Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Olympus OM-D E-M10 Mark II

2015-09-10 Die Olympus OM-D E-M10 Mark II kommt erst in den nächsten Wochen auf den Markt, doch wir konnten bereits ein Serienmodell auf Herz und Nieren testen. Olympus hat es nicht bei einfachen Feature-Weiterentwicklungen belassen, sondern der Mark II den besseren Bildstabilisator und andere Funktionen des nächsthöheren Modells E-M5 Mark II eingebaut. Auch das Gehäuse blieb nicht unangetastet, was die Ergonomie nochmals verbessern soll. Was genau die Olympus leistet und wie es um ihre Bildqualität bestellt ist, verrät unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Auf den ersten flüchtigen Blick ist die E-M10 Mark II deutlich als Olympus OM-D zu erkennen und unterscheidet sich kaum vom Vorgängermodell E-M10. Bei genauerem Hinsehen tun sich aber zahlreiche Änderungen auf. Ein ausgeprägter Handgriff gehört weiterhin nicht zum Design, lässt sich aber optional mit dem neuen, ansonsten funktionslosen Griff ECG-3 nachrüsten. Das Gehäuse besteht weiterhin aus Kunststoff und einigen Metallteilen. Sowohl bei der Top- als auch der Bodenplatte kommt eine Magnesiumlegierung zum Einsatz. Großzügige Gummierungen sorgen für einen durchaus passablen Halt in der Hand. Neu gestaltet ist die Daumenauflage auf der Rückseite, die nun integraler Bestandteil des Gehäuses ist. Beim Vorgängermodell war die Daumenauflage noch geklebt und konnte sich unter Umständen lösen.

Alten OM-Hasen wird sicherlich als erstes der Einschaltknopf ins Auge fallen: Dieser sitzt nun nicht mehr unten rechts auf der Rückseite, sondern oben links neben dem Sucher/Blitzbuckel und ähnelt dem historischen Vorbild OM-1 und OM-2 stark. Der Einschalter ist nun schwergängiger, ein versehentliches Schalten ist praktisch ausgeschlossen. Dafür ist er nicht mehr ganz so schnell erreichbar, den alten Schalter konnte man beim Griff in die Kameratasche direkt mit dem rechten Daumen beim Herausholen hochschieben. Bei einer Einschaltzeit von gut zwei Sekunden mit dem Setobjektiv, das elektronisch ausgefahren wird, kann das durchaus entscheidend sein. Andererseits kommt mit diesem Objektiv, vor allem wenn es mit dem als Zubehör erhältlichen automatischen Deckel versehen wird, fast perfektes Kompaktkameragefühl auf. Es fehlt eigentlich nur noch eine Zoomfunktion auf dem vorderen, ohnehin etwas leichtgängigen Einstellrad.

Der nicht wirklich hochwertig wirkende Plastikeinschalter der OM-D E-M10 Mark II hat noch eine zweite Funktion: Schiebt man ihn nach vorne, so klappt der eingebaute Blitz auf. Eine Pop-Up-Automatik gibt es nicht. Die kleinste OM-D ist das einzige Modell der Reihe mit Einbaublitz. Mit einer Leitzahl von 6,6 ist er etwas schwach auf der Brust, taugt aber sogar als Master zur Drahtlosblitzsteuerung. Dem neuen, alten Einschalter musste das Programmwählrad auf die andere Seite des Blitzbuckels weichen. Dem neu platzierten Programmwählrad wiederum war das alte Daumenrad im Weg, das nun aber griffgünstiger liegt. Alle drei Einstellräder wirken durchaus hochwertig, aber wie hohe kleine Türmchen und die verschiedene Riffelung der Räder unterstreicht das gegenüber dem Vorgängermodell verspielter wirkende Design. In der Redaktion gab es beim direkten Vergleich genauso viele Befürworter wie Gegner des neuen Designs. Die "alte" E-M10 ist aber vorerst weiter erhältlich.

