2014-12-17 Mit der NX1 bringt Samsung eine spiegellose Systemkamera, die der Konkurrenz gleich in mehrerlei Hinsicht davoneilen will: Ihr Bildsensor weist mit 28 Megapixel die höchste Auflösung in der APS-C-Klasse auf, soll aber dank BSI-Technik auch bei hohen ISO-Zahlen eine gute Bildqualität liefern. Zudem verspricht die NX1 auf dem Papier 15 Serienbilder pro Sekunde, bei denen sie auch noch den Fokus nachführen kann. Hat die NX1 wirklich das Zeug, dem etablierten Wettbewerb das Fürchten zu lehren? Oder ist sie nur ein Papiertiger? digitalkamera.de klärt diese Fragen im aufwändigen Labor- und Praxistest. (Martin Vieten)
Die Samsung NX1 wird unter anderem im Set mit dem sehr lichtstarken Standardzoom 16-50 mm F2-2.8 S ED OIS iFunction angeboten. [Foto: MediaNord]
Sowohl das Display als auch der elektronische Sucher der NX1 überzeugten im Test mit einer sehr detaillierten Darstellung. [Foto: MediaNord]
Auf der rechten Schulter sitzt ein kleines Statusdisplay, das fast überflüssig ist, denn die NX1 blendet auf Knopfdruck eine Fülle an Informationen direkt ins Sucherbild ein. [Foto: MediaNord]
Der APS-C-Sensor der NX1 löst brutto rund 30 Megapixel auf. Um bei dieser hohen Integration die Lichtausbeute zu erhöhen, führt Samsung ihn in BSI-Technik aus. [Foto: MediaNord]
Leider legt Samsung der NX1 nur ein USB-Ladegerät für den Akku bei. So muss dieser in der Kamera verbleiben, wenn er aufgeladen wird. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung Das soll eine spiegellose Systemkamera sein? Selbst auf den zweiten Blick wirkt die Samsung NX1 eher wie eine ausgewachsene DSLR, mit Sucherbuckel und ergonomisch günstig ausgeformten Handgriff. Mit 637 Gramm ist sie zwar kein reines Leichtgewicht, wiegt aber etwas weniger als eine vergleichbare DSLR. Dabei macht die Kamera einen sehr robusten Eindruck. Kein Wunder, besteht das Gehäusechassis doch aus einer sehr stabilen Magnesiumlegierung. Zudem hat Samsung alle Klappen, Tasten und Einstellräder mit Gummidichtungen versehen, die für ausreichenden Staub- und Spritzwasserschutz sorgen.
Nimmt man die NX1 erstmals in die Hand, findet man sich auf Anhieb gut zurecht. Alle Bedienelemente sind dort, wo man sie erwarten kann. Auf der linken Schulter sitzt ein griffiger Einstellring, mit dem sich Modi wie Einzelbild, Serienbilder oder Selbstauslöser einstellen lassen. Im Zentrum des Rings hat Samsung vier Knöpfe für weitere häufig benötigte Einstellungen, etwa für den Weißabgleich oder die ISO-Zahl angeordnet. Rechts vom Sucher folgt ein verriegelbares Programmwählrad, direkt daneben informiert die NX1 mit einem beleuchtbaren Schulterdisplay über die aktuellen Einstellungen. Zudem wartet die Kamera mit einem Front- und einem Daumenrad auf, die beide indes ruhig etwas schwerer gehen dürften, um versehentliches Verstellen zu vermeiden. Hinzu gesellt sich noch ein Einstellring auf der Rückseite, in den eine Kreuzwippe integriert ist. Diese weist einen guten Druckpunkt auf, macht aber mit Geräuschen wie ein Knackfrosch auf sich aufmerksam.
