Kompaktkamera
Testbericht: Samsung NV24 HD
2008-07-09 Auf dem Papier kann die Samsung NV24 HD mit allerlei technischen Höchstleistungen auftrumpfen: 24 mm Weitwinkel mit CCD-Shift Bildstabilisator, HD-Videofähigkeit, kompaktes, edles Metallgehäuse, OLED-Bildschirm. Auch die Bedienung verspricht Ungewöhnliches: Sensortasten nehmen jede Berührung wahr und führen die ihnen per Bildschirmicon zugeordnete Funktion aus – Ausflüge in verschachtelte Menüs sollen so der Vergangenheit angehören. Doch kann die Kamera die Versprechen in der Praxis halten und bietet sie auch eine ordentliche Bildqualität? digitalkamera.de geht dem im ausführlichen Test auf den Grund. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung Samsung hat das schicke NV-Gehäuse leicht modernisiert, es ist jetzt etwas rundlicher geworden und weiterhin hochwertig verarbeitet. Es besteht aus zwei schwarzen Metallschalen, die passgenau zusammengefügt sind. Das im ausgeschalteten Zustand leicht herausragende Objektiv setzt genauso Akzente wie der leicht geschwungene Handgriff und der blaue Schneider-Kreuznach-Ring rund um das Objektiv. Die Oberseite ist mit Fingerabdruck-anfälligem Klavierlack versehen; hier sind wichtige Bedienelemente wie der Ein-/Aus-Schalter, der Auslöser, das Programmwählrad sowie das Photo-Style-Rad (s. u.) angeordnet. Die Kameraunterseite sieht ähnlich aufgeräumt aus. Das Metallstativgewinde macht einen Vertrauen erweckenden Eindruck, liegt allerdings nicht ganz in der optischen Achse. Daneben gibt es den Samsung-typischen Spezialanschluss, wo USB-Kabel (dient gleichzeitig zum Laden des Akkus) oder AV-Kabel Anschluss finden. Es ist aber auch möglich, die Kamera auf die in Deutschland zum Lieferumfang gehörende Dockingstation zu stellen, dann kommt man auch in den Genuss des HDMI-Anschlusses. Die Kamera stellt auf entsprechenden Fernsehern sogar "Fremdbilder" dar, so dass sie auch als universelles Bildabspielgerät taugt. Schließlich befindet sich auf der Kameraunterseite noch die Kunststoff Batterie-/Speicherkartenfachklappe, die allerdings von einer Stativwechselplatte versperrt werden würde. Der 1.100 mAh starke Li-Ion-Akku kommt in vielen Samsung-Kameras zum Einsatz und reicht für rund 200-250 Aufnahmen, ein Ersatzakku empfiehlt sich also für längere Reisen und Vielfotografierer; Letztere werden sich über die SDHC-Kompatibilität bis 16 GBytes freuen.
Der Hauptteil der Bedienelemente konzentriert sich auf der Kamerarückseite, wobei bis auf die Zoomwippe alle Tasten schön in Reih und Glied unterhalb und rechts vom Display angeordnet sind. Die Tasten sind unbeschriftet und berührungsempfindlich, die ihnen zugewiesene Funktion wird erst bei eingeschalteter Kamera auf dem Bildschirm sichtbar und variiert je nach Betriebsmodus. Dieses Bedienkonzept hat schon einiges Lob – nicht nur von der digitalkamera.de-Redaktion – eingeheimst, kommt die Kamera doch so weitgehend ohne komplizierte Beschriftungen und verschachtelte Menüs aus. Im Gegensatz zum Kameragehäuse sind die Menüs etwas altbacken. Vor allem wird sich der fortgeschrittene Benutzer, der bei der Kameraausstattung und dem Preis zweifelsohne eher angesprochen wird als der Ottonormalknipser, aber mehr Eingriffsmöglichkeiten z. B. bei der Auto-ISO-Funktion oder den Video-Toneinstellungen wünschen – auch Halbautomatiken vermisst man schmerzlich. Immerhin gibt es neben zahlreichen Automatiken auch eine manuelle Belichtungseinstellung.
