2021-07-30 Die Panasonic Lumix DC-GH5 II ist eher eine Modellpflege mit speziellen Erweiterungen für bestimmte Anwendungsbereiche als ein echtes Nachfolgemodell der GH5. Sie soll nun auch den modernen Anforderungen von YouTube, Vlogs und Livestreaming besser gerecht werden. Zudem gibt es einen leistungsfähigeren Prozessor, der etwa Videoaufnahmen auf SD-Speicherkarte und eine gleichzeitige Ausgabe via HDMI ermöglicht. Auch eine selten zu findende WLAN-Livestream-Funktion via PC oder Smartphone ist mit an Bord. Ob es noch weitere Veränderungen gibt und ob der neue Prozessor sich positiv auf die Bildqualität auswirkt, haben wir im Test herausgefunden. (Benjamin Kirchheim)
Für eine Micro-Four-Thirds-Kamera ist die Panasonic Lumix DC-GH5 II ziemlich groß und schwer, sie übertrifft sogar so manche Kleinbildkamera. [Foto: MediaNord]
Da es sich bei der Panasonic Lumix DC-GH5 II um eine verbesserte Version der GH5 handelt, basiert dieser Testbericht entsprechend auf dem Vorgängermodell, wurde aber komplett überarbeitet. Dabei kommen die größeren und kleineren Verbesserungen aber auch Nachteile nicht zu kurz.
Ergonomie und Verarbeitung
Das bullige Gehäuse der Panasonic Lumix DC-GH5 II könnte gut und gerne das einer DSLR sein. Der große Handgriff bietet viel Grifffläche, könnte aber im Übergang zum Gehäuse gerne besser ausgeformt sein, denn in der Hand getragen muss man sie fest mit Gegendruck packen und darf sie keinesfalls lockerlassen, denn sonst rutscht sie aus den Händen. Menschen mit zierlichen Händen wird der Griff schon zu groß sein, Fotografen mit großen Pranken hingegen werden sich freuen, endlich mal etwas "Richtiges" in der Hand zu haben.
Immerhin bleibt trotz des großen Gehäuses der eine oder andere Vorteil des Micro-Four-Thirds-Standards bestehen: Etwa die relativ kleinen und leichten Objektive, wenn man sie mit Vollformatkonkurrenten mit gleichem Bildwinkel vergleicht. Oder die größere Schärfentiefe, die manch einer als Vorteil, sieht (man muss nicht so weit abblenden), andere wiederum als Nachteil (man kann weniger gut freistellen) – je nach Anwendungsfall.
Das Gehäuse besteht rundherum aus einer robusten Magnesiumlegierung, das im Griffbereich links und rechts großzügig mit einer rutschfesten, genarbten Gummierung beklebt ist. Das Gehäuse ist selbstverständlich staub- und spritzwassergeschützt. Zusätzlich soll die GH5 II auch bei Frost bis minus 10 Grad noch funktionieren. Unterstrichen wird die Robustheit vom auf 200.000 Auslösungen ausgelegten mechanischen Verschluss.
Während sich vorne die Blitzsynchronbuchse befindet, deren kleinen Schraubdeckel man fest anziehen sollte, um ihn nicht zu verlieren, befinden sich links gleich drei Schnittstellenklappen, die allesamt aus Gummi bestehen. Die oberste verdeckt den Stereomikrofonanschluss, eine 3,5 mm Klinkenbuchse, und hängt lediglich an einem beweglichen Gummi. Als optionales Zubehör bietet Panasonic einen Aufsatz für den Blitzschuh an, der XLR-Tonanschlüsse samt Bedienelementen beinhaltet.
Die beiden Klappen unter dem Mikrofonanschluss verfügen hingegen über ein Scharnier. Hinter der oberen Klappe befindet sich der Kopfhörerausgang, ebenfalls eine 3,5 mm Stereoklinke. Hinter der unteren Klappe befinden sich eine großzügige HDMI-Buchse in voller Größe (Typ A) sowie ein USB-C-Anschluss, der im Gegensatz zum Vorgängermodell Power Delivery unterstützt. Somit kann nun der Akku in der Kamera geladen werden und sogar eine Dauerstromversorgung ist möglich, mit einer Powerbank selbst mobil.
