Spiegellose Systemkamera, Systemkamera
Testbericht: Samsung NX11
2011-05-04 Vor rund einem Jahr trat hier die Samsung NX10 zum Test an und sorgte für eine faustdicke Überraschung: Sie war die erste spiegellose Systemkamera mit einem Sensor in APS-C-Größe – und zeigte doch einige Schwächen bei der Bildqualität. Jetzt löst Samsung das Modell durch die NX11 ab. Unser Kompakttest klärt, was Samsung mit der NX11 besser macht und ob die Bildqualität jetzt hält, was der APS-C-Sensor verspricht. (Martin Vieten)
Ergonomie und Verarbeitung Selten hatten wir eine Kamera in der Hand, bei der der Hersteller im Vergleich zur Vorgängerin so wenig geändert hat, wie Samsung mit der NX11. Selbst auf den zweiten Blick scheint es nur das Typenschild zu sein, das ausgetauscht wurde. Sogar unter der Haube hat sich wenig getan – mehr dazu später. Rein äußerlich bleibt es aber mit der NX11 bei der spiegellosen Systemkamera mit dem größten Gehäuse. Mit einer Breite von 12,3 Zentimetern und einer Höhe von 8,7 Zentimetern kann sich die NX11 kaum hinter einer kleinen DSLR verstecken, allerdings fällt sie mit einer Tiefe von vier Zentimetern deutlich schlanker aus. Dennoch: Spätestens wenn das Set-Objektiv 18-55/3.5-5.6 II OIS angeflanscht ist, verlangt die NX11 für den Transport nach einer (kleinen) Fototasche – eine Olympus Pen E-PL2 oder gar Sony NEX erweist sich da im Vergleich als ein wenig mobiler. Das etwas wuchtige Gehäuse hat jedoch auch einen klaren Vorteil: Es liegt sehr gut in der Hand. Und dank des hervorragend geformten Handgriffs lässt sich mit der NX11 sicher einhändig fotografieren, zumal diese Griffwulst auch noch mit einem rutschfesten Material bezogen ist. Ein weiterer Pluspunkt für das nicht ganz so miniaturisierte Gehäuse: Es bleibt genügend Platz für dedizierte Schalter sowie ein üppiges 3-Zoll-Display.
Auf der Oberseite hat Samsung das bereits von der NX10 bekannte, umfangreiche Modusdrehrad beibehalten. Etwas ungewöhnlich platziert ist das Wählrad, es sitzt hinter dem Auslöser. Das ist nicht einmal schlecht gelöst, auch an dieser Position lässt sich das Rad leicht erreichen und drehen, etwa um die Belichtung zu korrigieren. Allerdings dürfte das Rad gerne etwas strammer gehen, es verstellt sich leicht unbeabsichtigt. Auf dem Kamerarücken finden sich in Reichweite des Daumens eine Reihe weiterer Tasten sowie eine Vier-Wege-Wippe. Alles ist klar gegliedert und gibt wenig Rätsel auf, allerdings sind die Schalterchen etwas klein geraten. Besonders praktisch ist, dass Samsung der NX11 auch ein Fn-Taste spendiert hat, über sie greift man besonders schnell auf die wichtigsten Funktionen zu. Unterm Strich vermisst man also höchstens ein zweites Einstellrad, wie es indes auch meist erst DSLRs ab der gehobenen Mittelklasse vorzuweisen haben. Doch dieses zweite Einstellrad fehlt nicht wirklich, zumindest nicht, solange ein Objektiv mit der von Samsung entwickelten iFn-Taste an der Kamera angesetzt ist. Wird diese Taste gedrückt, bekommt der Fokusring am Objektiv die Funktion eines zweiten Wählrads. Mit ihm verstellt man dann bequem die ISO-Empfindlichkeit, den Weißabgleich oder die Blende im Modus M – um nur einige der vielfältigen Möglichkeiten zu nennen. Ganz neu ist diese Funktion aber auch an der NX11 nicht, sie ließ sich bereits bei der Vorgängerin per Firmware-Update nachrüsten.