Zentrales Benutzerinterface der Kamera ist der rückwärtige Bildschirm. Mit 2,5 Zoll Diagonale und 230.000 Bildpunkten Auflösung gehört er zwar "nur" zum Durchschnitt, glänzt aber mit der innovativen OLED-Technik. Statt Flüssigkristallen kommen hier organische Leuchtdioden zum Einsatz, so dass eine Hintergrundbeleuchtung entfallen kann. Die weiteren Vorteile sind neben geringem Stromverbrauch eine hohe Brillanz, knackige Kontraste und vor allem Blickwinkelunabhängigkeit ohne Farbverfälschungen und hohe Helligkeit. Der Nachteil der mit steigendem Betriebsalter schwindenden Leuchtkraft dürfte dagegen bei einer Kamera kaum eine Rolle spielen. Der OLED-Monitor übertrifft die herkömmlichen Monitore vor allem beim Betrieb in hellem Tageslicht – man sollte allerdings keine Wunder erwarten, ein optischer Sucher wäre in manchen Situationen nach wie vor hilfreich. Übrigens regelt der Bildschirm seine Helligkeit auf Wunsch automatisch, manuell stehen jedoch lediglich magere drei Helligkeitsstufen zur Verfügung.
Ausstattung Hier trumpft die Samsung auf dem Papier mit der Videofunktion auf: HD-tauglich mit 1.280 x 720 Pixeln Auflösung bei 30 Bildern pro Sekunde und modernem MPEG4-Codec. Die Bildqualität der Videoaufnahmen ist OK, zeigt aber in Innenräumen störendes Rauschen. Der optische Zoom bleibt während der Videoaufnahmen zwar aktiv – allerdings taugt die NV24 HD allenfalls für Stummfilme. Um das Video frei von Zoom- und Fokusgeräuschen zu halten, wird der Ton kurzerhand abgeschaltet, so dass die Videoaufnahmefunktion praktisch nur für nachvertonte Filme taugt – von der originalen Atmosphäre bleibt da aber nicht viel übrig. Dafür verfügt die Kamera – die selbstverständlich vornehmlich als Fotoapparat konzipiert ist – über zahlreiche Aufnahmeeinstellungen und Motivprogramme. Dazu gehört z. B. die fast schon obligatorische Gesichtserkennungsfunktion, die selbstverständlich auch Blinzeln und Lächeln erkennen kann – zumindest letztere Funktion konnte uns noch bei keiner Kamera so recht überzeugen, und so ist es mehr ein Ärgernis, wenn die Kamera trotz Lächeln nicht auslöst. Zuverlässiger funktioniert da schon die Blinzelerkennung, die bei einem erkannten Gesicht nach dem Auslösen so lange Bilder aufzeichnet (und speichert), bis offene Augen erkannt werden. So ist zumindest das letzte Bild zuverlässig mit offenen Augen aufgezeichnet.
Etwas zurückhaltend ist die automatische Empfindlichkeitseinstellung der kleinen Samsung, sie traut sich nicht über ISO 200 hinaus. Will der Fotograf mehr, muss er schon selbst Hand anlegen, wobei hier bis zu ISO 3.200 zur Verfügung stehen. Weniger zurückhaltend ist da schon der automatisch aufpoppende Bordblitz. Er bringt es laut unserer Messung immerhin auf eine Leitzahl von 7. Durch das Hochklappen wird die Neigung zu roten Augen etwas reduziert, aber ganz wird diese Gefahr nicht gebannt. Der optionale Vorblitz, der zum Schließen der Pupillen führen soll, ist recht kräftig, dafür braucht die Kamera danach gefühlt recht lange, bis das eigentliche Foto mit dem Hauptblitz aufgenommen wird. Ansonsten lässt sich der Blitz auch ganz abschalten, als Aufhellblitz einsetzen, und auch eine Langzeitsynchronisation beherrscht er, so dass man die natürliche Lichtstimmung einer Szene gut einfangen kann. Die Blitzbelichtung, Farbneutralität und auch die Ausleuchtung sind "korrekt", ob die Eckabschattung bei 24 mm dagegen von Objektiv- oder Blitzschwächen herrührt, lässt sich nicht feststellen.
