Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Panasonic Lumix DMC-GF2
2011-05-20 Die Zahl der spiegellosen Systemkameras nimmt stetig zu, viele Hersteller dieses Kameratyps bringen mittlerweile ihre Modelle in zweiter und dritter Generation heraus. Gute Voraussetzungen also, Kinderkrankheiten dieses Kamertyps auszumerzen und konzeptionelle Verbesserungen in die neuen Modelle einzubringen. Diese oft als EVIL (Electronic Viewfinder Interchangeable Lens) bezeichnete Kameragattung ist allerdings gar nicht so übel wie die Abkürzung vermuten lässt. So erfreuen sich die Spiegellosen wachsender Beliebtheit und machen klassischen DSLRs mächtig Konkurrenz. Mit welchen Neuerungen und Verbesserungen die Lumix DMC-GF2 im Markt antritt, klärt dieser Test. (Stefan Meißner)
Ergonomie und Verarbeitung Das Gehäuse der Lumix GF2 wirkt eher wie das einer etwas größere Kompaktkamera. Erst mit angesetztem Objektiv wird deutlich, dass es sich hier nicht um ein Jackentaschengerät handelt. Mit einem Gewicht von nur 320 g für das Gehäuse und aufnahmebereit (mit dem getesteten 14 bis 42 mm Zoom) nicht einmal einem Pfund, zählt sie sicherlich zu den leichtesten und kompaktesten Systemkameras überhaupt. Und bei vier Farben die zur Wahl stehen, von Profi-Schwarz über Knallrot oder Silber bis zu elegantem Weiß ist sicherlich für jeden etwas passendes dabei. Wir haben sie in der schwarzen Variante getestet, was den soliden Eindruck durchaus unterstützt.
Das gut verarbeitete Leichtmetallgehäuse wirkt zierlich und ist besonders für große Hände ziemlich klein. Bei einhändiger Bedienung klemmt die Kamera wegen des schlanken Gehäuses nicht gerade sicher zwischen drei Fingern und dem Daumen. Verbessert wird der Halt von einer kleinen Griffwulst an der Front, während der Daumen in einer angedeuteten Mulde unterhalb des Einstellrädchens liegt. Einige der Knöpfe auf der Kamerarückseite geraten dabei in Gefahr, vom Handballen gedrückt zu werden. Eine Einhand-Kamera ist diese Lumix also trotz ihrer Größe nicht. Aber das tut der Ergonomie natürlich keinen Abbruch, da das Zoomobjektiv ohnehin mit der linken Hand bedient werden muss. Immerhin handelt es sich bei der GF2 um eine Systemkamera, was man bei deren Kompaktheit schnell vergisst. Wegen der SLR-typischen Haltung ist der Fotograf zunächst versucht, die Kamera ans Auge zu nehmen. Das scheitert aber daran, dass die GF2 keinen Sucher hat. Der muss gegen gutes Geld als Zubehör erworben werden. Zum Glück ist es derselbe Sucher wie bei der GF1 und LX5, so dass er hier problemlos übernommen werden kann.
Hat man sich erst einmal an die kleine Kamera gewöhnt, verwendet man gerne das erstklassige Display zur Motivwahl. Mit 7,6 Zentimeter (3 Zoll) und 460.000 Bildpunkten ist es sehr detailreich und brillant. Es ist fest verbaut aber auch aus sehr flachem Winkel gut einzusehen. Trotz der automatischen Anpassung des Displays stören bei hellem Umgebungslicht und schrägem Einblick aber Spiegelungen geringfügig die Übersicht.
Auf der Oberseite befindet sich der Zubehörschuh, in den alternativ zum Blitzgerät auch der externe Sucher eingesteckt werden kann. Der Hauptschalter ist ein kleiner Schieber, der deutlich rastend gegen versehentliches Einschalten gesichert ist. Über dem Hauptschalter befinden sich die Öffnungen des Stereomikrofons, der Auslöser für Fotos und direkt daneben etwas abgesenkt der Auslöser für Videoaufnahmen. Um zwischen Foto- und Videomodus zu wechseln, muss also nicht umständlich am Moduswähler gedreht oder gar im Menü gewühlt werden. Der übliche Moduswähler fehlt sogar vollständig, es gibt lediglich einen Taster, der die "intelligente Automatik" nach Bedarf hinzu schaltet. Auf der Rückseite, die fast vollständig vom Display bedeckt wird, befindet sich in Reichweite des Daumens eine Vier-Wege-Wippe mit dem Taster für das Menü, ein Taster für das Quick-Menü und einer für die Wiedergabe aufgenommener Bilder und Videos. Außerdem ermöglicht ein zierliches Daumenrad das schnelle Verstellen der Zeit-Blenden-Kombination. Sehr gut gefallen hat uns eine etwas versteckte Funktion des Rädchens: Bei Druck wechselt es je nach Betriebsart der Kamera zur Belichtungskorrektur. Im manuellen Betrieb kann zwischen Blenden- und Zeiteinstellung gewechselt werden. Eine Spur größer und griffiger wäre es perfekt.
