM-D E-M1. Was der Kandidat mit dem zugegeben etwas sperrigen Namen tatsächlich unter der Haube hat, haben wir in einem ausführlichen Test im Labor und auch in der wirklichen Welt ermittelt. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Vom Aussehen her erinnert die digitale OM tatsächlich an die analogen OM-Modelle von Olympus. Nur der integrierte Handgriff durchbricht das traditionelle Design. Man könnte sagen, die neue OM-D sieht aus wie eine Art Zwitter zwischen Retrostyle und Moderne. Das Design ist daher eventuell nicht jedermanns Sache, hat aber unbestreitbare Vorteile. Der Handgriff gibt sehr komfortabel sicheren Halt und auf der Rückseite findet der Daumen Platz in einer kleinen Mulde. Die Gummierung des Magnesium-Gehäuses tut ein Übriges für die Rutschsicherheit. Für große Hände ist die OM-D E-M1 vielleicht etwas unterdimensioniert, denn der kleine Finger findet keinen Platz mehr auf dem Handgriff. Allerdings kann ein Batteriefach als Zubehör unter das Gehäuse geschraubt werden, was die E-M1 wieder „prankenkompatibel“ macht. Andererseits ist gerade die geringe Größe dieser Kamera für viele Fotoenthusiasten das schlagende Argument. Weg von den schweren Klötzen und dicken Brummern, hin zur unauffälligen Leichtigkeit. Und bei Bedarf kann dank Batteriefach fast zur alten Größe aufgerüstet werden. Aber auch ohne Zubehör klebt die E-M1 beinahe genauso gut in der Hand wie die ergonomisch perfekte E-5 und schon nach kurzer Eingewöhnung überwiegen die Vorteile dieses Kamerakonzeptes.
Auch die Oberseite weckt bei flüchtigem Blick Erinnerungen: Der Moduswähler ähnelt stark dem guten alten ISO-Schalter und auf der linken Gehäuseseite meint man sogar eine Rückspulkurbel für den Film zu erkennen. Natürlich muss hier nichts gespult werden, die „Kurbel“ besteht nämlich aus zwei Tasten für verschiedene Serienbildmodi und die Fokus- beziehungsweise Belichtungssteuerung. Etwas ungewöhnlich platziert sitzt hier auch der Hauptschalter, was ebenfalls eine Reminiszenz an die OM-Kameras ist. Hat man sich daran gewöhnt, ist der Schalter perfekt: solide rastend und stabil. Der Moduswähler kann per Knopfdruck gegen versehentliches Verstellen gesperrt werden, wobei man die Sperre wahlweise an- oder abstellen kann. Das ist eine ziemlich geniale Lösung für den leidigen Konflikt zwischen Bequemlichkeit und Sicherheit. Neben Programm-, Zeit- und Blendenautomatik sowie manueller Einstellung gibt es fünf weitere Positionen mit verschiedenen Automatiken, Szeneprogrammen und Effektfiltern. Wer keine Effektfilter oder Szeneprogramme nutzen möchte, kann jeder dieser Positionen andere Funktionen zuweisen. Übrigens kann außer den beiden Funktionstasten auch fast jeder andere Schalter individuell belegt werden.
Der besondere Clou ist der Umschalter neben dem Okular, der den beiden Einstellrädern ruckzuck zwei neue Funktionen zuweist. Im Auslieferungszustand sind das Blende respektive Belichtungszeit (hinten) und Belichtungskorrektur (vorne), nach dem Umschalten Weißabgleich und ISO-Empfindlichkeit. So schnell hat man selten alle relevanten Aufnahmeparameter im Griff – und das, ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen.
