Spiegelloser Vollformat-Foto-Video-Hybrid

Testbericht: Panasonic Lumix DC-S1

Inhaltsverzeichnis

  1. Ergonomie und Verarbeitung
  2. Ausstattung
  3. Bildqualität
  4. Fazit und Kurzbewertung
  5. Messwerte (Premium)
  6. Bewertungstabelle (Premium)
  7. Bewertungsdiagramme (Premium)
  8. Technische Daten
  9. Alternativen (Premium)
Seite 2 von 5, vom 2019-04-11 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Preislich gesehen siedelt Panasonic die Lumix DC-S1 deutlich über dem Einsteigersegment an, folglich sind keine Motivprogramme zu finden. Dennoch verzichtet Panasonic nicht auf die Vollautomatik "iA" mit Motiverkennung, Bewegungserkennung, Gesichtserkennung etc., so dass man die Kamera auch mal einem Laien in die Hand drücken kann, denn diese Automatik funktioniert gut und zuverlässig. Kreativer können Fotografen allerdings in den klassischen Aufnahmeprogrammen Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik oder im manuellen Modus werden. Auch die ISO-Empfindlichkeit lässt sich in jedem dieser Programme wahlweise manuell oder automatisch regeln, letzteres im manuellen Belichtungsprogramm auch in Kombination der von -5 bis +5 EV reichenden Belichtungskorrektur.

Zwar verfügt die S1 nicht über ein integriertes Blitzlicht, aber ein TTL-Systemblitzschuh mit Standard-Mittenkontakt ist selbstverständlich vorhanden und nimmt die zu den etablierten Micro Four Thirds Kameras (Panasonic Lumix G oder Olympus) kompatiblen Blitzgeräte auf. Auch eine Drahtlossteuerung ist mit entsprechendem Blitz auf der Kamera problemlos möglich, im Menü sind alle erdenklichen Blitzeinstellungen vorhanden. Die kürzeste Synchronzeit beträgt immerhin 1/320 Sekunde, nicht schlecht für einen mechanischen Schlitzverschluss.

Apropos Verschluss: Dieser arbeitet elektromechanisch und ist sehr robust und leise. Bis zu 1/8.000 Sekunde kurze Verschlusszeiten sind möglich, 400.000 Auslösungen soll er mindestens aushalten. Wer möchte, kann aber auch einen elektronischen ersten Verschlussvorhang für noch weniger Vibrationen oder einen rein elektronischen Verschluss aktivieren. Dieser arbeitet zwar nicht gänzlich ohne Rolling-Shutter-Effekt, aber bei den meisten Motiven fällt er so gering aus, dass man ihn praktisch nicht sieht. Rein elektronisch sind zudem 1/16.000 Sekunde kurze Belichtungen möglich.

Für die Bildstabilisierung sorgt bei Panasonic das von Micro Four Thirds bekannte Dual-IS-System. Einerseits ist der Bildsensor beweglich gelagert und korrigiert Verwackelungen auf fünf Achsen: kippen und schwenken jeweils horizontal und vertikal und Rotationen als fünfte Achse. Damit sind bis zu 5,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten verwackelungsfrei möglich, behauptet Panasonic. Der Bildstabilisator arbeitet zusätzlich mit dem optischen Bildstabilisator des Objektivs zusammen, sofern dieses einen besitzt, und soll damit bis zu sechs Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. In der Praxis konnten wir fünf Blendenstufen gut aus der Hand halten, bei sechs Stufen waren bei 105 mm Brennweite jedoch leichte Verwackelungen sichtbar, jedenfalls bei relativ kurzer Aufnahmeentfernung. Eine gute Hilfe ist die einblendbare Indikatoranzeige für den Bildstabilisator. Zwei rote Kreise symbolisieren den Bereich der Verwackelungskorrektur, während ein wandernder grüner Punkt darin anzeigt, wie weit der Stabilisator aktuell eine Bewegung ausgeglichen hat. So kann man sehr gut abschätzen, wie gut der Stabilisator in der aktuellen Aufnahmesituation arbeitet.