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Des Weiteren verstecken sich zwei Buchsen mit Gewinde hinter den Schnittstellenklappen. Im Lieferumfang befindet sich ein schnörkelloses Plastikteil, das sich hier einschrauben lässt. Es sorgt für die Zugentlastung und den Knickschutz der angeschlossenen Kabel und schützt somit die Anschlüsse vor dem Herausbrechen.
Auf der Handgriffseite befindet sich eine weitere Schnittstelle, ebenfalls von einem Gummipfropfen geschützt, wie der Mikrofonanschluss. Hier lässt sich ein Kabelfernauslöser in die 2,5 mm Klinkenbuchse einstecken. Das Speicherkartenfach ist ebenfalls auf der Handgriffseite zu finden. Hierbei handelt es sich um eine robuste Kunststoffklappe mit Gummidichtungen und Feder, die die Klappe nach der Entriegelung aufdrückt. Dahinter verbergen sich gleich zwei SD-Kartensteckplätze, die beide zu SDHC, SDXC, UHS I sowie UHS II kompatibel sind. Als Schreibgeschwindigkeit bei Raw-Serienbildaufnahmen haben wir etwas über 106 MB/s ermittelt. Für Videoaufnahmen, die maximal mit 400 Mbit/s erfolgen, reicht davon schon die Hälfte.
Auf der Unterseite ist eine weitere Schnittstelle zu finden, die von einem losen Gummipfropfen geschützt wird. Hierbei handelt es sich um den elektronischen Anschluss für den optionalen und ebenfalls spritzwassergeschützten Batterie-Hochformat-Handgriff. Es kommt derselbe Handgriff wie bereits bei der GH5 zum Einsatz, der DMW-BGGH5.
Das Stativgewinde auf der Kameraunterseite befindet sich in der optischen Achse, sitzt jedoch ungewöhnlich weit hinten, so dass die Kamera mit Objektiv auf dem Stativ schnell frontlastig wird. Das Akkufach ist weit genug vom Stativgewinde entfernt, so dass es sich auch mit Stativwechselplatte noch öffnen lässt. Hier kommt der bereits aus der Lumix S5 bekannte neue Akku BLK22 zum Einsatz. Trotz größerer Kapazität von 2.200 mAh hält er aber kaum länger durch als die GH5 mit dem BLF19 (1.860 mAh), was an einem etwas höheren Stromverbrauch der GH5 II liegen dürfte. Je nach Objektiv sind 400 bis 410 Aufnahmen nach CIPA-Standard möglich. Der BLF19 kann mit entsprechend ca. 15 Prozent kürzerer Laufzeit ebenfalls in der GH5 II verwendet werden.
Aufgrund des großen Gehäuses der GH5 II war es kein Problem, genügend Bedienelemente darauf zu verteilen, ohne dass es zu vollgestopft wirkt. Zudem sind die Knöpfe teilweise blind ertastbar. Auf der Oberseite beispielsweise ist der Belichtungskorrekturknopf glatt, die ISO-Taste ist mit zwei kleinen Pins versehen, die Bildstil-Taste (war bei der GH5 noch eine Fn1-Taste) ist abgerundet und die Weißabgleichstaste ebenfalls, aber sie steht deutlich weiter aus dem Gehäuse heraus.
Das Programmwählrad lässt sich gegen versehentliches Verstellen sichern, der Einschalter befindet sich als gut bedienbarer Hebel direkt darunter. Darüber hinaus bietet die GH5 II gleich drei Multifunktionsräder, eines in Daumenposition auf der Rückseite, eines hinter dem Auslöser auf der Oberseite und ein drittes ist mit dem Vierwegewähler kombiniert, wobei das Rad groß und griffig genug ist, um nicht ungewollt eine der vier Tasten zu drücken.