Einige andere Tasten haben ebenfalls die Position gewechselt, was für Umsteiger der alten E-M10 etwas Umgewöhnung bedeutet. Insgesamt ist die neue Tastenanordnung aber besser, zumal es eine neue dritte programmierbare Funktionstaste gibt. Damit lassen sich noch mehr Funktionen direkt wählbar erreichen. Etwas merkwürdig wirkt nur der Pseudo-Knopf auf dem Daumenrad, denn es handelt sich leider um ein reines Designelement. Wer übrigens keine Videos aufnehmen möchte, kann auch den dafür vorgesehenen Knopf mit einer anderen Funktion belegen.

Über das Super-Control-Panel, das sich mit einem Druck auf den OK-Knopf aktiviert, hat man volle Kontrolle über alle relevanten Aufnahmeparameter. Sie werden übersichtlich angezeigt und können direkt geändert werden. Die Menüs hingegen wirken bei Olympus zum Teil etwas unübersichtlich. Die schiere Fülle an Einstellmöglichkeiten erschlägt so manchen Neuling. Aber: Hat man sich damit auseinandergesetzt, so findet man die Einstellungen durchaus schnell wieder, zumal das Menü auf Wunsch an der zuletzt verwendeten Position startet. Von der Tastenbelegung über das Verhalten der Einstellräder bis hin zur Belichtungs- und Akkujustage lässt sich hier wirklich alles einstellen. Zudem erlauben vier Presets das Speichern von bevorzugten Aufnahmeparametern, die wahlweise auf das Programmwählrad oder eine Taste gelegt werden können.

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Der rückwärtige Touchscreen wurde vom Vorgängermodell übernommen: Er zeigt auf 7,5 Zentimetern Diagonale ein detailliertes, helles Bild. Dank Klappfunktion lässt er sich aus bodennahen und Über-Kopf-Perspektiven ablesen, ohne ihn seitlich neben die Kamera schwenken zu müssen. Ist der Bildschirm in besonders hellen Situationen schlecht ablesbar oder kommt es auf eine genauere Bildbeurteilung an, so kann die Mark II einfach ans Auge geführt werden. Der neue, größere und höher auflösende Sucher schaltet sich dann automatisch ein. Die im Kleinbildäquivalent 0,62-fache Suchervergrößerung liegt nun über dem Niveau von Einsteiger-DSLRs und kommt fast an die gehobenen APS-C-DSLRs heran. Allerdings ist die Austrittspupille durch die stärkere Vergrößerung minimal geschrumpft, was zumindest bei Brillenträgern zu dem Problem führt, dass die Ecken etwas stärker abschatten. Das Sucherbild ist dank OLED sehr brillant und kontrastreich, bei 2,36 Millionen Bildpunkten Auflösung lassen sich kaum noch die einzelnen Pixel erkennen. Wer allerdings empfindlich für Flimmern ist, wird das leichte OLED-Flimmern erkennen können. Es ist nicht dominant, aber vor allem in hellen Bildbereichen bemerkbar. Auch im Sucher stehen wie auf dem Bildschirm zahlreiche Anzeigen, etwa Gitterlinien, elektronische Wasserwaage und Livehistogramm zur Verfügung. Neu ist die Möglichkeit, den Fokuspunkt mit Hilfe des Touchscreens festlegen zu können, während man durch den Sucher blickt. Dies geschieht auch nicht versehentlich mit der Wange oder der Nase, denn man muss das Display mit dem Finger schon etwas kräftiger "streicheln", bis die Funktion sich aktiviert. Dann funktioniert sie sehr intuitiv und schneller, als auf der Vierwegewippe herumzutippen.