Wie effektiv der Bildstabilisator ist, zeigt die Bildkomposition. Sobald man den Auslöser halb drückt, wirkt das Sucherbild wie festgenagelt. Wer gerne nach dem Fokussieren den Bildausschnitt nochmal minimal korrigieren möchte, hat dabei keine Chance, da sich der Bildausschnitt erst bei deutlicheren Abweichungen anpasst. Übrigens erkennt der Bildstabilisator auf Wunsch automatisch Mitzieher und korrigiert dann die Schwenkrichtung nicht, damit der Mitzieheffekt wie gewünscht funktioniert.

Wem Fotoaufnahmen mit den 24 Megapixeln Auflösung des S1-Sensors nicht reichen, der kann den High-Resolution-Modus aktivieren, der vom Stativ aus mittels Sensorshift acht leicht verschobene Fotos aufnimmt und zu einem wesentlich höher auflösenden Foto verrechnet. Die S1 erreicht dadurch 96 Megapixel Auflösung (12.000 x 8.000 Pixel). Gespeichert werden die Aufnahmen im Raw-Format, wobei es zwei Modi gibt: Einen für statische Motive und einen für bewegte Motive, bei denen die Kamera die Bewegungsunschärfe so gut wie möglich ausgleicht, um ein scharfes Foto zu erhalten. Dabei kann es vorkommen, dass partielle Bereiche sozusagen etwas geringer auflösen als die drumherum, wo es keine Bewegungen gab. Mit diesem Modus sind zudem auch Freihandaufnahmen möglich.

Maßstäbe setzt Panasonic zudem mit seinem DFD-Autofokussystem, das rein kontrastbasiert arbeitet. Dabei wird der Sensor 480 mal in der Sekunde ausgelesen und genauso häufig mit dem Objektiv kommuniziert. Anhand zweier unterschiedlich fokussierter Bilder errechnet der DFD-Autofokus mit Hilfe der Objektivcharakteristik, wo die Schärfeebene liegen sollte und kann diese blitzschnell anfahren. So wird das Prinzip eines Phasenautofokus quasi nachgeahmt, denn auch der erkennt, wie weit der Fokus ungefähr verstellt werden muss. Die Feinjustage übernimmt dann der Kontrastautofokus, und das laut Panasonic übrigens auch bei bis zu -6 EV, sofern ein F1,4 lichtstarkes Objektiv verwendet wird. Beim von uns beim Test verwendeten 24-105 mm mit seiner durchgehenden Öffnung von F4 müsste der Autofokus demnach bei -3 EV noch arbeiten.

Im AF-S-Modus schlägt die Lumix S1 laut unserer Messung alle anderen Vollformatkameras um Längen beziehungsweise locker den Faktor zwei bis drei, was die Fokus- und Auslösegeschwindigkeit angeht. Ohne Phasen-AF-Sensoren löst die Panasonic S1 mit dem 24-105 mm innerhalb von 0,11 bis 0,15 Sekunden aus, wenn man von unendlich auf zwei Meter fokussiert. Ohne Fokussierung beträgt die Auslöseverzögerung lediglich 0,05 bis 0,07 Sekunden, ebenfalls gute, aber durchaus nicht rekordverdächtige Werte. Zieht man diese von der Auslöseverzögerung mit Autofokus ab, so kommt man auf Fokuszeiten von 0,04 bis 0,1 Sekunden.

Der Autofokus nutzt dabei nicht nur Stumpf die vorgegebenen 225 beziehungsweise das ausgewählte Fokusfeld, das man in der Größe, im Cluster etc. variieren kann, sondern er erkennt auch Gesichter, Augen und sogar Körper. Ihm reicht schon der Umriss eines Menschen (oder Tieres), um diesen als solchen zu erkennen und darauf zu fokussieren. Allerdings büßt der Autofokus deutlich an Leistung ein, wenn man Serienbilder aufnehmen möchte. Das Verfolgen von Motiven fällt dem kontrastbasierten DFD-Autofokus deutlich schwerer als Phasen-AF-Systemen. Das merkt man allein schon daran, dass die Serienbildgeschwindigkeit mit AF-C von neun auf fünf Bilder pro Sekunde fällt.

Was der AF-C hingegen besser beherrscht, ist die Tracking-Funktion. Einmal auf ein Motivdetail eingeschossen hält der Autofokus dieses fest und wechselt munter über die Fokusfelder, je nachdem, wohin sich das Motiv bewegt. Auch hier hilft ihr die Körpererkennung, um Tiere besser im Fokus halten zu können, denn bestimmte Tiere wie etwa Katzen, Hunde oder Vögel kennt die Kamera so gut, dass sie typische Bewegungen vorausahnt und der Fokus entsprechend reagiert. Wenn die Kamera übrigens mehrere Gesichter oder Körper erkennt, kann man schnell mit dem Fokus-Joystick zwischen diesen wechseln.