Obwohl die OM-D E-M1 weder einen Spiegel noch ein Umkehrprisma hat, erhebt sich der bei Spiegelreflexkameras typische Sucherbuckel über dem Objektiv. Darunter verbirgt sich ein elektronischer Sucher der Extraklasse, der allein schon ein gewichtiges Argument für die E-M1 ist. Im Vergleich zur E-5 wirkt das Sucherbild riesig und dank der über zwei Millionen Bildpunkte dennoch detailreich und scharf. Schnell gewöhnt man sich an das klare, helle Bild, so dass selbst Anhänger des optischen Suchers alle Vorbehalte vergessen. Das sonst häufig bei elektronischen Suchern kritisierte Flimmern oder Rauschen kennt der Olympussucher nur, wenn es sehr dunkel ist. In einem optischen Sucher wäre dann aber sowieso nichts mehr zu sehen. Das ist natürlich ein großer Vorteil, wenn zum Beispiel in einer dunklen Kneipenszene das Motiv anvisiert und scharfgestellt werden soll. Der Sucher wirkt wie ein Nachtsichtgerät und lässt das Motiv nahezu taghell erscheinen. Natürlich simulieren Sucher und Display auf Wunsch auch das Bildergebnis inklusive Belichtungs- und Farbkorrekturen oder Effekte. Die Austrittspupille liegt recht weit außerhalb, so dass auch Brillenträger den Überblick behalten. Außerdem kann ein Dipotrienausgleich eingestellt werden. Wer immer noch am elektronischen Sucher zweifelt, sollte einen Tag damit arbeiten und dann zum optischen Sucher zurückkehren. Erst dann merkt man, wie schnell man sich an den Komfort gewöhnt. Übrigens funktioniert die automatische Umschaltung zwischen Display und Sucher sehr flott und sie wird bei ausgeklapptem Display automatisch deaktiviert. Damit gehört unbeabsichtigtes Umschalten der Vergangenheit an!
Umsteiger von der E-5 werden außer dem zweiten Speicherkarten-Steckplatz am meisten das seitlich angeschlagene Display vermissen. Gerade bei bodennahen Hochformataufnahmen hat das nur nach unten und oben klappbare Display der E-M1 eindeutig Nachteile. Andererseits ist diese Konstruktion robuster und im Einsatz weniger auffällig, insbesondere, wenn mit vor den Bauch gehaltener Kamera Portraits gemacht werden. Die Möglichkeit, die Kamera mit direktem Druck auf das Display zu konfigurieren oder den Fokuspunkt zu bestimmen und auszulösen nimmt man gerne mit und bei der Bilderschau kann sogar durch die Fotos gewischt werden. Einzoomen mit zwei Fingern geht leider nicht, dennoch gewöhnt man sich schnell an den Komfort. An Schärfe, Helligkeit und Kontrast gibt es nichts zu meckern, das Display gehört mit zu den besten seiner Art.
Die OM-D E-M1 ist hervorragend zu bedienen. Nicht nur, dass mit den dedizierten Schaltern alle relevanten Einstellungen direkt vorgenommen werden können, auch das Schnellmenü gibt sofort Übersicht und kann sogar per Fingertipp bedient werden. Ins Menü muss man eigentlich nur zu Beginn der Bekanntschaft, wenn alle notwendigen Grundeinstellungen zu machen sind. Leider ist genau das ein Problem, denn die Olympus-Menüs sind schon immer etwas unübersichtlich gewesen, zumal bei einer Kamera wie der E-M1. Im Grunde kann an dieser Kamera nahezu alles konfiguriert und jeder Schalter in seiner Funktion individualisiert werden. Dass das nicht mit einem Einfachst-Menü funktioniert, muss jedem klar sein, der diese Vielseitigkeit wünscht. Also muss vor dem ersten ernsthaften Einsatz das – übrigens stellenweise merkwürdig übersetzte – Handbuch konsultiert werden. Die neue OM-D fordert Einarbeitung! Unnötig erschwert wird das allerdings dadurch, dass manche Menüeinträge vom Handbuch abweichende Bezeichnungen bekommen haben (zum Beispiel wird Sucher-Flimmern mit „Rauschen“ übersetzt) und andere nach praktischem Ermessen an falscher Stelle sitzen und daher gar nicht erst gefunden werden. Zum Beispiel können Display und Sucher getrennt konfiguriert werden, was sehr lobenswert ist. Warum aber muss das Sucher-Menü so weit entfernt sein vom Display-Menü sein? Und warum finden sich im Display-Menü Einstellungen, die sich auf den Sucher beziehen? Solche sich gegenseitig beeinflussenden Einträge gibt es noch an anderen Stellen, sodass es schwer fällt, den Überblick zu behalten. Hier gibt es ein weites Feld zur Optimierung.