Die Panasonic Lumix DC-GH5 II bietet nicht nur einen frei beweglichen, sehr hellen und hochauflösenden Touchscreen, sondern auch einen großen und gut auflösenden Sucher, der sich mit Kleinbild-DSLRs messen kann. [Foto: MediaNord]
Zusätzlich zum Vierwegewähler gibt es einen Joystick, der für die Auswahl der Autofokuspunkte zuständig ist. In seiner Nähe befindet sich die AF-ON-Taste (bei der GH5 noch AEL/AFL, lässt sich entsprechend umprogrammieren), die vom Fokuswahlhebel umschlossen ist. Weitere Funktionstasten sind über das gesamte Gehäuse verteilt und mit sinnvollen Funktionen vorbelegt, die teilweise auf die Tasten oder das Gehäuse aufgedruckt sind.
Der nun nur noch 7,5 statt acht Zentimeter große Bildschirm löst mit äußerst feinen 1,84 Millionen Bildpunkten etwas höher auf als noch in der GH5. Sein Seitenverhältnis von 3:2 ist ein guter Kompromiss zwischen 4:3 für Fotos und 16:9 für Videos. Vor allem aber bietet der Bildschirm eine bessere Farbdarstellung und eine höhere Helligkeit als beim Vorgängermodell. Wir haben eine maximale Leuchtdichte von 940 cd/m² gemessen, womit der Bildschirm auch in hellem Sonnenlicht noch gut ablesbar ist, was beim Vorgängermodell nicht der Fall war.
Das Schwenk-Drehgelenk gehört quasi zur Standardausstattung bei Panasonic, so dass der Bildschirm aus allen möglichen Perspektiven betrachtet werden kann. Wie üblich handelt es sich um einen Touchscreen, auf dem sich weitere Funktionstasten einblenden lassen und der auch zum Festlegen des Autofokuspunkts dienen kann, selbst wenn man das Auge am Sucher hat. Wer möchte, kann den Bildschirm aber auch zum Schutz verkehrt herum an die Rückwand klappen.
Der elektronische OLED-Sucher ist eine Augenweide und identisch zum Vorgängermodell. Er besitzt eine kleinbildäquivalente 0,76-fache Vergrößerung, kann es also mit einer Vollformat-DSLR aufnehmen. Das trifft jedoch nicht nur auf die Größe zu, denn die Auflösung ist mit 3,68 Millionen Bildpunkten ebenfalls sehr fein, so dass man kaum noch einzelnen Pixel mehr erkennen kann. Rein rechnerisch dürfte das Display ca. 1.280 x 960 Pixel (4:3) auflösen, da jeder Pixel aus drei Bildpunkten besteht, kommt man damit auf 3.686.400 Bildpunkte.
Dank des Näherungssensors schaltet sich der Sucher automatisch ein, sobald man ihn ans Auge nimmt. Eine Dioptrienkorrektur ist ebenfalls vorhanden und die Augenmuschel angenehm groß. Brillenträger können den Sucher nahezu komplett überblicken. An den Seiten gibt es keine Abschattungen, in den Ecken hingegen schon. Der Sucher bietet eine flüssige Anzeige ohne Ruckeln (60 und 120 Hz sind wählbar). Auch ein Nachziehen oder ein Jelly-Movie-Effekt sind praktisch nicht sichtbar. Die Farben und Kontraste sind kräftig und natürlich, so dass man das Bild sehr gut beurteilen kann. Zur Bildwiedergabe und Menüanzeige eignet sich der Sucher ebenfalls hervorragend, stört dabei doch garantiert kein Sonnenlicht.
Das auch per Touch bedienbare Menü der GH II ist äußerst umfangreich. Hier lassen sich sehr viele Funktionen konfigurieren und die Kamera individualisieren. Dabei kann man schonmal leicht den Überblick verlieren. Als Abhilfe gibt es ein Menü, das man selbst mit favorisierten Funktionen füllen kann. Die verschiedenen Kategorien und Unterkategorien sind links angeordnet. Zusätzlich zu den vielen Tasten und dem Umfangreichen Menü gibt es noch ein Quick-Menü, in dem man ebenfalls wichtige Funktionen ablegen und auf Wunsch per Touch oder Tasten bedienen kann. Es ist zwar bereits vorkonfiguriert, kann aber ebenfalls angepasst werden.