Ausstattung

Zwar ist die OM-D E-M10 Mark II für ambitionierte Fotografen konstruiert, aber auch Einsteiger, die einfach nur diese schöne Kamera zum Knipsen verwenden wollen, kommen auf ihre Kosten. Zumal die Bildqualität aufgrund der guten Bildaufbereitung in JPEG praktisch keiner Nachbearbeitung bedarf. Im iAuto-Modus steuert die E-M10 alle Funktionen inklusive der Wahl des Motivprogramms anhand des erkannten Motivs automatisch. Wer den Szenenmodus lieber selbst wählen möchte, kann auch dies tun. Des Weiteren bietet die Olympus eine große Auswahl von sogenannten Art-Filtern, die verschiedene Bildeffekte bieten, die sich zudem individuell anpassen lassen. Auch dies erspart gegebenenfalls die Bildnachbearbeitung mit Filtern. In den Kreativprogrammen P, A, S und M hat der Fotograf dann die volle Kontrolle über alle Aufnahmeparameter. So lässt sich etwa die ISO-Automatik anpassen, sie funktioniert nach vorheriger Freischaltung im Menü sogar bei manueller Belichtung – allerdings fehlt, wie bei fast allen Herstellern, dann eine Belichtungskorrekturmöglichkeit.

Sehr umfangreich sind die Reihenaufnahmefunktionen. Neben der üblichen Belichtungsreihe mit einer Spreizung von bis zu +/- 5 EV bei 5 oder 7 Bildern gibt es Weißabgleichsreihenaufnahmen, Blitzbelichtungsreihenaufnahmen, ISO-Reihenaufnahmen und Art-Filter-Reihenaufnahmen. Ganz neu ist das Fokus-Bracketing, bei dem bis zu 999 Bilder mit kleinen oder größeren Fokusschritten angefertigt werden können. Dies ermöglicht später in der Bildbearbeitung eine Ausdehnung der Schärfe etwa bei Makroaufnahmen oder aber einen noch weicheren Hintergrund bei Porträts. Des Weiteren bietet die OM-D eine Mehrfachbelichtungsfunktion sowie eine HDR-Automatik, die eine noch größere Belichtungsspreizung als die Belichtungsreihe erlaubt. Auf Wunsch werden die Aufnahmen direkt in der Kamera zu einem HDR-Bild verrechnet. Ebenfalls an Bord ist eine Keystone-Korrektur, mit der sich beispielsweise stürzende Linien direkt in der Kamera korrigieren lassen.

Neben dem klassischen, hörbaren Schlitzverschluss mit bis zu 1/4.000 Sekunde kurzen Belichtungszeiten bietet die E-M10 Mark II nun auch einen rein elektronischen Verschluss mit bis zu 1/16.000 Sekunde kurzen Verschlusszeiten – dieser arbeitet absolut lautlos. Nebeneffekt: Die Serienbildrate steigt von knapp neun auf stattliche elf Bilder pro Sekunde. Der mit 0,14 Sekunden sehr schnelle Autofokus (die Gesamtauslöseverzögerung liegt bei 0,2 Sekunden) arbeitet jedoch nur bei bis zu vier Bildern pro Sekunde kontinuierlich. Allerdings kann mit elektronischem Verschluss nicht geblitzt werden, zudem sollte der Rolling-Shutter-Effekt beachtet werden, durch den bei Mitziehern oder schnell bewegten Motiven unerwünschte Effekte entstehen können. Am anderen Ende der Belichtungszeit steht die Bulb-Funktion, die wahlweise auch im T-Modus arbeitet (statt den Auslöser festzuhalten wird dieser am Anfang und am Ende der Belichtung jeweils einmal betätigt). Besonders die Live-Bulb- beziehungsweise Live-Time-Funktion ist spannend wie einzigartig: Während der Belichtung gibt es in Intervallen eine Vorschau auf das Bild, sodass die Belichtung im richtigen Moment beendet werden kann. Die Variante Live-Composite hingegen wiederholt eine Belichtung beliebig oft und rechnet der Ursprungsaufnahme nur neue Bildelemente hinzu. So wird im Gegensatz zur Bulb-Funktion das Bild nicht immer heller, sondern nur Effekte wie Leuchtstreifen vorbeifahrender Autos oder die Streifen von Sternen, die sich am Himmel bewegen, werden verstärkt beziehungsweise überhaupt erst sichtbar.