Bei dem Display auf der Rückseite der Kamera hat Samsung nicht gespart, sondern gekleckert: Bei einer Diagonalen von drei Zoll löst es das Sucherbild in 640 Zeilen und 480 Spalten auf (VGA-Auflösung). Dank der von Samsung eingesetzten PenPile-Technik werden für die Darstellung eines farbigen Bildpunkts jedoch nur zwei statt der üblicherweise drei Sub-Pixel benötigt. So ist es kein Nachteil, dass das Datenblatt der NX11 die Auflösung des Displays lediglich mit 614.000 Bildpunkten (Sub-Pixeln) angibt. Ein weiterer technischer Leckerbissen: Samsung hat den Monitor der NX11 in AMOLED-Technik ausgeführt. Und so überzeugt das Display mit einer hervorragenden Blickwinkelstabilität – selbst wenn man nahezu im 90-Grad-Winkel darauf schaut, kippen die Farben nicht. Dennoch: Ein klappbares, gar schwenkbares Display in herkömmlicher TFT-Technik wäre in der alltäglichen Fotopraxis noch nützlicher. Und im hellen Sonnenlicht dürfte das Display gerne noch stärker leuchten. So bietet sich als Alternative der Videosucher an. Er löst ebenfalls mit mehr als 640 mal 480 Bildpunkten auf, stellt das Bild also recht detailliert und vor allem ohne Schlieren dar. Selbst eine Dioptrienkorrektur hat Samsung nicht vergessen, die allerdings sehr fummelig zu bedienen ist. Und ein Näherungssensor am Videosucher sorgt dafür, dass dieser das Sucherbild automatisch vom Display übernimmt, sobald man die Kamera in klassischer Fotografenmanier vors Gesicht hält. Sobald man eine Brille aufhat, strauchelt dieser Augensensor leider bisweilen, der Videosucher bleibt dann dunkel und eine Taste zur manuellen Aktivierung gibt es nicht. Keinen Anlass zur Kritik bieten die Menüs: Sie sind klar strukturiert, auf dem hervorragenden Display bequem zu lesen und geben oftmals hilfreiche Erklärungen. Das aus Edelstahl gefertigte Stativgewinde sitzt in der optischen Achse, Akkuschacht und Speicherkarte sind auch bei angesetzter Stativplatte zugänglich.
Ausstattung Die Samsung NX11 bietet praktisch alles, was sich sowohl Gelegenheitsknipser und Point-to-Shoot-Fotografen als auch ambitionierte Fotografen wünschen. Wer sich keine langen Gedanken um die passende Kameraeinstellung machen möchte, wählt eines der zwölf Motivprogramme. Oder überlässt es der Smart-Auto-Funktion, abhängig vom anvisierten Motiv das passende Programm selbsttätig zu wählen. Eine Gesichtserkennung ist ebenfalls an Bord, sie kann sogar bis zu zehn Gesichter unterscheiden. Recht clever ist die Panoramafunktion der NX11: Um ein Breitbild aufzuzeichnen, wird die Kamera einfach bei gedrücktem Auslöser über die Szenerie geschwenkt. Das funktioniert im Querformat vorzüglich, wird die NX11 aber im Hochformat gehalten, gelingt es ihr oft nicht, die Einzelbilder zu einem überzeugenden Panorama zusammenzusetzen.
Ambitionierte Fotografen, die sich nicht auf die Vollautomatiken verlassen möchten, können mit der NX11 die Belichtung halbautomatisch via Zeit- oder Blendenvorwahl steuern oder ganz manuell einstellen. Zudem gibt es die klassische Programmautomatik, die sich indes nicht übersteuern lässt. Auf Knopfdruck nimmt die NX11 auch Belichtungsreihen auf, die stets aus drei Aufnahmen bestehen. Klassische Serienbilder gehen auch, wobei die NX11 leider genauso gemächlich zu Werke geht, wie ihre Vorgängerin: Mit rund 3 Bildern pro Sekunde ist sie wahrlich keine Sprinterin. Geradezu ärgerlich ist zudem, dass die Aufnahme von RAW-Serien die Kamera eine kleine Ewigkeit blockieren, bis die Daten aus dem Pufferspeicher auf die Speicherkarte übertragen sind – das zumindest hätte Samsung mit dem Wechsel der Modellnummer abstellen müssen! Optimierungsbedarf zeigt weiterhin die Fokuslupe beim manuellen Scharfstellen – sie vergrößert einfach nicht stark genug. Sehr schön ist hingegen, dass die NX11 ein ganzes Dutzend verschiedener Bildstile bietet, etwa "Portrait", "Landschaft" oder "Kühl", die sich zudem noch individuell konfigurieren lassen.