Mit dedizierten Bedienelementen hat Samsung die NX1 also üppig ausgestattet. Dabei benötigt man die gar nicht unbedingt. Die Kamera wartet nämlich zudem mit einem berührungsempfindlichen Display auf, über das sie sich mit ein paar Fingertippern zügig konfigurieren lässt. Auch das etwa unübersichtliche Hauptmenü reagiert auf Berührung, das ist wirklich große Klasse! Und dann gibt es ja noch die Samsung-typische iFunction. Hierbei zaubert ein entsprechender Knopf am Objektiv ein weiteres Schnellmenü standardmäßig für Belichtungszeit, Blende, ISO-Wert und Weißabgleich auf die Anzeige, das sich dann ebenfalls per Fingergesten bedienen lässt, alternativ auch mit dem Fokusring. Der 3-Zoll-Monitor ist übrigens nach oben und unten klappbar, zur Seite schwenken lässt er sich nicht. Dafür beeindruckt das AMOLED-Display mit seiner kräftigen Farbwiedergabe und der standesgemäßen Auflösung von gut einer Million Bildpunkten.
Noch eindrucksvoller ist jedoch der Blick in den elektronischen Sucher. Er löst mit 2,36 Millionen Bildpunkten sehr fein auf, sein OLED-Display reproduziert einen ausgesprochen hohen Kontrastumfang und begeistert ebenfalls mit einer guten Farbwiedergabe. In der Werksauslieferung wirkt das Sucherbild zwar etwas kühl, die Farbdarstellung lässt sich jedoch sehr fein anpassen – übrigens auch für den Monitor. Der EVF weist bezogen auf das Kleinbildformat eine Sucherbildvergrößerung von 0,69 auf – das Sucherbild ist also für eine APS-C-Kamera ungewöhnlich groß. Schön auch, dass der EVF selbst in dunkler Umgebung nicht schliert, wenn die NX1 geschwenkt wird. Als einzige Störung erlaubt er sich dann verstärktes Rauschen, das aber selbst in einer spärlich erhellten Stube nicht lästig wurde. Ein Näherungssensor am EVF lässt die NX1 automatisch zwischen diesem und dem Display wechseln, es gibt aber auch einen griffgünstig angebrachten manuellen Umschalter.
Das umfangreiche Schnittstellen-Panel der NX1 verbirgt sich an der linken Seite unter zwei stramm schließenden Gummiklappen. Auf der rechten Seite verschwindet eine SD-/SDHC-/SDXC-Speicherkarte im Kartenfach, das leider nur Platz für einen Datenträger bietet. Der Akku wird von unten in den Handgriff eingesetzt, eine Ladung reicht für ca. 500 Aufnahmen. Eine Ladeschale legt Samsung der NX1 nicht bei, man muss sich mit einem einfachen USB-Ladegerät begnügen, mit dessen Hilfe der Akku in der Kamera aufgefrischt wird. Das ist nicht so glücklich gelöst, weil dadurch die NX1 blockiert ist, während der Akku lädt. Ebenfalls an der Unterseite befindet sich ein Anschlussfeld, das von einer Gummiabdeckung geschützt wird. Hierüber tritt die NX1 mit dem optionalen Hochformatgriff ED-VGNX01 (ca. 250 Euro) in Kontakt. Das Stativgewinde hat Samsung korrekt in der optischen Achse angeordnet.
Ausstattung Obwohl die NX1 eine Reihe professioneller Funktionen an Bord hat, bringt sie auch für den schnellen Schnappschuss eine Reihe von Hilfen mit. Da ist zunächst einmal eine intelligente Vollautomatik, die einem jegliche Einstellarbeit abnimmt. Alternativ bietet die die NX1 einen Smart-Modus, in dem man direkt das gewünschte Motivprogramm oder einen der Assistenten für spezielle Zwecke wählt. Unter diesen Assistenten findet sich zum Beispiel eine Panorama-Automatik, bei der die Kamera einfach mit gedrücktem Auslöser über die Szenerie geschwenkt wird. Ähnlich einfach funktioniert die HDR-Automatik, die zwar keine Einstellmöglichkeiten bietet, in der Praxis aber auch so mit ausgewogenen Ergebnissen überzeugt. Der Bordblitz funktioniert bei den Automatiken allerdings nur, wenn er zuvor ausgeklappt wurde.
