Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-GH1

Seite 2 von 2, vom 2009-05-07 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Mit dem in der GH1 eingesetzten Sensor weicht Panasonic minimal vom FourThirds-Standard ab. Der Sensor ist "übergroß" und löst 14 Megapixel auf. Vom Sensor wird allerdings immer nur ein Bildausschnitt genutzt, um in jedem Seitenverhältnis dieselbe Diagonale zu nutzen. Statt das Bild also wie bei einem normalen Sensor bei 3:2 und 16:9 einfach nur zu beschneiden, kommt bei der GH1 links und rechts etwas hinzu, während oben und unten etwas weggeschnitten wird. Im Ergebnis ergibt sich dadurch keine Änderung des Bildwinkels bzw. keine Verlängerung der Brennweite. Damit werden aber auch Bereiche der Objektive genutzt, die nicht dafür vorgesehen waren, was in der Praxis jedoch keine Probleme macht. Dadurch, dass nur LiveView genutzt wird, ergeben sich auch bei der Bildkomposition daraus keine Nachteile. Wer also früher wegen des 4:3-Seitenverhältnisses um FourThirds einen Bogen gemacht hat, kann nun zuschlagen.

Mit der GH1 hat Panasonic ein neues Kitobjektiv vorgestellt, das 1:4-5,8/14-140mm, das speziell für die Aufzeichnung von HD-Videos optimiert ist. Zum einen sind der Autofokus und die Blende besonders leise, zum anderen kommt ein spezieller Autofokusantrieb zum Einsatz, der nicht mit einem rotierenden Motor arbeitet, sondern die Linsen im Objektiv linear vor und zurück schiebt. Das erlaubt eine besonders leise, exakte und vor allem schnelle Fokussierung (ca. 0,3-0,45 s). Das bemerkt man auch beim Videofilmen, der Autofokus ist nicht hörbar, und die automatische Nachführung des Fokus arbeitet sehr schnell, ist überhaupt nicht nervös und pumpt nicht bzw. kaum wahrnehmbar, da der Schärfepunkt nicht wie bei anderen Live-AF-Varianten erst weiträumig überfahren wird und die Kamera nicht mehrmals vor und zurück fokussieren muss.


Im Fotomodus steht ein Autofokushilfslicht bereit, das rotorange leuchtet. Als Unterstützung bei der manuellen Fokussierung steht eine Lupe mit verschiedenen Vergrößerungsfaktoren bereit, der Vergrößerungsausschnitt lässt sich verschieben. Im Mehrfeld-Autofokusbetrieb verfügt die Kamera dagegen über 23 AF-Felder, man kann aber auch ein Fokusfeld auswählen und es frei auf dem Bildfeld verschieben. Die Geschwindigkeit des Autofokus kann sich selbst mit ausgewachsenen Spiegelreflexkameras messen. Schade ist dagegen der recht langsame und laute mechanische Verschluss der Kamera. Er ist immer offen, muss zur Belichtung erst geschlossen, anschließend geöffnet, wieder geschlossen und erneut geöffnet werden. Diskretes, leises Fotografieren ist so nicht möglich, und die schnellste Blitzsynchronzeit beträgt lediglich 1/160 Sekunde.

Bildqualität Nicht nur in der Praxis, sondern auch im Messlabor musste die Panasonic Lumix DMC-GH1 zeigen, welches Bildqualitätspotential in ihr steckt. Zu diesem Zweck wurde sie im DCTau-Labor sowohl mit dem 14-140mm-Setobjektiv als auch mit einem adaptierten Olympus FourThirds Makro vermessen. Der Laborbericht mit allen Einzeldiagrammen, Testerkommentar und Schulnotentabelle, auf dem die Betrachtungen hier beruhen, sind für eine geringe Gebühr erhältlich (siehe weiterführende Links). Eines wird im Labortest deutlich: Panasonic hat einige Schwächen der G1 ausgeräumt, womit die GH1 insgesamt besser abschneidet als ihre ältere Schwester.

Die mit effektiv 12 Megapixeln recht hohe Auflösung des Micro FourThirds-Sensors stellt hohe Ansprüche sowohl an das verwendete Objektiv als auch an die kamerainternen Bildverarbeitungsalgorithmen. So glättet Panasonic das Rauschen über alle Empfindlichkeiten sehr gut, Farbrauschen tritt praktisch nicht auf. Das Helligkeitsrauschen wird allerdings ab ISO 800 sichtbar, darüber vor allem auch durch eine leichte Strukturbildung, die unnatürlich wirkt und von der Rauschunterdrückung verursacht wird. Dank der guten Rauschunterdrückung vor allem in den Schatten ist die Eingangsdynamik gut, erreicht bei ISO 200, 400 und 800 ihren Höchstwert mit 8,7 Blendenstufen, erst darüber bricht sie auf passable 7,8 Blendenstufen bei ISO 1.600 und weniger gute 6,9 Blendenstufen bei ISO 3.200 ein. Man sollte die Kamera also für eine gute Bildqualität maximal bis ISO 800 einsetzen, darüber nur im Notfall. Die Ausgangsdynamik zeigt eine Schwäche bei den tiefen Schwarztönen, die nicht vorhanden sind, die ansonsten erstaunlich neutral linear verlaufende Tonwertkurve läuft hier sehr weich aus. Das lässt die Bilder in den Schatten etwas flau wirken, lässt sich aber in der Bildbearbeitung mit einer Histogrammkorrektur bzw. dem Setzen eines Schwarzpunktes leicht beheben.