Dank des etwas voluminösen Gehäuses hatte Samsung keine Schwierigkeiten, die NX11 mit einem kleinen Bordblitz auszustatten. Wird die Kamera vollautomatisch betrieben, springt der Lichtspender automatisch hoch. In der Praxis fiel der Blitz sehr angenehm durch seine Zurückhaltung auf, nicht viele Kameras hellen einen Vordergrund im Schatten derart dezent auf wie die NX11. Mit seiner Leitzahl 11 ist der Blitz nicht sonderlich stark. Die Kamera bietet aber einen proprietären Blitzschuh zum Anschluss eines Systemblitzgeräts, derzeit hat Samsung zwei passende Geräte im Programm. Die Blitzfunktionen beschränken sich auf Hausmannskost wie Blitzen auf den zweiten Vorhang oder Rote-Augen-Reduktion; professionelle Features wie drahtlose Blitzsteuerung oder High-Speed-Synchronisation kennt die NX11 nicht.
Unverändert gegenüber dem Vorgängermodell blieben die Videofähigkeiten der NX11: Die maximale Auflösung beträgt 1.280 x 720 Pixel (HD), die Bildwiederholrate liegt bei jeweils 30 Bildern die Sekunde. Filmaufnahmen speichert die Kamera mit MPEG4-Kompression (H.264), die Aufnahme wird nach spätestens 25 Minuten beendet. Ton zeichnet die Kamera stets in mono auf, weiterhin gibt es keine Anschlussmöglichkeit für ein externes Stereo-Mikrofon. Neu ist allerdings, dass die Kamera nun beim Filmen auf Wunsch automatisch nachfokussiert. Dabei arbeitet der Fokusmotor des Set-Objektivs angenehm leise, so dass kaum Störgeräusche aufgezeichnet werden. Der Autofokus ist angenehm flott, allerdings ist bei bewegten Motiven die Trefferquote systembedingt nicht so hoch wie bei einer DSLR.
Bildqualität Als vor rund einem Jahr die NX10 erschien, war sie die erste spiegellose Systemkamera mit einem Sensor im APS-C-Format. Das weckte natürlich hohe Erwartungen in die Bildqualität, die die Kamera jedoch nicht in allen Punkten erfüllen konnte. Jetzt stellt sich also die brennende Frage, ob sich Samsung die Kritik zu Herzen genommen hat, und in Sachen "Bildqualität" bei der NX11 nachgebessert hat. Wir haben der Kamera in der Praxis sowie im neuen Testlabor von digitalkamera.de gründlich auf den Zahn gefühlt. Da die Vorgängerin noch nach dem DCTau-Verfahren getestet wurde, lassen sich die Ergebnisse jedoch nicht direkt mit den aktuellen der NX11 vergleichen. Schon der erste Blick auf die Aufnahmen zeigt: Die NX11 ist eher knackig abgestimmt. So liegt die Schärfe in der Bildmitte etwas über dem theoretischen Optimum – ein klarer Hinweis darauf, dass die Kamera kräftig nachschärft. Zu den Bildrändern hin fallen Bildschärfe und Auflösung bei Offenblende deutlich ab, erst bei F11 sind die Randbereiche ebenso scharf wie das Bildzentrum. Das Set-Objektiv NX Lens 1:3.5-5.6 18-55 mm OIS II schöpft also das Auflösungsvermögen des Sensors nicht immer aus. Das wäre kein Beinbruch, wenn es leistungsfähige Alternativen gäbe. Die fehlen jedoch, Samsung hat aktuell gerade einmal fünf Objektive für das NX-System im Angebot. Immerhin verzeichnet das Objektiv über alle Brennweitenbereiche hinweg recht wenig, wobei ein Vergleich der RAW- und JPEG-Aufnahmen zeigt: Weitwinkelaufnahmen entzerrt die NX11 deutlich.
