Superzoom-Kamera, Travelzoom-Kamera, Kompaktkamera
Testbericht: Samsung WB650
2010-05-12 Samsung, einer der weltweit größten Konzerne, schaut gerne mal, was die anderen erfolgreich machen, um es dann selbst noch besser zu machen – zumindest rein technisch bzw. auf dem Papier gesehen. Andere bieten Superzoom-Kompaktkameras mit 10-14fachem Zoom, die WB650 hat ein 15faches. Andere bauen ein GPS ein, die WB650 hat sogar eine Kartenansicht. Andere besitzen 3"-Bildschirme mit 460.000 Bildpunkten, die WB650 kommt mit 920.000 Bildpunkten und der fortschrittlichen OLED-Technologie daher. Aber reicht die Technik alleine, um ein überzeugendes Produkt zu bauen? Wie die anderen Qualitäten der WB650 aussehen, haben wir uns im digitalkamera.de-Test näher angesehen. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung
Das Metallgehäuse der WB650 kann sich sehen lassen. Es wirkt robust, auch wenn die Samsung beim Verwinden des Gehäuses leichte Knarzgeräusche von sich gibt. Auffällig ist das GPS, das nachträglich aufgesetzt wirkt. Damit tritt dieses herausragende Ausstattungsmerkmal zwar optisch hervor, schön oder gar elegant geht aber anders. Ordentlich sind auch die Klappe zum Batterie- und Speicherkartenfach an der Unterseite sowie die Schnittstellenklappe auf der rechten Seite. Die WB650 nutzt den verbreiteten SD- bzw. SDHC-Standard, und der Li-Ion-Akku vom Typ SLB-11A ist ebenfalls bewährt, er sollte mit seinen 1.130 mAh bei 3,8 V für mindestens 250 Aufnahmen reichen – einen CIPA-konformen Messwert gibt Samsung indes nicht an. Hinter der Schnittstellenklappe verbergen sich ein HDMI-Mini- und ein Samsung-spezifischer Anschluss. Für Letzteren liegt ein recht kurzes USB-Kabel bei, über das der Kameraakku in der Kamera am Computer oder über das mitgelieferte USB-Netzteil geladen werden kann. Wer seinen (Zweit-)Akku extern laden möchte, muss sich ein Ladegerät kaufen. Das Metallstativgewinde ist in der Mitte des Kamerabodens angebracht, das ist allerdings nicht in der optischen Achse und liegt nahe am Batteriedeckel, so dass man bei Stativbetrieb weder Akku noch Speicherkarte wechseln kann.
Das optische Zoomobjektiv der WB650 glänzt vor allem durch seinen Brennweitenumfang von 24-360 mm (KB), ist aber mit Blende F3,2 bei Weitwinkel und F5,8 bei Tele nicht allzu lichtstark. Als Pluspunkt bzgl. der Flexibilität zeigt sich die Irisblende, denn sie kann fein abgestuft verstellt werden (Halbautomatiken und manuelle Belichtung sind vorhanden). Dass so ein Zoomriese einen optischen Bildstabilisator braucht, ist selbstverständlich, entsprechend ist er auch vorhanden. Die Zoomverstellung erfolgt zwar ergonomisch über eine Ringwippe um den Auslöser, ist aber weder besonders schnell noch sehr präzise – die kleinsten Zoomschritte sind relativ grob aufgeteilt.
Visuelle Zentrale auf der Kamerarückseite ist der AMOLED-Bildschirm, der mit 920.000 Bildpunkten äußerst fein auflöst, 3" (7,6 cm) groß ist und qualitativ zu überzeugen weiß. Die AMOLED-Technologie sorgt für ein kontrastreicheres und helleres Bild als bei üblichen LCD-TFT-Displays. Auch die Entspiegelung ist ein Pluspunkt. Trotzdem kommt die WB650 nicht gegen die Sonne an, heißt: Mitunter sieht man nicht mehr so viel. Bedienung und Menüs der WB650 sind gut gestaltet, an die wichtigeren Einstellungen kommt man über Direktwahltasten oder das schnelle Fn-Menü, der Rest geht über das optisch ansprechende Hauptmenü, dessen Menüpunkte sich gefällig in einem Kreisbogen anordnen.
Ausstattung
Kaum Wünsche bleiben auch bei der Fokuspunktwahl offen. Die WB650 besitzt neun Fokuspunkte, die sie automatisch ansteuert. Aber man kann sie auch auf den mittleren Messpunkt festlegen oder diesen sogar frei auf dem Bildschirm verschieben – inkl. optionaler Höhergewichtung des Fokuspunkts für die Belichtung. In dunklen Situationen schaltet die WB650 ein grelles orange Hilfslicht zu. Nicht so zuverlässig ist die Fokusgeschwindigkeit – sie schwankt zwischen 0,46 und 0,79 Sekunden, ist dabei aber interessanterweise bei bewölktem Himmel schneller als bei strahlendem Sonnenschein – bei anderen Kameras ist das umgekehrt. Die Geschwindigkeit könnte insgesamt durchaus besser sein. Man kann den Fokus aber auch manuell einstellen, muss dabei jedoch auf eine Vergrößerungslupe verzichten, die Entfernung wird lediglich in einem Balkendiagramm dargestellt. Das gilt übrigens auch für die Brennweite, die nicht in konkreten Zahlenwerten angezeigt wird.