Wie auch immer, die Olympus OM-D E-M1 ist haptisch ein Genuss. Alle Schalter und Taster sind sehr solide ausgeführt, die Klappen für Akku und Speicherkarte mit Gummidichtungen gegen das Eindringen von Spritzwasser und Staub gedichtet und die Gummiabdeckungen der elektrischen Anschlüsse werden vom Klappdisplay zusätzlich gesichert. Kleiner Kritikpunkt an einer Kamera dieser Klasse: Das Stativgewinde sitzt leider einen knappen Zentimeter neben der optischen Achse aber immerhin weit genug vom Akkufach entfernt, so dass man auch mit angesetzter Schnellwechselplatte herankommt. Das scheint auch nötig zu sein, denn die Stromversorgung der E-M1 ist dieselbe, wie an der E-M5. Es hat natürlich Vorteile, wenn Zubehör kompatibel ist, ein größerer Akku würde die Professionalität der E-M1 aber verbessern. Immerhin waren in unserem Testbetrieb mit viel Ausprobieren und Herumspielen rund zweihundert Aufnahmen möglich, wobei insbesondere die WiFi-Funktion als Stromfresser gelten kann.
Ausstattung An Programmen hat die E-M1 so ziemlich alles, was möglich ist. Programm-, Blenden- und Zeitautomatik sind natürlich genauso selbstverständlich wie manuelle Belichtungssteuerung. Aber auch eine Vollautomatik, die eigentlich in Kameras dieser Klasse nicht verbaut werden müsste, gibt unerfahrenen Fotografen Sicherheit. Einfach iAuto einstellen und den Rest der Kamera überlassen.
Ist mehr Einfluss gewünscht, kann aus 20 Szeneprogrammen gewählt werden. Interessant ist der „Sternenlicht“-Modus, bei dem die E-M1 eine Serie von 8 Bildern zu einem rauscharmen Bild vereint. Das funktioniert prima, lässt sich aber nicht konfigurieren. Schön wäre hier etwas mehr Einfluss zum Beispiel auf den Bildstil oder die Obergrenze der ISO-Empfindlichkeit und die Rauschunterdrückung, aber das alles ist festgelegt. Die Ergebnisse sehen glatter und rauschfreier aber etwas weicher aus, als das allein mit der Rauschunterdrückung möglich wäre. Zudem sind sie bei Kunstlicht wärmer abgestimmt. Wer das letzte Quäntchen Detailauflösung herauskitzeln will, lässt es lieber etwas rauschen. In die klassischen Modi P, A, S und M kann am weitreichendsten eingegriffen werden. Aus sechs Bildstilen können Bilder mit satteren oder blasseren Farben, schwarzweiße oder mit optimierten Hauttönen erzeugt werden. Jeder Stil kann in Schärfe, Kontrast, Sättigung und Gradation individuell angepasst werden oder man bastelt sich selbst einen siebten Bildstil zusammen.
Zusätzlich laden die mittlerweile zwölf Art-Filter und weitere Optionen zu ausgiebigen Experimenten ein. Aus der Masse der Möglichkeiten ragen zwei neue Funktionen besonders heraus: Zum Einen der „Farbgestalter“, mit dem man mit den beiden Einstellrädchen Sättigung und Farbcharakter beeinflussen und das Ergebnis in Echtzeit auf dem Monitor beurteilten kann. Noch besser gefallen hat uns die „Hell Licht/Schattenkorrektur“, bei der ebenfalls mit den Rädchen direkt in der Gradationskurve die hellen beziehungsweise dunklen Bereiche des Bildes betont oder gedämpft werden können. So weitgehende Tonwertkorrekturen schon bei der Aufnahme sind mächtige Werkzeuge in der Hand des erfahrenen Fotografen. Ebenfalls nützlich ist die Wasserwaage, die sowohl horizontale als auch vertikale Schieflage feinfühlig anzeigt. Abgerundet wird das Ganze durch Histogramm, Über- und Unterbelichtungswarnung, verschiedene Gitter, und die aktuell eingestellte Brennweite wird auch angezeigt.
