2015-09-01 Die Panasonic Lumix DMC-G70 ist das lang erwartete Nachfolgemodell der über zwei Jahre alten G6. Während die Lumix hierzulande sowie in Österreich und der Schweiz als G70 verkauft wird, was übrigens nur auf dem Typschild unter der Kamera zu lesen ist, läuft sie international unter dem Namen G7. Mit der G70 kommt bei Panasonic erstmals die 4K-Videofunktion in die Hobbyklasse. Der japanische Hersteller belässt es aber nicht bei einer reinen Videofunktion, sondern bietet auch eine schnelle 4K-Serienbildfunktion. Was die G70 insgesamt leistet, verrät der Test. (Benjamin Kirchheim)
Das Gehäuse der Panasonic Lumix DMC-G70 wirkt kantig, der abgerundete, ausgeprägte, gummierte Handgriff sorgt aber für eine gute Ergonomie. [Foto: MediaNord]
Der rückwärtige Touchscreen lässt sich schwenken und drehen. Außerdem ist die Panasonic Lumix DMC-G70 mit einem großen und hochauflösenden elektronischen Sucher ausgestattet, der sich automatisch aktiviert. [Foto: MediaNord]
Gleich vier Drehräder und fünf Funktionstasten erlauben eine sehr direkte und individualisierbare Bedienung der Panasonic Lumix DMC-G70. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung
Kantiger ist sie geworden, die neue G70. Dennoch liegt sie, den nötigen Rundungen an den entscheidenden Stellen sei Dank, gut in der Hand. Der ausgeprägte und großzügig gummierte Handgriff gibt einen sicheren Halt. Die beiden Drehräder und der Auslöser liegen goldrichtig, um ergonomisch bedient werden zu können. Das Gehäuse besteht aus Kunststoff, der nicht gerade eine hohe Wertigkeit vermittelt, an der Verarbeitung gibt es aber nichts auszusetzen. Der große 8,7-Wh-Akku wird wie die Speicherkarte an der Kameraunterseite eingelegt. 360 Aufnahmen sind mit einer Akkuladung nach CIPA-Standardmessverfahren möglich. Das ist kein Rekord, aber doch ordentlich. Das SD-Speicherkartenfach nimmt nun auch SDXC-UHS-II-Karten auf und speichert damit die großen Datenmengen der Serienbildfunktion, der 4K-Videofunktion sowie der 4K-Serienbilder flott weg. Zwar liegt das Metallstativgewinde in der optischen Achse, die kompakte Kamera erlaubt aber nicht viel Abstand zum Akku- und Speicherkartenfach, sodass dieses auf dem Stativ gerne mal blockiert wird.
Neben den Drehrädern sind vor allem auf der Rück- aber auch Oberseite viele Tasten über das Kameragehäuse verteilt, die teilweise recht klein und gerade noch bedienbar ausfallen. Immerhin fünf der Tasten lassen sich programmieren, was neben dem Quick-Menü für einen schnellen Zugriff auf bevorzugte Funktionen sorgt. Die Menüs hingegen beinhalten bis zu neun Seiten lange Scrolllisten, was die Suche nach selten verwendeten Funktionen und Einstellungen nicht gerade erleichtert.
Der rückwärtige Touchscreen bietet eine feine Auflösung und lässt sich dank des Schwenk- und Drehmechanismus' aus praktisch allen Richtungen ablesen – ideal für Aufnahmen aus allen möglichen und unmöglichen Perspektiven. Der Sucher hingegen ist fest verbaut. Der Blick hinein überrascht: Der EVF ist groß, hell, kontrastreich und bietet ein brillantes Bild. Mit 0,7-facher Vergrößerung liegt er schon fast auf Vollformat-Niveau, die meisten APS-C-DSLRs bieten im Vergleich dazu kleine Gucklöcher. Dank Näherungssensor aktiviert sich der Sucher automatisch und bietet, wie auch der Monitor, eine Fülle an Aufnahmeinformationen vom Livehistrogramm über Aufnahmeeinstellungen bis hin zu einer Wasserwaage und verschiedenen Hilfslinienmustern. Brillenträger allerdings werden sich an der recht geringen Austrittspupille von weniger als 18 Millimetern stören, denn die Ecken schatten ab. Immerhin gibt es eine großzügige Dioptrienkorrektur.
