Spiegellose Systemkamera (nicht nur) für Einsteiger

Testbericht: Panasonic Lumix DC-GX800

2017-04-29 Mit der Lumix DC-GX800 ersetzt Panasonic nicht nur die GF-Serie, sondern auch die GM-Serie, die zwar durch ihre besonders kompakten Abmessungen bei guter Ausstattung punktete, aber am Markt nicht erfolgreich genug war. Tatsächlich vereint die GX800 die Ausstattung, Bedienung und Zielgruppe der GF-Serie mit dem geradlinigeren Design der GM-Serie. Damit ist die GX800 der günstigste und kompakteste Vertreter der aktuellen Lumix-G-Wechselobjektivkameras von Panasonic und ist zudem nur mit Objektiv erhältlich. Im Test muss sie nun zeigen, was in ihr steckt und was ihre Bildqualität taugt.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Die Panasonic Lumix DC-GX800 ist in einem schicken Bi-Color-Design gehalten. Das Gehäuse besteht aus gut verarbeitetem Kunststoff und macht einen soliden Eindruck, es ist in beiden erhältlichen Farbvarianten Silber. Die großflächigen Gummiapplikationen im Aussehen von genarbtem Leder sind wahlweise Schwarz, wie bei unserem Testgerät, oder Orange/Braun, was der Kamera in beiden Fällen einen gewissen Retro-Look gibt. Dennoch ist das Design sehr geradlinig und reduziert statt verspielt eine alte Kamera nachzumachen. Einen ausgeprägten Handgriff besitzt die GX800 nicht, dafür ist das Gehäuse mit 107 mal 65 mal 33 Millimetern äußerst kompakt und betriebsbereit 267 Gramm leicht. Gegenüber einer GM5 sind das allerdings acht Millimeter mehr Breite und fünf Millimeter mehr Gehäusehöhe sowie 56 Gramm mehr Gewicht. Die GM5 war wirklich ein kleines Wunder an Kompaktheit.

Die GX800 ist nur im knapp 550 Euro (UVP) teuren Set mit dem kompakten 12-32mm 3.5-5.6 OIS erhältlich (24-64 mm entsprechend Kleinbild), das lediglich 67 Gramm wiegt, womit die Kombination nur 334 Gramm auf die Waage drückt. Mit Objektiv erhöht sich die Tiefe der Kamera im Transportzustand auf 5,6 Zentimeter, was immer noch sehr kompakt ist. Aufgrund des geringen Gewichts lässt sich die Kombination ganz gut halten, zumal die Rückseite eine ausreichend große und griffige Daumenablage besitzt. Ideal zur GX800 passen sowohl vom Design als auch der Größe außerdem das ultrakompakte 35-100mm-Telezoom sowie die 15 mm F1,7 lichtstarke Leica-Festbrennweite, Tests dazu sind in den weiterführenden Links zu finden. Aber auch alle anderen Micro-Four-Thirds-Objektive lassen sich an die DC-GX800 anschließen.

Die Ausstattung mit Schnittstellen ist, typisch für eine Einsteigerkamera, spartanisch. Es gibt nur einen HDMI-Micro- sowie einen Micro-USB-Anschluss, letzterer dient auch zum Aufladen des wechselbaren Lithium-Ionen-Akkus. Nur zum Dauerbetrieb eignet sich die Micro-USB-Schnittstelle leider nicht, während des Betriebs findet keine Aufladung statt. Hierfür ist ein Akku-Dummy mit Netzteilanschluss nötig, wie er inzwischen bei vielen Herstellern üblich ist. Der kleine Akku DMW-BLH7E fasst lediglich 4,9 Wh, was für gerade einmal 210 Aufnahmen nach CIPA-Standard reicht. Das Akkufach befindet sich an der Kameraunterseite. Hier wird auch die Micro-SD-Karte eingesetzt. Für Kameras ist das ein sehr ungewöhnliches Format. Die Speicherkarten sind sehr klein und fummelig, sie eignen sich nicht gut dafür, herausgenommen und per Kartenleser mit dem PC ausgelesen zu werden. Zum Glück sind diese Karten aber inzwischen in ausreichend schneller und großer Ausführung zum recht günstigen Preis erhältlich.

Im Test verwendeten wir beispielsweise eine Toshiba Exceria Micro-SDXC-Speicherkarte, die die UHS-I-Speed-Class 3 unterstützt und somit eine Mindest-Schreibgeschwindigkeit von 30 Megabyte pro Sekunde (MB/s) garantiert – das ist schneller, als das Interface der Kamera schreiben kann, es erreicht nur ca. 21 MB/s. Unsere Testkarte mit einer Kapazität von 128 Gigabyte (GB) ist schon für weniger als 40 Euro erhältlich und deutlich größer, als man wohl jemals brauchen wird; es sei denn, man nimmt gerne viele 4K-Videos auf, von denen mit einer Qualität von 100 Mbit/s etwa 170 Minuten auf die Speicherkarte passen. Das Stativgewinde auf der Kameraunterseite sitzt übrigens in der optischen Achse. Wer eine sehr kleine Stativwechselplatte verwendet, etwa die Novoflex Miniconnect, kann das Akku- und Speicherkartenfach sogar trotz angebrachter Wechselplatte öffnen.