Was fehlt an Ausstattung? Ein eingebauter Blitz. Allerdings liefert Olympus einen Mini-Aufsteckblitz mit, der aber erst etwas umständlich auf die Kamera gepfriemelt werden muss. Zwar etwas schwach auf der Brust reicht er dennoch für viele Situationen völlig aus. Die Ausleuchtung geht halbwegs in Ordnung und das 12-50 mm Kit-Zoom wirft keinen Schatten, die mächtigen FT-Objektive sollten aber ohne Sonnenblende verwendet werden. Der Blitz beherrscht alle üblichen Funktionen wie Aufhellen bis zur 1/320 Sekunde, Langzeitsynchronisation auf den ersten oder zweiten Verschlussvorhang und manuelle Steuerung. Außerdem dirigiert er remote-fähige Systemblitze drahtlos. Der Zubehörschuh nimmt aber auch jeden anderen Blitz auf und Studiofotografen werden sich über den FX-Kontakt am Kameragehäuse freuen.
Olympus hat es immer noch nicht geschafft, einen brauchbaren Panoramamodus in die Kamera zu integrieren. Es gibt nach wie vor lediglich einen Rahmen als Ausrichthilfe. Das Panorama montieren muss man jedoch mit geeigneter Software am Computer. Immerhin versteht sich die Kamera inzwischen auf HDR-Aufnahmen. Zwei verschieden Modi können dabei gewählt werden, ein moderater und ein etwas stärkerer. Feinabstimmung gibt es dabei nicht, die Ergebnisse können sich aber durchaus sehen lassen. Bei Belichtungsreihen zeigt sich die Olympus deutlich flexibler. Serien können mit EV 0,3, EV 0,7 und einem Lichtwert Differenz aus zwei, drei fünf oder sieben Aufnahmen bestehen. Neben Belichtungs-Bracketing können auch Weißabgleich, ISO und Blitz variiert werden und für unentschlossene gibt es das Art-Bracketing, bei dem dasselbe Motiv nacheinander mit allen zwölf Effekten aufgenommen wird. Im Serienmodus geht die E-M1 richtig rasant zur Sache. Nicht nur, dass gut 10 Bilder pro Sekunde aufgenommen werden, der Pufferspeicher packt enorme 43 JPG-Dateien respektive 35 Raws weg, bevor die Geschwindigkeit der Speicherkarte das Geschehen auf rund 2 Bilder pro Sekunde begrenzt. Bei dieser Geschwindigkeit wird der Fokus der ersten Aufnahme eingefroren. Mit Schärfeverfolgung schafft die E-M1 rund 6 Bilder pro Sekunde, wobei je nach Situation und Erfahrung des Fotografen nicht jedes Bild ein Treffer ist.
Ergänzt wird die hohe Serienbildgeschwindigkeit durch deren Gegenstück, die Intervallaufnahme. Mit der E-M1 ist es möglich, bis zu 999 Aufnahmen automatisch aufzunehmen, wobei die Pause zwischen den Aufnahmen in sehr weiten Bereichen eingestellt werden kann. Auf Wunsch errechnet die E-M1 aus der Bildserie ein Zeitraffer-Video.
Natürlich beherrscht die OM-D auch normale Videoaufnahmen mit den mittlerweile üblichen 1.920 x 1.080 Pixel und 30 Bildern pro Sekunde im MPEG-4 Format und dem H.264-Codec oder mit 1.280 x 720 Pixel als Motion-JPEG. Die Qualität ist ausgezeichnet und mit dem 12-50 mm Kit-Zoom ergibt sich eine interessante Kombination: Der Motor des Zoomobjektivs durchfährt sanft und für das Mikrofon nahezu unhörbar den gesamten Bereich. Dabei wird die Schärfe zwar nachgeführt aber nicht immer schnell genug, außerdem pumpt der Autofokus hin und wieder. Der ansonsten etwas geräuschvolle Bildstabilisator verhält sich im Videobetrieb deutlich ruhiger aber ebenso effektiv. Der Ton kann nicht manuell gepegelt werden, es stehen lediglich drei Regelstufen für die Automatik zur Verfügung. Zur Verbesserung der Tonqualität kann aber ein Mikrofon mittels einer Klinkenbuchse an die E-M1 angeschlossen werden.
