Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Samsung NX100
2010-12-11 Mit der NX100 bringt Samsung erstmals so etwas wie "Design" in die NX-Serie. Doch nicht nur optisch hängt die spiegellose Systemkamera ihre älteren Schwestern ab, auch das Gehäuse selbst konnte Samsung schrumpfen, ohne bei der Technik zu sparen. Mit dem i-Function-Knopf am Objektiv geht der koreanische Hersteller darüber hinaus neue Wege in der Bedienung. Ob die Kamera sowohl im Gesamtkonzept als auch von der Bildqualität überzeugen kann, hat die digitalkamera.de-Redaktion im Labor und in der Praxis getestet. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung Das Design der Samsung NX100 weiß mit seiner schlichten Nüchternheit zu gefallen, die silberne Oberseite setzt sich angenehm vom schwarzen Kunststoffgehäuse ab. Beim Anfassen allerdings bekommt man das Gefühl, keine besonders hochwertige Kamera in den Händen zu halten, Beim beherzten Zupacken "ächtzt" der Kunststoff. Da das Gehäuse vorne völlig glatt ist und auch hinten nur eine leichte Ausbuchtung für den Daumen vorhanden ist, hat man kein besonders sicheres Haltegefühl. Wie gut, dass die Kamera oben in der Nähe des Auslösers etwas dicker wird, damit sie einem nicht aus der Hand rutscht. Die einzigen Metallteile sind an den Gurtösen, dem Blitzschuh sowie dem Stativgewinde zu finden, das sich in der optischen Achse befindet. Das Akku- und Speicherkartenfach ist ebenfalls auf der Unterseite zu finden und lässt sich auch mit angebrachter Stativplatte noch öffnen, sofern sie nicht zu riesig ausfällt. Mit nur 335 g ist die Kamera sehr leicht, das angesetzte 20-50mm-Zoom sorgt mit seinen 220 g daher dafür, dass die Kombination nach vorne kippt. Das ist ungünstig, möchte man die Kamera zum Fotografieren mangels Stativ auf eine feste Unterlage stellen.
Das Objektiv hat eine "Parkposition", in der es angenehm kompakt ausfällt. Ein kleiner Dreh am Zoomring reicht, um es in die aufnahmebereite Position zu fahren. Allerdings fehlen dem Objektiv mit 20 mm Anfangsbrennweite, die 30 mm Kleinbild entsprechen, ein paar Millimeter Weitwinkel. Ärgerlicher ist, dass weder im Objektiv noch im Gehäuse ein Bildstabilisator verbaut wurde. Der Autofokus ist hingegen mit 0,4 bis 0,5 s schnell genug und arbeitet sehr präzise, im Dunkeln springt ein grünes AF-Hilfslicht an. Die manuelle Fokussierung ist dagegen mangels Entfernungsskala und zu gering vergrößernder Lupe eher schätzungsweise als pixelgenau möglich.
Beim Bedienkonzept hingegen weiß die Kamera zu überzeugen. Der 3" (7,6 cm) große AMOLED-Bildschirm löst feine 614.000 Bildpunkte auf und bietet ein helles, kontrastreiches und farbenfrohes Bild. Die Menüs sind optisch ansprechend und übersichtlich gestaltet. Die meisten wichtigen Funktionen sind aber sowieso über Direktwahltasten erreichbar, wie etwa der Weißabgleich, die ISO-Empfindlichkeit oder der Autofokus. Das Schnellmenü über die Fn-Taste sowie die frei belegbare C-Taste an der linken Gehäuseseite sorgen ihrerseits für schnellen Zugriff auf bestimmte Optionen. Sehr pfiffig ist auch die i-Function. Ein Knopf am Objektiv ruft nacheinander bestimmte Einstellungen auf, deren Wert einfach über den Fokusring eingestellt werden kann. Warum man dagegen auf dem Programmwählrad neben dem Motivprogrammmodus mit Funktion des i-Fn-Knopfes zur Wahl des Motivprogramms auch noch einen Motivprogrammmodus ohne Funktion der nützlichen Taste findet, leuchtet nicht ganz ein. Hier muss das Motivprogramm dann über das Fn-Menü eingestellt werden. Wer dagegen nur auf den Auslöser drücken möchte, findet eine Vollautomatik, die mittels Motiverkennung selbst das Motivprogramm einstellt.