Trotz des schnellen Autofokus ist die Lumix DC-S1 also keine Sportskanone, was sich auch in der Serienbildgeschwindigkeit zeigt. Maximal neun Bilder pro Sekunde sind möglich, da können andere 24-Megapixel-Kameras mehr. Immerhin kann man in JPEG bei Einsatz einer schnellen XQD-Speicherkarte 1.000 Serienbilder am Stück mit dieser Geschwindigkeit aufnehmen – das wiederum macht der Panasonic so schnell keiner nach. Im Raw-Format reicht der Puffer bei Einsatz einer schnellen Speicherkarte immerhin 135 Bilder weit. Mit schneller SD-Karte sinkt dieser Wert übrigens auf 98 Bilder. Wer also auf das letzte Quäntchen Geschwindigkeit beim Speichern angewiesen ist, nutzt eine XQD-Speicherkarte, mit der wir 157 MB/s erreichten. Das ist kein Rekord, aber ein guter Wert. Ansonsten hat man mit schneller SD-Karte keinerlei Nachteile oder Funktionseinschränkungen, die von uns gemessenen 113 MB/s reichen für alle Foto- und Videoanwendungen aus. Selbst hier ist der volle Puffer in unter 20 Sekunden auf die Speicherkarte geleert, wobei die Kamera jedoch jederzeit voll bedienbar bleibt.

Wem die neun Serienbilder pro Sekunde nicht reichen, der kann die 4K- und 6K-Foto-Funktionen nutzen. In 4K nimmt die Kamera 8,3 Megapixel auflösende Videos zwecks Foto-Extraktion bei wählbaren Seitenverhältnissen zwischen 1:1 und 16:9 ohne Auflösungsverlust bei 60 Bildern pro Sekunde auf. In 6K steigt die Auflösung sogar auf 18 Megapixel, dafür sinkt die Bildrate auf 30 Bilder pro Sekunde. Beachten sollte man, dass ein aus einem Video extrahiertes Standbild nicht die gewohnte Qualität erreicht, sondern gewisse Kompressionsverluste in Kauf genommen werden müssen. Mit der 4K/6K-Fotofunktion lassen sich Fotos bereits vor dem Drücken des Auslösers aufnehmen, oder man startet und stoppt die Aufnahme jeweils mit einem Druck auf den Auslöser. Im Wiedergabemodus kann man sich dann die Standbilder ansehen und einzelne extrahieren. Bei schnellen oder plötzlichen Bewegungsabläufen wird es damit zum Kinderspiel, den richtigen Moment zu erwischen.

Doch die 4K/6K-Fotofunktion kann noch mehr. So lässt sich beispielsweise der Schärfebereich eines Motivs durchfahren, um hinterher im Wiedergabemodus den Fokuspunkt noch verschieben zu können. Auch ein Stacking der Aufnahmen ist möglich, um den Schärfebereich zu erweitern. Für qualitätsbewusste Fotografen dürfte indes die Fokus-Bracketing-Funktion deutlich attraktiver sein. Sie arbeitet mit voller Auflösung und feinsten Fokusschritten, die Aufnahmen muss man allerdings hinterher selbst am PC mit einer passenden Software zusammenrechnen.

Selbstverständlich beherrscht die S1 neben Fokus-Bracketing auch andere Aufnahmereihen, etwa Weißabgleichsreihen, Blendereihen oder aber klassische Belichtungsreihen. Diese sind mit wahlweise drei, fünf oder sieben Belichtungen mit 1/3, 2/3 oder 1 EV Belichtungsabstand möglich. Eine HDR-Funktion scheint die Lumix hingegen auf den ersten Blick nicht zu bieten, auf den zweiten hingegen schon. Sie beherrscht als eine der ganze wenigen Kameras den HLG-Fotomodus. HLG steht für Hybrid-Log-Gamma und ist das HDR-Format moderner 4K-Fernseher. Mit diesem Modus aufgenommene HDR-Bilder lassen sich also direkt auf einem solchen Fernsehgerät als HDR-Bild wiedergeben.