Im Gegensatz zur GM5 bietet die GX800 keinen elektronischen Sucher. Da auch der Blitzschuh fehlt, lässt sich selbst optional keiner anschließen. Die Bedienung der GX800 erfolgt über die wenigen Tasten (elf Stück) sowie das Programm- und das Einstellrad. Außerdem verfügt die Systemkamera über einen um bis zu 180 Grad (für Selfies oder bodennahe Aufnahmen) nach oben klappbaren Touchscreen mit einer Auflösung von 1,04 Millionen Bildpunkten auf einer Diagonale von 7,5 Zentimetern. Der sehr helle Bildschirm bietet weitere Bedienmöglichkeiten, etwa virtuelle Funktionstasten. Aber auch einige der anderen Tasten lassen sich programmieren. Die Fn1-Taste ist mit der 4K-Foto-Funktion vorbelegt, wir haben uns die AF-On-Funktion hierhergelegt, die die GX800 im Gegensatz zu vielen anderen Einsteigerkameras bietet.

Die Fn2-Taste ist mit dem nützlichen Quick-Menü sinnvoll vorbelegt, auf der Fn3-Taste ist die Fokus-Stacking-Funktion vorbelegt. Da wir aber eine ISO-Taste vermissten, haben wir diese Funktion auf die Fn3-Taste gelegt. Äußerst praktisch empfanden wir die Tatsache, dass ein mehrmaliges Drücken der Taste die ISO-Empfindlichkeit durchschaltet, sodass man diese nicht unbedingt nach dem ersten Drücken dieser Taste mit dem etwas flimsigen Einstellrad wählen muss. Abgesehen vom fehlenden zweiten Einstellrad ließ sich die GX800 so erstaunlich nah an einer Kamera für ambitionierte Fotografen bedienen, sodass wir die GX800 durchaus als Kamera für solche Fotografen empfehlen können, die eine kompakte (Zweit-) Kamera für "das kleine Besteck" wünschen. Übrigens verbirgt sich hinter dem hochklappbaren Touchscreen eine weitere Taste, mit der alle Aufnahmefunktionen auf Werkseinstellungen zurückgesetzt werden können; äußerst praktisch für Einsteiger, die sich die Einstellungen "verbastelt" haben.

Aufgrund der wenigen Tasten kommt es durchaus häufiger mal vor, dass man für weitergehende Optionen ins Menü muss. Dieses wirft zwar keine großen Rätsel auf und bietet sogar recht viele Optionen und eine erklärende Einblendung zu den Menüpunkten, insgesamt haben die fünf Menükategorien jedoch jeweils bis zu acht Unterseiten, sodass sich das Menü auf insgesamt 31 Seiten mit je bis zu fünf Menüpunkten (140 insgesamt) erstreckt. Hier findet man also nicht immer so schnell die gewünschte Einstellung. Übrigens sind auch die Menüs komplett wahlweise über die Tasten oder den Touchscreen bedienbar.

Ausstattung

Zwar ist die Lumix DC-GX800 als Einsteigerkamera konzipiert, bietet aber, wie bereits bei der Bedienung festgestellt, auch ambitionierten Fotografen reichlich Möglichkeiten. Einsteiger bekommen fast alles geboten, was man so braucht. Die intelligente Automatik nimmt dem Fotografen sämtliche Einstellungen ab und wählt anhand des Motivs, dessen Bewegungen und der Bewegungen des Fotografen das passende Aufnahmeprogramm, die richtige Verschlusszeit sowie ISO-Empfindlichkeit. Des Weiteren bietet die GX800 23 wählbare Motivprogramme, die teilweise sehr blumig beschrieben sind und in verschiedenen Varianten vorliegen, etwa "Klare Nachtaufnahme", "Kühler Nachthimmel", "Warme Nachtlandschaft" und "Nachtlandschaft verfremdet", jeweils untermalt mit einem typischen Beispielbild. Auch die digitalen Filtereffekte können sich mit einer großen Auswahl aus 22 Stück sehen lassen. Ebenfalls vorhanden sind eine Schwenkpanoramafunktion und ein HDR-Modus mit wahlweise automatischer oder manueller Einstellung samt automatischer Bildausrichtung. Für Freunde (beziehungsweise eigentlich eher Freundinnen) von Selfies schaltet die GX800 beim kompletten Hochklappen des Bildschirms automatisch in den Selfie-Modus um und blendet unter anderen die Beauty-Funktion für eine schöne Haut sowie die Schlankmach-Funktion ein, die das Gesicht verschmälert. Auch Bildeffekte, Hintergrundunschärfe und eine Mehrfach-Selbstauslösefunktion lassen sich im Selfie-Modus direkt anwählen.