Darüber hinaus sorgen zwei Drehräder für eine einfach Bedienung. Eines ist hinter dem Auslöser auf der Kameraoberseite für den Zeigefinger gut erreichbar zu finden, das andere ist rund um das Steuerkreuz angeordnet und soll vom Daumen bedient werden. Allerdings geht das Rad zu schwer und das Steuerkreuz zu leicht, so dass man beim Drehen oft unbeabsichtigt in eine andere Funktion wechselt. Während der Bildschirm ein ausgezeichnetes Sucherbild liefert, kann der optional im Zubehör erhältliche Aufstecksucher nicht so recht überzeugen. Mit 202.000 Bildpunkten löst er nur grob auf und bleibt weit hinter den aktuellen technischen Möglichkeiten zurück, sind doch Sucher mit 920.000 bis 1,44 Mio Bildpunkten bei Teilen der Konkurrenz zu finden. Noch nicht einmal klappbar ist er, auch der Einblick ist sehr klein. Die Abdeckung vom Sucheranschluss unterhalb des Blitzschuhs ist auch sehr klein und wird schnell verloren gehen. Hinter der Plastikklappe für die Schnittstellen an der linken Gehäuseseite findet man hingegen alles, was das Herz begehrt: Anschlüsse für Netzteil, USB und AV (kombiniert), Kabelfernauslöser sowie HDMI.
Ausstattung Technisch vermag die Samsung NX100 durchaus zu überzeugen. Neben Automatiken mit oder ohne Eingriffsmöglichkeit bis hin zu halb- und vollmanueller Belichtung bietet die kleine Systemkamera alles, was man im Fotoalltag braucht. Sie zeichnet auf Wunsch auch RAW- und JPEG-Fotos simultan auf. Der Weißabgleich kennt nicht nur die recht zuverlässige Automatik und zahlreiche Presets, sondern auch einen manuellen Abgleich, eine Farbtemperaturvorwahl sowie eine zweiachsige Feinkorrektur aller Voreinstellungen inkl. der Automatik. Wem der Standardbildeindruck nicht gefällt, kann diesen weiter anpassen, auch eine SW- und Sepiafunktion sind schon bei der Aufnahme aktivierbar. Die ISO-Automatik endet wahlweise bei 200, 400, 800 oder 1.600 ISO. Manuell sind 100-3.200 ISO einstellbar, nach Freischaltung auch ISO 6.400. Außerdem gibt es umfangreiche Bracketing- bzw. Belichtungsreiheneinstellungen.
Als Multitalent erweist sich der Systemblitzschuh. Wer überhaupt blitzen möchte, muss sich allerdings ein externes Blitzgerät kaufen, denn ein integriertes hat die NX100 nicht. Drei externe Geräte unterschiedlicher Größe und Leistung stehen zur Auswahl, wobei das kleinste SEF15A am besten zur Kamera passt. Indirektes Blitzen ist damit zwar nicht möglich, auch reichen die zwei Microbatterien (AAA) nicht allzu weit, aber mit einer Leitzahl von 15 geht die Leistung in Ordnung. Besonders interessant ist das Aufsteck-GPS (GPS10). Es liefert die Positionsdaten direkt über den Blitzschuh an die Kamera, die ein eigenes GPS-Menü besitzt. Das ist die wohl unkomplizierteste Art für Geotagging bspw. in fremden Städten, um später die Aufnahmestandorte und Motive zielgenau identifizieren zu können. Als Stromquelle dienen ebenfalls zwei Microbatterien (oder Akkus der Größe AAA). Da das GPS einen eigenen Einschaltknopf hat, muss man aufpassen, es auch mit einzuschalten. Die automatische Abschaltung, wenn die Kamera eine Weile aus ist, stellt dabei einen kleinen Stolperstein dar. Anhand der Kontroll-LED, die rot oder grün leuchtet, kann man den Empfang sehen (grün entspr. Position erkannt).