Selbstredend, dass die NX1 auch die üblichen PASM-Modi an Bord hat. Keine Selbstverständlichkeit ist hingegen, dass die NX1 im Modus M die Belichtung per ISO-Automatik steuern kann – eine praktische Sache, wenn man auf eine feste Zeit-/Blendenkombination angewiesen ist. Gut ist ferner, dass sich bei der NX1 die Belichtung gezielt auf die Bildpartie unter dem aktiven AF-Feld ausrichten lässt. Die ISO-Automatik gibt sich ebenfalls konfigurationsfreudig: Sie erlaubt sowohl die Vorgabe einer maximalen ISO-Empfindlichkeit als auch die Angabe der längsten erlaubten Verschlusszeit. Gerade für Action-Fotografen ist das wichtig, denn dann ist oftmals ein verrauschtes Foto weniger problematisch, als eines, bei dem das Hauptmotiv in Bewegungsunschärfe zerfließt. Bildpartien, in denen Überbelichtung droht, schraffiert die NX1 auf Wunsch im Sucherbild – auch diese Funktion hat sich in der Praxis als hilfreich erwiesen. Bei schwierigen Belichtungssituationen kann die NX1 die Lichter dämpfen oder gleich HDR-Aufnahmen in drei unterschiedlichen Stärken aufzeichnen.
Kaum eine Blöße gibt sich das Blitzsystem der NX1. Bestenfalls könnte man der Kamera ankreiden, dass ihr eine PC-Synchronbuchse fehlt; drahtgebundene Studioblitzanlagen kann sie nicht ansteuern. Ansonsten ist alles dabei, was man sich nur wünschen kann: Die NX1 beherrscht die Langzeitsynchronisation, wahlweise auch auf den zweiten Vorhang und bietet eine Funktion zur Unterdrückung rotgeblitzter Augen. Via Systemblitzschuh lässt sie sich mit einem externen Gerät aufrüsten; der Systemblitz SEF580A kann auch drahtlos angesteuert werden, wobei der Bordblitz als Master fungieren kann.
Auf Wunsch blendet die Samsung NX1 eine Fülle an Informationen ins Sucherbild ein. Hier ist unten die Entfernungsskala zu sehen, mit deren Hilfe sich auch der AF-Bereich (Fokuslimiter) vorgeben lässt. [Foto: Martin Vieten]
Eine elektronische Wasserwaage ermöglicht es, die Samsung NX1 exakt auszurichten. [Foto: Martin Vieten]
Mithilfe der cleveren iFunction-Funktion steuert man die wichtigsten Parameter über den Einstellring am Objektiv der Samsung NX1. Praktisch, wenn man zum Einstellen weiterhin in den Sucher blicken möchte. [Foto: Martin Vieten]
Auch via Schnellmenü lässt sich die Samsung NX1 bequem konfigurieren. Insbesondere da das berührungsempfindliche Display Kommandos auch per Fintertipper und -gesten entgegennimmt. [Foto: Martin Vieten]
Das Hauptmenü der Samsung NX1 ist recht übersichtlich und lässt sich ebenfalls per Touch-Gesten bedienen. [Foto: Martin Vieten]
Im Wiedergabemodus blendet die Samsung NX1 bei Bedarf eine Vielzahl an Informationen ein. [Foto: Martin Vieten]
Die Samsung NX1 kann Videos in 4K-Auflösung aufzeichnen und dank des hocheffizienten H.265-Codecs direkt auf SD-Karten speichern. [Foto: Martin Vieten]
Wie es sich für eine anspruchsvolle Kamera gehört, sind die Eingriffsmöglichkeiten in die Bildaufbereitung der NX1 hoch. Es lassen sich nicht nur wie üblich Sättigung, Kontrast und Schärfe anpassen, sondern auch noch die Farbbalance und der Farbton. Um bei den vielen Konfigurationsmöglichkeiten nicht den Überblick zu verlieren, erlaubt die NX1, zwei Individual-Konfigurationen zu speichern – diese lassen sich dann bequem über das Programmwählrad abrufen.