Objektiv Es ist schon erstaunlich, wie Samsung es geschafft hat, ein Zoomobjektiv, das bei kleinbildäquivalenten 24 mm beginnt, so kompakt zu konstruieren. Allerdings ist dafür im Telebereich bereits bei einer Brennweite von entspr. 87 mm Schluss – das reicht gerade einmal als kurze Porträtbrennweite. Das Teleende ist auch in Bezug auf die Lichtstärke als recht schwach zu bezeichnen, es erreicht gerade einmal eine Öffnung von F5,9 (im Weitwinkel F2,8). Immerhin 9 Zoomstufen stehen dem Fotografen zur Verfügung, die er mit der Wippe an der Kamerarückseite auch recht gut ansteuern kann. Gezoomt wird dabei recht zügig, die Kamera nimmt sich gerade einmal eine Sekunde Zeit, um von 24 auf 87 mm zu zoomen. Ähnlich schnell ist das Objektiv auch beim Einschalten der Kamera ausgefahren, hier nimmt sie sich nur unwesentlich mehr Zeit. Der geringen (absoluten) Brennweite entsprechend reckt sich das Objektiv nur maximal 2 cm aus dem Kameragehäuse heraus. Der Zoommotor selbst erzeugt ein recht deutliches, hochtoniges Surren, anders als der Fokusmotor, der mehr ein flinkes "Rattern" erzeugt. Die Autofokusgeschwindigkeit als solche kann sich sehen lassen, sie erfasst das Motiv innerhalb von 0,3-0,6 Sekunden – allerdings ist die Auslöseverzögerung von 0,12 Sekunden zu hoch; Andere Kameras bringen es auf Werte von 0,01 Sekunden nach erfolgter Fokussierung. Trotzdem braucht die Samsung NV24 HD sich insgesamt bei der Geschwindigkeit nicht zu verstecken.
Da die Lichtstärke nicht so ganz überzeugen kann, hat die Kamera zum Ausgleich einen Bildstabilisator an Bord. Die Kameraerschütterungen werden von einem Sensor erfasst und führen zu entsprechenden Gegenbewegungen des Bildaufnahmesensors. Ein solches CCD-Shift-System kommt inzwischen bei zahlreichen Kameraherstellern zum Einsatz, und es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob nun jeder ein eigenes System einsetzt. Am bekanntesten dürften noch das Piezo-System von Minolta bzw. jetzt Sony, die Mikromotoren von Olympus und der magnetisch gelagerte Sensor bei Pentax sein – aber auch Ricoh und Nikon setzen CCD-Shift-Bildstabilisatoren ein. Bei der Samsung liegt die Vermutung allerdings nahe, dass man sich beim Technologiepartner Pentax bedient hat. Daneben hat Samsung der NV24 zusätzlich auch noch das eigene, softwarebasierte Antiwackelsystem spendiert, das sogar zusammen mit dem CCD-Shift funktioniert. Hier werden zwei unterschiedlich lang belichtete Fotos miteinander verrechnet, was einem mechanischen Bildstabilisator zwar nicht ebenbürtig ist, aber zumindest Wirksamkeit zeigt.
Die automatische Scharfstellung mit maximal 9 Fokusfeldern erfolgt erst ab 80 cm Aufnahmedistanz, so dass man oft geneigt ist, den Makromodus zur Hilfe zu nehmen, der im Weitwinkel ab 4 cm und im Telebereich ab 50 cm scharf stellen kann. Auf eine manuelle Fokuswahl muss der Benutzer hingegen genauso verzichten wie auf Fixfokuseinstellungen (unendlich oder Hyperfokaldistanz), was angesichts der deutlichen Auslöseverzögerung aber nicht unbedingt verwundert. Um der Scharfstellung in dunklen Umgebungen auf die Sprünge zu helfen, verfügt die Kamera noch über ein oranges Hilfslicht, das allerdings recht grell daher kommt. Nicht unerwähnt bleiben sollte an dieser Stelle, dass der Autofokus gelegentlich zu Ungenauigkeiten neigt und scharf meldet, was nicht scharf ist – vor dem Auslösen sollte man also ggf. genauer auf das Display sehen.
Bildqualität Die Konstruktion von Weitwinkelobjektiven – insbesondere in der Kompaktheit wie bei der NV24 – ist sehr kompliziert, vor allem wenn eine hohe Auflösung von 10 Megapixeln bis in die Bildecken dabei herauskommen soll. Die Bildqualitätsbeurteilung basiert hauptsächlich auf dem DCTau-Laborprotokoll (in aller Ausführlichkeit in den weiterführenden Links), dessen wichtigste Ergebnisse hier eingeflossen sind. Die Samsung NV24 HD zeigt einen sehr hohen Randabfall der Auflösung nicht nur bei 24, sondern auch bei 56 mm. Erst am Teleende ist die Randauflösung besser – liegt aber immer noch ungewöhnlich deutlich hinter der des Bildzentrums. Die Randabdunklung ist ebenso ein Problem des Objektivs, bei 24 mm wird sogar eine spontane Vignettierung sichtbar, die auf eine Bildkreisbegrenzung hindeutet. Auch die starke tonnenförmige Verzeichnung im Weitwinkel schränkt die Eignung der Kamera für Architektur- und Landschaftsaufnahmen deutlich ein – am Teleende hingegen wird eine unangenehme kissenförmige Verzeichnung sichtbar.