Eher forsch gibt sich die NX11 bei der Farbwiedergabe: Die Farben sind kräftig gesättigt, mit der Farbtreue nimmt es die Kamera nicht immer ganz genau. Rottöne betont sie besonders stark, Blautöne verbiegt sie deutlich Richtung Magenta. Dank der Möglichkeit, auch im RAW-Format aufzeichnen zu können, lassen sich der NX11 aber auch neutrale Farben entlocken. Sehr gut ist dagegen die Farbdifferenzierung der Kamera – zumindest bei ihrer Basisempfindlichkeit von ISO 200. Hier löst sie fast 23 Bit auf, kann also rund acht Millionen Farbtöne differenzieren. Leider nimmt die Farbempfindlichkeit mit zunehmender ISO-Zahl rasch ab, bereits bei ISO 800 beträgt sie nur noch 21 Bit. Das hat seinen Grund unter anderem darin, dass Samsung weiterhin das Farbrauschen nicht gut im Griff hat. Jenseits der ISO 400 ist das besonders störende Farbrauschen deutlich stärker ausgeprägt als das angenehmere Helligkeitsrauschen. Das gilt zum Glück nur für die JPEG-Dateien aus der Kamera. Entwickelt man dagegen die RAW-Dateien der NX11 in Adobe Camera Raw, lässt sich auch in Sachen "Bildrauschen" eine deutlich bessere Qualität erzielen als sie die Kamera selbst zu liefern vermag.
Fazit Um es kurz zu machen: Mit der NX11 hat Samsung weitgehend die Chance vertan, die Patzer der Vorgängerin zu beheben. Mehr noch: Es bleibt das schale Gefühl, dass Samsung beim Nachfolgemodell kaum mehr als das Typenschild geändert hat. Die einzige wirkliche Innovation ist die "i-Function", mit der bei entsprechenden Objektiven der Fokusring zum Einstellrad mutiert – doch diese Funktion ließ sich bereits bei der NX10 per Firmware-Update nachrüsten. So bleibt es dabei, dass die NX11 eine der größten Kameras ihrer Klasse ist. Der Handhabung kommt das zugute, nicht aber dem Platzbedarf. Die Ausstattung der NX11 ist ordentlich, bleibt indes ohne Highlights. Auch leistet sich die NX11 einige Schwächen, wie die sehr großen RAW-Dateien, die die Kamera blockieren, bis sie gespeichert sind. Die Bildqualität ist gut, besonders in niedrigeren ISO-Regionen. Bei höheren ISO-Einstellungen hat die NX11 etwas Probleme mit der Rauschunterdrückung, das Farbrauschen ist stärker ausgeprägt als klassenüblich. So bleibt unterm Strich, dass sich die NX11 nur schwer im inzwischen üppigen Angebot der spiegellosen Systemkameras behaupten kann. Einzig ihr vergleichsweise günstiger Preis mag ein gewichtiges Argument für die NX11 sein – dem entgegen steht jedoch das recht dürftige Angebot an Objektiven.
Kurzbewertung
- Gute Bildqualität, sofern in RAW aufgezeichnet wird
- Pfiffige "i-Function"-Funktion
- Ordentlicher Ausstattungsumfang
- Solides, ergonomisches Gehäuse
- Große RAW-Dateien, die die Kamera beim Speichern komplett blockieren
- Sehr eingeschränktes Angebot an Systemzubehör
- Interne Bildbearbeitung bleibt hinter dem Stand der Technik zurück (Farbrauschen, Farbverfälschungen)
- Im Vergleich zum Vorgängermodell kaum weiter entwickelt/verbessert
Technische Daten
Modell |
Samsung NX11 |
Sensor |
CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5) 15,1 Megapixel (physikalisch), 14,6 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.592 x 3.056 (3:2) |
Video (max.) |
1.280 x 720 30p |
Objektivanschluss |
|
Spiegelreflex-Sucher |
20 mm Augenabstand |
Sucher |
vorhanden |
Monitor |
3,0", 0,614 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Integral-, Spot- und Matrix-/Mehrfeld-Messung (247 Felder) |
Belichtungsreihe |
3 Aufnahmen, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
nein |
eingebauter Blitz |
ja |
Blitzanschuh |
Samsung, Standard-Mittenkontakt |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
Serienbildfunktion |
max. 3,0 Bilder/s und max. 10 Aufnahmen in bester Qualität |
kürzeste Verschlusszeit |
1/4.000 s |
Autofokus |
ja |
Speicher |
Speicherkartenfach 1: SD |
Empfindlichkeit |
manuell ISO 100 bis 3.200 |
Abmessungen |
123 x 87 x 40 mm (B x H x T) |
Gewicht |
409 g (betriebsbereit, ohne Objektiv) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/ND23X (mit Preisvergleich) |