Auf der gegenüberliegenden Seite kann mit einem mechanischen Schalter das winzige Blitzgerät ausgeklappt werden. Mit Hilfe einer filigranen Gelenktechnik erhebt es sich rund 5,5 cm über die optische Achse, was für die Ausleuchtung vorteilhaft ist. Die Unterseite hält wenig Überraschendes bereit: Das Stativgewinde ist wie es sich gehört aus Metall und in der optischen Achse angebracht. Die Klappe für Akku- und Speicherkartenfach lässt sich mit angesetzter Schnellwechselplatte nicht öffnen. Allerdings ist das bei dieser Gehäusegröße kaum anders zu lösen. Richtig billig wirkt die Klappe für die HDMI- sowie die kombinierte AV/USB-Buchse, die lediglich mit winzigen Kunststofflaschen am Gehäuse klemmt. Das Bajonett wiederum macht einen soliden Eindruck und der Entsperrknopf an der Kamerafront lässt sich gut auch blind bedienen.
Bis hierher macht die GF2 ihrer Vorgängerin keine Konkurrenz, das Konzept ist identisch, die Verarbeitung auf gleichem Niveau. Der Unterschied liegt in dem nun verbauten berührungsempfindlichen Bildschirm. Per Fingertipp kann die Kamera direkt gesteuert und konfiguriert werden. Mit etwas Übung gelingt das nach kurzer Zeit ganz gut und zur Not kann man immer noch mit Hilfe einiger Tasten eingreifen. Das Blättern in den aufgenommen Fotos gelingt besonders bequem durch Wischen über den Bildschirm, aus- und einzommen kann man aber einfacher mit dem Daumenrädchen. Genau so leicht wird das AF-Feld mit dem Finger auf das zu fokussierende Objekt verschoben, wobei sogar per Fingertipp ausgelöst werden kann. Menüeinträge lassen sich aber nur mit den Tipptasten auswählen. Der Clou an der Bedienung ist die Kombination beider Methoden.
Dank des Touchscreens konnte Panasonic den Moduswähler einsparen. Tippt man auf das Symbol der aktuellen Betriebsart, erscheinen die Symbole für alle Modi. Die zur jeweils eingestellten Betriebsart passenden Parameter sind ebenfalls direkt auf dem Monitor einstellbar. Auch verschiedene Anzeigen wie Histogramm, Gitternetz, Dateiinformation oder Überbelichtungswarnung können durch Tippen auf eine virtuelle Bildschirmtaste nacheinander ein- und umgeschaltet werden. Kräftige Männerfinger haben zuweilen dennoch leichte Schwierigkeiten, punktgenau zu treffen. Das hat wohl auch Panasonic erkannt und deshalb einen kleinen Kunststoffstift mitgeliefert. Der verbessert die Bedienung, ist aber nicht immer zur Hand, so dass letztendlich doch der Finger zum Einsatz kommen muss.
Die schon von der GF1 bekannte pfiffige Taste für "intelligente Automatik", mit der aus jeder Betriebsart zur Vollautomatik umgeschaltet werden kann ohne das Menü bemühen zu müssen, ist erhalten geblieben. Und auch die "Quick-Menü"-Taste kann weiterhin individuell belegt werden. Für Panasonic-Novizen sind allerdings einige der Symbole nur nach Studium der Handbuch-PDF verständlich, das sprachlich leider streckenweise wie vom Computer übersetzt wirkt.