Ausstattung
Das große Programmwählrad lässt weder bei Einsteigern noch bei ambitionierten Hobbyfotografen Wünsche übrig. So stellt die Panasonic im Modus iAuto alle Funktionen selbst ein und wählt sogar das passende Motivprogramm. Dennoch ist beispielsweise eine Belichtungskorrektur möglich. Wer mag, wählt sich das zum Motiv passende Aufnahmeprogramm selbst aus, auch digitale Filtereffekte und eine Panoramafunktion werden geboten. Experimentierfreudigere Fotografen toben sich in den Kreativprogrammen P, A, S und M aus, wo sämtliche Fotoparameter anpassbar sind. Sogar an eine ISO-Automatik bei manueller Vorgabe von Blende und Belichtungszeit hat Panasonic gedacht, dabei jedoch die Belichtungskorrektur vergessen. Zudem erlaubt die Lumix die Speicherung von drei Aufnahmevoreinstellungen, die über das Programmwählrad abgerufen werden können.
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Während die Videoaufnahmetaste auf der Oberseite der G70 jederzeit eine Filmaufnahme startet, erlaubt der manuelle Videomodus nach Einstellung auf dem Programmwähler weitreichendere Videoaufnahmeeinstellungen bis hin zur manuellen Belichtung. Im Gegensatz zur GH4, die für eine 4K-Videoaufnahme erst auf den Videomodus umgeschaltet werden musste, nimmt die G70 mit Hilfe der Videoaufnahmetaste in jedem Modus 4K-Videos auf, wenn diese Auflösung eingestellt ist. Allerdings beschränkt sich beim europäischen Modell die maximale Bildwiederholrate auf 25 fps. Mehr gibt es nur in Full-HD, wo besonders flüssige 50 fps möglich sind. Des Weiteren werden im 4K-Videomodus die Sensorpixel 1:1 ausgelesen, was gegenüber der Full-HD-Videoaufnahme, bei der die Pixel zusammengerechnet werden, einen kräftigeren Bildbeschnitt bedeutet. Gespeichert werden 4K-Videos im MP4-Format, bei Full-HD steht zusätzlich AVCHD zur Auswahl. Auch VGA- und HD-Auflösung gibt es nur als MP4.
Die 4K-Videoqualität ist atemberaubend, besonders wenn ein entsprechend großer 4K-Flachbildfernseher für die Wiedergabe verwendet wird. Jedes einzelne Haar ist deutlich zu sehen. Auch auf Full-HD-Bildschirmen betrachtet bieten 4K-Videos eine höhere Schärfe. Allerdings werden auch Fokusfehler deutlicher sichtbar als bei Full-HD, zumal man leichte Fokusfehler erst später am großen 4K-TV entdeckt, nicht jedoch auf dem kleinen Kameradisplay. Der AF-C macht eigentlich einen guten Job und stellt schnell scharf, bei einer statischen Aufnahme mit wenig Bewegung im Vordergrund neigt er aber gerne mal dazu, beispielsweise auf Baumkronen im Hintergrund scharf zu stellen. Bei solchen Motiven sollte man im Videomodus besser auf den AF-S zurückgreifen. Im Zweifel lässt sich zudem der Fokus per Touchscreen auf ein Motivdetail legen.
Apropos Autofokus: Dieser ist wirklich rasend schnell. In 0,15 Sekunden oder weniger stellt die Lumix G70 scharf und löst aus, da kommt keine DSLR mehr mit. Bedenkt man, dass die reine Auslöseverzögerung einen Anteil von 0,06 Sekunden daran hat, der Autofokus also in weniger als 0,1 Sekunden scharf stellt, ist dies umso beeindruckender.
Auch Fotografen profitieren von der 4K-Funktion. In voller Auflösung von 16 Megapixeln erreicht die G70 schon stattliche acht Serienbilder pro Sekunde, in 4K sind es aber sogar 30 fps – und das auf Wunsch bis die Speicherkarte voll ist! Größtes Manko: Auch hier gibt es einen Bildbeschnitt, weil wie bei der 4K-Videofunktion die Sensorpixel 1:1 genutzt werden. Dabei ist es jedoch egal, ob man 1:1, 4:3, 3:2 oder 16:9 als Aufnahmeformat wählt: Immer werden rund 8,3 Megapixel ausgelesen und gespeichert, bei 1:1 eben etwas höher und schmaler, bei 16:9 etwas niedriger und breiter. Die 4K-Fotofunktion hat allerdings noch einen kleinen Haken: Auf der Speicherkarte wird jede Sequenz als MP4-Datei zusammengefasst. In der Kamera können aber einzelne Bilder davon als JPG gespeichert werden. Dasselbe ist auch mit entsprechender PC-Software kein Problem.