Ein sehr nützliches Feature ist der eingebaute Bildstabilisator mittels beweglich gelagertem Bildsensor. Kam in der E-M10 noch ein 3-Achsen-System mit einer Effektivität von 3,5 Blendenstufen zum Einsatz, hat Olympus der Mark II den besseren 5-Achsen-Stabilisator der E-M5 Mark II eingepflanzt, der in der E-M10 Mark II allerdings auf eine Effektivität von 4 statt 5 EV kastriert wurde. So soll der Abstand zum teureren Modell gewahrt bleiben. Einerseits schade, andererseits leistet der Bildstabilisator der E-M10 Mark II nochmals bessere Dienste als im Vorgängermodell, vor allem im Nah- und Makrobereich. So sind im Weitwinkelbereich beispielsweise Aufnahmen von fließendem Wasser, das durch eine längere Belichtungszeit verwischt, überhaupt kein Problem.

Auch im Videomodus ist der effektive Bildstabilisator aktiv und sorgt für sehr ruhige Full-HD-Aufnahmen. Dabei sind die Videos nun endlich nicht mehr auf 30 Bilder pro Sekunde festgenagelt, sondern 24, 25, 30, 50 und 60 Vollbilder lassen sich wählen. Ein externer Mikrofonanschluss fehlt der E-M10 leider weiterhin. Immerhin gibt es nun eine Pegelanzeige und -anpassung. Bei ruhigen Videomotiven ist zudem der manuelle Fokus (auf Wunsch mit Vergrößerung und Peaking-Funktion) die bessere Wahl, da das leichte Fokuspumpen des AF-C sonst stören kann. Eine Möglichkeit, den Fokus während des Videos im AF-S-Betrieb über den Touchscreen auf ein neues Motivdetail zu legen beziehungsweise ihn einmalig zum neuen Fokussieren zu zwingen, besteht leider nicht. Gespeichert werden die Videos mit H.264-Kompression im MOV-Format. MP4 wäre als Alternative wünschenswert, haben doch gerade mobile Geräte mit dem MOV-Format ihre Probleme und benötigen dafür spezielle Videoplayer-Apps. Dank des Videoaufnahmeknopfes lassen sich jederzeit Videoclips drehen, nur der dedizierte Videomodus erlaubt jedoch die weitreichenderen Einstellungen wie eine halbautomatische oder manuelle Belichtung, auch die Art-Filter sind verwendbar. Manche davon reduzieren allerdings die Bildwiederholrate deutlich, so dass die Videos wie Stop-Motion-Aufnahmen wirken. Apropos Stop-Motion: Eine Intervallaufnahmefunktion bietet die Olympus auch, die Bilder können sogar zu einer 4K-Videoaufnahme zusammengesetzt werden.

Vielfältig sind auch die Bildnachbearbeitungsfunktionen. Der eingebaute Raw-Konverter erlaubt die Entwicklung von JPEG- aus Raw-Aufnahmen, viele Parameter wie Belichtung und Weißabgleich können dabei angepasst werden. Auch JPEGs können vielfältig bearbeitet werden inklusive Sepia- und Schwarzweiß-Wandlung, die Art-Filter hingegen fehlen leider. Verbindet man die E-M10 über WLAN mit einem Smartphone, was dank des QR-Codes, der mit dem Smartphone gescannt wird, recht einfach geht, lässt sich die Kamera fernsteuern, auch eine Bildübertragung ist selbstverständlich möglich. Die App erlaubt dann sogar die nachträgliche Anwendung der Art-Filter. Bei der Fernsteuerung wird nicht nur ein Livebild übertragen, auch zahlreiche Einstellungen sind möglich. Sogar die Live-Composite-Funktion lässt sich nun per WLAN steuern. Zudem besitzt die App eine GPS-Logger-Funktion, die Positionsdaten können anschließend in die Bilder auf der Kamera geschrieben werden. Wer die Kamera nur fernauslösen möchte, kann dies ebenfalls mit der App tun, das beherrscht unseres Wissens nach bisher nur Olympus. Wie bei der Verwendung eines Fernauslösekabels werden alle Einstellungen an der Kamera vorgenommen.

Fortsetzung auf Seite 2

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