Wenn Serienaufnahmen gefordert sind, verspricht die NX1 sogar ausgewiesene Sportboliden wie die Nikon D4s oder Canon 1D X abzuhängen. Um es vorwegzunehmen: Samsung nimmt den Mund keineswegs zu voll. Wird in JPEG aufgezeichnet, schießt die NX1 atemberaubende 15,1 Fotos pro Sekunde (fps); in Raw sind es immerhin noch 14,4 fps. Schneller ist derzeit keine andere Kamera mit APS-C- oder Kleinbildsensor! Bei JPEG-Aufnahmen hält sie das extrem hohe Tempo zudem für gut 80 Fotos (oder 5,5 Sekunden) durch; bei Raw-Fotos geht ihr allerdings schon nach ca. 20 Aufnahmen die Puste aus. Im Dauerlauf schafft sie dann immerhin noch ordentliche 4,3 fps bei JPEG-Aufnahmen, jedoch nur noch 2 fps in Raw. Positiv ist hingegen, dass Samsung dieses Ergebnis nicht nur mit einem großen Pufferspeicher erzielt, sondern auch mit einer sehr schnellen Signalverarbeitung. Selbst nach 30 Sekunden Dauerfeuer hat die NX1 die Daten im Nu weggeschrieben und ist wieder aufnahmebereit – das ist längst noch nicht bei allen Kameras so.
Auch wenn es um Videoaufnahmen geht, macht der NX1 so schnell keine andere Kamera etwas vor. Aus der Masse sticht sie vor allem dadurch hervor, dass die NX1 UHD-Videos in den Formaten 4.096 x 2.160 (19:10) und 3.840 x 2.160 (16:9) aufzeichnen kann. Das Beste daran: Dank des sehr effizienten H.265-Codecs speichert sie UHD-Videos auch intern auf einer Speicherkarte, ein kostspieliges externes Aufzeichnungsgerät ist also nicht nötig. Für höchste Bild- und Tonqualität kann die NX1 das unkomprimierte Signal jedoch auch via HDMI ausgeben. Daneben besteht die Möglichkeit zur Aufzeichnung mit geringeren Auflösungen, wobei die NX1 dann bis zu 60 Vollbilder je Sekunde aufnimmt. Der Stereoton lässt sich manuell aussteuern, wer Wert auf eine besonders hohe Tonqualität wert, kann ein externes Mikrofon sowie einen Kopfhöherer zum Mithören an die Kamera anschließen.
In der Videopraxis besticht die NX1 vor allem durch ihren sehr schnellen und treffsicheren Autofokus (mehr dazu im Abschnitt „Objektiv“). Er führt bei Schwenks die Schärfe absolut treffsicher und ohne jegliches Pumpen nach. Schön ist ferner, dass die NX1 Zeitraffer und Zeitlupen aufzeichnen kann und optional jedes Video über Schwarz ein- beziehungsweise ausblendet.
In Sachen Konnektivität zwischen Kamera und Mobilgerät zählt Samsung zu den Pionieren. Kein Wunder also, dass auch die NX1 hier einiges zu bieten hat. Alles, was man dazu benötigt, ist die App „Samsung Camera Manager“ (für Android und iOS erhältlich) auf dem Mobilgerät. Besitzer eines Android-Handys sind dabei fein raus, denn zu diesen Geräten stellt die NX1 eine Verbindung via NFC her. Steht die Verbindung, lässt sich die NX1 vom Mobilgerät aus fernsteuern, überträgt die Aufnahmen nahtlos und zeigt das Sucherbild auf dem Display des Smartphones oder Tablets an. Sogar als GPS-Logger kann das Mobilgerät dienen, dazu braucht man es lediglich via Bluetooth mit der Kamera zu verbinden.