Videoaufnahmen beherrscht die S1 maximal in 4K-Auflösung bei bis zu 60 Bildern pro Sekunde. Wer den dabei erfolgenden 1,5-fachen Crop mit dem entsprechenden Bildwinkelverlust nicht möchte, muss sich mit 30p begnügen, denn dann nutzt die S1 die komplette Sensorbreite und liest den gesamten Sensor aus. 4:2:0 8 bit kann die S1 direkt auf die Speicherkarte aufnehmen, über den HDMI-A-Anschluss sind sogar 4:2:2 in 8 bit möglich. Ein späterer, kostenpflichtiger Softwareschlüssel soll zudem 4:2:2 10 bit 60p über HDMI und 4:2:2 10 bit 24p/25p/30p intern auf die Speicherkarte sowie V-Log-L freischalten.

Des Weiteren besteht bei bis zu 30 Bildern pro Sekunde keine Aufnahmedauer-Begrenzung, während 60p-Videos für maximal knapp 30 Minuten am Stück aufgenommen werden können. In Full-HD bietet die S1 sogar Bildraten von bis zu 180p für 15 Minuten am Stück. Verschiedene Gammakurven erlauben eine Anpassung der Tonwerte, ein Flat-Modus zur besseren Nachbearbeitung ist ebenfalls dabei. HDR-Videos nach HLG-Standard lassen sich aber auch aufnehmen und direkt auf passenden 4K-Fernsehern wiedergeben.

Zwar können dank der Videoaufnahmetaste jederzeit Videoaufnahmen gestartet werden, um aber das volle Potential mit allen Einstellmöglichkeiten ausschöpfen zu können, sollte man das Programmwählrad auf den Videomodus stellen. Bei Videoaufnahmen ist, sofern nicht deaktiviert, stets der optische Bildstabilisator aktiv, der sich für eine noch bessere Effektivität um einen digitalen Stabilisator ergänzen lässt. Dank des Mikrofon-Eingangs ist es auch kein Problem, ordentlichen Stereoton aufzuzeichnen, falls einem die internen Mikrofone nicht reichen. Dank des Kopfhörerausgangs kann man diesen Ton auch vernünftig kontrollieren, denn dazu taugt der interne Lautsprecher definitiv nicht. Der Mikrofon-Eingang bietet wahlweise eine Phantomspeisung für aktive Mikrofone, lässt sich aber auch auf einen Line-In-Betrieb umschalten. Als Zubehör bietet Panasonic zudem einen XLR-Adapter (DMW-XLR1) für den Blitzschuh an.

Im Wiedergabemodus gibt es zwar keine großen Bildbearbeitungsmöglichkeiten wie etwa eine Rote-Augen-Retusche oder Filtereffekte, Raw-Aufnahmen lassen sich aber sehr wohl zu JPEG-Aufnahmen konvertieren, wobei einige Einstellungen angepasst werden können. Neben einer Schutzfunktion bietet die Panasonic zudem eine Bildbewertungsfunktion. Beim Löschen von Aufnahmen können nicht nur geschützte, sondern auch bewertete Fotos ausgenommen werden. Sehr verspielt für eine Kamera für ambitionierte Anwender und Profis ist die Diashow-Funktion, die mit Musik- und Überblendeffekten daherkommt wie bei einer Kompaktkamera.

Sehr leistungsfähig zeigen sich zudem die Drahtlosfunktionen. Das eingebaute WLAN funkt nicht nur auf 2,4, sondern auch auf 5 GHz. Das reduziert zwar die Reichweite, erhöht dafür aber den Datendurchsatz. Dabei verbindet sich die S1 nicht nur mit Smartphones und Tablets, sondern auch mit WLAN-Hot-Spots und daran angeschlossenen Rechnern, so dass man seine Bilder auch drahtlos sichern kann. Dank Bluetooth lässt sich zudem energiesparend eine dauerhafte Verbindung zum Smartphone herstellen, wobei die S1 die Standortdaten des Smartphones anzapft und direkt in die aufgenommenen Fotos speichert. Aber auch umfangreiche Fernsteuermöglichkeiten inklusive Livebildübertragung bietet die Smartphone-App. Selbstverständlich lässt sich die Lumix S1 aber auch per Kabel von einem PC aus fernsteuern.

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