Seit der E-P5 nicht mehr ganz neu ist die WLAN-Fähigkeit von Olympus-Kameras. Allerdings geht die E-M1 einen deutlichen Schritt weiter als ihre Pen-Kollegin. Ist sie mit einem Smartphone oder Tablet-PC verbunden, kann über die Olympus-App nicht nur im Modus iAuto fotografiert werden, sondern auch in den Modi P, A, S und M. Dabei lassen sich Blende, Verschlusszeit, ISO und Weißabgleich direkt auf dem mobilen Endgerät einstellen. Scharfstellen und Auslösen geht mit einem Fingertipp auf das Display. Die gespeicherten Fotos können durchstöbert oder direkt auf das Smartphone übertragen werden. Umgekehrt können die Geoinformationen des Telefons mithilfe des Zeitstempels den Bilddateien zugeordnet werden. Diese komfortable Art der Fernsteuerung ergibt in Verbindung mit der „Live-Bulb“-Funktion besondere Möglichkeiten: Während die Kamera draußen Nachtaufnahmen macht, kann der Fotograf bequem vom Sessel der warmen Wohnstube aus die Belichtung auf dem Display seines Smartphones verfolgen und bei Erreichen der korrekten Helligkeit beenden. Wenn das kein Fortschritt ist!
Selbst das Thema Nachbearbeitung in der Kamera wird bei der E-M1 groß geschrieben. Insbesondere auf Raw-Dateien können Bildgröße, Bildstil und Artfilter, Weißabgleich, Belichtungskorrektur, Gradation der Viertel und Dreivierteltöne, Seitenverhältnis, Rauschunterdrückung (im Menü als „Geräuschfilter“ übersetzt) und der Farbraum nachträglich zur „Entwicklung“ eines JPEGs angewendet werden.
Objektiv Das Micro-Four-Thirds-System ist mittlerweile gut mit Objektiven ausgestattet. Nicht nur Olympus liefert eine reiche Palette an hochwertigen Objektiven, auch Panasonic hat einige interessante Linsen im Angebot. Mittels Adapter können obendrein die Objektive verwendet werden, die eigentlich für die Spiegelreflexkameras von Olympus konstruiert wurden. Diese hatten allerdings bisher den Nachteil, mit dem Kontrastautofokus der spiegellosen Kameras nur sehr langsam zu arbeiten. Genau das soll sich jetzt mit der neuen OM-D E-M1 ändern. Auf deren Sensor sind nämlich Phasenkontrastdetektoren integriert, die nun auch die Four-Thirds-Objektive schnell antreiben sollen. Wir haben das ausgiebig mit den drei wegen ihrer ausgezeichneten Bildqualität beliebten Four-Thirds-Objektive 7-14 mm, 12-60 mm und 50-200 mm SWD getestet. So viel vorweg: Olympus macht keine leeren Versprechungen, was die Unterstützung dieser Optiken betrifft. Nur ein paar Besonderheiten müssen berücksichtigt werden. So hilft es dem Autofokus ungemein, wenn das scharf zu stellende Objekt vollständig vom Sensorfeld erfasst wird und nicht, wie bei DSLRs gewohnt, auf Kanten scharfgestellt wird. Beherzigt man diesen Tipp, klappt es mit dem Scharfstellen ausgezeichnet.
Olympus-Objektive haben grundsätzlich keinen Bildstabilisator, da dieser in den Kameragehäusen integriert ist. Das hat den enormen Vorteil, dass ausnahmslos alle Objektive stabilisiert werden können, selbst jene anderer Hersteller oder gar aus analoger Zeit. Der in der E-M1 verbaute Stabilisator schwenkt den Sensor um Kamerabewegungen auszugleichen derart perfekt, dass im Weitwinkel sogar eine halbe Sekunde verwacklungsfrei gehalten werden konnte. Natürlich sind diese Werte sehr individuell, dennoch kann gesagt werden, dass der Stabi der OM-D-E-M1 zu den besten gehört, die es am Markt gibt.