Ein, wenn nicht sogar das Highlight der Samsung WB650 ist das GPS. Damit lassen sich die Fotos noch während der Aufnahme vertaggen, sofern Empfang besteht. Ein eigener Schalter auf der Kameraoberseite schaltet das GPS ein – ist die Kamera aus, ist das GPS aber auch aus und verbraucht keinen Strom. Was im ersten Moment ein Vorteil zu sein scheint, entpuppt sich in der Praxis als Nachteil: Die WB650 braucht rund 40 Sekunden, bis sie aus einem GPS-Signal tatsächlich einen Standort ermitteln kann. Deutlich schneller geht es, wenn die Kamera nicht zu lange ausgeschaltet war – aber 10 Sekunden bis zum ersten Foto mit aktueller GPS-Position sind immer noch relativ lange. Im Menü gibt es eine helfende Einstellung, die angibt, wie lange die letzte Position gültig bleibt, bis das neue Signal entschlüsselt wurde. Das bringt vor allem für Innenräume Vorteile, bedeutet aber falsch vertaggte Fotos, wenn man die Kamera an einem neuen Ort einschaltet und zu ungeduldig losfotografiert. Da scheinen die Ansätze in der Sony HX5V mit dem schnelleren aGPS oder in der Panasonic TZ10 mit dem permanenten GPS-Empfang praktikabler.
Fortschrittlich dagegen ist die Kartendarstellung der WB650 – nur ist leider keine Karte auf der Kamera vorinstalliert, das Handbuch schweigt sich dazu aus, und auf der beiliegenden CD gibt es auch keine Karte. Die Kamera verweist bei fehlender Karte auf eine koreanische Samsung-Website. Inzwischen gibt es auch auf der deutschen Samsung-Website eine Download- und Installationsanleitung (siehe weiterführenden Link). Die mehrere Dutzend Megabytes große Karte, aufgeteilt in mehrere Dateien, die man einzeln herunterladen muss, wird manuell in einem recht komplexen Prozedere auf der Speicherkarte installiert. Innovativer und vor allem benutzerfreundlicher wäre ein interner Kartenspeicher, ab Werk gefüllt und mit Updatemöglichkeit über eine PC-Software. Hat man die Installationshürde genommen (Achtung: Speicherkarte nicht formatieren, sonst ist die Landkarte auch weg), kann man durch die Karte "surfen" (Ausschnitt und Vergrößerung sind einstellbar), und die mit GPS aufgenommenen Fotos werden angezeigt (siehe Screenshot).
Die Probleme im Detail bzw. der praktischen Anwendung ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstattung der WB650, so auch bei der Videofunktion. HD-Video mit Stereomikrofon und MPEG4-Komprimierung – das klingt erstmal nicht schlecht. Bei der Aufnahme zeigt sich allerdings eine unzureichende Fokusnachführung, diese pumpt entweder suchend herum oder erstarrt in Unschärfe. In der Tonspur machen sich Zoom- und Fokusgeräusche unangenehm bemerkbar – die Tonaufzeichnung während des Zoomens im Menü abzuschalten, ist ein eher fauler Kompromiss. Hier hat die bei Video perfekte Sony HX5V die Messlatte verdammt hoch gelegt, aber auch die Panasonic TZ10 kann es besser als die Samsung WB650.
Bildqualität
Ob die WB650 in ihrem Hauptanwendungsgebiet, dem Fotografieren, überzeugen kann, haben wir sowohl in der Praxis als auch im DCTau-Testlabor mit entsprechenden Messungen untersucht (bzw. untersuchen lassen). Wer die Labormessergebnisse mit allen Details abrufen möchte, muss dafür einen kleinen Obolus entrichten – es sei denn, eine Flatrate (mit der auch die Ergebnisse anderer Kameras eingesehen werden können) ist sowieso schon
gebucht. Die Messergebnisse zeigen sich eher durchwachsen. Die Auflösung ist bei Offenblende gut, wenn auch mit einem gewissen Randabfall behaftet. Bei kleinerer Blendenöffnung macht sich Beugung bemerkbar, dafür schrumpft der Randabfall. Apropos Bildrand: Bei Brennweite 24 mm zeigt sich andeutungsweise eine spontane Vignettierung in den äußersten Bildecken, zoomt man nur eine Stufe weiter, ist diese aber verschwunden. Die Verzeichnung hingegen ist hervorragend auskorrigiert und im Weitwinkel nur minimal tonnen- und im Tele leicht kissenförmig. Ebenfalls problematisch am Bildrand: Farbsäume, die bei harten Kontrasten vorzugsweise im Weitwinkel auftreten.