Bei der Auflösung zeigt das 14-140mm-Objektiv typische Superzoomschwächen. Die Auflösung ist in der Bildmitte recht gut, zeigt aber einen deutlichen Randabfall. Das Schließen der Blende um zwei Stufen bringt hier nur unwesentlich Besserung, wobei die Auflösung in der Bildmitte aufgrund der Beugung bereits fällt. Am gleichmäßigsten ist die Auflösung noch bei einer mittleren Brennweite von rund 45 mm (bzw. 90 mm auf Kleinbild umgerechnet). Die Artefaktrate an feinen Strukturen ist aufgrund der nicht ganz so hohen Auflösung des Objektivs nicht sehr ausgeprägt, einzig an steigenden Strukturen zeigen sich vor allem Farbmoirés. Dass diese nur in einer Richtung auftreten, liegt daran, dass Panasonic den Anti-Aliasing-Filter, der Störungen an feinen Strukturen mindern soll, diagonal angeordnet hat. Die Scharfzeichnung ist gut dosiert und neigt nur an hellen Kanten gelegentlich zu einem leichten Weißclipping.

Die Randabdunklung des 14-140 mm fällt recht gering aus und ist nur in den äußersten Bildecken zu beobachten, zeigt hier bei Offenblende aber einen unschön spontanen Anteil, wogegen Abblenden deutlich hilft. Vorbildlich für ein Superzoom ist die Verzeichnung korrigiert. Nur im Weitwinkel fällt diese mit 1,6 % Tonnenform zwar auf, ist aber im Vergleich zu ähnlichen Objektiven sehr gering. Bei mittlerer und langer Brennweite ist das Objektiv praktisch verzeichnungsfrei.

In der Praxis ist die Bildqualität sehr ausgewogen mit einer angenehmen Wiedergabe von Details und Farben. Der automatische Weißabgleich arbeitet in der Regel sehr zuverlässig. Die übliche Ausnahme bildet warmes Kunstlicht (Glühlampen, Kerzen etc.), hier zeigt sich ein Farbstich Richtung Gelb-Orange-Rot. Bei den Weißabgleichs-Voreinstellungen fehlen leider weiterhin Voreinstellungen für Leuchtstoffröhren, für Kunstlichtsituationen gibt es nur eine einzige Voreinstellung, die ganz gut auf Glühlampenlicht passt. Im Zweifel hilft ein manueller Weißabgleich oder aber die manuelle Eingabe der Farbtemperatur.

Ähnlich zuverlässig wie die Weißabgleichsautomatik arbeitet die Belichtungsautomatik. Sie ist sehr ausgewogen und verhindert in der Regel vor allem überbelichtete Bilder. Bei extremen Lichtverhältnissen kann aber auch die Automatik überfordert sein – hier ist das Können des Fotografen gefragt, die Kamera bietet jedenfalls alle nötigen Eingriffsmöglichkeiten. Das Blitzlicht ist gut dosiert, wenn auch der eingebaute Pop-up-Blitz mit einer gemessenen Leitzahl von 11,2 etwas (ca. 7-14 %) schwächer ist, als wir es uns bei einer Systemkamera wünschen würden. Die Ausleuchtung ist jedenfalls ab 28 mm Brennweite (entspr. Kleinbild) voll in Ordnung.

Fazit Die Panasonic Lumix DMC-GH1 ist eine konsequente Weiterentwicklung der kleinen Schwester G1. Vor allem die Videofunktion hat es in sich, liefert eine hervorragende Qualität (speziell beim Spiel mit selektiver Schärfe) und ist mit dem guten, kontinuierlich nachgeführten Autofokus einmalig im Systemkamerabereich. Als Fotokamera taugt die GH1 auch sehr viel, wobei der praktische Multiformatsensor den größten Fortschritt gegenüber der G1 darstellt. Die Objektivauswahl ist nach wie vor recht mager, dafür sind die Adaptiermöglichkeiten umso besser. Dank einfacher und zuverlässiger Automatikfunktionen und LiveView sowie zahlreicher Einstellmöglichkeiten sollten sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene gut mit der Kamera zurechtkommen. Sie ist eine wahre "eierlegende Wollmilchsau".