Ambitionierte oder experimentierfreudige Fotografen können sich in den klassischen Kreativprogrammen P, A, S und M austoben, wobei die Programmautomatik eine Shift-Funktion bietet und sogar Bulb-Langzeitbelichtungen möglich sind. Letztere verstecken sich im manuellen Modus. Sobald man die Belichtungszeit länger als 60 Sekunden wählt, erscheint ein "T" anstelle der Belichtungszeit. Bei diesem Langzeitbelichtungsmodus muss der Auslöser im Gegensatz zur normalen Bulb-Funktion nicht während der gesamten Belichtung gedrückt gehalten werden, was selbst auf einem Stativ zu Verwackelungen führen würde (einen Fernauslöseanschluss gibt es ja nicht). Stattdessen wird im T-Modus die Belichtung mit einem Druck auf den Auslöser gestartet und mit einer zweiten Betätigung beendet.

Apropos Verschluss: Hierbei handelt es sich um eine Sparvariante, die nur einen "halben" mechanischen Verschluss bietet. Normalerweise wird der Sensor vom Verschluss verdunkelt, bevor der erste Verschlussvorhang den Sensor freigibt und der zweite diesen zum Ende der Belichtung wieder verschließt. Der GX800 fehlt der erste Verschlussvorhang, er erfolgt rein elektronisch. Das eliminiert zwar das sogenannte Shutter-Shock-Problem (Unschärfen im Bild durch die Erschütterung des ersten Verschlussvorhangs), sorgt allerdings für eine kürzeste (halb-) mechanische Verschlusszeit von lediglich 1/500 Sekunde und einer langen Blitzsynchronzeit von 1/60 Sekunde. Kürzere Belichtungszeiten (bis 1/16.000 Sekunde) erfolgen rein elektronisch, was zwar unhörbar ist, aber zum Rolling-Shutter-Effekt führt, der bei schnellen Motivbewegungen durch den zeilenweisen Verschlussablauf sichtbare Verzerrungen zur Folge haben kann.

Die relativ lange Blitzsynchronzeit von 1/60 Sekunde ist aber nicht das einzige Hemmnis beim Blitzen. Der integrierte Pop-Up-Blitz springt nicht besonders hoch auf, was bei voluminöseren Weitwinkelobjektiven zu Schattenwurf führen kann. Zudem bietet der Blitz lediglich eine Leitzahl von 4 bei ISO 100, ist also ziemlich leistungsschwach. Bei 1/60 Sekunde kann er beispielsweise bei heller Sonneneinstrahlung kaum zum Aufhellen gegenanblitzen. Zum Ausleuchten von Räumen reicht die Leistung ebenfalls nicht wirklich aus. Mangels Blitzschuh lässt sich kein externer Blitz anschließen, um die Probleme zu umgehen. Auch als Drahtlosauslöser im TTL-Betrieb kann der integrierte Blitz nicht verwendet werden. Immerhin bietet er aber eine Vorblitzfunktion zur Reduzierung des Rote-Augen-Effekts, eine Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang (blitzen am Ende statt am Anfang der Belichtung) sowie eine Blitzbelichtungskorrektur.

Wer HDR-Bilder lieber am PC mit Hilfe einer Software zusammen setzen möchte, findet eine mit bis zu sieben Bildern und einem EV Belichtungsabstand dafür sehr brauchbare Belichtungsreihenfunktion. Raw-Bilder kann die GX800 selbstverständlich ebenfalls speichern. Die Serienbildfunktion erreicht bis zu 5,5 Bilder pro Sekunde und hält bei JPEG für immerhin 56 Aufnahmen durch, in Raw lediglich für 19. Belichtung und Fokus werden dabei jedoch nicht nachgeführt, auch ein Livebild gibt es nicht mehr, stattdessen wird die jeweils letzte Aufnahme auf dem Bildschirm angezeigt. Nur bei langsamerer Bildfolge stehen Autofokus, Belichtungsnachführung und Live-View zur Verfügung. Eine ausgesprochene Sportskanone ist die GX800 also nicht. Sich deutlich langsamer verändernde Motive lassen sich übrigens mit der Intervallfunktion einfangen, auch die Erstellung eines Zeitrafferfilms ist möglich. Sehr nützlich sind zudem die 4K-Foto-Funktionen. Mit 8,3 Megapixeln Auflösung werden durchgehend 30 Serienbilder pro Sekunde aufgezeichnet, die allerdings durch die Videokompression eine etwas geringere Qualität als "richtige" Fotoaufnahmen gleicher Auflösung bieten. Der passende Moment in actionreichen Szenen lässt sich damit jedoch wunderbar einfangen. Die Post-Fokus- und Fokus-Stacking-Funktion sind zudem sinnvolle Erweiterungen für die praktische nachträgliche Auswahl der Schärfeebene oder Erweiterung ebendieser.

Fortsetzung auf Seite 2

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