Den guten Eindruck des Kameragehäuses kann das getestete Kit-Objektiv Lumix G Vario 1:3,5-5,6/14-42 mm hingegen leider nicht fortsetzen. Das Kunstoffbajonet könnte man noch akzeptieren wenn der haptische Gesamteindruck nicht ganz so mäßig wäre. Wirklich störend aber ist der hakelige Schneckentrieb des Zoomrings. Damit ist bei Videoaufnahmen kaum ruckelfreies Zoomen möglich. In diesem Zusammenhang ist sicherlich interessant, dass Panasonic einen Adapterring für Leica-Objektive anbietet.
Ausstattung Wie es sich für eine Systemkamera gehört, ist die Lumix DMC-GF2 mit so ziemlich allem ausgestattet, was das Fotografenherz begehrt. Alle üblichen Automatiken bis hin zur vollständig manuellen Kontrolle sind selbstverständlich an Bord. Aber auch vollautomatische Szenenerkennung, individuelle Farbeinstellungen und eine Funktion, die Panasonic "intelligente Automatik" nennt, wird der Einsteiger sehr schätzen. Wenn der Fotograf es will, analysiert die Kamera das Motiv und wählt alle Parameter entsprechend aus. Dabei sorgt der "intelligente Kontrast" für gute Durchzeichnung gerade bei kontrastreichen Motiven. Der GF2-Besitzer muss sich also um nichts kümmern, kann es aber sehr weitgehend. So kann in jedem Aufnahmemodus durch Druck auf das kleine Daumenrädchen eine Belichtungskorrektur vorgenommen werden. Sehr angenehm ist auch, dass mit der iA-Taste zum Beispiel vom manuellem Betrieb in die Vollautomatik geschaltet werden kann und auch wieder zurück. Was Vollautomatik-Verwöhnte allerdings stört ist, dass der Blitz immer von Hand zugeschaltet werden muss. Der Blitz ist dann aber in kurzer Zeit bereit und bietet die meisten gängigen Funktionen wie Vorblitz gegen rote Augen, Aufhellblitz und Langzeitsynchronisation, um vorhandenes Raumlicht stimmungsvoll mit auf das Bild zu bannen. Mit der Ausleuchtung kann der Fotograf zufrieden sein, wenn er nicht zu viel erwartet. Für den Party-Schnappschuss, kleine Räume oder kurze Distanz reicht er allemal.
Videoaufnahmen macht die Lumix in FullHD (1.920 x 1.080 Pixel) mit 25 Bildern pro Sekunde, wahlweise im alten Motion-JPEG-Standard oder im modernen AVCHD, was mehr Videozeit in besserer Qualität auf die Speicherkarte bringt. Der AF-Motor verrichtet dabei sehr leise und ohne störende Geräusche auf dem Video zu hinterlassen seinen Dienst. In manchen Situationen verliert er aber die Schärfe und pumpt dann ein wenig. Wenn das Objektiv entsprechend ausgestattet ist, kann über das Kameramenü die Bildstabilisierung eingeschaltet werden. Die Tonaufnahme erfolgt in Stereo, wobei der Pegel manuell angepasst werden kann. Ein externes Mikrofon ist leider nicht möglich, allerdings zeichnet das eingebaute erstaunlich wenig Handgeräusche auf, so dass nur die typischen "Sturmböen" (leider auch bei mäßigem Wind) zu hören sind. Alles in allem ist die Lumix DMC-GF2 ein brauchbarer Ersatz für einen echten Camcorder, sofern man mit dem hakeligen Handzoom leben kann.
Das Display kann nur in den Automatiken bedingt zur Belichtungsvorschau verwendet werden. Denn trotz Belichtungsspeicher (zum Beispiel halb gedrückter Auslöser) passt sich das Display nicht der Motivhelligkeit an. Der Schärfebereich hingegen lässt sich bei entsprechender Konfiguration der Quick-Menü-Taste kontrollieren. Hilfreich sind außerdem verschiedene Gitternetze, das Histogramm und die Überbelichtungswarnung, die bei Bedarf eingeblendet werden können.
Bei manuellem Fokus springt die Motivansicht automatisch in einen vergrößerten Bildausschnitt, so dass das Scharfstellen auf dem Sensor sehr präzise möglich ist. Diese Funktion kann im Menü auch für den Autofokus aktiviert werden. So kann der Fotograf jederzeit eingreifen und die Schärfe genauestens nachregeln. Leider springt das Display nicht wieder automatisch ins Vollbild, was die Bildkomposition erschwert.