Das mit unserer Testkamera gelieferte Olympus M.Zuiko Digital 12-50 mm 1:3,5 -6,3 EZ ist ein alter Bekannter. Schon an der OM-D E-M5 war es das Standard-Zoom. Etwas lichtschwach, dafür recht kompakt und mit dem Motorzoom perfekt für den Videofilmer. Außerdem besitzt es eine Makroeinstellung und eine zusätzliche Funktionstaste. Als natives MFT-Objektiv unterstützt es den Kontrast-AF der E-M1 und stellt gewohnt schnell und geräuschlos scharf. Auch das Fokussieren und Auslösen über den Touchscreen wird unterstützt und der AF-Rahmen kann nahezu beliebig auf dem Bild positioniert werden. Insgesamt stehen 81 Fokusfelder zur Verfügung. Schließt man eines der wuchtigen Spiegelreflex-Objektive an, erkennt das die neue OM-D und aktiviert automatisch die Phasen-Detektoren, von denen 37 über den Sensor verteilt sind. Der Fotograf merkt davon eigentlich nichts, nur dass der Sucher jetzt andere Fokusfelder anzeigt. Nach unserer Erfahrung funktioniert das Scharfstellen am sichersten mit den kleinen AF-Feldern. Beim 12-60 mm 2,8-4,0 kann man folgendes Verhalten beobachten: Meist sitzt die Schärfe beim ersten Versuch exakt. Manchmal, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen und unklaren Strukturen, springt der Fokus etwas hin und her bevor er die richtige Position gefunden hat, nur selten gibt die Kamera erfolglos auf. Das ist halb so schlimm, denn ein weiterer Druck auf den Auslöser startet einen neuen Versuch, der dann meist sofort zum Ziel führt. Das AF-Verhalten des Telezooms ist etwas träger und in schwierigen Situationen etwas weniger erfolgreich, im Prinzip aber gleich: Die Kombination aus E-M1 und FT-Objektiv stottert sich zügig zur korrekten Schärfe.
Beim 7-14 mm 1:4,0 sieht das etwas anders aus. Deutlich langsamer als die beiden anderen Objektive war das extreme Weitwinkelzoom auch schon an der E-5, das ändert sich auch nicht mit der E-M1. Nur, dass hier mehr Pumpen zu beobachten ist und aufgrund des langsameren Motors die Schärfe nicht angesprungen sondern angefahren wird. Für alle Objektive gilt: wenn der Fokus sitzt, dann sitzt er dem subjektiven Empfinden nach sogar genauer und sicherer als an der E-5. Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehlfokus ist auch dadurch geringer, dass die Sensoren direkt in der Bildebene angebracht sind und keine Toleranzen von Hilfsspiegeln hineinspielen. Dennoch bietet das Menü umfangreiche Möglichkeiten zur Justage.
Bei kontinuierlichem Autofokus oder gar AF mit Objektverfolgung (Tracking) mühen sich die FT-Gläser mit etwas Gezeter, sind dabei aber recht erfolgreich. Richtig elegant löst diese Aufgabe nur das Kit-Zoom. Zumindest bei moderaten Bewegungen klebt die Schärfe zügig und geräuscharm am Motiv. Im Videobetrieb funktioniert der Autofokus daher auch nur mit MFT-Objektiven, der Phasen-AF wird deaktiviert. Bei beiden AF-Modulen kann die Wahl des Messpunktes der Kamera überlassen oder mithilfe der Pfeiltasten blitzschnell selbst vorgenommen werden. Die Gesichtserkennung arbeitet mit allen Objektiven sehr zuverlässig und wird sicher auch Anhänger unter den Profis finden. Erscheint das Gesicht groß genug, erkennt die E-M1 sogar Augen und stellt wahlweise auf das aus Kamerasicht linke, das rechte oder das der Kamera am nächsten gelegen Auge scharf. Für Gesellschaftsfotografen eine sehr hilfreiche Sache. Bei allen Fokusmethoden kann der Fotograf jederzeit in die Schärfe eingreifen, Sucher respektive Display zeigen auf Wunsch den Fokuspunkt in bis zu 14-facher Vergrößerung an. Auch Fokuspeaking beherrscht die E-M1, sie hebt scharfe Kanten entweder weiß oder schwarz hervor. Wenn es sehr dunkel wird, kann ein grelles, orange-rotes Hilfslicht dem Autofokus auf die Sprünge helfen, was aber meist nicht nötig ist und zumindest bei Personenfotos eher stört.