Kurzbewertung

  • Fast unbeschränkte Adaptiermöglichkeiten von Objektiven
  • Konsequent umgesetztes LiveView mit schnellem Autofokus, Klapp/Schwenkmonitor und hervorragendem Sucher
  • Multiformatsensor mit Bilddiagonale unabhängig vom Seitenverhältnis
  • Herausragende Videofunktion
  • Schutzklappen der Anschlüsse wirken durch dunklere Farbe nicht sehr hochwertig
  • Recht kleine Knöpfe
  • Videoaufnahmeknopf wird leicht versehentlich betätigt
  • Geringe Auswahl an Originalobjektiven

Technische Daten

Modell Panasonic Lumix DMC-GH1
Sensor CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0)
14,0 Megapixel (physikalisch), 12,1 Megapixel (effektiv)
Auflösung (max.) 4.000 x 3.000 (4:3)
Video (max.) 1.920 x 1.080 25p
Objektivanschluss
Micro Four Thirds
Sucher vorhanden
Monitor 3,0", 0,460 Mio. Bildpunkte
Belichtungsmessung Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (144 Felder)
Belichtungsreihe automatisch, max. 3 Aufnahmen (1/3-2/3 EV Schrittweite), ohne interne HDR-Verarbeitung
Bildstabilisator nein
eingebauter Blitz ja
Blitzanschuh Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt
AV-Anschlüsse AV-Ausgang: ja
Serienbildfunktion max. 3,0 Bilder/s
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Autofokus ja
Akkulaufzeit 300 Aufnahmen gem. CIPA-Standard
Speicher
Speicherkartenfach 1: SD
Empfindlichkeit manuell ISO 100 bis 3.200
Abmessungen 124 x 90 x 45 mm (B x H x T)
Gewicht 437 g (betriebsbereit, ohne Objektiv)
Online-Datenblatt https://www.digitalkamera.de/RXQZV (mit Preisvergleich)
Kommentare

4 Kommentare aus dem alten Forum anzeigen

meier2010 2010-01-06

Leider gibt es einige Dinge, die speziell bei der Videofunktion erheblich stören:

1.) Der deutlich hörbare Lüfter, der bevorzugt im Videomodus aktiviert wird. Er ist auf den Videoaufnahmen deutlich zu hören, teilweise verstärkt sich das Geräusch zu einem vernehmlichen Pfeifen)

2.) Der angeblich kontinuierliche Autofokus ist zwar sehr leise, führt aber immer wieder zu einem ruckartigen "pumpen" des Bildes (wenn der neue Fokuspunkt gesucht und eingestellt wird). Der Autofokus bleibt zwar kontinuierlich aktiviert, fokussiert im Zweifelsfall aber sehr schnell was im Bild deutlich als Störung sichtbar ist.

3.) Die Blende arbeitet wie bei Fotokameras üblich lediglich stufenweise. So wird das Bild bei vorgewählter Verschlusszeit sprunghaft heller oder dunkler, wenn die Kamera die Belichtung anpasst - das macht jede billige DV-Kamera besser. Ein gleichmäßiges Ziehen der Blende wie bei einer professionellen Videokamera ist übrigens auch im manuellen Modus nicht möglich (mit den meisten manuellen Foto-Objektiven übrigens auch nicht...).

Jan-Markus Rupprecht 2010-01-06

Die Kamera hat doch keinen Lüfter!?!

rosa007 2010-01-07

Hatte das gleiche Problem und empfand das Geräusch soiwe die "Ruckelei" beim AF extrem störend. Da hat Panasonic nachgebessert mit einer neuen Firmware (2.11.09; Vers. 1.1.)

Dazu empfehle ich ein Firmwareupgrate - das wird zufrieden stellen!

Mich stören erste Ablösungen der Beschichtung am Gehäuse - das ist umso störender, da ich die Kamera wie ein rohes Ei behandele und mir die Frage stelle, welche Überraschungen bei Betrieb an der See (salzige Seeluft) noch auftreten werden.

Nachdem ich den Service kontaktierte ("...es ist ein Einzelfall..., wir prüfen und tauschen ggf. sofort das Gerät aus...") und in anderen Foren vergleichbare Probleme las, bin ich etwas skeptisch ;-(

meier2010 2010-01-06

Besonders störend bei dem serienmäßigen Objektiv: Selbst beim Zoomen bei manueller Belichtung wird die sich ändernde Lichtstärke des Objektives offenbar durch die Blendensteuerung ausgeglichen (von Tele auf Weitwinkel sind es sieben sicht- und hörbare Blendenkorrektur-Stufen, die allerdings nicht angezeigt werden)

Mein Fazit: Trotz vieler guter Detaillösungen ist die GH1 bei weitem  kein brauchbarer Ersatz für eine "echte" Videokamera.

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