Um die 4K-Serienbildfunktion sinnvoll nutzen zu können, gibt es außerdem zwei spezielle Modi: Bei Start-Stopp muss der Auslöser zum Starten einmal und zum Stoppen ein zweites Mal betätigt werden, muss also nicht die ganze Zeit gedrückt gehalten werden. Im Pre-Burst-Modus werden bei einmaliger Betätigung des Auslösers 60 Bilder aufgenommen, die ersten 30 davon bereits vor dem Auslösen. So braucht man nur im richtigen Moment kurz auf den Auslöser zu drücken und fängt dabei den passenden Moment ein, selbst wenn man ein paar Millisekunden zu spät ausgelöst hat. Die Aufnahme erfolgt übrigens mit dem lautlosen elektronischen Verschluss, der bis zu 1/16.000 kurze Belichtungszeiten erlaubt. Dieser lässt sich auch für normale Fotos anstatt des hörbaren bis zu 1/4.000 Sekunde schnellen mechanischen Schlitzverschlusses aktivieren.
Der kleine Bordblitz klappt nur bei Betätigung des entsprechenden, rein mechanischen Schalters auf und bietet nur im aufgeklappten Zustand eine Automatikfunktion. Nicht einmal einen Hinweis der Belichtungsautomatik, dass ein Aufklappen des Blitzes sinnvoll wäre, gibt es. Mit der Möglichkeit, am Anfang oder am Ende der Belichtung zu blitzen, einer Blitzbelichtungskorrektur, einem Vorblitz zur Reduktion roter Augen sowie einer manuellen Blitzleistungswahl bleiben eigentlich keine Wünsche offen. Selbst eine Drahtlosblitzsteuerung mit dem Bordblitz als Steuergerät bietet die Panasonic an. Das Drahtlosblitzen ist sogar, wie die Objektive, zu Olympus kompatibel. Einzig die Blitzsynchronzeit von 1/160 Sekunde ist etwas lang. Mit dem elektronischen Verschluss lässt sich der Blitz leider nicht kombinieren.
Das Kunststoffgehäuse der Panasonic Lumix DMC-G70 wirkt etwas billig, ist aber dennoch präzise verarbeitet. [Foto: MediaNord]
Das Metallstativgewinde der Panasonic Lumix DMC-G70 sitzt ordnungsgemäß in der optischen Achse. Angesichts der schmalen Kamera wird das Akku- und Speicherkartenfach bei Stativverwendung aber leicht blockiert. [Foto: MediaNord]
Hinter der kleinen Klappe verbergen sich bei der Panasonic Lumix DMC-G70 gleich drei Anschlüsse: Kabelfernbedienung, USB/AV-Kombibuchse und eine Micro-HDMI-Schnittstelle. [Foto: MediaNord]
Des Weiteren bietet die G70 zahlreiche nützliche und teilweise spezielle Funktionen. Neben den obligatorischen Belichtungsreihen gehört eine HDR-Funktion dazu, auch Zeitraffer- beziehungsweise Intervallaufnahmen und Mehrfachbelichtungen beherrscht die kleine Systemkamera. Im Wiedergabemodus können beispielsweise Rohdatenaufnahmen nachträglich zu JPEG-Bildern entwickelt werden, wobei sich zahlreiche Parameter, etwa der Weißabgleich, die Belichtung oder die Rauschunterdrückung, anpassen lassen. Auch WLAN beherrscht die Lumix, allerdings ohne NFC. Die passende App gibt es für iOS und Android. Dank des QR-Codes auf dem Kameradisplay lässt sich die Verbindung auch ohne NFC einfach herstellen. Neben der Übertragung von Bildern auf das Mobilgerät kann die G70 auch über die App inklusive Livebildübertragung und zahlreichen Steuerfunktionen fernausgelöst werden. Des Weiteren lässt sich das GPS des Smartphones verwenden, die Ortsaufnahmedaten werden auf die Fotos in der Kamera übertragen.