Die NV24 ist von der Ausrichtung her eine Shoot-to-Print Kamera, d. h. die Bildaufbereitung ist aggressiv, um knackige, druckfertige Bilder zu liefern, was allerdings zu Lasten der Nachbearbeitungsqualität geht. Leider bietet die Kamera kein RAW-Format, so dass auch Bildbearbeiter mit den JPEGs zurechtkommen müssen. Immerhin lässt die Kamera eine sehr feine Dosierung der Bildgrößen und Komprimierungen zu, so dass hier kaum Wünsche offen bleiben und der Fotograf auf visuell verlustfrei komprimierte Fotos zurück greifen kann. Positiv hervorzuheben ist außerdem das Rauschverhalten der Kamera, zumindest wenn man es mit der Empfindlichkeitseinstellung nicht übertreibt. ISO 400 und sogar ISO 800 können ganz gut eingesetzt werden, darüber gibt es jedoch marmorartige Strukturen, die bei ISO 800 schon leicht sichtbar werden. Sie werden von der Rauschunterdrückung verursacht und taugen bei ISO 1.600 und 3.200 allenfalls als künstlerischer Effekt. Stark ist auch die etwas ungleichmäßige Scharfzeichnung, deren Stärke nicht nur von der Ausrichtung der Kanten abhängt, sondern auch für Weißclipping sorgt.
Im üblichen Rahmen dagegen bewegt sich die Eingangsdynamik, die bei ISO 80 klassenüblich 8,2 Blendenstufen erreicht und auch bei ISO 800 mit 7,7 Blendenstufen noch für normale Motive reicht. Die Ausgangsdynamik zeigt hingegen etwas weiche Schatten, so dass man gut beraten ist, den Kontrast noch etwas anzuheben. Die sonstige Bildqualität wie die Farbwiedergabe oder Belichtung erlaubt sich dagegen kaum Schwächen, insgesamt erzeugt die Kamera bis auf die erwähnten Schwächen gefällige und knackige Bilder. Allenfalls warmes Kunstlicht (Glühlampenlicht) bringt die Kamera etwas ins Stolpern, hier hat der Fotograf aber mittels Weißabgleichsvoreinstellungen und manuellem Weißabgleich die Möglichkeit, entsprechend gegenzusteuern.
Fazit Die Samsung NV24 HD ist nun schon die dritte Kamera der NV-Serie, die wir getestet haben, und auch die dritte Kamera-Generation von NV-Kameras. Leider muss man sagen, dass die NV24 HD in einiger Hinsicht leider ein Rückschritt ist, denn so ganz kann die Kamera in der Praxis nicht überzeugen. Eine vermurkste, zuweilen stumme Videofunktion macht genauso wenig Freude wie die Probleme des extrem weitwinkligen Objektivs (starke Verzeichnung, Vignettierung und Randabfall der Auflösung) – da hat sich Samsung vielleicht etwas zu viel vorgenommen. Auf jeden Fall sind gute Ansätze vorhanden, und die Kamera kann mit einer ansonsten gefälligen Bildqualität und einem innovativen Bedienkonzept als "Ausstattungswunder" dem einen oder anderen Weitwinkelfreud sicher einige Freude bereiten.
Kurzbewertung
- Sehr guter OLED-Bildschirm
- Weitwinkelfreudiges Objektiv
- Hochwertiges, stylisches Gehäuse
- Innovatives Bedienkonzept
- Altbackene Menüs
- Hohe Auslöseverzögerung
- Bildqualitätsschwächen vor allem im Weitwinkel
- Stummschaltung bei Videos
Technische Daten
Modell |
Samsung NV24 HD |
Sensor |
CCD-Sensor 1/2,3" 6,2 x 4,6 mm (Cropfaktor 5,6) 10,2 Megapixel (physikalisch), 10,1 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
3.648 x 2.736 (4:3) |
Video (max.) |
1.280 x 720 30p |
Objektiv |
24-86 mm / F2,8-5,7 (3,6-fach Zoom) |
Monitor |
2,5", 0,230 Mio. Bildpunkte, kein Touchscreen |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
optischer Bildstabilisator |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienaufnahmen |
ja |
kürzeste Verschlusszeit |
1/1.500 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
Multi Media Card SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 80 bis 1.600 |
Abmessungen |
98 x 61 x 19 mm (B x H x T) |
Gewicht |
172 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/5FOV0 (mit Preisvergleich) |