Die Artefakte an feinen Bilddetails halten sich in Grenzen und sind für Kompaktkameraverhältnissse sogar gut, auch die Scharfzeichnung ist in Ordnung; lediglich leichtes Weißclipping ist zu beobachten, das bei üblichen Druckgrößen (bis ca. DIN A4) kaum auffällt. Nicht so gut im Griff hat Samsung das Bildrauschen, das auch schon bei ISO 80 deutlich wird. Bei höherer Empfindlichkeit steigt es merklich an, wobei sowohl dunklere als auch hellere Bereiche betroffen sind. Damit einhergehend ist die Eingangsdynamik eher schlecht. Zwar erreicht sie bei ISO 80 noch 8,3 Blendenstufen, sinkt dann aber kontinuierlich über 8 Blendenstufen bei ISO 200 und 7,2 Blendenstufen bei ISO 800 auf 6,3 Blendenstufen bei ISO 3.200. Auch die Ausgangsdynamik ist keine Stärke der WB650, ab ISO 800 ist der Schwarzwert stark erhöht, bei ISO 3.200 liegt er sogar bei 24 und verschenkt damit rund 10 % des möglichen Tonwertbereichs von 256 Helligkeitsstufen. Man sollte die WB650 nur bis ISO 200 einsetzen, dann ist die
Bildqualität durchaus in Ordnung – darüber zeigen sich unangenehmere Bildstörungen. Unproblematisch sind dagegen Belichtungsmessung und Weißabgleich, zumal man hier gute Eingriffsmöglichkeiten hat.
Fazit
Ausstattungstechnisch überzeugt die Samsung WB650 vollauf, punktet vor allem mit der Kartendarstellung, dem hohem Zoomfaktor sowie dem wirklich überzeugenden Bildschirm. Auch die Verarbeitungsqualität ist auf einem Niveau mit der Konkurrenz, der Bedienung hat Samsung im positiven Sinne seinen Stempel aufgedrückt. Die Macken liegen jedoch im Detail, wie etwa der zu langen Wartezeit, bis das GPS ein Signal empfängt, oder dem Videomodus, dessen Fokusnachführung mangelhaft ist. Auch die Zoom- und Fokusgeräusche stören – die alternative Tonabschaltung ist ein fauler Kompromiss; hier hat die Sony HX5V die Messlatte sehr hoch gelegt. Die Bildqualität der WB650 ist leider recht durchwachsen und kann nicht mit vergleichbaren Kameras mithalten. Vor allem bei den wichtigen Parametern wie Bildrauschen und Eingangsdynamik schwächelt die WB650, die Vignettierung bei 24 mm ist grenzwertig. Auflösung und Verzeichnung sind dagegen bspw. durchaus gut. Umschifft man die Schwächen in der täglichen Anwendung, kann die WB650 aber durchaus viel Freude beim Fotografieren bereiten.
Kurzbewertung
- Hervorragender, hoch auflösender, kristallklarer OLED-Bildschirm
- Gute Bedienbarkeit mit optisch ansprechendem Menü
- Ordentliche Verarbeitung des Gehäuses
- Hoher Ausstattungsumfang inkl. GPS und Kartendarstellung
- Störende Fokus-/ Zoomgeräusche und unzuverlässige Fokusnachführung bei Videoclips
- Akku nur in der Kamera ladbar
- Nachbesserungsbedarf bei der Bildqualität
- GPS zu langsam
Technische Daten
Modell |
Samsung WB650 |
Sensor |
CCD-Sensor 1/2,3" 6,2 x 4,6 mm (Cropfaktor 5,6) 12,4 Megapixel (physikalisch), 12,2 Megapixel (effektiv) |
Auflösung (max.) |
4.000 x 3.000 (4:3) |
Video (max.) |
1.280 x 720 30p |
Objektiv |
24-360 mm / F3,2-5,8 (15-fach Zoom) |
Monitor |
3,0", 0,920 Mio. Bildpunkte |
Belichtungsmessung |
Mittenbetonte Integralmessung, Matrix/Mehrfeld-Messung, Spotmessung |
Belichtungsreihe |
automatisch, ohne interne HDR-Verarbeitung |
Bildstabilisator |
optischer Bildstabilisator |
Eingebauter Blitz |
ja |
Blitzschuh |
– |
AV-Anschlüsse |
AV-Ausgang: ja |
GPS |
intern |
Serienaufnahmen |
ja |
kürzeste Verschlusszeit |
1/1.200 s |
Akkulaufzeit |
keine Angabe |
Speicher |
SD |
Empfindlichkeit |
Automatik, manuell ISO 80 bis 1.600 |
Abmessungen |
107 x 60 x 28 mm (B x H x T) |
Gewicht |
259 g (betriebsbereit) |
Online-Datenblatt |
https://www.digitalkamera.de/HPHDO (mit Preisvergleich) |