Bildqualität Wir haben die OM-D-E-M1 im Labor mit dem preiswerten 12-50 mm Objektiv getestet, das auch schon mit der E-M5 im Kit geliefert wurde. Das neue 12-40 mm 1:2,8 stand leider noch nicht zur Verfügung, der Test dieses Premium-Objektivs wird aber noch nachgeholt und in einer gesonderten Meldung besprochen. Um herauszufinden, welche Abbildungsleistungen mit der neuen OM-D möglich sind, haben wir die E-M1 außerdem mit den FT-Objektiven 50 mm Makro und 14-54 mm Zoom (zweite Generation) durchgemessen. Die ausführlichen Labormessungen mit allen Diagrammen sind gegen ein geringes Entgelt über die Links am Ende dieses Artikels herunterzuladen.
Die Signalaufbereitung in der E-M1 ist nach Angaben des Herstellers abhängig vom angeschlossenen Objektiv, so dass je nach Zustand der optischen Korrektur mehr oder weniger per Software nachgeholfen wird. Beim M Zuiko Digital 12-50 mm 1:3,5 -6,3 EZ scheint sich das zumindest bezüglich der chromatischen Aberration positiv auszuwirken. Gegenüber der E-M5 halbiert sich die Größe der Farbsäume nahezu. Das Kit-Zoom zeigt ansonsten ähnliche Ergebnisse wie an der E-M5. Die Auflösung liegt über den gesamten Brennweitenbereich in der Bildmitte bei guten 40 bis 45 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm), was aber am langen Ende erst bei Blende 8 erreicht wird. Die chromatische Aberration vermindert trotz der Softwarekorrektur insbesondere am Rand dieses gute Ergebnis. Im Extremfall werden die Farbsäume im Weitwinkel zum Rand hin mit mehr als 2,5 Pixeln für kritische Augen sichtbar. Auch die Verzeichnung ist dort mit über zwei Prozent tonnenförmig für Architekturaufnahmen zu stark. Dennoch spricht einiges für dieses Objektiv: Es ist sehr kompakt und leicht, im praktischen Einsatz fallen die Abbildungsschwächen kaum auf und für Videofilmer ist der Motorzoom genial. Als Bonus gibt es den wirklich brauchbaren Makromodus und das alles zu einem unschlagbar günstigen Preis.
Wer mehr aus der OM-D herausholen will, greift zu Premium-Linsen. Das 50er Makro gilt nach wie vor in der FT-Welt als Referenz, was es im Labor auch eindrucksvoll bestätigt. Gleichmäßig hohe Auflösung von über 50 lp/mm bis zum Rand, keine nennenswerten Farbsäume oder Randabdunklungen, keine Verzeichnung. Bei Blende 2,8 wird das Maximum der Auflösung von fast 57 lp/mm erreicht, ab F11 begrenzt die Beugung das hohe Niveau. Erstaunlich gut löst auch das alte 14-54 mm II auf, das zumindest in der Bildmitte am kurzen Ende rekordverdächtige 65 lp/mm liefert, zum Rand hin aber deutlich einbricht. Am langen Ende erreicht die Auflösung knapp 40 lp/mm. Randabdunklung und Verzeichnung sind kein Problem, insgesamt betrachtet liegt die Bildqualität auf hohem Niveau.
Bei der Signalaufbereitung verhält sich die E-M1 ähnlich wie ihre kleine Schwester. Der Signal-Rauschabstand beginnt bei deutlich über 40 dB, fällt dann mit steigender Empfindlichkeit linear ab, um bei ISO 1.600 die 35 dB-Marke zu unterschreiten. Dennoch kann in der Praxis sorglos eine Empfindlichkeitstufe mehr verwendet werden, ohne dass störende Einflüsse überhand nehmen. Die Wiedergabe feinster Details ist ebenfalls bis ISO 3.200 gut, das Helligkeitsrauschen unauffällig und Farbrauschen kein Problem. Lediglich die Korngröße erreicht mit durchschnittlich 2,5 Pixeln Größe eine gewisse Sichtbarkeit. Im Bild wirkt das Korn leicht wolkig, ohne scharfe Ränder.