Bildqualität Der einzige schmerzliche Kritikpunkt an der GF1 im letzten Test war die in Teilbereichen etwas ungünstige Bildqualität. Das Nachfolgemodel wird nun mit einem anderen Objektiv geliefert und zudem haben wir die Testbedingungen verändert. Die Testergebnisse sind also nicht direkt vergleichbar. Dennoch scheinen die Ingenieure bei Panasonic einiges an der Bildqualität gedreht zu haben. Der damals kritisierte Dynamikumfang ist auf zehn Blendenstufen bei ISO 100 gestiegen und sinkt bis ISO 800 sanft um eine Stufe auf immer noch hervorragende neun Blenden ab. Auch darüber verliert die GF2 bei jeder Verdopplung der Empfindlichkeit nur knapp eine Blende, toll! Ähnlich gut ist das Rauschen zu beurteilen: Bis ISO 800 ist es durchaus akzeptabel und auch darüber stört es Aufnahmen deutlich weniger, als man es von Kompaktkameras gewohnt ist. Erkauft wird diese Rauscharmut freilich durch einen Detailverlust, der sichtbar ab ISO 800 einsetzt.
Bei der Auflösung zeigt sich, dass das Objektiv bei offener Blende schon fast ihr Maximum erreicht. Mit Schließen der Blende steigt die Auflösung nur leicht bis Blende 8, darüber aber nimmt sie deutlich ab. Zum Rand hin zeigt sich leider ein anderes Bild. Schon bei offener Blende ist der Detailverlust in den Ecken sichtbar, durch Abblenden ist nur wenig zu gewinnen. Die Schärfe ist dann gleich mäßig über das gesamte Bildfeld abfallend. Die Randabdunklung ist nur im Weitwinkel bei offener Blende relevant aber mit weniger als einer Blende in normalen Bildern nicht sichtbar. Beim Abblenden nimmt die Vignettierung ab. Noch etwas besser verhält es sich mit der Verzeichnung. Am kurzen Ende ist sie geringfügig tonnenförmig, am langen etwas stärker kissenförmig, alles ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen.
In der Praxis kann der GF2 eine hohe Treffsicherheit sowohl bei der Belichtung als auch beim Weißabgleich bescheinigt werden. Der Autofokus ist zwar sehr schnell, liegt aber manchmal daneben.
Fazit Die Panasonic Lumix DMC-GF2 unterscheidet sich von ihrer Vorgängerin in erster Linie durch das druckempfindliche Display. Die schon in der GF1 gelobten Qualitäten wie gute Verarbeitung und Ausstattung, schneller Autofokus und geringe Auslöseverzögerung sind geblieben, verbessert haben sich der Dynamikumfang und das Rauschen. Besonders die Vielseitigkeit, die sowohl Anfängern als auch erfahrenen Fotografen einiges bietet, spricht für dieses Konzept. Als Foto- und Videoaufnahmegerät ersetzt sie in extrem kompakter Form gleich zwei Geräte. Und als Systemkamera kann sie per Adapter mit Wechselobjektiven diverser Hersteller erweitert werden. Der Touchscreen ist in diesem Zusammenhang lediglich eine Modernisierung einer insgesamt sehr gelungenen Kamera. Nur das Kitobjektiv kann da nicht ganz mithalten.
Kurzbewertung
- Einfache Bedienung
- Großer Dynamikumfang
- Ausgezeichnete Videotauglichkeit
- Vielseitige Ausstattung
- Hochwertige Verarbeitung
- Kein optischer Sucher
- Setobjektiv mit deutlichem Auflösungsverlust zum Bildrand
- Hakelige Brennweitenverstellung
Technische Daten
Modell |
Panasonic Lumix DMC-GF2 |
Sensor |
CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0) 13,1 Megapixel (physikalisch), 12,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.000 x 3.000 (4:3) |
Video (max.) |
1.920 x 1.080 25p |
Objektivanschluss |
|
Monitor |
3,0", 0,460 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (144 Felder) |
Belichtungsreihe |
automatisch, max. 3 Aufnahmen (1/3-2/3 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,2 Bilder/s und max. 7 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
ja |
Akkulaufzeit |
300 Aufnahmen gem. CIPA-Standard |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
manuell ISO 100 bis 6.400 |
Abmessungen |
113 x 68 x 33 mm (B x H x T) |
Gewicht |
310 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/FKASQ (mit Preisvergleich) |