Die Samsung NX100 gehört dem noch recht jungen NX-System von Samsung an. Das Konzept als Systemkamera mit Wechselobjektiven kommt ohne Schwingspiegel aus, was die Kamera und Objektive etwas kompakter macht. Dabei bleibt bei einem APS-C-Sensor mit einem Cropfaktor von 1,5 die potentiell gute Bildqualität erhalten. Bis auf Leica-M sind zudem alle verbreiteten Bajonette adaptierbar, wobei sich die manuelle Fokussierung wie eingangs beschrieben als kniffelig erweist. Der Nachteil des jungen Systems ist der Mangel an Objektivauswahl, bspw. bekommt man keine vernünftigen Weitwinkelobjektive, auch ein Makroobjektiv fehlt noch im Programm. Abhilfe will Samsung 2011 schaffen.
Bei einer modernen Systemkamera darf die HD-Videofunktion nicht fehlen. 1.280 x 720p nimmt die NX100 bei 30 Bildern pro Sekunde auf, gespeichert wird im MP4-Format. Allerdings ist die Videofunktion etwas stiefmütterlich umgesetzt. Das eingebaute Mikrofon zeichnet nur in Mono auf und es gibt keinen externen Mikrofonanschluss. Auch eine FullHD-Aufzeichnung bspw. im modernen AVCHD-Format könnte die Kamera weiter aufwerten. Die Schärfe wird beim Filmen nicht automatisch nachgeführt, und zur Aufnahme muss man in das richtige Programm auf dem Wählrad wechseln. Interessant ist dagegen ein spezielles Motivprogramm, das nicht nur ein Foto, sondern auch den Ton, also die Atmosphäre der Aufnahme, 8 Sekunden lang einfängt.
Bildqualität Bisher konnte der 14,6 Megapixel auflösende CMOS-Sensor aus der Samsung-Produktion weder in einer Samsung noch einer Pentax so richtig überzeugen. Dynamikumfang und Rauschverhalten waren bisher messbar schlechter als bei der Konkurrenz. Während Pentax in seinen neuesten Kameras wieder auf Sony-Sensoren setzt, bleibt Samsung bei seiner unveränderten Eigenproduktion. Um die Bildqualität zu messen, schickten wir die NX100 in das anerkannte Testlabor von Anders Uschold, der die Kamera sowohl mit dem 20-50mm-Setobjektiv als auch mit dem "alten" 30mm-Pancake auf verschiedene Parameter hin untersuchte. Wer den Laborbericht, auf dem die folgenden Betrachtungen beruhen, im Detail lesen möchte, findet ihn inkl. vieler Diagramme in den weiterführenden Links. Während Inhaber einer Flatrate (ab 4,16 EUR pro Monat) den Labortest direkt sehen können, müssen die anderen 1,40 EUR dafür bezahlen.
Bei der gemittelten Auflösung bzw. dem Wirkungsgrad schlägt sich das Setobjektiv mit dem 2,5fachen Zoomfaktor gar nicht schlecht. Dabei ist die Auflösung allerdings insbesondere bei Offenblende nicht ganz so gleichmäßig, die Details werden eher in der Mitte gut aufgelöst als am Bildrand. Abblenden hilft etwas, denn dabei steigt die Randauflösung, während sie in der Mitte leicht fällt. Das gilt für alle Brennweiten. Dabei fällt die Bildaufbereitung allerdings recht aggressiv aus. Das zeigt sich einerseits an Moirés und Artefakten an feinen Strukturen und an der starken Nachschärfung andererseits, die an kontrastreichen Kanten zu unschönem Weiß- und Schwarzclipping bis hin zu Doppellinien, die Kanten an der dunklen Seite wie mit einem Kajalstift nachgezogen erscheinen lassen. An der hellen Seite hingegen gibt es einen weißen Schimmer. Aufgrund der hohen Auflösung wird man diese Probleme aber nur bei großformatigen Abzügen ausmachen können.