Beeindrucken kann die E-M1 mit ihrer enormen Eingangsdynamik von durchgehend 11 Blendenstufen. Erst über ISO 6.400 verliert sie mit jeder Empfindlichkeitsstufe eine Blende. Die Tonwertübertragung ist bis auf die Stufe „Low“ (entspricht ISO 100) sehr kontrastreich abgestimmt und gut für den sofortigen Gebrauch geeignet. Mit der Farbtreue nimmt es die E-M1 selbst bei höchsten ISO-Stufen sehr genau, lediglich Rottöne sind etwas gesättigter als in der Realität. Der Weißabgleich ist sehr zuverlässig, ebenso die Belichtung. Bei der Auslöseverzögerung brilliert die OM-D mit dem Kit-Objektiv. Nie dauert es inklusive Scharfstellen mehr als 0,2 Sekunden bis zum Schuss. Lediglich das für den Phasenkontrast optimierte 14-54 mm Zoom wollte unser Testchart nicht so recht scharf stellen und benötigte dafür lange 0,5 bis 0,6 Sekunden.
Fazit Olympus hat mit der OM-D E-M1 einen würdigen Nachfolger der legendären E-5 konstruiert. Allein der Sucher, der sogenannten „Vollformat-Kameras“ in der Größe in nichts nachsteht, allerdings in dunklen Sujets sehr viel mehr Details zeigt, ist eine Wucht. Zudem liefert die E-M1 eine Performance, die sowohl beim Autofokus als auch bei der Serienbildgeschwindigkeit ihresgleichen sucht. Die Bildqualität ist ebenfalls auf Spitzen-Niveau, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen toppt sie die E-5 um Längen. Nicht einmal Kameras mit APS-C Sensoren zeigen hier bessere Ergebnisse. Und Umsteigern vom Olympus-Spiegelreflex-System ist sie ein werterhaltendes Angebot, denn die hervorragenden FT-Objektive arbeiten mit der E-M1 ganz vorzüglich zusammen, wenngleich etwas Umgewöhnung in der Arbeitsweise notwendig ist. Die Ausstattung lässt ebenfalls wenig zu wünschen übrig, vielleicht den Panorama-Modus oder das flexiblere Display der E-5. Der etwas unterdimensionierte Akku ist sicher auch ein Zugeständnis an die geringen Maße der Kamera und man sollte die E-M1 in diesem Punkt nicht mit einer Nikon D4 vergleichen. Für das am Kamerasystem gesparte Gewicht und Geld kann man sehr viele Ersatzakkus mit sich führen.
Kurzbewertung
- Sehr wirkungsvoller Bildstabilisator
- Gute Autofokus-Performance, auch mit Four-Thirds-Objektiven
- Großer, heller und detailreicher Sucher
- Ausgezeichnete Bildqualität auch bei hohen ISO-Empfindlichkeiten
- Kompaktes und hervorragend verarbeitetes Gehäuse
- Für eine Profikamera mäßige Batterielaufzeit
- Kein integrierter Blitz (Aufsteckblitz wird aber mitgeliefert)
- Unübersichtliches Menü
Technische Daten
Modell |
Olympus OM-D E-M1 |
Sensor |
CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0) 16,8 Megapixel (physikalisch), 16,3 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.608 x 3.456 (4:3) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 30p |
Objektivanschluss |
|
Sucher |
2,36 Mio. Bildpunkte |
Monitor |
3,0", 1,04 Mio. Bildpunkte, beweglich, Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (324 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 7 Aufnahmen (1/3-3 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
Sensor-Shift (optisch) |
eingebauter Blitz |
nein |
Blitzanschuh |
Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt |
Konnektivität |
WLAN |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: HDMI-Ausgang Micro (Typ D) Mikrofoneingang, Audioausgang |
GPS |
extern (Smartphone als GPS-Logger) |
Serienbildfunktion |
max. 10,0 Bilder/s und max. 50 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/8.000 s |
Autofokus |
Phasenvergleich (19 Kreuzsensor(en), 18 Liniensensor(en)), Kontrast (81 Sensor(en)) |
Akkulaufzeit |
keine USB-Ladefunktion |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD (SDHC, SDXC, UHS I) |
Empfindlichkeit |
automatisch ISO 200 bis 1.600, manuell ISO 100 bis 25.600 |
Gehäuse |
Spritzwasserschutz, frostsicher bis -10 °C |
Abmessungen |
130 x 94 x 63 mm (B x H x T) |
Gewicht |
497 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/UPJQ4 (mit Preisvergleich) |