Die Verzeichnung des Objektivs hat Samsung hervorragend auskorrigiert, wobei diese Korrektur angesichts des Zooms wohl elektronisch erfolgt. Gleiches gilt für die Randabdunklung, wobei die Korrektur etwas zu unpräzise arbeitet, d. h. die äußersten Ecken werden sogar wieder leicht heller, was bei bestimmten Motiven sichtbar werden kann und einen etwas unnatürlichen Effekt erzeugt. Eingangsdynamik und Rauschen enttäuschen für eine Kamera mit diesem Sensorformat. Diese Parameter hat Samsung weiterhin nicht im Griff. Selbst bei ISO 100 erreicht die NX100 die 8 Blendenstufen nur knapp, hier schaffen andere Kameras bis zu 9. Bei höheren Empfindlichkeiten fällt die Dynamik weiter ab. Das aggressive Salz-und-Pfeffer-Rauschen seinerseits deutet auf eine zu hohe und schnell (um nicht zu sagen schlampig) berechnete Rauschunterdrückung hin. Nur die Tonwertkurve ist außergewöhnlich neutral, sie wirkt wie mit einem Lineal gezogen. Nur die Schatten laufen etwas weich und zu hell aus, was aber bis einschließlich ISO 1.600 im tolerierbaren Bereich liegt. Zwar bietet die NX100 nur zwei Auflösungsstufen, weniger als 10 Megapixel kann man nicht speichern, dafür aber drei gut abgestimmte Komprimierungsstufen, so dass man die Bildqualität, sollte die Speicherkapazität doch mal knapp werden, fein genug justieren kann. Bei höchster Qualität zeigen sich zwar keine sichtbaren Komprimierungsartefakte, trotzdem könnte die Samsung aber etwas weniger stark Komprimieren, um noch bessere Bildqualität zu bieten.
Fazit Optisch kommt die Samsung NX100 durchaus gefällig daher, die Plastikgehäusequalität fällt dagegen deutlich zurück, zumal es an Gummierungen oder anderen Halt gebenden Elementen weitgehend fehlt. Trotzdem ist die Bedienung der "aalglatten" Kamera durchaus gelungen, was vor allem auf die i-Function zutrifft. Darüber hinaus wissen viele technische Details den Fotografen zu begeistern. Hier mangelt es aber noch ein wenig an der Liebe zum Detail, was bspw. auch auf den grobkörnigen und ohne Klappmechanismus ausgestatteten Aufstecksucher zutrifft – das können andere besser. Auch die Bildqualität hinterlässt einen eher zwiespältigen Eindruck, der 14,6-Megapixel-Sensor aus koreanischer Produktion vermag nicht in allen Aspekten mit den aktuellen Sensoren von Sony, Nikon und Canon mitzuhalten. Alles in allem bleibt eine mittelmäßige Kamera für Einsteiger- und Hobbyfotografen. Sie liefert für ihren Preis aber angemessene Ergebnisse. Der anspruchsvolle Fotograf und Technikfreak hingegen wird weniger begeistert sein.
Kurzbewertung
- Aufsteck-GPS für einfaches Geotagging im Zubehörprogramm
- Akkurater, genügend schneller Autofokus
- Durchdachtes Bedienkonzept (mit i-Function)
- Gefälliges Design
- Liebloser elektronischer Aufstecksucher (kein Klappmechanismus, geringe Auflösung)
- Billig wirkendes, "aalglattes" Gehäuse
- Bildqualität hinkt leicht hinter der Konkurrenz her
- Sehr dünnes Objektivprogramm (vor allem kein Weitwinkel)
Technische Daten
Modell |
Samsung NX100 |
Sensor |
CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 15,1 Megapixel (physikalisch), 14,6 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.592 x 3.056 (3:2) |
Video (max.) |
1.280 x 720 30p |
Objektivanschluss |
|
Monitor |
3,0", 0,614 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (247 Felder) |
Belichtungsreihe |
3 Aufnahmen, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
nein |
Blitzanschuh |
Samsung, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,0 Bilder/s und max. 10 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
ja |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
manuell ISO 100 bis 6.400 |
Abmessungen |
121 x 71 x 35 mm (B x H x T) |
Gewicht |
350 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/5C5SO (mit Preisvergleich) |